Neues Mühle Bremme-Einkaufscenter offenbart jetzt seine Dimensionen – Große Hoffnungen der Politik begleiten das Projekt

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Der Baukörper am 19. September 2021 vom Rathausplatz/Königsborner Tor aus gesehen. (Foto Rinke)

Je weiter die Bauarbeiten auf der Großbaustelle Mühle Bremme voranschreiten, umso deutlicher zeigen sich die gewaltigen Dimensionen des künftigen Einkaufscenters auf dem früheren Industrieareal am nördlichen City-Entrée ab.

Unsere Redaktion hat den verkehrsarmen Sonntag (19. September) zu einem kleinen Fotospaziergang um das Gelände gemacht, auf dem bis vor anderthalb Jahren noch der Industrieturm der Mühle Bremme wuchtig emporragte und wo im ersten Quartal 2022 das neue Einkaufscenter „Mühlencenter“ neu eröffnen soll.

Für den ovalen Neubau, der sich quer über das gesamte frühere Mühle Bremme-Gelände einschließlich des damaligen Parkplatzes und der Grünflächen zieht, nimmt der Bocholter Investor, die Ten Brinke Group, rund 27 Millionen Euro in die Hände.

Er wurde sich im Oktober 2017 – also vor rund 4 Jahren – mit dem Privatbesitzer einig, das Areal zu kaufen und als Einzelhandelsstandort neu zu entwickeln.

Die Unnaer Großmühle stellte im Jahr 1958 den Betrieb ein, immer wieder gab es Pläne mit dem alten Gebäude.

Fotos vom ehemaligen Komplex / Th. Karcewski (3), Silvia Rinke (2), Peter Grögör (1)

Der mit dem neuen Einkaufscenter beauftragte Architekt ist Michael Deterding aus Unna.

Die Stadt Unna genehmigte die Pläne, die Fraktionen im Stadtrat stimmten seinerzeit mit teils euphorischen Lobesbekundungen zu. Skeptisch zeigten sich bei der finalen Beschlussfassung allein die Bündnisgrünen, die bei der Abstimmung dann mit Nein votierten.

Den ersten Dämpfer bekamen die hehren Erwartungen der Lokalpolitiker, als der Investor und der Architekt – nach dem poliltischen Beschluss für den Abriss der Mühle und den Bau des neuen Centers – in einer folgenden politischen Sitzung die künftigen Ankermieter des neuen Einkaufscenters präsentierte.

Von einem zuvor in Aussicht gestellten Unterhaltungselektronikmarkt war plötzlich keine Rede mehr, Unna sei für die entsprechenden Unternehmen derzeit nicht interessant genug, hieß es schulterzuckend seitens des Projektplaners.

Fest stehen als Mieter Edeka (ein großer, moderner Markt wird ins Erdgeschoss ziehen), die Fitnesskette FitX, die Drogerie Rossmann und der Schuhanbieter Deichmann (beide ziehen nach bisherigen Informationen aus der Fußgängerzone herüber ins Mühlencenter).

Die historische Villa, in der früher der Eigentümer der Mühle Bremme wohnte und die sich jetzt etwas verloren neben dem riesigen Neubau duckt, versprach der Investor zu erhalten. Sie soll für Verwaltungszwecke genutzt werden.

Die historische Villa neben dem riesigen Neubau. (Foto Rinke)

Für Betroffenheit bis Entsetzen sorgte zum Start der Arbeiten der massive Kahlschlag, der für den Neubau vollzogen wurde. Hier Fotos von dieser Phase.

Zur Kritik an den XXL-Abholzungen sagte Projektentwickler Ulf Silkens damals: „Das war selbstverständlich alles rechtens.“ Die Baumfällungen entlang der Kantstraße seien ordnungsgemäß mit Straßen.NRW als Baulastträger abgestimmt gewesen, neue Begrünung und Baumpflanzungen seien Bestandteil der Neuentwicklung des Geländes.

Er könne nachvollziehen, merkt der Projektentwickler an, „dass es manchen Unnaer schmerzt, ein so markantes über 100 Jahre altes Industriegebäude fallen zu sehen. Alle unsere Erfahrungen zeigen aber, dass dies vergessen ist, wenn erst das neue Gebäude steht.“ Und er und seine Kollegen seien fest vom Gelingen dieses Projekts überzeugt:

„Wir werden hier ein schönes Einkaufszentum mit überregionaler Bedeutung realisieren, wo viele Arbeitsplätze entstehen, auch für die Unnaer Bürger. Wir wissen, dass dieses Gebäude der Stadt Unna gut tun wird.“

Für andauernde Diskussionen sorgt derweil – neben den schon angesprochenen enormen Dimensionen des Baukörpers – gerade jetzt im Moment wieder die Verkehrsfrage:

Denn auf dem Parkdeck, das im Rohbau inzwischen fertig ist, sollen bis zu 300 Fahrzeuge Platz finden, dreimal so viele wie zuvor auf dem bewirtschafteten Mühle Bremme-Parkplatz. Die Bewirtschaftung übernehmen die Wirtschaftsbetriebe Unna (WBU), die schon die Tiefgaragen am Neumarkt und am Bahnhof und das Parkhaus an der Massener Straße verantworten.

Die WBU verspricht sich viel von dem großzügigen neuen Parkangebot direkt an der Fußgängerzone zwischen Rathaus und Post:

„Der Synergieeffekt zwischen Innenstadt, Dienstleistung rund um das neue Einkaufszentrum Mühle Bremme, wie beispielsweise ein Besuch im Rathaus, einer der Banken oder der Deutschen Post nach einem Einkaufserlebnis im Einzelhandel wird durch das unkomplizierte und barrierefreie Kurzzeitparken auf den Parkdecks gefördert.“

Wie die ohnehin schon stark belastete Kantstraße und der Kreishauskreisel diese Kundenmehrverkehre aufnehmen sollen, können sich allerdings viele Bürger und auch viele Politiker bisher noch nicht so ganz vorstellen.

Unnas Verkehr und das Mühlencenter – So soll es funktionieren:

  • Das Einkaufszentrum soll über einen Ampel-Knotenpunkt an den Innenstadtring angebunden werden.
  • Für die Anbindung von der Kantstraße aus in Richtung Norden wird eine Linksabbiegerspur angelegt.
  • Ausfahrt ist in beide Richtungen möglich (westlich wie nördlich).
  • Zu Spitzenzeiten nachmittags wird das Verkehrsaufkommen von derzeit 325 Fahrzeugen pro Stunde um 140 Kfz wachsen.
  • Auf dem Ring ist durch die neue Ampel in Spitzenzeiten mit zusätzlichem Stau und Zeitverlust zu rechnen (im Mittel 64 Sekunden).

Auf der Kantstraße in Richtung Innenstadt wird zwischen dem Abzweig Lessingstraße und Innenstadtring seit dem 13. September die Fahrbahn erneuert, was wie berichtet zu chaotischen Verkehrssituationen im weiten Umkreis führt. Angekündigt ist die Sperrung bis zum 22. Oktober.

„Mut statt Bedenkenträgerei“, „Belebung“: Politische Stellungnahmen nach dem Beschluss fürs Mühlencenter

Als Beitrag für eine attraktive, lebendige Innenstadt, das Mut verdient habe statt Bedenkenträgerei, lobte die Unnaer Ratspolitik das geplante Einkaufscenter bei der poltischen Beschlussfassung Anfang Oktober 2019. Dies sei die lange erwartete Chance für die Neuentwicklung der Brache am nördlichen City-Entrée.

FDP: „Endlich von einem Knotenpunkt zum anderen flanieren“ (6. 10. 2019)

„Endlich, der Knoten ist da!“ Nachdrücklich positiv äußerte sich Anfang Oktober 2019 die FDP-Ratsfraktion Unna zum geplanten „Mühlencenter“. Den kritischen Stimmen zu den Plänen des Investors Ten Brinke (Edeka, Drogeriemarkt, Fitnesscenter) hielt der damalige Fraktionschef Günter Schmidt in einer Stellungnahme eine Art Verteidigungsrede entgegen.

„Seit ca. 30 Jahren wird in Unna beim Einzelhandelskonzept über das Prinzip der Knochenbildung diskutiert“, erinnerte er.

„Im Süden REAL/ Schnückel, heute REWE/Schnückel, am anderen Ende die Mühle Bremme. Lange Zeit galt das Gebiet als nicht entwickelbar. Verschiedene Anläufe, dort Gewerbe anzusiedeln, scheiterten u.a. an den Kosten für den Abriss für das Mühlengebäude. Die Alternative, ein Einkaufszentrums auf dem ehemaligen Viktoriagelände nördlich der Bahn, scheiterte am Einspruch eines „Runden Tisches“, der das Aus für die Innenstadt befürchtete, sicher zu Recht.

Nun hat Unna die Chance, den nördlichen Knotenpunkt zu entwickeln und das sollte man vor der Realisierung nicht schlechtreden. Diese Chance ist ja nun, dass die Käufer von einem Ankerpunkt zum anderen flanieren und dabei immer an allen Geschäften der Bahnhofstraße vorbeigehen.

Das wäre ein enormer Gewinn für die Geschäftsrtreibenden. Es wäre jedenfalls ein Gewinn für Unna.“

SPD: „Unna hat überdurchschnittliche Kaufkraft – das Projekt wird den nördlichen Teil der Innenstadt funktional stärken“ (7. 10. 2019)

 SPD-Ratsherr Ralph Bürger kritisierte Anfang Oktober 2019 das „Madigmachen“ des Projekts und berief sich dabei auf das  Einzelhandelsgutachten.

Dort heißt es unter Punkt 7.8.1 „Mühle-Bremme“:

„Bereits im Einzelhandelskonzept 2008 ist das am nördlichen Ende der Fußgängerzone gelegene „Mühle Bremme“-Gelände als zentrale innerstädtische Potenzialfläche benannt worden, über die „tatsächlich eine funktionale Stärkung des nördlichen Teils der Unnaer Innenstadt herbeizuführen [sei].“

Mit einer Entfernung von gerade einmal rd. 70 Metern zu einem der bedeutendsten Innenstadtmagneten,  der nachbarschaftlichen Lage zu Rathaus und zentralem Bahnhof sowie einer ausreichenden Flächendimension verfügt das „Mühle-Bremme“- Areal standortseitig auch unter heutigen Gesichtspunkten über eine sehr gute Ausgangssituation, um am nördlichen Ende des Innenstadtbereiches eine kundenfrequenzstarke Einzelhandelsentwicklung aufzunehmen und positive Impulse nicht nur für diesen Teilbereich der Innenstadt zu setzen.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die nach derzeitigem Kenntnisstand geplanten Einzelhandelsnutzungen allesamt von den im Bebauungsplan diesbezüglich formulierten Festsetzungen abgedeckt sind, das Planvorhaben dazu in der Lage ist, bestehende Angebotslücken im innerstädtischen Einzelhandelsangebot zu beseitigen und v.a. aufgrund der frequenzschaffenden Wirkung insbesondere des Lebensmittelmarktes zu einer Stärkung und Belebung des nördlichen Innenstadtbereiches führen wird. Die Planung ist demnach in vollem Umfang positiv zu begleiten.“ 

Der Gutachter bescheinige Unna zudem ein „überdurchschnittliches Kaufkraftniveau“, betont Ralph Bürger. „Aktuell liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft um 45 Mio € höher als vor 10 Jahren. Die Verkaufsfläche ist mit ca. 139.000 qm über 10 Jahre fast konstant geblieben.“

Planungsfläche und Bilder vom Areal früher / Quelle Ten Brinke, Th. Karczewski

CDU: „Beitrag für eine attraktive und lebendige Innenstadt“ (10. 10. 2019)

„Die Entwicklung der Mühle Bremme ist für die CDU-Fraktion wichtig, da sie einen Beitrag für eine attraktive und lebendige Innenstadt darstellt. In Unna haben wir bisher das Glück, dass wir keine großen Leerstände in der Innenstadt haben wie in vergleichbaren Städten um uns herum. Denn es ist jeweils Angelegenheit der privaten Eigentümer und Interessen von möglichen Pächtern. Als Politik lässt sich hierbei nur ein Rahmen festlegen, um zwar Wettbewerb zu fördern, aber gleichzeitig nicht einzelhandels-schädlich zu agieren.

So war es auch Forderung der CDU nach einem lokalen Wirtschaftsförderer, der sich insbesondere um die Belange des innerstädtischen Einzelhandels kümmert. Und es war gut so zu handeln, um Eigentümer und Investoren für den Standort Unna gewinnen zu können. So ist als Beispiel zu sehen, dass der Weggang eines großen Bekleidungsgeschäftes eben keinen Leerstand mit sich bringt, sondern eine Nachnutzung bereits gefunden ist.

Das Projekt Mühle-Bremme steht im Einklang mit dem aktuellen Einzelhandelskonzept. Die CDU-Fraktion glaubt auch, dass mit der neuen Verkehrsführung am Ringtunnel eine Lösung für die verkehrliche Entzerrung gefunden ist.

Die Verbindung zwischen dem Neubau und dem Fußgängertunnel am Königsborner Tor stellt eine Aufwertung des gesamten Gebietes dar und bildet einen attraktiven nördlichen Eingang zur Innenstadt. Rudolf Fröhlich fasst für die CDU-Fraktion zusammen, dass die CDU daran interessiert ist, Investitionen und Investoren für unsere Stadt zu gewinnen. Es ist Aufgabe der Politik, verschiedene Interessen in Einklang zu bringen.

Für unsere Städte ist von hoher Bedeutung, einen starken lokalen Einzelhandel zu haben. Die CDU freut sich auf die Entwicklung der Mühle-Bremme und die Bereitschaft, aus privater Hand das Areal zu einer neuen Adresse zu gestalten.

Dass nicht Wohnungen darauf gebaut werden, kommentiert die CDU wie folgt: Es ist allen im Rat bewusst, wie der Wohnungsmarkt sich in Unna darstellt und wie Unna dem entgegentreten will. Dies gilt auch insbesondere für den preisgebundenen Wohnungsbau.“

Freie Liste Unna (FLU): „Mut statt Bedenkenträgerei (10. 10. 2019)

„Zwischen Bahnlinie und Post-Gebäude liegt die Mühle Bremme, ein wuchtiger Klotz, der zu den prägenden Bauwerken in der nördlichen Innenstadt von Unna zählt. Der niederländische Investor Ten Brinke will dort ein Einkaufszentrum errichten.

Für Saturn und Co. scheint Unnas Innenstadt keinen fruchtbaren Boden zu bieten. Seit Jahren hofft Unna auf eine positive Entwicklung der ehemaligen Mühle. Dazu braucht es  mutige Menschen mit Plänen und Kapital. Wenn der Investor an sein Vorhaben glaubt, bleibt der Politik lediglich die Prüfung der städteplanerischen Verträglichkeit.

Gefordert ist Mut statt Bedenkenträgerei für die Entwicklung der Mühle Bremme. Risiken einer Ansiedlung auf dem Mühle-Bremme-Gelände sind gegeben, aber Unna und die Investoren sollten sie eingehen. Geben wir dem Mühlen-Center doch eine Chance und etwas Zeit. Gegenüber dem Ist-Zustand kann sich die Situation doch nur verbessern.“

Fotos vom Stand der Bauarbeiten bis zum 19. September 2021 (Fotos Rinke)

2 KOMMENTARE

  1. Zitat:
    Denn auf dem Parkdeck, das im Rohbau inzwischen fertig ist, sollen bis zu 300 Fahrzeuge Platz finden.

    Frage:
    Gibt es auch ausreichend Fahrradabstellplätze, an denen man sein hochwertiges Rad ordentlich abschließen kann? Oder wird, wie so oft, ein Billigmodell für die Vorderräder hingestellt?

    • Lieber Rundblicker, das wissen wir nicht. Von Radabstellplätzen war bisher nicht die Rede. Wir zitieren Architekt Michael Deterding, der auf die Frage der Grünen nach künftiger Begrünung des Areals mit verbindlichem Lächeln antwortet: „Lassen Sie sich überraschen.“

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