Nach Demos gegen AfD: Kommunalaufsichtsbeschwerde gegen Kamens Bürgermeisterin – Gelassenheit bei AfD Schwerte

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Mit 7 statt der bei der Wahl errungenen 8 Mandate wird die AfD in der neuen Ratsperiode im Unnaer Stadtrat vertreten sein. (Fotos RBU)

Gegen die Präsenz der AfD in den Stadt- und Gemeinderäten im Kreis Unna haben wie berichtet zum Start der neuen Ratsperiode in verschiedenen Städten Protestdemos stattgefunden.

Die AfD-Fraktion Schwerte gibt sich in ihrer Bewertung gelassen. Sie bezeichnet die Veranstaltung vor dem dortigen Rathaus in einer Pressemitteilung als „bunte Folklore“ und merkt an, dass sich Protest „gegen Rechts“ gegen das Demokratieprinzip richte.

Derweil gehen ihre Kamener Parteikollegen gegen die Bürgermeisterin vor.

Mit ihrem Aufruf zur Teilnahme an einem Protest „gegen den Einzug der AfD in den Kamener Rat“ hat sich Verwaltungschefin Elke Kappen (SPD) eine Kommunalaufsichtsbeschwerde eingehandelt.

Der Fraktionsvorsitzende der Kamener AfD, Ulrich Lehmann, gab am Donnerstag, 6. 11., in einer Pressemitteilung bekannt:

„In Ihrer Email vom Freitag, 31. Oktober 2025, versendet um 13:00 Uhr, informierte die Bürgermeisterin von Kamen, Frau Elke Kappen, die Mitglieder des Rates  über die Kundgebung des Bündnis „BürgerInnen gegen Rechts – Kamen und Bergkamen“ am Montag, den 03. November, eine halbe Stunde vor dem Beginn der konstituierenden Ratssitzung.

Frau Kappen führte weiter aus:

„Unter dem Motto „Gegen Hass und Hetze im Rat – Kundgebung gegen den Einzug der AfD in den Stadtrat von Kamen“ will das Bündnis ein deutliches Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Respekt setzen. Hierzu sind alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen, teilzunehmen.“


Fraktionsvorsitzender Ulrich Lehmann erklärt:

„Mit dieser Handlung geht Frau Kappen einen Schritt zu weit.

Sie missbraucht ihr Amt als Bürgermeisterin, ihren Briefkopf sowie die Ressourcen des Rathauses, um für ihre privaten Meinung zu werben. Wir sehen darin einen Verstoß gegen das Grundgesetz, Artikel 20 Absatz 3, wonach die vollziehende Gewalt an Recht und Gesetz gebunden ist.“

Bei dem Gesetz handelt es sich insbesondere um § 33 Beamtenstatusgesetz, wonach Beamtinnen und Beamte dem ganzen Volk dienen und nicht einer Partei, unterstreicht Lehmann.

„Beamte haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen. Sie haben bei ihrer politischen Betätigung diejenige Mäßigung und Zurückhaltung zu wahren, die sich aus ihrer Stellung gegenüber der Allgemeinheit und aus der Rücksicht auf die Pflichten Ihres Amtes ergibt.“

Lehmann weiter:

„Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, daß Frau Kappen alle Bürgerinnen und Bürger zu einer politischen Kundgebung einlädt. Wir haben daher Beschwerde bei der Kommunalaufsicht eingelegt, um den Vorgang prüfen zu lassen.“

Unsere Redaktion bat die Stadtverwaltung Kamen um eine Stellungnahme. Stadtsprecher Peter Büttner leitete uns am Freitag, 7. 11., folgende Antwort zu:

„Die Stadtverwaltung Kamen hatte die Mitglieder des Rates der Stadt Kamen am Freitag, 31. Oktober, darüber informiert, dass im Vorfeld der Ratssitzung am 3. November eine von der Polizei genehmigte Demonstration unmittelbar vor dem Rathaus angemeldet war.

Unter dem Motto „Gegen Hass und Hetze im Rat – Kundgebung gegen den Einzug der AfD in den Stadtrat von Kamen“ wollte das Bündnis „BürgerInnen gegen Rechts – Kamen und Bergkamen“ nach eigenen Angaben ein deutliches Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Respekt setzen.

In ihrem Aufruf hatten die Veranstalter zudem alle Bürgerinnen und Bürger dazu eingeladen, an der Veranstaltung teilzunehmen.

Um einen reibungslosen Ablauf der Ratssitzung zu ermöglichen, hat die Stadtverwaltung die Mitglieder des Rates in der Mail nicht nur über die unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zur Stadthalle, sondern auch über den Charakter der Veranstaltung in Kenntnis gesetzt – deshalb auch der Hinweis, dass die Veranstalter der Demonstration alle Bürgerinnen und Bürger eingeladen haben.


Auch in Schwerte rief zum Start der neuen Ratsperiode ein buntes Bündnis zum Protest gegen die in den Rat eingezogene AfD auf. Als Reaktion darauf schickte Fraktionschef Hans-Otto Dinse am Freitag, 7. 11, folgendes Statement:

„Ganz grundsätzlich ist jede Demo, egal von wem, egal gegen was zulässig und im Rahmen des demokratischen Diskurses notwendig.

Ganz grundsätzlich ist jedoch auch anzumerken, dass eine Demo gegen Rechts sich gegen das Demokratieprinzip an sich wendet.“

Dinse:

„Das „Bündnis“ kämpft um sein politisches Überleben und schnappt wie ein Ertrinkender nach jedem sich bietenden Strohhalm. Wir betrachten diese Veranstaltungen inzwischen als politische Folklore.

So lange sie gewaltfrei bleiben, sind sie in Ordnung, dienen sie uns doch als „Aufmerksamkeitsbeschleuniger“. Betrachten Sie nur die Kommentarspalte in den lokalen Ruhrnachrichten der Stadt Schwerte.

Gerade eben waren es 602, zu 90% positive Kommentare für die AfD. Was also kann uns besseres passieren als solche Demos.

Wir als AfD Fraktion betrachten dies als Motivationsschub für unsere Arbeit.“

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Die neue Ratsfraktion der AfD Schwerte. (Foto AfD Schwerte)

Was ein Bürgermeister sagen darf und was nicht

Bürgermeister von Gemeinden und Städten dürfen und sollen sich an aktuellen politichen Diskussionen beteiligen. Da sich ein Bürgermeister in amtlicher Funktion aber nicht auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit berufen kann, zieht die Rechtsprechung den Äußerungsbefugnissen eines Bürgermeisters enge rechtliche Grenzen.

Im Urteil vom 04.11.2016 – 15 A 2293/15 – verdeutlichte das OVG Münster diesen begrenzten Umfang der Äußerungsbefugnisse eines Bürgermeisters.

Die Entscheidung des OVG hatte Äußerungen des OB von Düsseldorf zum Gegenstand. Anlässlich der in Düsseldorf geplanten Demonstration von „Dügida“ – einem Ableger von „Pegida“ aus Dresden – veröffentlichte der Oberbürgermeister auf der Homepage der Stadt den Aufruf: „Lichter aus! – Düsseldorf setzt ein Zeichen gegen Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“. Der OB forderte hierbei die örtlichen Unternehmer dazu auf, während der Demonstration von „Dügida“ die Beleuchtung entlang des Zugwegs abzuschalten. Im Weiteren rief der Oberbürgermeister zu einer (friedlichen) Gegendemonstration auf.

Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied mit Urteil vom 13.09.2017 – BVerwG 10 C 6.16 –, dass sowohl der Aufruf „Lichter aus!“ als auch der Aufruf zur Teilnahme an einer Gegendemonstration rechtswidrig waren.

Der Oberbürgermeister sei als kommunaler Wahlbeamter zwar grundsätzlich befugt, sich im Rahmen seines Aufgabenbereichs zu Themen der örtlichen Gemeinschaft öffentlich zu äußern. Diese Befugnis unterliege jedoch Grenzen.

Aus dem Demokratieprinzip folge, dass ein Amtsträger sich zwar am politischen Meinungsbildungsprozess beteiligen, ihn aber nicht lenken und steuern dürfe. Ebenso seien ihm Äußerungen nicht gestattet, die … Vertreter anderer Meinungen ausgrenzen.

7 KOMMENTARE

  1. Die Aussage der AfD-Fraktion, die Proteste „gegen Rechts“ als „bunte Folklore“ abtut und zugleich behauptet, solche Proteste richteten sich gegen das Demokratieprinzip, verkehrt die Realität in ihr Gegenteil.
    Zivilgesellschaftliche Demonstrationen gegen Rechtsextremismus sind kein Angriff auf die Demokratie, sondern Ausdruck gelebter demokratischer Kultur. Wer friedlich gegen diskriminierende, autoritäre oder antidemokratische Tendenzen protestiert, nutzt genau jene Freiheitsrechte – Meinungs- und Versammlungsfreiheit –, die das Grundgesetz schützt.

    Die rhetorische Strategie der AfD, den demokratischen Protest gegen rechte Ideologien als „undemokratisch“ umzudeuten, ist durchsichtig: Sie soll berechtigte Kritik delegitimieren und den eigenen politischen Extremismus normalisieren.
    Wenn Bürgerinnen und Bürger, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister Haltung zeigen gegen Rassismus, Hass und Spaltung, dann verteidigen sie nicht weniger als die Grundwerte, auf denen die Demokratie beruht.

    Gerade in Zeiten zunehmender Polarisierung braucht es keine Geringschätzung von Engagement als „Folklore“, sondern Anerkennung dafür, dass demokratische Wachsamkeit kein Symbolritual, sondern eine Notwendigkeit ist.

    Wehret den Anfängen!

    Hier ein Rückblick auf die frühen 1930er Jahre:

    1929–1930: Erste Wahlerfolge der NSDAP bei Kommunalwahlen, z. B. in kleineren Städten und ländlichen Gebieten.

    1931–1932: In vielen Städten zogen NSDAP-Fraktionen in die Gemeinderäte ein; in manchen Regionen stellten sie bereits die größte Fraktion.

    November 1932: Bei den letzten freien Reichstagswahlen vor der Machtübernahme war die NSDAP bereits stärkste Partei – das spiegelte sich auch in vielen Kommunalparlamenten wider.

    Also: aufpassen und demonstrieren gehen!

  2. Nach dem Krieg gab es tatsächlich viele Ex-NSDAP-Mitglieder – das war ein Problem. Aber daraus hat Deutschland gelernt: Heute schützt das Grundgesetz unsere Demokratie, und Hetze gegen Minderheiten wird geahndet.
    Es ist dennoch höchste Vorsicht geboten!

    Der Kommentator, der sich verharmlosend „Kudwig Fun“ nennt relativiert die NS-Zeit:
    „So viele NSDAP-Mitglieder waren nach dem Krieg in demokratischen Parteien“ –und diskreditiert damit heutige demokratische Institutionen – nach dem Motto :„alles gleich schlimm“.

    „Ludwig Fun“ bemüht den Opfermythos:
    Die AfD oder „Opposition“ wird als Opfer angeblicher staatlicher Verfolgung dargestellt („Brandanschläge“, „Hetze“, „Parteiverbot“).

    „Ludwig Fun“ kehrt Täter- und Opferrollen um:
    Nicht die AfD steht für problematische Inhalte, sondern „die anderen“ (NGOs, Medien, Regierung).

    Der Kommentator nimmt mit solchen Ansichten offenbar billigend in Kauf, dass unser Land Schritt für Schritt in autoritäre Verhältnisse abgleitet. Noch sind die Mehrheitsverhältnisse andere, noch darf man gegen solche Entwicklungen demonstrieren, noch kann man seine Meinung – auch hier bei Rundblick Unna – frei äußern. Doch das könnte sich unter einer politischen Mehrheit der AfD in Kommunen, Ländern oder gar im Bund rasch ändern.
    Es wirkt fast, als sei genau das im Sinne des Kommentators „Ludwig Fun“.

  3. ein bisken beneide ich realitätsblinde Mitbürger, die faktenfreie Leserbriefe schreiben, sich bei Omas gegen rechts unterhaken und für bunt und viel demonstrieren, pünktlich um 20 Uhr die Berichte des Wahrheitsministeriums inhalieren und ein wenig hoffen, daß der Filmbeitrag über die Millionendemo gegen rächz vielleicht ihr Konterfei zeigt – begeistert, engagiert und – stirnrunzelnd…

  4. „Ganz grundsätzlich ist jede Demo, egal von wem, egal gegen was zulässig und im Rahmen des demokratischen Diskurses notwendig.
    Ganz grundsätzlich ist jedoch auch anzumerken, dass eine Demo gegen Rechts sich gegen das Demokratieprinzip an sich wendet.“
    Allein diese beiden Sätze zeigen deutlich, wessen Geistes Kind ein Otto Dinse ist. Übersetzt heißt es doch nichts anderes: „Ihr dürft jede Meinung haben, solange es die Meinung der AfD ist.“
    Und dieses lupenreine Bekenntnis zur Demokratie sitzt in Schwerte im Rat.
    Jeder soll sich dabei seinen Teil denken, warum diese Selbstgefälligkeit auch noch bezahlt wird.

  5. AFD mal wieder geistreich am Fakten drehen und wenden bis sie in der Opferrolle sind. Das können sie gut. Zum einen haben Beamte ihr Demonstrationsrecht nicht abgegeben, es ist nur eingeschränkt. Beamte dürfen nicht während der Arbeitszeit demonstrieren und sich inhaltlich nicht gegen den Staat wenden. Für Prinzipien der deutschen Verfassung zu demonstrieren und gegen eine vom VERFASSUNGSSCHUTZ GESICHERT rechtsextreme Partei ist für Beamte nicht nur in Ordnung, die haben auch alle in ihrem Eid darauf geschworen eben genau das zu tun: Die Verfassung, die demokratische Grundordnung zu schützen.
    Wenn’s man’s genau nimmt, sind Beamte eigentlich verpflichtet gegen die AfD auf zu stehen.

    Und die mit ihren „nur positive Kommentare bla bla“… Ich sehe das ja auch unter z.b. Facebook Post vom Rundblick. Die pro Kreis Unna AfD Kommentare kommen teileweise von Menschen aus Niedersachsen, Mecklenburg Vorpommern usw. ???? Die wohnen hier halt nicht. Die wissen wahrscheinlich nicht mal wo der Kreis Unna überhaupt liegt. Alles ein manipulatives Theaterstück.

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