Für ein paar Tage in die Schule zurück – Eltern schildern ihre Erfahrungen

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Ausgetüftelte Einbahnstraßenführung nach den Vorgaben der Coronaschutzverordnung in einem Gymnasium im Nachbarkreis, wo aktuell die Abiturprüfungen laufen und die Q1 wieder unterrichtet wird. (Foto RB)

Seit dem 11. Mai kehren sukzessive alle Schülerinnen und Schüler NRWs jahrgangsweise an die Schulen zurück.

Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) hat dazu einen „Fahrplan“ für ein klassenbezogenes Rolliersystem vorgegeben, überlässt die konkrete Ausarbeitung jedoch den Schulleitungen.

Nach den Ferien soll so schnell wie möglich zum Regelbetrieb zurückgekehrt werden.

Wann welche Klassen wie oft bis zu den Sommerferien am 26. Juni noch Präsenzunterricht haben werden, entscheidet jede Schule nach ihren jeweiligen Raum- und Personalkapazitäten.

Das Ergebnis sei „ein Flickenteppich“, kritisieren insbesondere solche Eltern, die mehrere Kinder auf verschiedenen Schulformen haben.

 

Wir lassen einige zu Wort kommen. Die Namen sind der Redaktion bekannt.

Ina S., Fröndenberg, zwei Söhne, 3. und 4. Klasse Grundschule:

„Okay, ich sag´s mal so: Die sieben Wochen ,schulfrei´ waren sehr anstrengend. Die täglichen Hausaufgaben zu Hause zehrten an den Nerven, da die Kinder es doof fanden, zu Hause Aufgaben machen zu müssen, ohne Schule zu haben. Sehr oft hörte ich von ihnen: „Hausaufgaben zu Hause ohne Schule ist doof“, „“Ich habe keinen Bock, ich will nicht“, „Warum müssen wir das machen“  etc pp.

Dann das soziale Kontaktverbot. Die Kinder litten sehr darunter, keine Freunde sehen zu können, geschweige denn, mit ihnen spielen zu dürfen. „Eingesperrt“ zu Hause gab es untereinander sehr oft Streit und Unruhe, da sie selber nicht mehr wussten, wohin mit sich selber. Das zehrte auch an unseren Nerven.

Wir sind keine Lehrer und können den Kids den Stoff nicht so beibringen wie gelernte Pädagogen. Es war oft sehr schwer in Mathe oder Deutsch, ihnen etwas zu erklären. Zumal, wenn sie keine Lust haten, etwas zu machen. Dann ging der Jähzorn los und es wurde rumgebockt und man wurde angekeift.

Jetzt, wo die Schule wieder losging, haben sie verstanden, warum die Aufgaben so wichtig waren zu Hause. Denn die Mitschüler, die in der „freien Zeit“ gar nichts gemacht haben, müssen jetzt in der Schule  alles nachholen, während unsere beiden z. B. spielen dürfen. Der soziale Kontakt in der Schule und zu Hause tut allen wieder gut, die Lage entspannt sich
untereinander wieder und es wird ruhiger.“

Nadja W., Unna, ein Sohn (6. Klasse Gesamtschule), eine Tochter (9. Klasse Gymnasium):

„Mein Sohn geht bis zu den Ferien noch exakt vier Tage in die Schule. Das war es dann. Wie es nach den Sommerferien weitergeht, weiß niemand.

Mich nervt, dass es keine einheitliche Reglungen gibt, was das digitale Lernen angeht. Ich hätte mir bei meinem Sohn (6. Klasse) mehr Kontrollübersicht gewünscht. Er bkommt über Units am PC Aufgaben und gleichzeitig auch über den Messenger. Total verwirrend alles, aber irgendwie behält er dort den Überblick. Meine Tochter, 9. Klasse, möchte unbedingt wieder zur Schule – soziale Kontakte. An ihrer Schule geht es für ihren Jahrgang ja erst ab dem 26. Mai wieder los. Manche Kids aus ihrer Klasse machen die Nacht zum Tag ….

Ich habe Angst, dass, wenn die Kids wieder richtig zur Schule gehen, die Zügel richtig hart angezogen werden, um irgendwelche Lernziele zu erreichen und dass die Kinder richtig unter Druck gesetzt werden.

Traurig für Deutschland! Die Digitalisierung in den Schulen wurde komplett verschlafen. Von mir aus könnten die Kids ruhig an drei Tagen zur Schule gehen und zwei Tage zu Hause am PC lernen oder anders herum, wenn die Schulen das in den Griff bekommen würden. Ich persönlich könnte mir das vorstellen, habe zum Glück auch keine Betreuungsprobleme.“

Sven A., Unna, ein Sohn (2. Klasse Grundschule):

„Homeschooling ist scheiße und totales Chaos in der Umsetzung. Man darf das gesamte ,Krisenmanagement´ so langsam durchaus auch mal scheiße finden, ohne gleich die Alumütze aufgesetzt zu bekommen!“

Und unsere Leserin Anja S. schildert ihre Erfahrung aus Sicht einer Lehrerin:

„Ich habe 139 Noten zu vergeben (ich unterrichte in zwei Klassen Deutsch, in zwei Klassen Mathe und in zwei Klassen dazu, an einer Gesamtschule in Herne). Wir sind verpflichtet jedem Kurs Aufgaben im Umfang von zwei Stunden pro Woche zu stellen.

Das bedeutet, dass ich montags 139 Lösungen zurück bekomme. Diese muss ich durchsehen und den Schülern eine Rückmeldung geben.

Wenn ich nur 20 Minuten zur Korrektur und Rückmeldung (da kann ich schon gar nicht intensiv korrigieren) einplane, komme ich auf knapp 47 Stunden die Woche. Hinzu kommt die Beantwortung von Eltern – und Schülerfragen, sowie das Abfragen der Emails der Schulleitung.

Diese bekommen wir auch sonntags. Hinzu kommt die Vorbereitung der neuen Aufgaben.
Macht locker 50 Stunden.

Jetzt bin ich so ehrlich zu sagen, das ich nicht von allen Schülern die Aufgaben zurück bekomme, auf meine 40 Stunden komme ich trotzdem problemlos. Zwischendurch musste ich zur Konferenz in die Schule und zur Aufsicht bei einer 10er Abschlussprüfung.

Ab dem 28. Mai muss ich zwei mal die Woche für jeweils vier Stunden zum Unterricht. Daneben geht es, hoffentlich in reduzierter Form, mit dem Home-Schooling weiter.

Ich kann es wirklich nicht mehr hören, dass uns Lehrern permanent unterstellt wird, dass wir nicht arbeiten.  Ihr, die ihr keine Lehrer seid, habt doch gar keinen Einblick. Und mir ist klar, dass mir der ein oder andere unterstellt, dass ich übertreibe oder mich nicht so anstellen soll, da ich ja sonst nicht arbeite.

Vielen Dank auch für die Missachtung und Respektlosigkeit so vielen Menschen gegenüber.
Und ja, schwarze Schafe gibt es überall.“

Ein Beispiel, wie weiterführende Schulen mit begrenztem Raumangebot mit dem vorgeschriebenen Rolliersystem umgehen. Screenshot von der öffentlichen Homepage eines NRW-Gymnasiums.

Noch einige Stimmen aus unserer Community:

Patricia G.:Wir sollen als Eltern entscheiden,  ob die Klasse wiederholt wird und ob wir wollen, dass das Kind überhaupt kommen möchte. Unsere ganzen Aufgaben, die wir seit Wochen machen, liegen hier zu Hause, werden anscheinend kontrolliert, wenn es wieder losgehen soll, was wir ja selbst entscheiden sollen. Was denn losgeht – eine Stunde Unterricht ab dem 15. 6.? Was soll ich sagen, die weiteren Kosten bleiben auch wieder auf uns Eltern hängen. Super.“

  • Judith A.„Mein Sohn ist Erstkässler, geht ein Mal in der Woche zur Schule. Ganz ehrlich, dann kann er auch zu Hause bleiben. Ich finde auch, dass zu viel auf einmal aufgemacht hat. Ich frage mich nur, wie die den Abstand halten wollen in den Schwimmbädern. Das ist alles nicht mehr verstehbar.“

Sabine O.: „Ich hätte gerne eine Lösung für die Schüler der jetzigen Q1, die nächstes Jahr laut Frau Gebauer das ganz normale Abitur machen sollen. Wie soll das alles aufgearbeitet werden??“

  • Simone G.: „Unser Sohn ist auch in der Q1. Einige Lehrer sagen bereits jetzt, dass es nahezu unmöglich ist, den fehlenden Unterrichtsstoff bis zum Abi aufzuholen. Der digitale Ausbau an unseren Schulen in NRW ist bisher faktisch kaum vorhanden. Das rächt sich jetzt.

Manuela G.: „Mein Sohn schreibt jetzt gerade das Abitur. Die Schüler mussten in den letzten Wochen auch alles zu Hause erarbeiten. Das war auch nicht wenig. Zudem sie nicht einmal in die Schule gegangen sind. Frau Gebauer interessiert dies alles nicht. Da wird dann gesagt, die Schüler sind alt genug, um sich den Stoff selber beizubringen.“

  • Monika E.: „Wahnsinn, wie unterschiedlich es geregelt und gehandhabt wird, obwohl wir doch alle in einem und demselben Land leben. Meine Kinder gehen bis zum Ende des Schuljahres gleich oft in die Schule… nur tageweise versetzt (Klasse 5 und Klasse 11). Beide gehen jeden zweiten Tag.“

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