Freude und Frust beim ADFC zum Masterplan Mobilität Unna: „Weiteres Konzept, das in der Schublade verschwindet?“

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Fahrradstraße im Bornekamp - Fotoquelle: ADFC Unna

„Frust und Freude“ (Zitat) beim Unnaer Radclub ADFC zum Masterplan Mobilität, der wie berichtet mit einem Dreiviertel Jahr Verspätung von der Stadtverwaltung vorgelegt wurde und eine möglichst autoarme Innenstadt visioniert.

Das aufwendig erarbeitetet Mobilitätskonzept darf nicht in der Ablage enden, sondern muss in Verwaltung und Politik einen Strategiewechsel einleiten“, fordert der Unnaer Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC)

Er verlangt in einer Pressemitteilung zu dem Konzept, das nächste Woche politisch beraten und beschlossen werden soll,

„… zwingend ein Organigramm, das genau festlegt, welche Verwaltungsmitarbeiter bis wann welche Maßnahmen bearbeitet und abgeschlossen haben.“

Das nun zur politischen Abstimmung stehende Mobilitätskonzept sei in seinen Aussagen von Seiten des ADFC sehr zu begrüßen. Darin heißt es zum Radverkehr:

„Ein sicheres und komfortables Netz ohne Lücken ist die Basis des Radverkehrs.“ (S. 37). In zahlreichen Beiratssitzungen wurden der Ist-Zustand ermittelt und sich daraus ergebende Verbesserungsbedarfe abgeleitet. Dies fand in enger Begleitung eines Planungsbüros,mit den zuständigen Kräften der Stadtverwaltung sowie politischen Vertreter:innen und weiteren Institutionen statt.

Erstmals wurden im vorliegenden Masterplan nun verbindliche Regeln aufgestellt, wie die Verkehrsräume in unserer Stadt zukünftig geordnet werden sollen. Dem Umweltverbund wird dabei der Vorrang vor dem motorisierten Individualverkehr eingeräumt. Das ist aus Sicht des ADFC eine gute und richtige Entwicklung hinsichtlich der im Prozess identifizierten Probleme die eine autokonzentrierte Stadt mit sich bringt.

Dennoch hat der ADFC die Sorge, dass sich der Masterplan Mobilität neben andere Konzeptpapiere einreiht, die vor allem eines blieben: Konzepte statt Realität mit Radwegen.

Ähnliche Aussagen zu notwendiger lückenloser Fahrradinfrastruktur machte nämlich auch schon das Konzept zum Radzielnetz aus dem Jahr 2016: „Radfahrer brauchen sichere und komfortable Verbindungen … Den Aspekten Verkehrssicherheit, Unterbrechungsfreiheit, Direktheit der Führung und Attraktivität kommen dabei besondere Bedeutung zu.“ Und sogar der Verkehrsentwicklungsplan von 1990 forderte bereits ein lückenloses Radnetz.

”Der vorliegende Masterplan ist gut, aber wir müssen darauf achten, dass er auch in die Umsetzung kommt.

Dafür braucht es auf Seiten der Verwaltung einen konkreten Ablaufplan, wie die vorgeschlagenen Maßnahmen Realität werden können”,

so Carsten Hellmann, Teil des Sprecherteams vom ADFC Unna, zum vorliegenden Masterplan. Hellmann ist zugleich Fraktionsgeschäftsführer der Grünen im Stadtrat Unna.

„Zahlreiche Maßnahmen und Steckbriefe im Konzept sind zur Durchführung für den Zeitraum bis 2030 avisiert. Wir müssen also zügig die Schippe in die Hand nehmen, damit wir uns in ein paar Jahren nicht wieder fragen müssen, warum es mit dem neuen Konzept wieder nicht geklappt hat.“

Neue Studien legen nahe, dass ein Radanteil von bis zu 45 % möglich wäre (Studie des Fraunhofer Instituts vom Mai 2024 auf www.adfc.de). Auch andere Studien (Mobilität in Deutschland von 2017) zeigen, dass die Bereitschaft der Deutschen, das Fahrrad zu benutzen, sehr groß ist (2/3 der Deutschen sagen, dass sie gerne Rad fahren), aber nur dann, wenn man Ihnen die Möglichkeit gibt, sicher Radfahren zu können.

Tanja Bork, ebenfalls im Sprecherinnenteam, schöpft daher Hoffnung aus dem nun vorliegenden Papier:

”Wir wollen die politischen Ebenen und auch die Verwaltung mit Kräften dabei unterstützen, mutig voranzuschreiten damit zukünftig alle von den Vorzügen des Konzepts profitieren. Dafür erwarten wir entschlossenes Handeln und Verbindlichkeit bei der Umsetzung.”

Das Mobilitätskonzept müsse daher zwingend mit einem Organigramm hinterlegt werden, das festlegt, welche Verwaltungsmitarbeiter bis wann welche Maßnahmen bearbeitet und abgeschlossen haben.

Der ADFC werde diesen Prozess „kritisch und konstruktiv begleiten“ und freue sich auf zahlreiche neue, sichere und lückenlose Radwegeverbindungen.

Tanja Bork | Carsten Hellmann

Sprecherinnenteam ADFC Unna

8 KOMMENTARE

  1. Gegen einen Ausbau der Fahrrad Infrastruktur spricht ja erstmal nichts, jedoch obliegt die Sicherheit des Radverkehrs in erster Linie den Radfahrern selber.
    Ich erlebe es tagtäglich, dass Radfahrer nicht in der Lage sind, sich sicher im Straßenverkehr zu bewegen, weil diese alle Verkehrsregeln vergessen sobald sie einen Fahrradsattel unter sich haben.
    Hier sollte verstärkt angesetzt werden um diese Art der Fortbewegung sicherer zu machen.
    Sollte da nichts passieren, ist der nächste Schritt, dass die Autofahrer vor den Radfahrern geschützt werden müssen.
    Das kann doch nicht die Lösung sein. wenn man sich den Radverkehr in unserem Nachbarland Niederlande ansieht, geht das miteinander in den Städten doch auch, auch dort, wo die Infrastruktur nicht so optimal ausgebaut ist.
    Das klappt aber nur, weil man sich an Regeln hält und der stärkere auf den schwächeren Rücksicht nimmt.

    • Aber Herr Heilek,
      warum denn Rücksicht nehmen?
      Das lernt man doch nur in der Fahrschule für rückständigen Individualverkehr. 😉
      Auch StVO §1 scheint optional, wenn man ein (vermeintlich) moralisch höherwertiger Verkehrsteilnehmer ist.
      (siehe auch: https://www.gesetze-im-internet.de/stvo_2013/__1.html#:~:text=Stra%C3%9Fenverkehrs%2DOrdnung%20(StVO),unvermeidbar%2C%20behindert%20oder%20bel%C3%A4stigt%20wird. )

      Ich erinnere mich noch gut an diesen Slogan (nicht zuletzt im Wahlkampf Wigands): „Mobilität – Gleichberechtigt. Nebeneinander.“
      https://www.facebook.com/dirkwigant/photos/pb.100063865063426.-2207520000/569104638125149/?type=3

      Die aktuelle Bevorzugung des Radverkehrs führt jedoch zu einem Klima des Autohasses und verhärteten Fronten auf beiden Seiten.
      Regelmäßige Strafen für Autofahrer, wie die Reduzierung von Parkplätzen oder die Einführung von Tempozonen, schüren diese Stimmung zusätzlich.

      Aber nur durch ein ausgewogenes Miteinander aller Verkehrsteilnehmer können wir eine zukunftsfähige Mobilität in unserer Stadt gestalten.
      Städte wie unsere sind auf eine vielfältige Mobilitätslandschaft angewiesen.
      Autos spielen dabei nach wie vor eine wichtige Rolle, sei es für Berufspendler, Familien oder Menschen, die auf ein Auto angewiesen sind oder Personen, die zum Shopping-Trip in die Innenstadt kommen wollen.
      Die wenigsten Menschen werden Großeinkäufe mit dem Klapprad erledigen.
      Oder auch Wintertags werden Radwege eher nicht überbeansprucht werden.
      Hier wäre ein flexibleres Konzept deutlich wünschenswerter, als absolutistische Maßnahmen gegen Autos und den Verlust von Verkehrsraum.

  2. Man kann nur hoffen dass dieses Konzept so schnell wie möglich in der Schublade verschwindet.

    Zwischendurch musste ich immer wieder auf das Deckblatt bzw. Impressum schauen um zu realisieren, wer das Pamphlet verfasst hat.

    Insofern hätte sich die Stadt die Vergeudung von x hunderttausend Euro (genaue Summe natürlich nicht bekannt) sparen und sofort Seiten aus dem ADFC Handbuch kopieren können.

    Auf 116 Seiten überwiegend das Thema Rad, ansonsten Verteufelung des Individualverkehrs.

    Eine Verkehrswende, unter Berücksichtigung der Interessen aller Verkehrsteilnehmen sieht anders aus.

    H. Wiegand sollte sich informieren da wo eben dieses gleichberechtigt, im Interesse aller und ohne Konflikte umgesetzt ist.

    Vielleicht gelingt es ihm und dem Rat dann das Wahlversprechen einzulösen und die Wähler nicht weiter zu betrügen

  3. Journalistisch sollte man vielleicht zusätzlich darauf hinweisen, das der Bericht von Carsten Hellmann geschrieben wurde, der gleichzeitig Fraktionsgeschäftsführer der GRÜNEN in Unna ist und zusammen mit der CDU die Stadt regiert!

    https://gruene-unna.de/team/carsten-hellmann/

    Der kleine linksradikale ADFC kann sich mit seinen wenigen Mitgliedern nicht ansatzweise als ernsthafte Vertretung der Radfahrer in Deutschland ausgeben. Er ist eher eine ausgelagerte Werbeorganisation der GRÜNEN zur Unterstützung und Anfeuerung der GRÜNEN Politik.

    Im Rat fordern die GRÜNEN immer radikalere Maßnahmen zur Mobilitätseinschränkung der Bürger und mit dem ADFC stellen sie es gleichzeitig künstlich als Wille der Radfahrer in Deutschland dar. Eigendlich ein billiger Trick.

    • Das ist korrekt, Schmunzler, Herr Hellmann schreibt diese Pressemitteilung gleichwohl als Sprecher des ADFC. Dass sich in diesem viele Grüne aufhalten, dürfte bekannt sein.

    • Der große Teil der Bevölkerung benutzt zudem das Fahrrad zusätzlich zum Auto und möchte beides gut nutzen können. Diese Trennung zwischen Radfahren oder Autofahren ist genauso künstlich hergestellt, da die meisten Radfahrer auch gleichzeitig mit dem Auto fahren wollen.

      Die eigendliche Realität ist zudem, das unter der linksgrünen Regierungspolitik die Anzahl der angemeldeten Autos in Deutschland einen historischen Höchststand erreicht hat. Das Auto also beliebter als je zuvor ist:

      „Rekord beim Bestand an Personenkraftwagen in Deutschland – die Anzahl der in der Bundesrepublik gemeldeten Pkw erreichte am 1. Januar des Jahres 2024 mit rund 49,1 Millionen Fahrzeugen den höchsten Wert aller Zeiten.“

      https://de.statista.com/statistik/daten/studie/12131/umfrage/pkw-bestand-in-deutschland/

      Die von Herrn Hellmann aufgeführte Studie des Frauenhofer Institutes, welche laut eigenen Angaben „Im Auftrag des ADFC“ verfasst wurde, stellt zudem laut eigenen Angaben keine Prognose zur zukünftigen Verkehrsentwicklung dar, sondern ein mögliches Potenzial, wenn in den nächsten 10 Jahren sehr komplexe Zusammenhänge ineinandergreifen.

      Dazu gehört unter anderem auch als Voraussetzung, das man neben Fahrradwege auch den Öffentlichen Nahverkehr in den nächsten Jahren auf ein ähnliches Verkehrsinfrastrukturniveau wie zum Beispiel in den Niederlanden bringt. Manche wären sicherlich schon froh, wenn die Verkehrsinfrastruktur und der Öffentliche Nahverkehr in Deutschland in den nächsten Jahren nicht noch weiter zusammenbricht.

      Zusätzlich führt die Studie als Voraussetzung zur langfristigen Nutzung des eventuell möglichen Fahrradpotentials auf, das die Bevölkerung weiterhin der Klimaagenda der Regierung folgt und deshalb vermehrt das Fahrrad nutzt. Momentan geschieht genau das Gegenteil. In der Realität sind die Partnerorganisationen des ADFC, Fridays for Future und die Letzte Generation sind in der Aktzeptanz der Bevölkerung auf einen Tiefpunkt angelangt und die Zustimmung für die GRÜNEN befindet sich im freien Fall.

      Herr Hellman führt lediglich für den schnellen Leser extrem grob vereinfacht in einem kurzen Satz auf:

      „Neue Studien legen nahe, dass ein Radanteil von bis zu 45 % möglich wäre (Studie des Fraunhofer Instituts vom Mai 2024).“

      Das sich das natürlich nicht auf den Gesamtverkehr bezieht, sondern nur auf Kurzstrecken, läßt er auch gewissentlich weg. Das Herr Hellmann bewußt nicht einfach ganz simpel direkt auf die Studie verlinkt, sondern auf die Gesamtseite des ADFC, wo man sie erst aufwendig suchen muß, kann ich daher nachvollziehen.

    • Sehr guter Hinweis, schmunzler!
      Danke für die Einordnung der oben stehenden Zeilen und der Geisteshaltung des Autoren!

      • Die vom kleinen Radclub ADFC gezielt beim Frauenhofer Institut in Auftrag gegebene aufgeführte Studie zur angeblichen wissenschaftlichen Begründung des Mobilitätskonzept der Stadt Unna analysiert nicht, welche Prognosen beim zukünftigen Mobilitätsverhalten der Bürger zu erwarten sind, damit man die Verkehrsinfrastruktur entsprechend für die Zukunft optimal anpassen kann.

        Sie analysiert wissenschaftlich, welches Potenzial zur Steigerung des Radverkehrs möglicherweise zu erreichen ist, wenn man die Bevölkerung durch bauliche Maßnahmen, Parkplatzvernichtung, hohe Parkplatzgebühren, Tempozonen und alle sonstigen Maßnahmen zum umsteigen vom Auto auf das Fahrrad zwingt .

        Sie ist also wissenschaftlich nicht falsch, aber wird halt vom ADFC vorsichtig ausgedrückt aus einer anderen Perspektive heraus interpretiert :-).

        So etwas wird oft mit in Auftrag gegebene Studien gemacht, wenn man für gewisse Ziele irgendwie einen wissenschaftlichen Unterbau haben möchte, den sich sowieso keiner genauer durchliest.

        Ein kleiner Funfact:
        Man landet erst beim ADFC auf eine kurze Selbstinterpretation der Studie. Wenn man weiter recherchiert auf eine Kurzzusammenfassung der Studie. Erst bei der gesamten Studie, wenn man sie nicht nur bis zu den Quellenangaben durchrastert sondern weiter runter scrollt, dann findet man als „Anhang“ am Ende die ganzen harten konkreten Maßnahmen wie zum Beispiel extrem hohe Parkgebühren, Tempolimits oder die knallharte Abschaffung von Parkplätze 🙂

        Das Mobilitätskonzept der Stadt Unna hat praktisch gar nichts wissenschaftlich mit einer ganzheitlichen Betrachtung der Verkehrsinfrastruktur und seinen Wechselwirkungen untereinander zu tun.
        Da wird einfach geschaut, wo man den Autoverkehr eindämmen kann und solche komplexen Folgewirkungen wie zum Beispiel auf den dadurch erzeugten Umgehungsverkehr oder die Wirtschaft werden dort nicht ansatzweise behandelt. Es gibt noch nicht einmal eine Kostennutzungsbeurteilung oder irgendwelche Zahlen, womit man belegen kann, wieviele Radfahrer dann mutmaßlich zum Beispiel die Radwege mehr benutzen würden. Im Winter oder bei Regen sind die Radfahrer in Unna nebenbei bemerkt fast komplett verschwunden. Auch diesen Faktor blendet man vollkommen aus. In der freien Wirtschaft wäre so ein Vorgehen undenkbar.
        Das ganze hätte man auch einer Abiklasse als Schülerübungsprojekt in die Hand drücken können.
        Letztendlich geht es ja auch nur darum, das man die bereits geplante Abschaffung des Autoverkehrs in Unna irgendwie in den Pressemeldungen medial für die schnellen Leser besser ausschmücken kann. Das es von der GRÜNEN/CDU Mehrheit im Stadtrat ergebnisoffen durchgepeitscht wird, steht ja seit Anfang an bereits fest.

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