
„Liebe Bürgerinnen und Bürger von Bergkamen,
das vergangene Jahr hat uns allen viel abverlangt. Die aktuelle Haushaltslage sorgt für Sorgen, Fragen und auch Unmut. Das nehme ich sehr ernst.
Mir ist bewusst, dass die vor uns liegenden Entscheidungen etwa bei Grundsteuer und Kindergartenbeiträgen viele von Ihnen verunsichern.“
Mit diesem Einstiegspassus bei seiner ersten Weihnachtsansprache stößt Bergkamens neuer Bürgermeister Thomas Heinzel (CDU) im Netz auf viel Kritik und ärgerliche Gegenreaktionen.
Wie berichtet, hat die Nordbergstadt angekündigt, die Kitabeiträge massiv zu erhöhen und den Grundsteuerhebesatz zu verdoppeln. Der neue Bürgermeister rechtfertigt diesen Schritt in seiner Weihnachtsansprache mit der Notwendigkeit des solidarischen Miteinanders.
Er führt aus:
„Gerade in solchen Zeiten zeigt sich jedoch, was unsere Stadt ausmacht: Zusammenhalt, Verantwortung füreinander und der Wille, Herausforderungen gemeinsam zu meistern. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir diesen Weg nur miteinander gehen können offen, ehrlich und solidarisch.
Weihnachten ist eine Zeit der Besinnung, der Hoffnung und des Miteinanders. Lassen Sie uns diese Werte mitnehmen ins neue Jahr. Ich glaube daran, dass wir Bergkamen gemeinsam wieder in ruhigeres Fahrwasser bringen können.
Ich wünsche Ihnen und Ihren Familien ein gesundes, friedliches und besinnliches Weihnachtsfest sowie alles Gute für das Jahr 2026.
Ihr Thomas Heinzel.“
Die Reaktionen auf den kurzen Weihnachtsgruß fallen teils heftig aus. So kritisiert eine Bürgerin:
„Danke für die Weihnachtsgrüsse oder auch danke für nichts! Zusammenhalt und Solidarität sind wichtig – sie dürfen sich jedoch nicht einseitig auf dem Rücken der Familien zeigen. Die drastische Erhöhung der Kitagebühren um 600-800% belastet insbesondere junge Familien erheblich und trifft genau diejenigen, die ohnehin stark unter steigenden Lebenshaltungskosten leiden. Familienfreundliche Politik sollte entlasten statt zusätzliche Hürden aufzubauen.
Und die Aussage seitens CDU, dass man auch bereit wäre, mit einer anderen Partei die Gebühren durchzusetzen, wenn die SPD nicht zustimmt, ist fatal!
Ebenso ist es Irrsinn, dass gleicher CDU Politiker sagt, dass es doch schade wäre, wenn ansonsten das Hafenfest gestrichen werden müsste. Ja, wirklich schade, aber wenn die Gebühren so drastisch steigen, dann kommz zu eurem Fest nämlich nur noch der Kinderlose, der Rentner oder der Großverdiener, den die eh gedeckelten Gebühren nicht jucken!“
Eine andere Leserin wirft dem Bürgermeister vor:
„Ja, danke. Wir freuen uns schon auf 600€ mehr Gebühren für Kita und OGS. Wozu soll ich in meine Arbeit wieder einsteigen, wenn mehr als die Hälfte dafür draufgeht? Vielleicht doch besser zu Hause bleiben und Kids früher abholen? Dann ist man wieder das dumme Heimchen am Herd, aber wenn die Kita eh zu 50% eingeschränkten Betrieb hat, hat man vielleicht wenigstens weniger Geldverschwendung.
Meine Eltern ackern immer noch (trotz Rente seit 2 Jahren), um das Haus zu halten und zu unterstützen. Jetzt noch ein bisschen viel mehr Grundsteuer. … Spart schon wieder auf Kosten der Mittelschicht (während in Unna Gebühren abgeschafft werden).“
Die abgeschafften Kitabeiträge in Unna (2 Mio. Euro im Jahr, die statt dessen alle Steuerzahler tragen müssen) sorgen dort allerdings auch für kontroverse Diskussionen, weil die Stadt ähnlich wie Bergkamen vor massiven Finanzproblemen steht. Erst vorige Woche wurde die differenzierte Grundsteuer B auf Eis gelegt, da das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sie mehreren anderen Städten um die Ohren geschlagen hat (etwa Dortmund oder Hamm).
Sollte die höhere Grundsteuer B für Nichtwohngrundstücke zugunsten von Wohngrundstücken grundsätzlich für unzulässig erklärt werden, müsste auch Unna die Abgaben für Wohnimmobilien deutlich erhöhen – es droht mittelfristig die Haushaltssicherung.




































Was die zitierte Reaktion einer Bürgerin betrifft:
Es ist wahrlich schon mehr als reiner Sarkasmus, Rentner und Großverdiener in einem Atemzuge zu nennen und quasi gleichzustellen mit der vermeintlichen These, Kosten würden diese Gruppierungen bestenfalls sekundär tangieren.
Das ist – im Hinblick auf den Großteil aller Rentner – entweder auf erschreckende Unkenntnis allgemeiner Entwicklungen zurückzuführen.
Vielleicht auch auf kognitive Beeinträchtigungen.
Oder, man weiß es nicht, sogar auf Bösartigkeit.
Gruss aus der Ferne.