In eigener Sache: Warum wir Ross und Reiter nennen

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Wir verschleiern und verschweigen keine Fakten. (Symbolbild - Quelle Pixabay)


Immer wieder wird der Rundblick Unna angegriffen, weil wir uns nicht scheuen, die Nationalitäten von Straftätern zu nennen. „Das hat mit dem Verbrechen nichts zu tun!“, „Das ist völlig unerheblich für die Tat!“ oder „Ihr müsst euch an den Pressekodex halten!“ bekommen wir zu lesen.

Zuerst einmal ist ein Kodex kein Gesetz. Er ist eine Richtlinie, die Einhaltung freiwillig. Wir entscheiden uns nicht einmal dagegen, denn den grundsätzlichen Sinn und Zweck eines solchen Kodex können wir durchaus nachvollziehen.

Die besagte Stelle des Pressekodex 12.1 ist im März 2017 geändert worden.

Hieß es zuvor,  die Nationalität oder Religion eines Täters solle nur genannt werden, wenn ein „begründbarer Sachbezug“ zu der Straftat bestehe, ist die Richtlinie nun weiter gefasst:

Liegt ein „begründetes öffentliches Interesse“ vor, werden ethnische oder religiöse Details genannt.

Richtlinie 12.1 – Berichterstattung über Straftaten (gültig seit 22.03.2017)

In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.

Wir entscheiden in jedem Fall, ob es wichtig ist, die Nationalität zu nennen oder nicht. Und wir entscheiden nicht allein: Unsere Leser bekunden ein deutliches Interesse daran, wer die Tat begangen hat.

Wird die Nationalität nicht genannt, schießen die Spekulationen fast automatisch sofort ins Kraut. Ein Wort gibt das andere und die Diskussionen sind nicht mehr lebhaft, sondern nehmen an Aggressivität und Unsachlichkeit zu.

Ab einem gewissen Punkt hat A übersehen, das B nur spekuliert hat, und das Gerücht verselbstständigt sich. So werden Unwahrheiten gesät, die am Ende mit dem Rundblick in Verbindung gebracht werden.

Genau das möchten wir verhindern.

Wir nennen Ross und Reiter. Wir erfinden keine Fakten und denken uns nichts aus: Wenn wir berichten, dass ein Marokkaner jemanden mit einem Messer angegriffen hat, berichten wir genauso, dass ein Deutscher eine alte Dame überfallen, ein Ire einen Betrug begangen oder ein Schwede eine Bank ausgeraubt hat. Dies bedeutet für uns in den meisten Fällen Recherchearbeit – und manchmal beißen wir uns die Zähne an den Informationsgebern aus – dann ist das halt so. Die Polizei des Märkischen Kreises hält sich sehr eng an den Pressekodex, die Bundespolizei wiederum ist sehr offen in ihren Meldungen.

Ein Fall aus Hamm, in dem Kinder und Jugendliche im Alter von 9 bis 16 Jahren ein Vereinsheim in Hamm in Schutt und Asche legten, ist ein gutes Beispiel. Wir hielten hier die Nationalität für unwichtig – denn auch wenn der Schaden in die Tausende ging: Kinder sind Kinder, sie bauen nun einmal Mist. Manchmal auch so richtig heftig. Aber die Spekulationen sprossen wie Unkraut und wir fragten bei der Polizei in Hamm nach: Es handelte sich in allen fünf Fällen um Deutsche. „Mit typisch deutschen Namen!“, fügte der Polizeibeamte extra hinzu.

Meist versiegen die Spekulationen daraufhin. Immer öfter jedoch ist unseren Lesern auch das nicht genug und wir werden gefragt, ob ein „Migrationshintergrund“ vorliegt oder uns wird schlichtweg nicht geglaubt.

Hier wird es für uns schwierig. Mehr als die Nationalität erfahren wir in der Regel nicht. Es gibt Polizeisprecher, die von sich aus auf unsere Frage nach der „Herkunft“ offen auch etwaige Migrationshintergründe benennen. Diese Auskünfte geben wir dann entsprechend auch an unsere Leser weiter. Weil wir eines auch grundsätzlich nicht tun: Wir zensieren NICHTS aus Polizeiinformationen heraus. Da diese im Internetzeitalter für jeden offen einsehbar sind, macht das für uns als Onlinemedium auch komplett keinen Sinn.

Die Ereignisse der berüchtigten Silvesternacht in Köln haben gezeigt, was passiert, wenn man Fakten unter den Teppich kehrt. Die Folgen waren fatal: Das Vertrauen in Politik und Sicherheitsbehörden hat enorm starken Schaden genommen. Dies bereitet nicht nur den Nährboden für rechte Parteien und Verschwörungstheoretiker, es nimmt auch zunehmend den Respekt gegenüber Polizei und Behörden – diese Entwicklung werden viele Polizisten bestätigen können. Aber mal ehrlich (wir sprechen nicht für uns!) – warum Respekt haben, wenn man belogen wird? Belogen? Ja, denn das bewusste Weglassen von Informationen – von Fakten – ist eine Form der Lüge. Das klingt harsch und wir könnten darüber stundenlang streiten. Aber von den meisten unserer Leser wird es so gesehen.

Wir beim Rundblick bleiben dabei: Wir nennen Ross und Reiter. Wir machen uns die Welt nicht, wie sie uns gefällt – wir berichten die Fakten.

Wir achten weiter darauf, dass dies nicht zur Hetze auf unserer Plattform führt, auch wenn die Differenzierung zwischen starker Meinung, Polemik und Hetze nicht immer einfach ist. Im Zweifelsfall löschen wir Kommentare – nach Vorwarnung – oder verbergen diese – niemals leichtfertig aus einer Laune heraus, in den meisten Fällen geht dem eine Diskussion zwischen den Redakteuren voraus.

Wir bitten weiterhin um euer Verständnis, dass wir bei der Flut an Kommentaren nicht immer sofort jeden Kommentar entdecken und bitten euch, es uns zu melden, wenn ihr eine Äußerung anstößig oder hetzerisch findet.

Abschließend noch ein Wort um die politische Ausrichtung des Rundblicks, die auch schon oft Gegenstand der Diskussion – zuletzt sogar einer sogenannten „Studie“ war:

Wir sind neutral. Wir akzeptieren, sofern sie nicht justiziabel ist, linke Meinung wie rechte, mittige oder auch mal echt seltsame.

Uns wird beinahe täglich vorgeworfen, wie seien „rechte Hetzer“ und in der nächsten Nachricht sind wir dann wieder „die linke Gutmenschenpresse“. Ende August 2018 bekamen wir in einem grotesken Zusammentreffen beides binnen derselben halben Stunde um die Ohren gehauen – „rechtspopulistenverseucht“ waren wir da für den einen tobenden User und „linksversifftes Gutmenschenpack“ für den anderen. Und erst neulich, im Oktober 2020, schmähte uns binnen anderthalb Stunden ein User als „Hetzblog für AfD-Fanboys“ und ein anderer als „erbärmliche Merkel-Verschweigerpresse und Systemhure“. Tja.

In den meisten Fällen nehmen wir diese Vorwürfe amüsiert zur Kenntnis, doch auch wir machen uns Gedanken über die politische Entwicklung und schauen besorgt auf die sich verschärfende Situation – in alle Richtungen.

Wir veröffentlichen nichts leichtfertig,sondern sind uns unserer Verantwortung als kleines, aber beliebtes Nachrichtenmedium sehr wohl bewusst. Das „begründete öffentliche Interesse“ – EUER Interesse – das nehmen wir ernst. Und wir trauen euch als mündigen Lesern zu, selbst zu entscheiden, welche Meinung ihr zu welchem Thema vertreten möchtet.

Daher werdet ihr auch weiterhin kein betreutes Denken von uns erwarten können – oder besser müssen.

Viele Grüße vom Redaktionsteam und Verlag des Rundblicks Unna.

17 KOMMENTARE

  1. Ich denke, der „Rundblick“ will sich hier „In eigener Sache“ lediglich rechtfertigend in Erinnerung rufen.
    Bis zur genannten „Studie“ und linksgrünversiffter Ausspähung, so meine Wahrnehmung, LEBTE der „Rundblick“ – eben ganz besonders auch durch rege Kommentare und Gegenmeinungen.
    Insoweit betrachtet, ist der „Rundblick“ doch schon lange TOT!

    • Herr Fürstenau, die Freigabe Ihres Kommentars dient auch als Beleg dafür, dass wir auch die absurdesten Behauptungen stoisch ertragen. Wir versichern Ihnen – der Rundblick war noch nie lebendiger. Nur zur Ergänzung möchten wir freilich darauf hinweisen, dass Ihnen möglicherweise entgangen ist, dass die täglich hundertfach auf Facebook eintreffenden Kommentare seit ca. 2 Jahren nicht mehr automatisch auf die Website kopiert werden – schlicht aus Datenschutzgründen, die bei FB liegen. Sofern Sie Ihren Kommentar in Kenntnis dieses Umstands verfasst haben, ist er an Absurdidät nicht mehr zu übertreffen. Mit lächelnden Kopfschütteln wünschen wir Ihnen einen geruhsamen ersten Advent.

    • Und mit Ihrer ersten Unterstellung, wir wollten uns mit dem Hochholen dieses Artikels „lediglich rechtfertigend in Erinnerung rufen“, liegen Sie ebenfalls gänzlich falsch, Herr Fürstenau. Wir haben diesen Bericht von unserer inzwischen stillgelegten Archivseite deswegen hier neu publiziert, weil wir inzwischen allein auf unserer Facebookseite an die 21.000 Abonnenten haben, von denen viele unsere Haltung in dieser Frage noch nicht kennen. Sie sehen, der Rundblick ist mausetot. Ihnen zum Gruße.

  2. Ich danke der Redaktion für ihre Sachlichkeit und auch ihren Mut, gegensätzlichen Meinungen Rechnung zu tragen. Machen sie bitte weiter so.

  3. Vielen Dank liebe Redaktion des Rundblick, in einer Zeit wo „Qualitätsmedien“ mit Steuergeld gefüttert werden und dementsprechend gerne mal von sich aus gefällig berichten und dabei Lücken in der Breite Grand Canyon aufweisen, schätze ich ihre Berichterstattung. Auch wenn gerade im Bezug auf Corona nur wenig alternativ berichtet wird, geht ihre sonstige Offenheit absolut in die richtige Richtung.

  4. Bitte weiter so. Und den Beitrag immer mal wieder veröffentlichen.
    Ich danke dem Team auf diesem Wege für die vielen tollen Artikel und die Leistung, die hier jeden Tag erbracht wird.

  5. Klare und vollständige Berichte sind wichtig, Verschweigen und Schönreden bewirken oft genau das Gegenteil von dem was erreicht werden soll.
    Ich lese den Rundblick jeden Tag.

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