100.000 € für Ev. Kirche: CDU macht Abstimmung zur Geheimsache – FLU-Chef kritisiert mangelndes Rückgrat

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Foto Rinke

Ohne 100.000 Euro aus der Stadtkasse droht die Ev. Stadtkirche dauerhaft eine Baustelle zu bleiben: Die von der Ev. Kirchengemeinde Unna erbetetene sechsstellige Unterstützung (wir berichteten) entpuppt sich als heikles und strittiges Thema. Nichts, was seitens der Politik „einfach mal durchgewunken“ wird.

Am Mittwoch kam der Antrag zunächst im Bauausschuss auf den Tisch. Dort beantragte die CDU geheime Abstimmung.

12 Ausschussmitglieder stimmten mit Ja, 6 allerdings mit Nein.

Im Haupt- und Finanzauschuss am gestrigen Donnerstag (16. September): nächster Aufschlag. Da kommende Woche, 23. September, im Rat abermals und dann final abgestimmt werden muss, einigten sich die Fraktionen darauf, dem Vorschlag von Bürgermeister Dirk Wigant zu folgen und auf eine Extraabstimmung im Hauptausschuss zu verzichten. Das Ergebnis werde kaum anders ausfallen als im Fachausschuss am Tag zuvor, insofern könne man die Entscheidung auch gleich schlussendlich im Rat treffen.

Auch unter unseren Leserinnen und Lesern war die Bitte der Kirche auf eher negative Reaktionen gestoßen. Auf unserer Facebookseite entspann sich eine hitzige Diskussion darüber, wieso eine „reiche Institution wie die Kirche“ ein Bauwerk in ihrem Eigentum und ihrer Verantwortung Geld von der Allgemeinheit bekommen solle.

Begründet wurde das Anliegen mit der bauhistorischen Bedeutung des Gotteshauses allgemein und besonders für Unna:

Die Ev. Stadtkirche sei durch Orkan „Friederike“ Anfang 2018 stark beschädigt worden. Sie sei bedeutend für die Geschichte der Menschen, da sie insbesondere die Gotik im 14. und 15. Jahrhundert und der Neugotik in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert dokumentiert. Für die Stadt Unna entfalte sie eine besondere Bedeutung, da sie als stadtbildprägendes Gebäude aus allen Himmelsrichtungen weit sichtbar sei.

Die Stadt brachte die Quintessenz der Kirchengemeinde klar auf den Punkt: Ohne weitere bauliche Maßnahmen

„…würde die Gefahr bestehen, dass der untere Teil des Kirchturmes dauerhaft mit einem Netz zu sichern wäre bzw. der Bereich des Kirchplatzes durch einen Bauzaun abzusperren wäre, um Gefahr für Leib und Leben durch herunterfallende Steine abzuwenden.“

Dies würde „die städtebauliche Qualität und die stadthistorische Bedeutung dauerhaft herabsetzen und kann nicht der Anspruch der Stadt Unna sein, da sie als Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Historische Stadt- und Ortskerne in NRW das Ziel verfolgt, das städtebauliche Erbe in den Altstädten für künftige Generationen zu bewahren.“ Daher soll die Stadt der Ev. Kirchengemeinde Unna für die Sanierung der Stadtkirche einen einmaligen Zuschuss von 100.000 Euro gewähren.

FLU-Chef Göldner: „Ratsmitglieder müssen Rückgrat haben“

Klaus Göldner, Fraktionschef der Freien Liste Unna (FLU), sieht die Kostenübernahme durchaus als gerechtfertigt an und kritisiert die CDU für deren Geheimniskrämerei.

„Wie seit langer Zeit bekannt ist, fehlt der Stadtkirche noch Geld zur Beseitigung von Schäden, die der letzte große Sturm verursacht hat.

Einen – gemessen an den Gesamtkosten recht kleinen Teil davon, soll die Stadt Unna übernehmen. Das nicht etwa, weil wir hier alle so gläubig sind, sondern weil die Stadtkirche unser bauliches Wahrzeichen ist, auf das wir doch immer so stolz sind.

Natürlich kann man auch hier der Meinung sein, dass die Stadt sich hier finanziell nicht beteiligen sollte. Es gibt vielleicht sogar gute Argumente dafür. 

Über diese Frage wurde im Bauausschuss jetzt auf Antrag der CDU geheim abgestimmt. Im nächsten Rat wird diese geheime Abstimmung vermutlich wiederholt, da der Bauausschuss nur Empfehlungen für den Rat ausspricht.

Als Ratsvertreter oder Ratsvertreterin musss man den Mut haben, seine Meinung offen und für den Wähler klar erkennbar zu vertreten. Dafür wurde man vom Bürger gewählt. Dies gilt gerade auch dann, wenn diese Meinung umstritten ist. Man nennt dies „Rückgrat haben“.

Das ist nicht immer bequem und macht auch nicht nur Freunde. Es gehört aber zum Wesen unserer Demokratie.

Ich habe in meiner bislang über 16 jährigen Tätigkeit im Rat der Stadt Unna noch nicht eine einzige geheime Abstimmung in einer vergleichbaren Sachfrage erlebt. Dass ich dies jetzt erstmals in einer Angelegenheit erleben muss, über die man sich fraktionsübergreifend in einer Reihe von Sitzungen zuvor bereits einig war, ist mindestens peinlich.

Wer der Stadtkirche den Zuschuss nicht gewähren will, kann dies ohne Furcht und offen tun. Der „liebe  Gott“ sieht und verzieht alles.“

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