Gehweg autofrei – jetzt freuen sich die Radler: Eine Lesersatire zu Unnas Verkehrspolitik

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Symbolbild Meinungsbeitrag - Eselsbrunnen auf dem Unnaer Markt / Archiv: S. Rinke RB

Ein als „satirisch“ gekennzeichneter Leserbeitrag zur aktuellen Verkehrspolitik in Unna erreichte uns anlässlich des akuten Knöllcheneifers des Ordnungsamtes gegen Gehwegparker in Massen, konkret am Reckerdingsweg.

Der Leser kommentiert das Geschehen wie folgt:

„Noch habe ich die neuen Parkregeln in Unna-Massen nicht ganz verinnerlicht; aber sie beginnen bereits zu wirken. Der nun von
parkenden Fahrzeugen befreite Gehweg am Reckerdingsweg (Richtung Norden) wird eifrig genutzt – von Radfahrern.

Zu zweit nebeneinander in einem anständigem Tempo und in beide Richtungen – es bietet sich ja auch an, ist die freigelegte Piste
nun doch so breit, dass man den Hahn des E-Bikes mal so richtig aufdrehen kann.

Die Reaktion ist aus Sicht der Radfahrer durchaus verständlich; das Gefahrenpotential auf der Straße hat sich durch die nun dort abgestellten Fahrzeuge merklich erhöht. Der erhoffte Entschleunigungseffekt durch die nun auf der Fahrbahn stehende Fahr-
zeuge hat sich bislang leider noch nicht gezeigt: Hinter den Fahrzeugen anhalten, den Gegenverkehr passieren lassen und dann mit Vollgas an den Autos vorbei, um noch vor dem entgegenkommenden Radfahrer wieder rechts einscheren zu können.

Hat bis jetzt immer geklappt. Aber wenn mal nicht?

Wie gesagt, ich verstehe die Radler.

Ein wenig ärgerlich nur für die Anwohner, die von ihrem – auf der Fahrbahn abgestellten Fahrzeug – zu ihrem – künftig gepflasterten Vorgarten – gelangen wollen: Obacht!

Schön nach links und rechts blicken, wie wir es als Kinder als Regel für das Überqueren einer Straße gelernt haben! Auch ein Radfahrer kann einen Fußgänger zum Rollstuhlfahrer machen. Aber na ja, auch dafür haben wir ja nun eine ausreichend breite Gehwegpiste…

Mir fällt gerade ein: Platz für Rollstuhlfahrer hatten wir auch vorher trotz der auf dem Gehweg parkenden schon genug. Und nach meinen Kenntnisstand hat ein parkendes Auto bislang weder einen Fußgänger noch einen Rollstuhlfahrer geschweige denn einen Kinderwagen angefahren.

Ich überlege gerade, ob wir alle die Segnungen der Unnaer Verkehrspolitik nicht genügend zu würdigen wissen und den tieferen Sinn der nun beschlossenen Maßnahmen einfach nicht erkennen können.

So sehr ich auch nachdenke: Einen solchen tieferen Sinn der beschlossenen neuen Regeln kann zumindest ich nicht finden. Das mag aber durchaus an meiner beschränkten Denkfähigkeit liegen. Sollte jemand die Sinnhaftigkeit der neuen Ordnungsregeln in voller Gänze erfasst haben, möge er sich bei mir melden und auch mich erhellen.

Um mich von meinem eigenen Gesülze ein wenig zu erholen, habe ich etwas in den Webseiten unserer geistigen Vordenker geblättert und bin dort – der Herr stehe uns bei – auf folgende Überschrift gestoßen:

„Grüne Fraktion beantragt Erhöhung der Verkehrssicherheit in Massen“*(Anm.d.Red. dazu unten)

In dem nachfolgenden Text wird – Überraschung! – festgestellt, dass der Massener Hellweg eine stark frequentierte Straße im Massener Ortskern ist. Eine Querung der Straße bei Fahrzeugen, die sich nicht an das Tempolimit von 30 km/h halten – ich räume ein, dass es genügend solcher Fahrer gibt – ist gefährlich und besonders für ältere Menschen und Kinder mitunter sehr unübersichtlich.

Frage: Sind die im fraglichen Straßenbereich installierten Fußgängerampeln lediglich Dekorationsstücke? Oder nur für ältere Menschen und Kinder nicht nutzbar? Kann man den unverbesserlichen „zu schnell Fahrern“ nicht, wie eigentlich in Unna allerorts geübte Praxis, mit Geschwindigkeitskontrollen zu Leibe rücken? Offenkundig nicht.

Die Fraktion bittet im genannten Text die Verwaltung, „geeignete Mittel zu finden, um die Einhaltung der maximalen Geschwindigkeit zu gewährleisten. Dazu könnten beispielsweise die Installation von Fahrbahneinschnitten, Verkehrsinseln oder Bodenschwellen, eine verbesserte Ausschilderung oder großflächige Piktogramme auf der Fahrbahn gehören“. Zitat Ende.

Ich habe die starke Vermutung, dass die Kosten dieser vorgeschlagenen Maßnahmen nicht zu Lasten der Parteikasse gehen; ich ahne schon, wer letztlich mal wieder…..!

Bus- LKW- Müll- oder sonstigen Schwerfahrzeugfahrern sei angeraten, sich rechtzeitig beim ADAC um die Teilnahme an einem Kurs „Slalomfahren mit schwerem Gerät“ zu erkundigen. Und die ansässigen Gastronomen sollten besser einen aus-
reichenden Vorrat an Löschmitteln anlegen; wenn die Fritteuse brennt könnte es künftig etwas dauern, bis die helfende Feuerwehr vor Ort ist.

Und diejenigen, die der Herzinfarkt dahinzuraffen droht, sollten sich in Geduld üben: Die Rettungssanitäter werden ganz sicher bemühtsein, den Parcours von Fahrbahneinschnitten, Verkehrsinseln, Bodenschwellen und vor allem Piktogrammen schnellstmöglich
zu absolvieren.

Vielleicht ist aber auch der Pfarrer schneller als der Notarzt. Und für diesen Fall muss doch gelten: Ein lärmgeschützte Zone macht
das Dahinscheiden doch gleich viel angenehmer!

Zum Abschluss noch eines: Lastet die Entscheidungen, die wir hin und wieder nicht gleich verstehen, nicht den Leuten in den Ordnungs- und sonstigen Ämtern an. Sie haben lediglich die Beschlüsse, die ihre (gewählten) Vordenker in ihrer unermesslichen Weisheit gefasst haben, in die Tat umzusetzen. Ich denke, dass manche dies auch nur mit geballter Faust in der Hosentasche tun. Beschimpfungen und verletzende Mails haben sie ganz sicher nicht verdient!

Und noch etwas: Protestwahlen können uns unter Umständen auch auf die Füße fallen! Mir ist z.B. die Meinungsfreiheit, von der ich vorstehend ausschweifend Gebrauch gemacht habe, sehr wichtig….! Und dass Politik es nicht allen recht machen
kann, dürfte wohl jedem bewusst sein.

Aber wir dürfen, wie ich, meckern!!
Ist doch auch nicht so ganz schlecht, oder?

In diesem Sinne
Glückauf Unna-Massen!“

  • Klaus-Dieter S., Unna (Name der Redaktion bekannt)

*Anmerkung der Redaktion: Der Antrag zu weiteren Verkehrsberuhigungen auf dem Massener Hellweg wurde im Haupt- und Finanzausschuss am 17. August mit großer Mehrheit als überflüssig erachtet. Wir berichten darüber noch separat.

2 KOMMENTARE

  1. Zum Thema Reallabor
    Gestern habe ich gelesen, dass ein Bauwagen am Reallabor aufgestellt werden soll, als Ersatz für einen Taubenturm.
    Lieber Stadtrat, bei einem Bauwagen handelt es sich um einen Anhänger für Zugfahrzeuge.
    Der Parkplatz für Fahrzeuge wurde dort aber abgeschafft und es gibt ein Parkverbot.
    Falls man im Stadtrat nicht weis, wie ein Taubenturm aussieht, dass Internet kann da helfen.

  2. Stellt euch mal nicht so an, bei uns in der Kornstraße ist 30 und der breite Gehweg ist zur Hälfte zugeparkt und die Radfahrer donnern auf meiner Gehweg Seite immer in beiden Richtungen rauf und runter. Ich kann kaum aus meinem Vorgarten auf den Gehweg treten mit meinen Tageskinder. Es ist trotz freier Straße eine Rennstrecke für Radfahrer in beide Richtungen. Hier passiert gar nichts , weder Knöllchen für Gehweg Parker noch werden hier mal Radfahrer gestoppt. Dabei ist die Straße so breit und es ist eine 30 Zone , da kann ich das Verhalten der Radfahrer überhaupt nicht verstehen.

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