Das Prinzip Hoffnung auf der Titanic: Nur WfU lehnt ab – Unnas „Wackelhaushalt“ 2023 ist beschlossen

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Der Unna-Esel als Goldesel vor dem Rathaus. Foto Rinke

Verspätet um rund zwei Monate hat die Kreisstadt einen Haushalt 2023.

Der Stadtrat billigte in seiner Sitzung am Donnerstagabend (9. Februar) das umfangreiche Zahlenwerk von Kämmerer Michael Strecker trotz erklärter Bedenken der SPD (HIER) und auch der FLU, welche beide gleichwohl zustimmten und der schwarz-grün-gelben „Projektgemeinschaft“ und dem CDU-Bürgermeister damit zu einer überdeutlichen Mehrheit verhalfen.

Einzig die vierköpfige Fraktion von Wir für Unna lehnte den Haushaltsentwurf aus zuvor schon ausführlich erklärten Bedenken ab (wir berichteten).

  • Zusammen mit dem Haushaltsplan wurden auch eine Reihe zusätzlicher Anträge beschlossen (von Grünen, CDU und FDP), die sich zusammen auf eine knappe Million Euro summieren. Wir gehen HIER im Einzelnen darauf ein.

Die SPD hatte vorab angekündigt, angesichts eines sich abzeichnenden strukturellen Defizits von 24 Millionen Euro bis zum Jahr 2026 auf Anträge zu verzichten. Sie mahnte auch vor ihrer Zustimmung zum Haushalt, dringend umzudenken und das Wichtigste vom noch Wichtigeren unterscheiden zu lernen.

Hier die Haushaltsreden im Wortlaut (in der Reihenfolge ihres Eingangs.

Wr für Unna WfU – Screenshot Website

Wir für Unna (WfU) / Fraktionschefin Ingrid Kroll: Der Untergang der Titanic – das Schiff sinkt, aber die Bordkapelle spielt weiter“

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, werte Verwaltung, geschätzte Kolleginnen und Kollegen!

Der Haushalt ist ein riesiges Zahlenwerk und der Kämmerer und sein Team haben viel Arbeit in diesem Labyrinth investiert. Das Ergebnis daraus für uns -die Haushaltsrede der WfU-Fraktion wird sehr Zahlen lastig-, ich bitte dennoch um ihre Aufmerksamkeit.

Zu unserem Leidwesen sieht sich die WfU- Fraktion im Sinne der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt gezwungen, den Haushaltsentwurf 2023 abzulehnen. Wie der Kämmerer an mehreren Stellen selbst darauf hingewiesen hat, ist dieser Haushaltsentwurf nur fiktiv. Hierbei bedeutet „fiktiv“, dass der Fehlbetrag des Ergebnisplanes durch die Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage und/oder der Ausgleichsrücklage ausgeglichen wird.

Die Konsequenz ist die Reduzierung des Eigenkapitals. Gemäß der Verordnungs- und Gesetzeslage ist die Haushaltsgenehmigung nur dann möglich, wenn spätestens im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnisplanung, also 2026, der Haushaltsausgleich erreicht wird. Dies ist jedoch gemäß dem vorliegenden Entwurf nicht der Fall.

Des Weiteren muss die Haushaltsgenehmigung untersagt werden, wenn die Rücklage um mehr als 25% oder in zwei aufeinanderfolgenden Jahren um mehr als 5% reduziert wird. Dies ist gemäß dem Entwurf der Fall. Allein durch die Reintegration der Stadtbetriebe wird neben der Auflösung der Ausgleichsrücklage im Finanzplan ein virtueller Haushaltsausgleich ermöglicht.

Unna lebt auch in diesem Jahr über seine Verhältnisse: Der erfreulich starken Einnahmeseite stehen leider zu hohe Ausgaben gegenüber – die Kreisstadt lebt über ihre Verhältnisse.

Des Weiteren enthält der fiktive Haushaltsentwurf etliche Risiken, die schon im Herbst dieses Jahres zu einer Haushaltssperre führen werden. Beispielhaft möchte ich hierfür anführen.

  1. Die Steigerung der Personalkosten ist mit 3,5 % angesetzt. Realistisch muss mit einem Tarifabschluss von 6,5 % ausgegangen werden – die bedeutet eine weitere Verschlechterung in Höhe von 1,2 Mio.€
  2. Die Auswirkungen der Fortschreibung des Brandschutzbedarfsplanes, voraussichtlich im März dieses Jahres beschlossen, beinhaltet unter anderem zusätzliche Kosten für zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Höhe von 1,2 Mio. €
  1. Die Kosten für das Schulneubauprojekt „Hertinger Tor“ beruhen auf den Kostenschätzungen von 2020. Aufgrund der Preissteigerungen im Baubereich ist mit einer Kostensteigerung in Höhe von ca. 5 Mio.€ zu rechnen.
  1. Aufgrund des maroden Zustandes der kommunalen Immobilien ist der Ansatz für die Gebäudesanierung unrealistisch niedrig angesetzt. Zu erwarten sind vielmehr Mehrkosten in Höhe von ca. 1,2 Mio. €.
  1. Die Kosten für die gesetzlich vorgeschriebene Ausweitung der OGS sind mit 2,4 Mio.€ wesentlich zu niedrig angesetzt, realistisch sind vielmehr 20,4 Mio.€
  1. Der Zinsaufwand ist aufgrund der steigenden Kapitalmarktzinsen sind auch wesentlich zu niedrig angesetzt. Die momentane und zukünftige Zinsentwicklung beinhaltet allein für das Jahr 2023 eine Erhöhung von ca. o,5 Mio.€

Schlichtweg ignoriert wurde auch der Sachverhalt, dass ab 2026 die bilanziellen Kostenverschiebungen im Rahmen des NKF- CIG/Ukraine Gesetzes zurückgezahlt werden müssen. Das wird ein Desaster, denn diese Gelder sind bei leeren Kassen absolut nicht vorhanden.

Diese holzschnittartigen Beispiele sollen an dieser Stelle genügen. Allein hieraus ergibt sich jedoch für das laufenden Haushaltsjahr eine Verschlechterung bis zu 20 Mio.€.

Es fehlt nicht nur Geld, um Projekte umzusetzen, es fehlt auch das entsprechende qualifizierte Personal dazu! Ein Paradebeispiel ist der Baubereich….!

Die Arbeitsunfähigkeit im Bereich Stadtentwicklung und Mobilität soll nun durch eine quantitative Erhöhung der Stellenzahl kompensiert werden. Wird das möglich sein??? Tatsache ist doch, dass bei der heutigen Marktsituation kaum bist fast gar kein Fachpersonal zu bekommen ist. Jeder Betriebswirt weiß, dass allein eine Erhöhung der Quantität niemals zu einer Verbesserung von Effizienz und Effektivität führen kann.

Um genau das zu vermeiden haben wir bereits 2021 gefordert, dass eine Organisationsuntersuchung in der Verwaltung zur Erhöhung der Effizienz des Verwaltungshandelns durchgeführt wird. Herr Bürgermeister, das haben Sie abgelehnt…!

Ich kann nur noch einmal wiederholen, die WfU-Fraktion kann einer Genehmigung des Haushaltes 2023 nicht zustimmen, da gemäß der Ergebnisplanung im Zeitraum 2023 bis 2026 kein Haushaltsausgleich erreicht wird. Der jährliche Fehlbetrag liegt im Zeitraum 2024 bis 2026 vielmehr zwischen 6,3 bis 8,9 Mio.€.

In dieser Höhe müssen somit die Ausgleichsrücklage sowie die Allgemeine Rücklage aufgelöst werden. Die Konsequenz ist die Reduzierung des Eigenkapitals von 64,7 auf 40,6 Mio.€. Anhand der eingangs angeführter verordnungsrechtlicher und gesetzlicher Kriterien kann daher der Haushaltsentwurf nicht genehmigt werden, sodass als Konsequenz unweigerlich das Nothaushaltsrecht gelten würde.

Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt müssen wir zum vorgelegten Haushaltsentwurf zwangsläufig NEIN sagen.

Dieser fiktive Haushaltsentwurf erinnert an den Untergang der Titanic: Das Schiff war schon halb gesunken, jedoch spielte die Bordkapelle unverdrossen weiter……

Ich bedanke mich für Ihre Geduld und Aufmerksamkeit.

Freie Liste Unna (FLU) / Fraktionschef Klaus Göldner: Eine Wette auf die finanzielle Entwicklung unserer Stadt und dem Prinzip Hoffnung geschuldet

Klaus Göldner, FLU. (Foto Göldner)

Herr Bürgermeister, meine Damen und Herren,

wenn die Freie Liste heute dem vorgelegten Haushaltsentwurf des Kämmerers zustimmt, sollte dies nicht als Ausdruck überschwänglicher Freude und Begeisterung missverstanden werden. Die finanzielle Lage der Kreisstadt Unna ist prekär und es sieht leider nicht danach aus, als könnte sich daran in naher Zukunft etwas ändern.

Ich will Sie nicht auch noch mit weiteren Zahlen langweilen, denn die gesamte Vorlage ist ohnehin dem Prinzip Hoffnung geschuldet. Der Entwurf ist insgesamt eine Wette auf die finanzielle Entwicklung unserer Stadt. Niemand kann heute genau sagen, wie sich unsere Situation in naher Zukunft tatsächlich darstellen wird. Von den so genannten Aufsichtsbehörden wird das natürlich hingenommen, weil auch diese ihre Finanzpläne auf fiktiven Rahmenbedingungen und Hoffnungen aufbauen.

In Zeiten, in denen neue Schulden als Sondervermögen deklariert werden, sowie tatsächliche Einnahmeausfälle und Mehrausgaben in Sonderbilanzen ausgelagert werden, nur um die gesetzlichen Vorgaben einhalten zu können, kann nach meinem Verständnis nicht mehr von konservativ solider Haushaltsführung gesprochen werden.

Dem Kämmerer mache ich bei alledem überhaupt keinen Vorwurf. Der hat sich redlich bemüht, unter den gegebenen Umständen einen genehmigungsfähigen Haushaltsentwurf vorzulegen.

Für die Krisen, die uns in gefühlt immer kürzeren Abständen erreichen, bevor wir die vorherige auch nur annähernd bewältigt haben, kann er nichts. Auch die chronische Unterfinanzierung der Kommunen hat er nicht zu verantworten.

Pflichtaufgaben wachsen und freiwillige Ausgaben müssen gegen null zurückgefahren werden. So will bei der Kommunalpolitik bei keinem der Beteiligten mehr Freude aufkommen. Dies gilt besonders für unsere Bürgerinnen und Bürger. Abgaben- und Steuererhöhungen wurden zwar aktuell noch vermieden, aber niemand kann sagen, wie lange das noch geht.

Ohne einen wie auch immer gestalteten Schuldenschnitt für Kommunen, werden wir in den nächsten Jahren unweigerlich in eine unvermeidliche Überschuldung geraten. Ein Schicksal, dass wir dann mit den allermeisten Kommunen unseres Landes teilen werden.

Hinzu kommen noch die finanziellen Verpflichtungen für ehrgeizige und immer teurer werdende Projekte, die in diesem Hause mit großer Mehrheit, jedoch teilweise ohne unsere Zustimmung, beschlossen wurden. Diese könnten uns aber zukünftig zusätzlich finanziell überfordern.  

Aber wie soll man jetzt damit umgehen? Man könnte sagen, wir wollten das alles eine Nummer kleiner und deshalb verweigern wir uns jetzt. Das kann aber nicht die Lösung sein. In einer Demokratie muss man auch mit Entscheidungen umgehen, die man so nicht gewollt hat. 

In diesem Sinne wird die Freie Liste Unna dem Haushaltsentwurf des Kämmerers zustimmen und mit Ihnen gemeinsam hoffen, dass bald alles besser wird. 

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Klaus Göldner

SPD / Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser: Augen zu und weiter wie bisher

Archivbild RB

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen des Rates,

sehr geehrte Damen und Herren,

zunächst möchte ich persönlich und im Namen unserer Fraktion einen ausdrücklichen Dank an Kämmerer Michael Strecker richten, der in zweifellos sehr schwierigen Zeiten seinen ersten Haushaltsplanentwurf vorlegen musste.


 Die Auswirkungen der Pandemie und des schrecklichen russischen Angriffskriegs auf die Ukraine belasten die Kommunen enorm mit zusätzlichen Aufgaben, steigenden Energiekosten und Inflation. 


Unna steht damit wahrlich nicht alleine dar. Und fraglos war es für den Kämmerer und sein Team eine besondere Herausforderung, die Enden des Haushalts unter diesen Vorzeichen zusammenzuführen.

Sebastian Laaser, Fraktionsvorsitzender der SPD Unna. (Foto SPD Unna)

 Gleichwohl haben wir nach intensiven Beratungen – und so haben wir es auch in den vergangenen Tagen erklärt – erhebliche Bauchschmerzen mit diesem Haushaltsplanentwurf.

Das liegt nicht – so möchte ich betonen – am mangelnden Können der Kämmerei.

 Es liegt vielmehr an der politischen Gemengelage in diesem Rathaus, sprich dem Willen des grün-schwarz-gelben Mehrheitsbündnisses. Dieser Haushalt, meine Damen und Herren, sollte unbedingt ein ausgeglichener Haushalt sein, mit dem man sich schmücken kann und der den Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt einen schönen Schein vorgaukelt. 

Leider ist der Haushalt auch genau das: schöner Schein, ein potemkinsches Dorf, dessen Fassade nicht hält, was sie verspricht.

 Meine Damen und Herren,

lassen Sie uns ehrlich miteinander sein. Tatsächlich ist dieser Haushalt nur auf dem Papier ausgeglichen. Die Ausgaben übersteigen die Einnahmen erheblich. Es fehlen schon in diesem Jahr rund fünf Millionen Euro. 


Schlimmer noch: Bis 2026 zeichnet sich ein strukturelles Defizit von mindestens 24 Millionen Euro ab. Hier entsteht ein Schuldenberg, den unsere Kinder und Enkelkinder abtragen müssen.

 Wie hält man nun den schönen Schein aufrecht? Wie schafft man eine Fassade, die zumindest von weitem hübsch anzusehen ist? Indem man Kosten und Verpflichtungen, die auf die Stadt Unna unweigerlich zukommen, ausblendet und kleinrechnet.

 Drei Beispiele:

Ø Die bis zu 15 zusätzlichen Stellen, die laut des zuständigen Beigeordneten im neuen Brandschutzbedarfsplan vorgesehen sind, finden sich im Stellenplanentwurf überhaupt nicht wieder.

Ø Die Summe für den Ausbau der offenen Ganztagsbetreuung an den Grundschulen – ebenfalls eine Pflichtaufgabe ab 2026 – wird für die nächsten vier Jahre mit gerade einmal 2,1 Millionen Euro beziffert. Allein die erste Baumaßnahme in der Katharinenschule soll aber bereits mehr als 600.000 Euro kosten. Da kann sich jeder ausrechnen, wie viele Millionen wir tatsächlich brauchen.

Ø Und dann ist da noch die enorme Summe von mehr als 15 Millionen Euro, die als corona- und kriegsbedingte Belastung bis 2026 isoliert und damit quasi aus dem Haushaltsplanentwurf herausgenommen wird. Dieser „Buchungstrick“ ist legal und durch die schwarz-grüne Landesregierung vorgegeben.
 Aber die Isolierung ist vor allem eines: eine schwere Hypothek für kommende Generationen! Dabei geht die Anhäufung dieser neuen Altschulden ungebremst weiter.
 Der Kämmerer hat bereits angekündigt, die anstehenden Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst, die über die im Haushalt eingeplanten drei Prozent hinausgehen, ebenfalls mit Hilfe des Isolierungstopfes durch unsere Kinder und Enkel zahlen zu lassen.

 All diese Tricks, liebe Kolleginnen und Kollegen, kann man machen, aber sie sind nicht zielführend. Sie werden das Ausgabenproblem, das Unna hat, nicht lösen. Niemandem nützt es, Probleme unter den Teppich zu kehren, um politisch zu punkten.

 Noch verwerflicher aber ist es angesichts dieser schwierigen Situation, in der sich Unna befindet, wenn das Rathaus ohne Not neue dauerhafte finanzielle Belastungen schafft:

 Der Stellenplan, den wir heute ebenfalls verabschieden sollen, sieht tatsächlich eine höhere Bezahlung von Unnas bestverdienenden Spitzenbeamten vor.

Genutzt wird dafür eine Regelung in der Landesverordnung, der man sich bedienen kann, aber wahrlich nicht muss.

 Eine entsprechende Anfrage, die unsere Fraktion dazu gestellt hat, wurde erst heute vom Bürgermeister beantwortet. 

Dieses Vorgehen ist, so muss ich es wirklich sagen, instinktlos und beschämend in einer Zeit, in der viele Menschen unter zusätzlichen Belastungen und Existenzängsten leiden.

 Auch hier ist es wohl leider wieder die politische Gemengelage, die eine Erklärung für dieses mehr als unglückliche Agieren bieten könnte: Die Entscheidung für einen grünen oder schwarzen 1. Beigeordneten lässt sich wahrscheinlich leichter im Mehrheitsbündnis treffen, wenn es nur Gewinner gibt.

 Es gab in den letzten Jahren Verwaltungsvorstände, die demütiger mit Besoldungen umgegangen sind.

 Sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben es uns nicht leicht gemacht mit diesen Haushaltsberatungen. Wir haben aus tiefster Überzeugung den Druck auf die städtische Finanzlage mit eigenen Anträgen nicht weiter erhöht – obwohl es durchaus Themen gegeben hätte.
 Und wir waren erschrocken, wie andere Fraktionen immer neue Begehrlichkeiten formuliert haben. Hier 20.000 Euro, da eine halbe Stelle, dort ein noch teuerer Workshop…

Es gibt für die meisten Wünsche und politische Forderungen gute Gründe. Aber wir müssen endlich lernen, wichtiges von noch wichtigerem zu unterscheiden. Und genau so werden wir auch mit dieser Antragsflut umgehen.

 Die Frage der Beigeordneten-Besoldung passt zu diesem Verhalten des Mehrheitsbündnisses: Augen zu und weitermachen wie bisher. 

Es wird schon keiner merken, wie es wirklich um den Unnaer Haushalt bestellt ist. Wie lange nicht merken? Bis nach der nächsten Wahl? Das kann doch nicht wirklich der Maßstab verantwortungsbewussten Handelns sein.

Ich mache kein Geheimnis darum, dass es in unserer Fraktion Stimmen für und gegen eine Zustimmung zu diesem Haushaltsplanentwurf gegeben hat.

Ø Zustimmung, weil dieser Haushalt die Weichen für ein Anliegen richtig stellt, das uns Sozialdemokraten besonders am Herzen liegt und für das wir uns nachdrücklich eingesetzt haben: Der Ausbau der Kindertagesbetreunng wird angesichts des wachsenden Bedarfs vorangetrieben.

Ø Zustimmung auch, weil eine Interimslösung für den Weiterbetrieb des Massener Lehrschwimmbeckens ermöglicht wird.

Ø Und Zustimmung für Investitionen in unsere Schulen, zum Beispiel in das Schulzentrum Nord in Königsborn oder die Modullösung für die Peter-Weiss-Gesamtschule.

Aber, meine Damen und Herren, auch Ablehnung! Weil dieser Haushalt zu viele Unsicherheiten und damit Gefahren für Unnas Zukunft birgt.

 Wir haben uns letztendlich für Zustimmung entschieden.

 Gleichzeitig fordern wir aber mit Nachdruck einen Dialog aller Beteiligten darüber,  wie wir Unnas Haushaltsproblem nachhaltig in den Griff bekommen können – und das so schnell wie möglich.

Sollte das nicht geschehen, werden wir auf Dauer diese Haushaltspolitik der Stadt Unna nicht weiter mittragen – zum Wohle der Menschen in dieser Stadt und vor allem zum Wohle unserer Kinder und Enkel.

B90/Die Grünen / Fraktionsvorsitzende Claudia Keuchel: Was das wieder alles kosten wird… Aber wir sagen JA!

Claudia Keuchel, Fraktionsvorsitzende B90/Die Grünen Unna


Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wigant, liebe Ratsmitglieder und verehrte Gäste!

Beginnen möchte meine Haushaltsrede mit einem Dank an den neuen Kämmerer Michael Strecker mit seinem langjährigen Team der Finanzverwaltung, für diesen vierten ausgeglichenen Haushaltsentwurf in Folge, der zudem ohne Steuererhöhungen auskommt. Ein Haushalt, wie er von seinem Vorgänger, dem geschätzten Achim Thomae, auch nicht hätte besser sein können.

(Was die SPD dann wohl dazu gesagt hätte… aber gut, so ist es dann eben, wenn man sich in der Opposition sieht….)

Der Entwurf bietet eine solide Basis, um Unna trotz schwieriger Zeiten dauerhaft über Wasser zu halten, setzt aber auch neue Akzente.

In den vergangenen drei Jahren konnte das Eigenkapital der Stadt um gute 20 Millionen Euro wieder aufgebaut werden und mit der überraschend schnellen Erholung der Gewerbesteuereinnahmen, schneidet der Haushalt wieder besser ab, als zuvor befürchtet.

Die jetzt vorgelegte Fortschreibung ist unter den Gesichtspunkten ordentlicher Haushaltsführung gut und richtig.

Unserer Stadttöchter tragen übrigens dank ihres umsichtigen Wirtschaftens über ihre Ergebnisabführungen, erheblich zur Stabilität des Haushaltes bei – auch dafür sei an dieser Stelle einmal Danke gesagt.

Und dennoch: neuer Kämmerer, alte Probleme.

Denn die Hauptursache für unsere hohe Ausgabelast ist und bleibt die Verletzung des Konnexitätsprinzips, zu gut deutsch „Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch“. Bund und Land weisen den Kommunen Aufgaben zu, die sie dann selbst bezahlen müssen. Und wer den Vorträgen des Kämmers gut zugehört hat,

(ich nehme an, dass er sie genauso in den anderen Fraktionen gehalten hat… was ich kaum glauben kann, bei dem was ich hier schon dazu gehört habe…)

weiß auch, dass die meisten Kosten im Bereich der Transferleistungen, wie etwa gesetzlich verpflichtender Hilfen zur Erziehung entstehen, oder dem gesetzlichen Anspruch auf einen Kitaplatz, für dessen Umsetzung gerade sehr viel getan wird.

Neu hinzu kommt bald auch noch der Anspruch auf den Offenen Ganztag in unseren Grundschulen, den wir als bildungsgerecht und notwendig erachten. Was das wieder kosten wird… noch sind wir damit allein.

Aber soll uns das abhalten in eine gute Zukunft für unsere Kinder zu investieren?

Wir sagen NEIN.

Schon viel zu lange wurden in Unna die nötigen Investitionen für den Substanzerhalt unserer Infrastruktur, wie Schulen, Schwimmbäder oder Straßen, geschoben und verschlampt.

Kein Privatmensch würde freiwillig so mit seinem Eigentum umgehen, denn am Ende wird es ja doch nur noch teurer. Das fällt uns jetzt vor die Füße.

Wir sagen JA!

Zu den Investitionen, die der Kämmerer im Zeitraum der hier vorgelegten mittelfristigen Finanzplanung in Höhe eines über 3stelligen Millionenbetrages eingeplant hat.

Wir Grüne machen uns stark für Investitionen in Bildung, für die Jugend, die Kultur und für eine klimagerechte soziale Stadtentwicklung, zu der unbestritten jetzt die lang ersehnte Verkehrswende gehören muss, damit wir nicht im Autoverkehr ersticken.

Das zeigen auch unsere Ergänzungsanträge zum Haushalt.

Wir haben maßgeblich dafür gekämpft und gesorgt, dass die Peter Weis Gesamtschule endlich ihre dringend benötigten Räumlichkeiten bekommen wird, genauso wie wir aber auch an die Bevölkerungssicherheit denken und Gelder für den Ankauf von notwendigen Feuerwehrliegenschaften realisiert haben.

Es gibt viele vorsichtig konservative Ansätze in diesem Haushalt, hoffentlich gehts, wie die letzten Jahre auch, besser aus.

Doch seien wir ehrlich, zu einem echten Klimahaushalt ist noch ziemlich Luft nach oben…

Und wer glaubt, eine Stadt ohne Investitionen in den nötigen Schulraum, in die Jugendarbeit oder in den Umweltschutz sei eine bessere, gibt damit eigentlich schon die eigene politische Bankrotterklärung ab.

Vielmehr holen uns doch die Kosten drastisch um ein Vielfaches wieder ein, wenn wir jetzt die Hände in den Schoß legen und wie das Kaninchen vor der Schlange regungslos auf das nächste Hochwasser oder den Hitzesommer warten. Oder uns die Transferleistung um die Ohren fliegen, weil wir uns präventiven Teilhabemöglichkeiten finanziell verweigert haben… DAS wäre ein echtes Drama…

Wir müssen uns hier im Rat der Kreisstadt Unna nicht mit Wunschkonzerten populistisch überbieten, sondern sachlich basiert und konstruktiv entscheiden.

Wir werden weiter vor großen Herausforderungen stehen und deswegen müssen wir uns darauf vorbereiten, mit ganzer Kraft und am besten alle zusammen!

Dem Haushaltsentwurf 2023, der auch unsere grüne Handschrift trägt, werden wir zustimmen.

7 KOMMENTARE

  1. Wieder einmal zeigen 2 Fraktionen dass sie nicht nur den Durchblick haben sondern bereit sind die Problematik auch offen ansprechen.
    Vor allem stimmig die Argumentation der WFU.
    Das Projekt Hertinger Tor war schon von Vorstellung des Projektes bis zum Beschluss im Rat von ehemals 21 Mio. auf 30 Mio. gestiegen. Letztens standen 36 Mio. im Raum. Wieso jetzt wieder 30 Mio. aufgerufen werden dient ja eher zur Beruhigung der dummen Bürger hier. Ebenso zu sehen der Ansatz der Personalkosten und des Sanierungsbedarfes.
    Zutreffend die Aussage auch zum Baubereich. Jeder Bauherr kann seit Jahren über die Arbeitsweise, die Effektivität und Effizienz der Abteilung nur den Kopf schütteln. Interessiert hat das die Verantwortlichen nicht. Stattdessen der Ruf nach mehr Personal.
    Die SPD jault und tritt nach obwohl sie durch jahrzehntelange Misswirtschaft diese Haushaltslage zu verantworten hat.
    Die Grünen zeigen durch die jüngst eingereichten Anträge dass sie nichts verstanden haben und betriebswirtschaftlichen Denken und Handeln unbekannt ist. Vielleicht hilft da eine Suchmaschine.
    Freuen wir uns alle auf noch weitere Steuerhöhungen. Vielleicht gelingt es ja diesbezüglich im bundesweiten Ranking über 100% zu kommen.

    • Da der Bericht ergänzt? wurde um die Haushaltsreden der SPD und der Grünen korrigiere ich etwas meine Aussage zur SPD. Zumindest den Ernst der Lage und die Schönrederei hat die SPD verstanden. Nach der Haushaltsrede der Grünen kann ich meinen Kommentar nur bekräftigen

      • Ja, Gremling, der Bericht wurde ergänzt um die Haushaltsreden der beiden 13-Kopf-Ratsfraktionen. Schön, dass Sie es registriert haben!

  2. Schön Reden können unsere Verantwortungsträger ja schon immer!?
    Sich an die eigene Nase fassen,wird schon schwieriger?!
    Im eigenen Raum wird man sicherlich? das sparen und den sparsamen Umgang mit den eigenen Finanzen hinbekommen?! Aber als gewählter Volksvertreter bekommen Sie es seit Jahrzehnten nicht hin!? Eine Stadt die ihren (zu 51%) eigenen Energie Versorger inne hat,eine starke Truppe in Orange die jahrelang gewinnen einfährt und Bürger die brav ihre Grundschuld verrichten sind das Einkommen der Stadt?!
    Aber ein Bürgerbüro oder ein Ordnungsdienst wird personelle so kurz gehalten wo das Geld auf der Straße liegt!?

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