Tiefer, härter, lauter – Tuningkontrolle auf dem Unnaer Ring

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Am frühen Abend begannen die Kontrollen, hier der Einsatzort Beethovenring. (Alle Fotos: Rundblick Unna)

Tiefer, härter, lauter. Für den ersten Kandidaten ist bereits eine knappe Stunde nach dem Einrichten der Kontrollstelle die Fahrt in seinem schicken Sportwagen zu Ende.

Der schimmernd blaue BMW 325i mit Breitreifen und silbern glänzenden Felgen wird kurz hinter dem Ringtunnel am Beginn des Beethovenrings auf einen Abschlepper von Widlizek verladen, zusammen mit einem raren Schätzchen, einem getunten Opel Ascona aus dem 70er Jahren.

Sowie, eine Dreiviertelstunde später, einem Manta A in originaler schwarzgelber BVB-Optik, ebenfalls ein Oldtimerschätzchen Baujahr 1974, bei dem nicht einmal der Fuchsschwanz am Rückspiegel fehlt.

UPDATE zum Manta und seiner Stilllegung HIER

„Er ist im hohen Drehzahlbereich wohl zu laut“, kommentiert Besitzer Wolfgang Trenz aus Bergkamen etwas überrascht und enttäuscht, beobachtet jedoch erstaunlich gefasst das Verladen seines Schätzchens auf den Abschleppwagen. Er ruft per Handy daheim an, weil er jetzt ja irgendwie von Unna wieder nach Bergkamen kommen muss.

Die daheim fragen ihn erstmal, ob „das denn auch echte Polizisten sind“ da am Ring, die seinen schönen Oldtimer dort wegschaffen lassen? Ja ja, das sind schon echte Polizisten, beruhigt sie Wolfgang Trenz.

Schließlich hat er just zuvor mit dem echten Polizeichef sehr freundlich über seinen Manta geplaudert, mit Landrat Michael Makiolla, der sich zum freitagabendlichen Tuning-Kontrolleinsatz seiner Behörde hinzugesellt hat.

„Ein ganz tolles Fahrzeug“, lobt Makiolla Wolfgang Trenz´ Original-Manta A, und das Verladen des wunderschönen Oldies auf den Abschlepper tut ihm „in der Seele weh“, bekennt er. „Aber so sind die Vorschriften.“ – „Beifang“, kommentiert nüchtern ein anderer Beamter herzlos die die Stilllegung des Oldies.

Er winkt bereits den nächsten Kandidaten von der Straße, diesmal einen Motorradfahrer.

Dessen rotweiße Ducati muss sich ebenfalls einer Rundumkontrolle nebst Geräuschprobe unterziehen.

Das Motorrad ist laut. Sehr laut, viel lauter als der vorhin der alte Manta. Doch der Biker darf seine Fahrt fortsetzen: Mit der Lautstärke seines Krads, wenngleich sie bei hoher Drehzahl in den Ohren schmerzt, ist alles in Ordnung, sie entspricht der Norm.

„Dagegen will man in Berlin ja gerade vorgehen“, erinnert Michael Makiolla an eine entsprechende Gesetzesinitiative.

Konzertierte Tuning- und Geschwindigkeitskontrollen am Freitagabend, 18. September, auf dem Unnaer Ring. Zwei Männer gehen vorbei, mutmaßen, „was für´n Polizeiaufgebot, die drehen hier wahrscheinlich ´n Tatort.“ Tatort Ring. Lokale sowie überörtliche Medienvertreter waren vorab diskret per Telefon eingeladen worden, man wollte die „Szene“ ja nicht durch eine Ankündigung auf dem Blaulichtportal vorwarnen.

Wobei, so eine klassische „Szene“ gibt es in Unna eigentlich nicht, meint Thomas Stoltefuß, Leiter des Verkehrsdienstes bei der Kreispolizeibehörde Unna. „Wir stellen hin und wieder Gruppierungen fest. Diese haben aber keinen festen Sammelplatz.“

Thomas Stolefuß, Leiter des Verkehrsdienstes der KPB Unna.

Stoltefuß ist auch wichtig:

„Tuner sind nicht automatisch Raser. Das muss man unterscheiden.“

Den Fokus auf getunte Fahrzeuge legen die Verkehrsbeamten an diesem Abend aus einem anderen Grund: Ein nicht vorgeschriftsmäßig „verbasteltes“ Fahrzeug kann auch ohne Überschreitung des Geschwindigkeitslimits hochgefährlich im Straßenverkehr werden.

„Da werden Gewindefahrwerke verbaut, nicht genehmigte Reifen aufgezogen, da werden Sportfahrzeuge fast auf Bodenfläche gelegt. Autos bis auf 800 PS…“ Thomas Stoltefuß und seine Kollegen haben schon so ziemlich alles gesehen.

Wie bestellt kommt just ein Anschauungsobjekt den Ring hochgerollt, der schon eingangs erwähnte leuchtend blaue BMW 325i mit UN-Kennzeichen, den einer von Stoltefuß´ Kollegen direkt zur Seite winkt.

Der Fahrer, ein stämmiger Mann in den Dreißigern, gibt sich wortkarg. Bewegungslos schaut er zu, wie zwei Polizisten seinen todschicken Sportwagen rundherum gründlichst inspizieren, mit Taschenlampen den Motorraum und die Räder ausleuchten – und dort ein Beamter auch den Knackpunkt: Die breiten Reifen des BMW schleifen nahezu am Blech.

Praktisch null Abstand. „Das war´s erstmal“, kommentiert der Verkehrsbeamte und winkt seine Kollegen heran.

Der BMW wird an Ort und Stelle stillgelegt, auf den Abschleppwagen verfrachtet, ein Sachverständiger wird ihn später buchstäblich auseinandernehmen und alle nachträglich eingebauten Teile auf Zulässigkeit bewerten.

Alles auf Kosten des Besitzers natürlich, „und glauben Sie mal nicht, dass der Sachverständige das Auto hinterher auch wieder zusammensetzt“, betont Polizeisprecher Bernd Pentrop, gemeinsam mit seinem Kollegen Christian Stein in gelber Warnweste selbst vor Ort.

Polizeisprecher Bernd Pentrop (li.) mit seinem Chef, Landrat Michael Makiolla.

Auch für einen sportlich aufgemachten Opel Ascona, ein Sammlerstück, ist am Beethovenring an diesem Abend zunächst die Fahrt zu Ende. Desgleichen für den zweiten Opel-Oldie, besagten A-Manta aus den 70ern, mit dem Wolfgang Trenz aus Bergkamen an diesem lauen Spätsommerabend eigentlich nur eine kleine Ausfahrt nach Unna machen wollte.

Nun muss er zusehen,wie sein schwarzgelbes Schätzchen auf den Abschlepper verladen wird. Der Polizeibeamte, der sich dazu hinters Steuer setzt, hat zunächst einige Startschwierigkeiten.

Der Manta bockt. Er will nicht anspringen. Über das Gesicht des Besitzers gleitet ein Lächeln: „Tja, so ein altes Auto kann eben nicht jeder fahren!“

Polizeisprecher Bernd Pentrop verschlägt es kurzzeitig die Sprache, als ein junger Mann auf einem (unbeleuchteten) Mountainbike auf dem Gehweg des Rings vollkommen sorglos in Richtung Kantstraße herunterrollt, direkt ins Polizeiaufgebot hinein.

Pentrop stoppt ihn, knöpft sich den Verblüfften vor: „Warum habe ich Sie denn jetzt angehalten? Wissen Sie das nicht?“ Der junge Mann, der allen Beamten rundum ausgesucht höflich lächelnd einen guten Abend wünscht, wirkt ehrlich ratlos.

„Hmmh… vielleicht, weil hier ein Gehweg ist?“ Stimmt auffallend, gibt ihm Pentrop zurück, „und haben Sie nicht die ganze Polizei hier gesehen?!“

Er lässt den Mountainbiker mit einem strengen Verweis ziehen: „Sie schieben aber jetzt bitte ihr Rad! Ist das klar?“ „Ja, natürlich“, antwortet der junge Mann mit entwaffnendem Lächeln und wünscht im Weiterziehen freundlich allen Polizisten und Medienvertretern einen schönen Abend. Pentrop blickt ihm kopfschüttelnd nach. „Man fasst es manchmal nicht!“

Schließlich können Makiollas Polizeibeamte in einem schneeweißen Sportwagen aus Bayern noch unverhofft eine Kollegin begrüßen: Die Dame auf dem Beifahrersitz des Prachtfahrzeugs (mit dem nach gründlicher Untersuchung alles tipptopp ist) entpuppt sich als Polizeibeamtin der Großstadtbehörde Dortmund, und unter unserem Facebookpost zum Einsatz meldete sie sich kurz vor Mitternacht mit einem Foto des weißen Traumautos plus Lach-Emoji selbst zu Wort: „Mittendrin statt nur dabei!“

Die Einsatzbilanz der Kreispolizeibehörde – 93 Fahrerinnen/Fahrer waren zu schnell:

  • 6 Fahrzeug-Sicherstellungen zur Begutachtung nach Erlöschen der Betriebserlaubnis
  • 1 Strafanzeige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
  • 1 Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen Missachtung des Rotlichts einer Lichtzeichenanlage
  • 1 Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen nicht vorschriftsgemäßer Sicherung eines Kindes im Kfz
  • 1 Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen Fahrens unter Alkoholeinfluss
  • 1 Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen der Handynutzung am Steuer
  • 3 Mängelkarten
  • 2 Verwarnungsgelder wegen Erlöschens der Betriebserlaubnis
  • 1 Ordnungswidrigkeitenanzeige wegen Erlöschens der Betriebserlaubnis
  • 88 Verwarnungsgelder wegen Geschwindigkeitsverstößen
  • 5 Ordnungswidrigkeitenanzeigen wegen Geschwindigkeitsverstößen
  • (trauriger Spitzenreiter: 82 statt der erlaubten 50 km/h)

Nach mehreren Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern hat die Kreispolizeibehörde Unna diesen Schwerpunktverkehrseinsatz auch zum Schutz der Anwohner vor belästigenden Geräuschimmissionen durchgeführt. Diese Kontrollen können jederzeit und unangekündigt auch in anderen Kommunen des Kreises Unna stattfinden.“

Fotogalerie – alle Bilder von RB Unna

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