Schwimmer auf dem Trockenen – Wasserfreunde Massen fühlen sich von der Stadt im Stich gelassen

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Das Hellwegbad Massen. (Foto Schwimmfreunde Massen e.V.)

„Liebes Rundblick Unna-Team, wir, die Wasserfreunde Massen, wollen gern mal darüber sprechen, was wir als betroffener Verein der Hallenbadschließung in Massen in den letzten Wochen so alles erlebt und gehört haben… und was wir an Unterstützung von der Stadt bekommen. Denn gerade haben wir das Gefühl, die Stadt tut alles, um das Hallenbad nicht wieder zu eröffnen und uns damit zu zerstören.“

Mit einem Hilferuf wandte sich am Wochenende der 1. Vorsitzende des Schwimmvereins „Wasserfreunde Massen“, Tobias Boos, an unsere Redaktion. Seit die Stadt in der letzten Sommerferienwoche vollkommen abrupt das Aus für das Hellwegbad verkündete – die Vereinsvertreter erfuhre das aus der Presse -, fühlen sich die Schwimmer im wahrsten Sinn des Wortes wie Fische auf dem Trockenen.

„Unserem Verein droht das Aus“, macht Tobias Boos eindringlich den Ernst der Lage klar.

In einem Gespräch mit unserer Redaktion schilderte der Vorsitzende des rund 400 Mitglieder starken Schwimmvereins am Samstag (7. 10.), wie bitter die Ehrenamtlichen von der Stadtverwaltung enttäuscht seien.

Anfangs habe man den Versprechungen auf eine schnelle einvernehmliche Lösung für die Vereine geglaubt.

„Inzwischen haben wir aber das Gefühl, man will unser Bad – wie die Eishalle – kaputtmachen. Wir wissen nichts. Die Stadt lässt uns am langen Arm verhungern.“

Bzw. austrocknen, um im Bild des Wassers zu bleiben.

Man erfahre Neuigkeiten ausschließlich durch die Presse, „es wurde viel geredet und nichts getan“, fasst Boos den mehr als unerquicklichen Eindruck für die Ehrenamtlichen zusammen.

Die ersten Hinweise auf technische und bauliche Mängel des Hellwegbades, erinnert er sich, gab es schon vor 10 bis 15 Jahren. Fortschreitender Sanierungsbedarf des Bades machte Gegenmaßnahmen in den Folgejahren immer dringlicher, doch die Vereinsvertreter stießen mit ihren Hinweisen stets auf weitgehend taube Ohren.

Die schon vor Jahren notwendige Grundsanierung des Bades, welches spätestens mit dem Aus des Freizeitbades für den Stadtteil unverzichtbar wurde, erfolgte nicht.

Wenige Tage vor dem Ende der Sommerferien platzte die Hiobsbotschaft mitten in die fertig vorbereitete Saison hinein.

In einer kürzestfristig anberaumten Pressekonferenz (mit dem Vorlauf von drei Stunden) teilte die Stadtverwaltung mit:

„Der TÜV Süd hat in seinem jüngsten Prüfbericht von Freitag, 29. Juli 2022, wesentliche Mängel festgestellt, die einen Weiterbetrieb des Hellwegbades ausschließen.“

Grund dafür seien frappante Mängel in der Lüftungsanlage. Hinzu komme Schadstoffbelastung.

Für den Schul- und Vereinsschwimmsport war mit der abrupten Schließung der einzigen noch verbliebenen Massener Wasserfläche das schlimmste Szenario eingetroffen.

„Mit Hochdruck arbeiten die unterschiedlichen Bereiche der Stadtverwaltung seit Kenntnis des TÜV-Berichts an einer Lösung, in anderen Schwimmhallen Schwimmzeiten für den Schul- und Vereinsschwimmsport zu generieren“,

versicherte noch am Tag der Hiobsbotschaft die Stadtverwaltung. Man schaue dabei „nicht nur innerhalb ihrer Stadtgrenzen, sondern auch in Richtung der Nachbarkommunen. Das ehrenamtliche Engagement des Betreibervereins darf durch die Schließung der Schwimmsporthalle nicht zum Erliegen kommen.“

Die Lösung, die die Wasserfreunde Massen dann jedoch angeboten bekamen, beschränke sich auf wenige Stunden in der Schwimmsporthalle am Bergenkamp, berichtet Tobias Boos.

„Zuvor waren wir mittwochs, donnerstags, freitags und samstags im Wasser. Am Bergenkamp haben wir folgende Zeiten: samstags und sonntags ab 17 Uhr. Und in der Woche noch 1, 2 Bahnen. Das war´s. Das deckt einen Bruchteil dessen ab, was wir benötigen.“

Im Sommer hätte dankenswerterweise das (ehreamtlich betriebene) Bornekampbad mit Schwimmzeiten ausgeholfen, sagt Boos sehr dankbar. „Wir Ehrenamtlichen helfen eineinander. Das war großartig von dem Bornekampbadverein.“

Doch jetzt ist die Freibadsaison vorbei. Und wie ein 400 Mitglieder starker Schwimmverein mit solchen Schmalspurzeiten wie jetzt angeboten auch nur mittelfristig klarkommen soll, fragt sich nicht nur der 1. Vorsitzende. Weder in den Nachbarstädten noch im Lehrschwimmbad Lünern (das nebenbei ebenfalls sanierungsbedürftig ist) seien noch Schwimmzeiten zu bekommen. Alle Bäder seien prallvoll.

„Wir sind ein reiner Ausbildungsverein. Wir bringen Kindern das Schwimmen bei!“,

macht Tobias Boos pointiert deutlich. Und die Ehrenamtlichen kümmerten sich auch um Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen, etwa mit ADHS.

„Wir haben im Hallenbad Intensivschwimmkurse gegeben haben, um Kindern möglichst schnell das Schwimmen beizubringen. Auch diese Kurse sind zur Zeit nicht mehr möglich. Insgesamt waren es 4 Kurse mit je 10 Kindern bei 5 Betreuern.“

All das stehe jetzt aufgrund der drastisch zusammengestrichenen Schwimmzeiten auf der Kippe.

„Mitglieder gehen, Ehrenamtliche gehen. Wir haben schon gut zwei Dutzend Abmeldungen. Ein Schwimmverein ohne Wasser macht keinen Sinn.“

In der letzten Sitzung des Bauausschusses im September beschloss die Politik einstimmig, „einstimmig!“, betont Tobias Boos, dass eine mobile Lüftungsanlage für das Hellwegbad bereitgestellt werden soll, um einen übergangsweisen Weiterbetrieb zu ermöglichen.

So lange, bis das von der Politik beschlossene neue Bad auf dem Gelände des früheren Freizeitbades gebaut ist, was jedoch, sofern es überhaupt noch dazu kommt (die Kosten- und Materialproblematik aufgrund Inflation und Ukrainekrieg sind ja bekannt), frühestens in 4, 5 Jahren der Fall sein wird.

„Angeblich sollte diese mobile Lüftungsanlage ohne weiteren Zeitverzug und ohne weitere politischen Beratungen von der Stadt beschafft werden“, blickt Boos auf jenen Sitzungsbeschluss zurück.

„Jetzt erfahren wir – wieder aus der Zeitung -, dass die Politik dafür erst 300.000 Euro bewilligen muss. Das soll angeblich im Bauausschuss am 15. November geschehen. Auch das haben wir aber wieder nur zufällig erfahren. So vergehen jetzt wieder Wochen, ohne dass wir wissen, wie eigentlich der Stand ist und wann wir wieder mit dem Bad planen können – und ob überhaupt.“ Boos ernüchtert: „Wenn ich nicht gleichzeitig im Trägerverein wäre und den Informationsfluss mit der Stadt mitbekäme, wüssten wir noch weniger.“

Er fasst zusammen:

„Wie schon gesagt – wir fühlen uns am langen Arm von der Stadt hängen gelassen.“

Für den 15. November ist tatsächlich eine Bauausschuss-Sitzung im Ratskalender angesetzt, eine Tagesordnung liegt jedoch noch nicht vor.

Zum jeweiligen Stand der Dinge gibt es auch für die Presse keine initiativen Informationen von der Stadt. Die letzte offizielle Mitteilung ist die vom Abend des 2. August – im Anschluss an die an jenem Mittag kürzestfristig angesetzte Pressekonferenz.

2 KOMMENTARE

  1. Die ganze Nummer erinnert wirklich an die Eishalle. Erschreckender Weise gewöhnt man sich daran das in unserem Rathaus alles ausgessen wird. Da können wir wählen wen wir wollen. Es ändert sich garnichts. Auf der Strecke bleiben die Kinder in Unna. In ihrer Freizeit können sie ja ins Kino gehen oder eine Dauerkarten im Lichtkunstmuseum kaufen.
    Ganz schön peinlich für alle Entscheider in Unna. Traurig nur das die es noch nicht einmal merken

  2. Wenn man das ganze weiterspinnt steht im…
    https://www.schulministerium.nrw/aktionsplan-schwimmen-lernen-nordrhein-westfalen-2019-bis-2022
    …Im Lehrplan Sport für die Grundschule ist der Schwimmunterricht mit einem Umfang eines vollen Schuljahres mit mindestens einer Wochenstunde (ca. 30 Minuten Wasserzeit) obligatorisch festgelegt. In der Sekundarstufe I gehört Schwimmen ebenfalls zum Pflichtprogramm des Sportunterrichts.
    Verpflichtend Unterricht!
    Wie OHNE ausreichende Bäder!?
    Evtl. holt man mal den DLRG mit ins Boot, die warnen schon lange davor, dass es immr mehr Nichtschwimmer gibt und die Zahl der Unfälle im Wasser höchstwarscheinlich steigen wird.
    Hier sind die Städte aber auch das Schulamt / Ministerium katastrophal aufgestellt und kommen ihrer Pflicht nicht nach.
    Das in Massen macht es wieder ein bisschen schlimmer.
    Die Stadt…bzw. Städte sollten nicht immer den Zeigefinger erheben sonder mal ihre Pflichten kennen. Evtl. verkleinert man mal einfach die Anzahl der Politiker im Rat und benutzt das freiwerdende Geld für eben solche Dinge…wie Schwimmbad , Eishalle….

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