„Ich hatte hier noch nie Angst, an der Erstaufnahmeeinrichtung und Umgebung spazieren zu gehen – auch abends nicht.“
Mit einem freundlichen „Hallo, liebes Rundblick Unna-Team“ meldete sich am heutigen Mittwochnachmittag, 13. September, eine junge Frau aus Massen bei uns.
Sie wohnt in der Nachbarschaft der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE), der früheren Landesstelle, erzählt sie. Dort kam es Mitte August bekanntlich zu mehreren gewalttätigen Vorfällen – einer Massenschlägerei, sexuellen Übergriffen und einer schweren Messerattacke unter verfeindeten Bewohnern.
„Zu diesen Vorfällen war heute schon wieder ein Brief von der AfD im Briefkasten, vom Bundestagsabgeordneten Matthias Helferich“, berichtet die Leserin.
Helferich, Anwalt aus Dortmund und fraktionsloser Abgeordneter der AfD, hatte nach den Ausschreitungen in der EAE eine Kundgebung auf dem Gemeindeplatz Massen organisiert, unter dem Motto „Remigration jetzt“. Als Reaktion rief der Runde Tisch gegen Gewalt und Rassismus für denselben Tag zwei Stunden früher zur bunten Demo „für Vielfalt und gegen extremistische Hetze“ auf.
Die bunte Demo hatte rund 200 Teilnehmer, die AfD-Kundgebung knapp 100. Wir berichteten HIER.
Matthias Helferich, der dem völkisch-nationalen Höcke-Flügel zugerechnet wird, hatte als Anmelder der Kundgebung selbst vor Ort eine Rede gehalten und darin unter anderem die sofortige Schließung der EAE gefordert. Was, wie unsere Redaktion zugleich berichtete, zur Folge haben würde, dass die „Flüchtlingskontigente“ statt dessen aufs Stadtgebiet Unna verteilt würden.
Darauf ging Helferich am Demo-Nachmittag nicht ein und tut es auch jetzt nicht in seinem Schreiben an die Nachbarn der großen Flüchtlingsaufnahmeeinrichtung, die aktuell mit rund 800 Personen belegt ist.
Statt dessen, berichtet die junge Leserin, die uns den Brief zukommen ließ, „wird dort wieder von der Angst einer Anwohnerin und ihrer Tochter gesprochen, und über die sofortige Schließung der EAE.“
Sie möchte „einmal meine Sicht als junge Anwohnerin schildern, die auch mit ihrem Hund spazieren geht.
Ich hatte noch nie Angst, mit meinen Hund an der EAE und Umgebung spazieren zu gehen, auch abends nicht. Und die weiteren Anwohner, mit denen ich mich unterhalte, haben diese Angst auch nicht!
Klar wird man ab und zu von einigen aus der EAE angesprochen, doch meist geht es da nur um Fragen wie den Weg zum nächsten Supermarkt. Andere grüßen einen beim Vorbeigehen.“
Die junge Frau findet es „unverantwortlich, durch so eine Aussage von der ,ängstlichen Anwohnerin´ Hass und Angst zu verbreiten.“ Sie bittet darum, dies hier deutlich machen zu können. „Liebe Grüße von einer mutigen Anwohnerin.“
Ihre ausgeprägte Angst im Umfeld der EAE hatte hingegen in der Woche der Ausschreitungen eine andere langjährige Rundblickleserin gegenüber unserer Redaktion geäußert (auf die sich der Abgeordnete Helferich in seinem „Bürgerbrief“ möglicherweise bezieht:
„Wir haben alle hier in der Korsikasiedlung Angst, wie es hier weitergehen soll, wenn bald noch mehr hier hinziehen. Es wird bald einen Bürgerkrieg geben. Weil, so kann das NICHT weitergehen, dass man in seinem eigenen Land große Angst hat und für etwas zahlen muss, was nicht sein muss.
Alle Einwohner haben hier Angst, sehr viele Frauen werden hier belästigt von den Männern hier. Meine 19-jährige Tochter und ich inbegriffen. Man kann hier nicht in Ruhe Gassi gehen. Der ganze Polizeieinsatz… alles unser schwerverdientes Geld.
So kann das echt nicht weitergehen. Ich bin froh, dass hier immer die Polizei steht und sofort vor Ort ist.“
- Die Namen und Kontaktdaten beider Leserinnen sind der Redaktion bekannt.