Neues Bad auf Freizeitbadareal: SPD setzt sich durch – CDU/Grüne mit Zähneknirschen – WfU verlässt geschlossen die Ratssitzung

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Archivbild vom Abriss des Massener Freizeitbades, Foto aus dem Jahr 2012. (Rundblick Unna)

Mit diesem Erfolg schienen die Sozialdemokraten selbst nicht gerechnet zu haben. Ihr Antrag, zügig noch vor den Sommerferien die Pflöcke für ein neues Lehrschwimmbad plus Außenwasserfläche in die Planung zu geben, schaffte es nicht nur kürzestfristig noch auf die Tagesordnung des Rates:

Er wurde angenommen – und zwar einstimmig. HIER geht es zum Antrag.

Dem einhelligen Votum ging allerdings in dieser letzten Ratssitzung vor der politischen Sommerpause einr für die Zuhörer schwer erträgliche Debatte mit Schuldzuweisungen und Unterstellungen voraus.

Es stand eigentlich „nur“ der Antrag der SPD steht auf dem Programm, zügig ohne weitere Zeitverluste einen Neubau des Massener Lehrschwimmbeckens auf der ehemaligen Freizeitbadfläche planungstechnisch vorzubereiten. Denn wie bekannt, schlagen inzwischen die Vereine höchsten Alarm.

Für das Hellwegbad ist es kurz vor 12 – eine Sanierung, machte Beigeordneter Jens Toschläger war, sei schlicht nicht mehr darstellbar.

Normalerweise hätte ein problemorientierter Stadtrat an dieser Stelle ohne weitere Diskussionen einer zügigen Neubauplanung dieses wichtigen (und letzten) Massener Bades zugestimmt. Dummerweise ging dieser Antrag der SPD aber auf Kollisionskurs mit dem „großen Gesamtprojekt“, das die Projektgemeinschaft aus CDU und Grünen plus FDP auf der Freizeitbadbrache im Sinn hat:

einen Sport- und Erlebnispark mit Multifunktionshalle, Eissportfläche, Außensportmöglichkeiten und, ja, auch einem Schwimmbad. Die Realisierbarkeit, insbesondere zeitnahe Realisierbarkeit, einer solchen Großplanung zweifeln nun nicht nur die Sozialdemokraten an, sondern auch Wir für Unna und vor allem die betroffenen Vereine selbst.

Gleichwohl entwickelt sich eine von verbissenem schwarzgrünem Widerstand geprägte Diskussion. Sowohl CDU-Fraktionschef Rudolf Fröhlich als auch Grünen-Chefin Claudia Keuchel zeigen sich entschieden angesäuert darüber, jetzt per „Schnellschuss“ über ein Schwimmbad entscheiden zu sollen, wohingegen der von ihnen beantragte Sportpark erst einmal im zuständigen Fachausschuss beraten wird.

Wenn schon, dann bitte gleiches Recht für alle, forderte die Schwarzgrüne Projektgemeinschaft. Verweis in den Fachausschuss und Beratung in aller Ruhe im Paket.

Nicht nur bei Ingrid Kroll, Fraktionschefin von Wir für Unna, schrillen bei den Worten „in aller Ruhe“ und „ohne Zeitdruck“ allerdings sämtliche Alarmglocken. „Wir brauchen jetzt dringend eine klare Zeitvorgabe“, drängt sie. Der desolate Zustand des Hellwegbades sei inzwischen seit Jahren bekannt. „Wir schieben es ja schon wieder!“

Für das Hellwegbad ist es tatsächlich 5 vor 12. Bürgermeister Dirk Wigant sagt klipp und klar:

„Ein Bebauungsplan ist unter 9 bis 12 Monaten nicht zu haben.“

Die zwingenden zeitlichen Vorläufe führt der Technische Beigeordnete Jens Toschläger ausführlicher aus.

Erste Priorität, unterstreicht er, habe jetzt erst einmal der Neubau der Kita Wirbelwind auf der Freizeitbadfläche.

„Für diese Kita sind die erforderlichen Beschlüsse gefasst. Für alles andere nicht. Und für einen Sportpark fehlten bislang noch jedwede Grundlagen.“

Zur Frage einer „übergangsweisen Sanierung“ des Hellwegbades sagt der Beigeordnete in aller Deutlichkeit:

„Man kann davon ausgehen, dass dieses Bad abgängig ist.“

Mit anderen Worten, es steht kurz vor dem Aus.

Reiner Engel, CDU-Herr aus Massen, schlägt sich unvermittelt auf die Seite der SPD. Das Hellwegbad sei schlicht und ergreifend unverzichtbar für Massen, jede weitere Zeitverzögerung werde sich bitter rächen.

Der Schlagabtausch setzt sich fort: Grünen-Ratsherr und Vizebürgermeister Michael Sacher möchte das Hellwegbad jetzt nicht aus der „großen Planung“ herauslösen, Bärbel Risadelli von WfU sieht hingegen die große Gefahr, „dass wir mit dem Schwimmbad am Ende an dem Punkt sind wie mit der Eishalle.

Klaus Tibbe, SPD, drängt massiv darauf, das nicht zu riskieren. Man solle das Schwimmbad jetzt in die Kitaplanung mit einbeziehen. Dafür gebe es ja einen Aufstellungsbeschluss – also kurzerhand eine Schwimmbadplanung mit einfügen und das Planungsverfahren damit deutlich abkürzen!

Dagegen sträubt sich jedoch massiv die Grünen- und CDU-Spitze.

Claudia Keuchel, Fraktionschefin der Grünen, erklärte, sie werde sich nicht „die Pistole auf die Brust setzen lassen“ und als „Hellwegbadverhinderin“ abgestempelt werden. Ihr CDU-Amtskollege Rudolf Fröhlich fühlte sich gar „regelrecht genötigt“, als Toschläger betont: Er brauche jetzt einen klaren Planungsauftrag.

„Ich werde nicht ein weiteres Mal meine Leute losschicken und für den Papierkorb planen lassen.“

Als sich Schwarzgrün dennoch weiter dagegen sperrt, einen kurzfristig eingereichten SPD-Antrag „rechts und links an allem anderen vorbeiziehen zu lassen“ (Fröhlich), bekommt der anwesende Vereinsvertreter des Hellwegbades auf der Zuschauertribüne ein Sonderrederecht vom Bürgermeister eingeräumt.

Der Ehrenamtliche ist absolut verärgert darüber, dass jetzt wieder „verschoben“ werden soll.

„Es geht hier nicht nur um Kinder! Dieses Bad nutzt der ganze Stadtteil! Soll ich Ihnen mal sagen, was hier los ist? Die Ehrenamtlichen seien am Limit!“

Nun klinkt sich auch Klaus Göldner von der Freien Liste Unna (FLU) ein und sagt pointiert, dass jeder weitere Aufschub unverantwortlich wäre.

Bürgermeister Wigant fasst zusammen:

Man schiebt das Hellwegbad jetzt entweder bis zum September in die Beratung durch die Fachausschüsse – oder man integriert ein neues Schwimmbad in die bereits laufenden Planungen für der Kita Wirbelwind. Dann ginge es erheblich schneller.

Die Sitzung wird auf Antrag von Rudolf Fröhlich (CDU) für 15 Minuten unterbrochen.

18.52 Uhr: Die Sitzung geht nach der Unterbrechung weiter. CDU-Chef Fröhlich erklärt die neue Position seiner Fraktion:

„Wir werden uns dem SPD-Antrag nicht entgegenstellen. Aber ich betone unseren großen Unmut über diesen erzwungenen Zeitdruck.“

Claudia Keuchel äußerte ihre „Verwunderung“ darüber, dass „jetzt plötzlich heute herauskommt, dass auf der Freizeitbadfläche nicht nur 20.000 qm für die neue Kita möglich sind, sondern zugleich dort in diesem Suchraum auch Platz für ein neues Hellwegbad ist.“

Gegen diese „Unterstellung“, er hätte hier in irgendeiner Weise zugunsten der SPD „Einfluss genommen“, verwahrt sich der Erste Beigeordnete mit aller Entschiedenheit.

Keuchel fasst abschließend zusammen:

„Wir wollen keine Verhinderer sein. Aber die Priorisierung des Bades darf nicht dazu führen, dass der Sport- und Freizeitpark ins Hintertreffen gerät. Der ist nämlich keineswegs eine Utopie.“

Beschlossen wird, dass das neue Lehrschwimmbeckens mit Außenwasserfläche bei der begonnenen Bauleitplanung des Kita Wirbelwind mit berücksichtigt wird. Dies mit Einstimmigkeit.

Finale Protestnote von Wir für Unna

Die drei WfU-Ratsfrauen – Ingrid Kroll, Bärbel Risadelli und Margarethe Strathoff – verlassen an diesem Punkt wegen der „unerträglichen“ Art und Weise des Beschluss“geschachers“ von Schwarzgrün geschlossen den Saal. 13 Ratsmitglieder hatten sich zuvor von der Sitzung bereits abgemeldet, jetzt geht es mit noch drei weniger weiter.

Zur Begründung teilte uns Bärbel Risadelli noch am selben Abend mit:

„Ich habe schon an einigen Ratssitzungen teilgenommen, aber was sich in diesem Rat zuspitzt, ist die Demonstration von Mehrheit = Macht. Da wird darum gerungen, wie man einen Antrag ablehnen kann, damit dieser nicht vom eigenen überholt wird.

Erst als ein Bürger, der seit 30 Jahren ehrenamtlich für das Hellwegbad engagiert, deutliche Worte für das Tun fand, zog sich Grünschwarz zur Beratung zurück. Ohne den Einwand des Bürgers hätten Fröhlich und auch Keuchel das gnadenlos durchgezogen und den Antrag abgelehnt. Dann klein beigeben, aber mit der Unterstellung, der 1. Beigeordnete hätte bewusst das Areal für die Kita am Freizeitbadgelände groß geplant, damit die Schwimmhalle ebenfalls Platz findet. Und der Bürgermeister sagt nichts dazu…

Uns hat das gereicht. Das war keine Sitzung, das war eine Farce. Wir haben das Plenum verlassen. Das war sitzungsunwürdig.“

7 KOMMENTARE

  1. Zunächst möchte ich dem Heinrich beipflichten. Und dann möchte ich meine Verwunderung ausdrücken, dass jemand einen solchen Artikel zum Anlass nimmt, seine Verweigerungshaltung zum Ausdruck bringen zu müssen.

    Man könnte seinen Kommentar auch einfach darauf beschränken, dass man anmerkt, dass hier wieder die Jugend ganz weit nach hinten gestellt wird. Ja, ein Lehrschwimmbecken ist wichtig und muss sein. Keine Frage, dies gilt auch für KITA-Plätze. Aber man gewinnt doch den Eindruck, dass die Politik nicht gewillt ist, sich der Frage zu stellen, was bietet man den Jugendlichen.
    Wenn man die Aussagen: „Für das Hellwegbad ist es kurz vor 12 – eine Sanierung, machte Beigeordneter Jens Toschläger war, sei schlicht nicht mehr darstellbar.“ oder „Der desolate Zustand des Hellwegbades sei inzwischen seit Jahren bekannt.“ betrachtet, zeigt es doch nur eins: Seit Jahren (und jeder weiß, wer den Bürgermeister stellte) verzichtet die Stadt auf ihren Pflichtauftrag, die ihr gehörenden Immobilien in Stand zu halten. Das gab es für das ehemalige Freizeitbad in Massen, die Eishalle, diverse Schulen oder die Stadthalle. Wahrscheinlich fallen noch mehr Sachen auf, aber dies nur als Beispiel. Und jedes Mal gewinnt man den Eindruck, dass man kollektiv überrascht ist. Es ist fast so, als ob man jedes Jahr den 24. Dezember an einem anderen Tag vermutet.
    Hier wird wieder Aktionismus zur Schau gestellt, den man sich sparen kann, wenn man seine Arbeit im Auge behält. Und es wäre Zeit gewesen, um mit den Jugendlichen zu sprechen, ihnen zuzuhören, sie einzubinden, um dann Vorhaben auf den Weg zu bringen, die akzeptiert werden.

  2. […] Ebenso die Vehemenz, mit der CDU, Grüne und FDP noch in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause verhindern wollten, dass sich die SPD mit einem unverzüglichen Neubau des Hellwegbades durchsetzte: Schwarzgrün hat/te statt dessen einen großen Wurf in Form eines Sportparks auf dem früheren Freizeitbadgelände im Sinn und sah für das Hellwegbad auch eine „Übergangslösung“ möglich. HIER berichteten wir. […]

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