„Jeden Monat 420 € für Nichtstun“ – Antrag eines Zahlungsstopps an Ratsherrn Meinolf Schmidt mündet in Eklat

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Stühle im Ratssaal - Archivbild / Rinke

Um den folgenden Antrag kam es am vergangenen Donnerstag im Haupt- und Finanzausschuss im Unnaer Ratssaal zu einem Eklat. Wir konnten selbst nicht an der Sitzung teilnehmen, erfuhren jedoch von verschiedenen politischen Fraktionen, dass der Ablehnung des Antrags durch die Schwarz-Grüne Projektgemeinschaft ein heftiger verbaler Schlagabtausch voranging.

So sei der WfU von der CDU vorgeworfen worden, böswillig den Bürgermeister zu schädigen, die SPD ihrerseits warf der CDU Postengeschacher vor. Bürgermeister Wigant sagte, rechtlich sei an der Weiterzahlung der Aufwandsentschädigung nichts zu machen, Schmidt habe eine Arbeitsunfähigkeitsbescheidung (AU) eingereicht.

Eine „moralische“ Abstimmung lehnte die CDU mit dem Vorwurf der Profilierung an die WfU ab, WfU-Fraktionschefin nannte die Weiterzahlung der Aufwandsentschädigung seit jetzt inzwischen anderthalb Jahren „moralisch abartig“, Renate Nick (SPD) bezeichnete den Vorgang als „Sauerei“. – Der Antrag wurde mit 11 Gegenstimmen, je 4 Mal Ja und Enthaltung abgelehnt.

Im Folgenden die Pressemitteilung der WfU zu ihrem Antrag im Wortlaut.

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„Wie soll man dem Bürger erklären, dass ein Lokalpolitiker erst sein Ratsmandat unrechtmäßig ,erschleicht´, sodann seit eineinhalb Jahren an keiner Sitzung teilnimmt, aber während der ganzen Zeit seine volle Aufwandsentschädigung bekommt?“

Das fragt sich Ingrid Kroll, Fraktionsvorsitzende von Wir für Unna (WfU).Sie rechnet vor: Das sind monatlich 420 €. Und für 18 Monate ergibt das eine Summe von 7560 €.“

„Herr Schmidt bekommt dieses viele Geld der Unnaer Steuerzahler unberechtigt. Deshalb haben wir den Antrag an die Verwaltung gestellt, die Zahlung sofort einzustellen.“ Diesen Beschluss solle der Rat jetzt umgehend fassen, so Kroll. „Sollte Meinolf Schmidt damit nicht einverstanden sein, ist es ihm freigestellt, Klage zu erheben.“

Die WfU-Fraktionsvorsitzende erklärt die Überlegungen von Wir für Unna:

„Eine Aufwandsentschädigung wird gezahlt, damit ein Ratsmitglied keine finanziellen Nachteile für sein ehrenamtliches Engagement erleidet“ . Sie ist nicht mit den Diäten von Bundes- oder Landtagsabgeordneten zu verwechseln. Meinolf Schmidt erleidet keine Nachteile. Er ist nicht berufstätig und hat seit Herbst 2021 an keiner einzigen Sitzung teilgenommen. Anträge hat er auch nicht gestellt. Er war einfach nicht vorhanden und bekam trotzdem jeden Monat sein Geld.

Letztendlich war es sein eigener Entschluss, bis zum Ende 2022 sein Ratsmandat nicht ausüben zu wollen. So hat er dem Bürgermeister mitgeteilt, und der Rat wurde darüber unterrichtet. Jetzt sind es tatsächlich schon eineinhalb Jahre, während denen Meinolf Schmidt die „Freien Wähler“ nicht im Rat vertritt. Er weigert sich zudem, sein Mandat niederzulegen.“

Vielleicht würde ja ein Freier Wähler von der Liste gerne nachrücken und sich im Rat der Kreisstadt Unna konstruktiv einbringen wollen, wenn Schmidt sein Amt zur Verfügung stellen würde, gibt Ingrid Kroll zu bedenken. „Und wenn niemand sich mit der Listenlüge weiter einbringen will, wäre das wiederum ein positives Zeichen für die Freien Wähler, die ja aufgrund des Verhaltens ihres Mitglieds Schmidt auch scharfe Kritik einstecken mussten.“

Die WfU-Fraktion stellt jedenfalls fest, dass ein Anspruch auf eine „Aufwandsentschädigung“ von der Wortbedeutung her beim Ratsherrn Schmidt nicht vorliegt – denn er hat ja keinen „Aufwand“, da er weder mitarbeitet noch anwesend ist. Daraus ist zu schließen, dass dieses Ratsmitglied sein Mandat nicht nur in minderwertiger Weise, sondern aus eigenem Entschluss überhaupt nicht ausübt.

Wir sehen darin betrügerisches Handeln und arglistige Täuschung auf Seiten des Bürgers und der Rat wäre gut beraten, darauf entsprechend zu reagieren.“

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Mitte Januar erklärte uns Stadtsprecherin Anna Gemünd zur Causa Schmidt die folgende Sachlage (sie ist seither unverändert):

„Das Ratsinformationssystem ist auf dem aktuellen Stand. Meinolf Schmidt ist weiterhin Mitglied des Rates der Kreisstadt Unna.

Die monatliche Aufwandsentschädigung für Ratsmitglieder der Kreisstadt Unna beträgt 420 Euro.

In diesem Zusammenhang der Hinweis, dass nicht die aktuelle Einwohnerzahl für die Bestimmung der Pauschale maßgeblich ist, sondern der zum Zeitpunkt der Kommunalwahl festgestellte Wert.

Die Höhe der Zuwendungen für Fraktionen und fraktionslose Ratsmitglieder liegt im eigenen Ermessen des Rates und ist durch diesen in öffentlicher Sitzung – zuletzt am 20.12.2021 -beschlossen worden. Aus dieser Beschlussfassung ergibt sich auch der jährliche Pauschalbetrag für jedes Ratsmitglied, welcher in monatlichen Abschlägen zu 400 Euro je Mitglied ausgezahlt wird und dem eine Jahresabrechnung folgt, nach der unverbrauchte Mittel zurückgezahlt werden müssen.

Im Falle nachgewiesenener Krankheit kommt eine Pflichtenmahnung nicht in Frage.

ERGÄNZUNG – Wie und bei wem weist ein Ratsmitglied eine Krankheit nach?

Auf unserer Facebookseite entbrannte eine Diskussion über die Frage, wie und bei wem ein Ratsmitglied sich „krank meldet“. Stadtsprecherin Anna Gemünd beantwortete uns die Anfrage wie folgt:

„Die Ratsmitglieder haben die aktive Pflicht, sich beim Bürgermeister abzumelden, wenn sie an Sitzungen nicht teilnehmen können. Dies regelt §5 der Geschäftsordnung des Rates. Diese Anzeigepflicht ist nicht formalisiert, das heißt, die Abmeldung kann auf verschiedenen Wegen, zum Beispiel per Telefon oder E-Mail erfolgen. Bei länger andauernder Abwesenheit wird üblicherweise ein entsprechender Nachweis erbracht.“

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Über die „Causa Schmidt“ berichteten wir ausführlich am 26. Juni vorigen Jahres.

Meinolf Schmidt, Ratsherr der Freien Wähler, hatte sich einen Strafbefehl wegen Meineids im Zusammenhang mit der Kommmunalwahl 2020 eingehandelt. Aus dem Kreisverband trat er am 30.04.2022 mit seiner Wählergemeinschaft aus – aus dem Stadtrat Unna nicht, bis heute nicht.

Also, forderten FLU und WfU, fordern wir ihn doch als Rat zum Austritt auf. Dazu kam es aber nicht.

Die Causa Schmidt wurde in der letzten Ratssitzung vor der Sommerpause 2022 noch vor der ersten Wortmeldung auf Antrag des Bürgermeisters von der Tagesordnung genommen. Wigant zur Begründung:

„Ich möchte den Rat davor bewahren, eine rechtswidrige Entscheidung zu treffen.“

Der Rat kann Schmidt nämlich weder „hinauswerfen“, noch kann er ihn auffordern, sein Mandat zurück zu geben. Bzw. kann er das schon, nur begeht er damit einen Rechtsverstoß.

Meinolf Schmidt hat sich bis auf Weiteres krank gemeldet, bezieht also weiterhin sein Geld. Für ein politisches Mandat, das er, so regte sich FLU-Fraktionschef Klaus Göldner auf, „erschlichen“ und niemals ausgeübt hat.

Der Rat folgte Wigants Vorschlag dennoch mit großer Mehrheit und nahm die Causa Schmidt von der Tagesordnung. Tenor: Man sei sich ja einig, dass man ihn liebend gerne loswerden würde. Doch man wolle keinen Rechtsverstoß mit entsprechenden juristischen Konsequenzen riskieren.

Dass darüber keine Diskussion mehr erlaubt war und man das Verweilen eines Ratsvertreters unter solch fragwürdigen Umständen einfach weiter „erdulden“ soll, regte WfU-Fraktionschefin Ingrid Kroll und vor allem aber FLU-Fraktionschef Klaus Göldner über die Maßen auf.

2 KOMMENTARE

  1. Der Vorwurf der CDU den Bürgermeister zu schädigen ist absurd. Das erledigt der BM in den Augen der Wähler selbst.

    Und wer die Hintergründe zur Causa M. Schmidt verfolgt hat kann sicher auch nachvollziehen dass die CDU den Mantel des Schweigens nicht aufdecken möchte da sie diesbezüglich doch selbst genug Dreck am Stecken hat.

    Diese unerträgliche Situation zu ignorieren weil rechtlich keine Handhabe bestehen soll ist sicher nicht angebracht und dem Steuerzahler nicht zu erklären.
    Abgesehen von dem, trotz Warnung und Hinweisen, ignorierten Wahlbetrug des M. Schmidt und der fehlenden Selbstachtung die dieser Typ offensichtlich nicht hat wäre es ein leichtes gewesen zumindest entsprechenden Druck aufzubauen.

    Die Chance ein wenig Vertrauen und Achtung zurück zu gewinnen vertan und eine weitere Bestätigung dass die CDU samt BM dem ursprünglichen Wählervertrauen nicht würdig sind.

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