Erst regenbogenbunt, dann AfD-Blau: Meinungen zur Migrations-Doppeldemo in Unna-Massen

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Archivbild: Bunte Regenschirme (li.), blau gekleidete AfD-Anhänger (re.). Ende August 2023 bei einer Kundgebung der AfD auf dem Gemeindeplatz in Unna-Massen. Fotos RB

Einem Meer von bunten Regenschirmen folgte unter Schmähgebrüll und gellenden Trillerpfeifen die Kundgebung der Alternative für Deutschland (AfD):

Zum Demo-Doppel am Dienstagnachmittag, 29. August, auf dem Gemeindeplatz in Unna-Massen bekamen wir in den sozialen Netzwerken schon jetzt viele Hunderte Kommentare.

Ablehnende und zustimmende Äußerungen halten sich weitgehend in der Waag. Viele Beschimpfungen, Hetz-Comicbilder und persönliche Beleidigungen mussten wir unkenntlich machen/löschen und in einigen Fällen die Verfasser sperren.

Aus den vielen sachlichen Meinungsäußerungen haben wir einige hier zusammengestellt. Weitere können Sie auf unserer Facebookseite lesen. Wir freuen uns, wenn Sie dort – oder hier auf der Website – mitkommentieren.

Klaus Koppenberg, Sprecher des Runden Tisches gegen Gewalt und Rassismus, Ratsmitglied Die Grünen Unna:

„Der folgende Text sollte meine Rede auf der heutigen Veranstaltung des Runden Tisches sein. Ich bin aus zeitlichen Gründen nicht dazu gekommen die Rede zu halten, sie vermittelt jedoch einen Eindruck vom Geist der Veranstaltung:

Für demokratischen Zusammenhalt und gegen demagogische Hetze Was machen wir, wenn trotz aller staatlichen Bemühungen gesellschaftliche Probleme auftreten? Wie reagieren wir auf gesellschaftliche Spannungen? Wie begegnen wir auftretenden Verunsicherungen?

Das sind Fragen, die seit 14 Jahren die Akteure am Runden Tisch gegen Gewalt und Rassismus Unna bewegen. Die Akteure am Runden Tisch kommen aus allem relevanten Bereichen der Stadt Unna. Tagtäglich setzen sie sich mit Problemen, Spannungen und Verunsicherungen auseinander. Ihre Motivation, sich am Runden Tisch zu engagieren ist ihre Einsicht, dass es gerade in schwierigen Situationen darauf ankommt, auf den demokratischen Zusammenhalt zu setzen.

Immer wieder entstehen Interessenkollisionen und immer wieder müssen diese verhandelt werden. Ziel des Runden Tisches ist es, gesellschaftliche Konflikte in den Blick zu nehmen. Und dann in einem nächsten Schritt die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie mit diesen Konflikten umzugehen ist. Seit 14 Jahren machen wir die Erfahrung, dass mit dem Wissen um Konfliktbewältigungsstrategien das Vertrauen in den demokratischen Zusammenhalt wächst.

An dieser Stelle trennen sich die Wege der beiden Veranstaltungen, die heute auf dem Gemeindeplatz in Massen stattfinden. Wer den autoritären, nationalistischen und extremistischen Weg wählt, steht auf der anderen Seite. Für die offensichtlichen Probleme, Spannungen und Verunsicherungen in Massen Nord gibt es andere Möglichkeiten der Auseinandersetzung, als den Demagogen in die Falle zu gehen. Dem Geist des Grundgesetzes entsprechend ist die Menschenwürde unteilbar und sind die auftretenden Spannungen eine gemeinsam demokratisch zu bewältigende Herausforderung.“

Zum Verlauf der AfD-Kundgebung bemerkte Klaus Koppenberg auf unserer Facebookseite:

„Ohne ein Freund von Störaktionen zu sein, erinnere ich an Kundgebungen im Osten Deutschlands. Da ist das Kräfteverhältnis genau umgekehrt. Da werden Politiker aller Coleure mit „hau ab Rufen“ niedergebrüllt. Wir leben in einer polarisierten Gesellschaft. Wer daran einen Anteil hat, kann sich selbstverständlich darüber beschweren, glauwürdig ist das nicht.

Den Störern von gestern sei gesagt, was sie für sich in Anspruch nehmen, ist damit für alle anderen als Methode eingeführt. Ach ist das alles kompliziert.“

Michael Ulm, Besucher der Veranstaltung vor Ort:

„Als toleranter und offener Mensch habe ich mir heute BEIDE Veranstaltungen angeschaut und mir auch BEIDE Seiten angehört. Leider scheine ich da wohl zu einer aussterbenden Gattung Mensch zu gehören, denn eins habe ich heute erfahren müssen: Das dort vorhandene Publikum, zu dem auch Teile der Massener Einwohner anwesend waren, ist mit seinem Ausdruck an Intoleranz gegenüber anderer Meinungen nicht zu überbieten.

Ich habe volles Verständnis für Menschen, die in einem anderen Land Asyl suchen, weil sie in ihrer Heimat verfolgt werden oder sogar Angst haben müssen, getötet zu werden. Ich habe allerdings kein Verständnis dafür, dass sich manche von diesen Menschen in ihrem Gastland daneben benehmen und gewalttätig werden.

Wer die Spielregeln in einem anderen Land weder toleriert noch akzeptiert, und dann gewalttätig auffällt, hat sein Recht auf unsere Gastfreundschaft meiner Meinung nach verwirkt. Und nun habe ich heute Menschen getroffen, die die Meinung anderer mit Sätzen wie „Halt die Fresse“, „Nazis raus“ etc. vehement gestört haben.

All diese Menschen haben mit ihrer Haltung gezeigt, dass sie den Islam in Deutschland tolerieren und akzeptieren. Eine Religion, der Menschen angehören, die zu großen Teil den deutschen Rechtsstaat mit unserer Verfassung ablehnen.

Ich akzeptiere jeden Flüchtling, der sich bei uns integrieren möchte, gewillt ist unsere Sprache zu lernen und sich dann arbeitenderweise an unserer Gesellschaft beteiligen möchte. Wer das nicht möchte, der möge bitte zurück in sein Heimatland gehen, um dort effektiv die Probleme seiner Heimat selber zu lösen, anstatt dem deutschen Steuerzahler auf der Tasche zu liegen. Wir haben als deutsche Nation schon genug

mit unseren eigenen Problemen zu kämpfen, da brauchen wir nicht noch die Probleme von Flüchtlingen. Und ´jetzt kann sich jeder der heute dabei war mal etwas Zeit nehmen, um über sich und sein Handeln nachzudenken.

Massen hat zwar friedlich demonstriert, aber sich trotzdem meiner Meinung nach ein Armutszeugnis ausgestellt.“

Sven Arnt, Ratsmitglied Wir für Unna (WfU):

„Ich denke, beide Veranstaltungen haben jetzt kein Stück dazu beigetragen, den Massener Bürgern mit ihren Sorgen und Nöten Gehör zu verschaffen. Lösungen sowieso nicht, die sind lokal auch schwer zu finden. Unterm Strich haben da in alt bekannter Form zwei Lager ihr Programm abgespult.

Anstatt sich inhaltlich mit den bestehenden Problemen zu beschäftigen, ganz offen und ohne ideologische Filter, arbeitet man sich lieber aneinander ab.“

Klaus H., via Facebook:

„Nun, die eine Seite stellt die (die Migrationsthematik, d. Red.) voll gut vor… die andere das andere Extrem…. wie immer triffts das nicht. 200 für beide Seiten, die meinen, diese Meinung so „zementieren“ zu müssen, schaden eher als das es nutzt.

Irgendwie hüllt sich der Großteil in Schweigen… und das ist auch bei Klimaklebern, Bürgergeld, Verkehr, Bildung so. Ich denke langsam, lieber auch nur lesen, dann wirst nicht gleich in eine Ecke gedrängt. Wählen ja, da gehe ich noch… sollten alle mache. Es gibt genug Möglichkeiten, seine Meinung auszudrücken… zur Not ein großes Kreuz über den ganzen Stimmzettel…“

R. S., via Facebook:

„Jeder, der laut Gesetz nicht in Deutschland sein darf, hat das Land zu verlassen“. Nur dieser Satz zählt. Alles andere, was da über beide Veranstaltungen geschrieben wurde, nur Gelaber, um auf die Tränendrüse zu drücken oder auf Krawall zu setzen.

Wer, egal wie, nicht ideologisch verbohrt ist, und nur rational handelt, müsste wissen, wer auf der Seite von Gesetz und Ordnung steht.“

Markus Homann, via Facebook:

„Es hat doch niemand was gegen Ausländer, die meisten Menschen wollen halt wissen, wer hierher kommt und dass Straftäter und Menschen ohne Bleiberecht schnell in ihre Heimatländer zurückgeführt werden. Die EU arbeitet übrigens auch gerade an einer Lösung, bei der Asylanträge nur noch an den Außengrenzen beantragt werden darf und das auch nur mit einem Pass des Herkunftsland.

Übrigens sind die Menschen, die ich kenne, die ihre Wurzeln in der Türkei, Italien, Griechenland, Spanien usw. haben, der gleichen Meinung, dass es so wie jetzt nicht weitergehen kann. Weil sie mittlerweile auch Angst um ihre Kinder oder Enkelkinder haben.

Wer sich an unsere Regeln hält, ist auch weiterhin willkommen. Aber Sozialhilfeempfänger, Vergewaltigter, Messerstecher und Männer die Frauen unterdrücken braucht hier kein Mensch mehr weil es die Innere Sicherheit gefährden tut.

Da müsste sich allerdings auch schnell mal was ändern, dass Straftäter sofort in Haft kommen anstelle sie immer wieder frei zu lassen.“

SPD Unna, via Facebook:

„Heute Nachmittag war es bunt auf dem Gemeindeplatz in Massen. Zahlreiche Menschen sind der Einladung des Runden Tisches gegen Gewalt und Rassismus gefolgt, um ein deutliches Zeichen gegen die angekündigte AfD-Kundgebung zu setzen.

Mit Regenschirmen spannten sie ein farbenfrohes und friedliches symbolisches Schutzdach. Ein herzliches Dankeschön an alle, die dabei waren, und insbesondere an die starken Rednerinnen und Redner. Gut, dass es euch gibt.“

Die Grünen Unna / Hermann Strahl, auf der Website der Grünen:

„Unnas Runder Tisch gegen Gewalt und Rassismus hatte zum friedlichen Protest gegen die Abschiebe-Kundgebung der AfD-Gelegenheits-Nazis aufgerufen, und der kahle Platz vor der Verwaltungsstelle füllte sich bunt.

Eine Unnaer Schülerin, mit Migrationsgeschichte in Unna geboren, Superintendent Dr. Carsten Schneider, Unnas Integrationsbeauftragte Cengiz Tekin und Ex-Landrat Michael Makiolla benannten aktuelle Integrationsprobleme offen. Speziell Makiolla benannte aber auch Ursachen und Lösungswege mit konkreten Forderungen an Land und Bund.

So darf die Betreuung der Geflüchteten in der Erstaufnahmestelle nicht kostendrückend ausgeschrieben werden, sondern (muss) wieder in die bewährten Hände der gemeinwohlverpflichteten Wohlfahrtsverbände gelegt werden. Und Deutschland, Unna und speziell Massen sind lange durch Einwanderungen aufgeblüht. Nicht nur bei Pflegekräften brauchen wir Einwanderung.

Klaus Koppenberg, Sprecher des Runden Tisches, rief abschließend die bunten Regenschirme als Hoffnungszeichen zusammen. Was die stark vertretenen Politiker*innen und Verwalter*innen jetzt wie angehen, wird spannend.  Aber nach der Kundgebung gibt es auch für die engagierten Bürger*innen viele Möglichkeiten, sich für Integration zu engagieren.“

Caro N., via Facebook:

„Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzten, dass du es sagen darfst“ (Voltaire/ Evelyn Beatrice Hall). Trotzdem ist die AfD keine Lösung, denn sie hat keine Lösung.“

Lisa G., via Facebook:

„Meine Eltern, über 80, waren immer treu zur SPD, jetzt merken sie, wie sie im hohen Alter behandelt werden, sie sind Bittsteller bei der Krankenkasse, kämpfen monatelang um Hilfsmittel obwohl mein Vater von 12 bis 70 gearbeitet hat. 58 Jahre!!!

Sie müssen monatelang auf wichtige Kardiologentermine warten, obwohl sie engmaschig dort zur Untersuchung müssen. Sie haben immer ARD und ZDF geschaut und den Nachrichten vertraut. Im Internet aktiv trauen sie sich nun, andere Nachrichten zu lesen. Sie werden bei der nächsten Wahl ihr Kreuzzeichen woanders machen.“

Iris T., via Facebook (zum Videoausschnitt der Rede von AfD-Ratsvertreterin Hagelstein aus Lünen):

„Sie hat doch recht, auch wenn das bestimmte Leute nicht hören wollen! Unkontrolliert, ohne Pass ist völlig normal, das geht nur in Deutschland. In anderen Ländern wird das auch anders gehandhabt!

Im Fernsehen haben sie gesagt, alle wollen nach Deutschland, weil hier jeder erstmal rein darf, weil das bei uns so einfach ist. Und natürlich wegen des Geldes, Deutschland zahlt am meisten in der EU, 2. Stelle Frankreich, da gibt es nur 245 €!

Der Polizeisprecher sagte im TV, dass 80% der Einwanderer an der Grenze zu Bayern ihren Pass vorher wegwerfen und dann falsche Angaben machen, Alter und Herkunft, um hier Asyl zu beantragen! Das kann man doch nicht richtig heißen, und das hat doch auch nichts mit Fremdenhass zu tun.“

Rainer B., via Facebook (zum Videoausschnitt der Rede von Exlandrat Michael Makiolla):

„Geht doch! Auch wenn es den Fans der Faschisten nicht gefällt. Denen empfehle ich einen Lesekurs bei der VHS, damit sie das Programm der Erben des mit dem Schnauzbart lesen können.“

Auf unserer Website kommentierte schließlich der Leser „schmunzler“ nach Besuch der Veranstaltung vor Ort:

Erst habe ich mich gewundert, warum die Gegendemo vorher und nicht parallel stattfindet.
Dann habe ich verstanden, das es erst einen offiziellen seriösen bunten Teil mit dem ehemaligen Landrat Makiolla gab bei dem alle friedlich gemeinsam sangen, und für den Abend dann der schwarz vermummte agressive ANTIFAmob mit den Grünen Politikern Keuchel (Fraktionsvorsitzende), Sacher (Bundestag) und Quenum (Jugend Unna) an der Seite auftauchte.

Möglicherweise wollten Teilnehmer der friedlichen Nachmittagsdemo mit dem agressiven Auftreten dieser kleineren Gruppe nicht unmittelbar in Verbindung gebracht werden.

Dieser schwarz gekleidete Antifablock hat anonym, hinter einem Banner versteckt, pausenlos tourettartig Beleidigungen und Hassparolen geschrien.
Welcher seriöse Politiker gesellt sich zu so einer Gruppierung am Straßenrand?

Eine Gruppierung, die sogar regelmäßig in den Städten Polizeibeamte angreift, Polizeifahrzeuge abfackelt und Verwüstungen in Städte durch tagelange Straßenschlachten anrichtet. Die politische Gegner überfällt oder deren Versammlungsorte angreift. Oder wie gerade in Hessen Feindeslisten mit privaten Wohnanschriften von gewählten Landtagsabgeordneten ins Netz stellt. Für die linksradikale ANTIFA gibt es zwei wesentliche Feinde: Die „Rechten“ und die „Polizei“. Das sie Gewalt als politisches Kampfmittel ansieht, ist unbestreitbar.

Können die Grünen in Unna nicht mit ihren zahlreichen Mitgliedern auf gepflegtere Art und Weise Zeichen setzen, anstatt gemeinsam mit so einer Gruppierung aufzutreten? Hätte die Gegendemo am Abend ohne diesen Block möglicherweise bürgerlicher gewirkt? Hat man mit dieser Aktion der kleinen AFD Kundgebung geschadet oder ihr eher mehr Aufmerksamkeit verschafft?

Eigendlich hat es mich als neutraler Beobachter interessiert, ob bei der AFD Veranstaltung allseits bekannte Szenegrößen (NPD, Dritte Weg, NWDO, Heimat, etc.) aus der rechtsradikalen Hochburg Dortmund auflaufen um gegebenfalls hier darüber zu informieren.
Das ist die beste Möglichkeit, um zu erkennen, ob sich eine Partei von radikalen Kräften distanziert.“

4 KOMMENTARE

  1. Eigendlich wäre es interessanter gewesen, wenn Bewohner, Mitarbeiter, Anwohner und vor allem die Verantwortlichen der Einrichtung an dem Tag gesprochen hätten. Die kamen aber nicht zu zu Wort.
    Andere haben über sie gesprochen.

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