„Unna viel besser als der Durchschnitt“ – Was der Wirtschaftsförderer gegen Leerstände tun will

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Leerstand an der Bahnhofstraße im früheren GameStop. (Foto Rinke)

Ob Gesamtverkaufsfläche, Umsatz oder Kaufkraft: Unna liegt in allen wichtigen Handelskennziffern teils deutlich über dem Durchschnitt.

Unterdurchschnittlich präsentiert sich die Innenstadt in einem Bereich, wo dies hochwillkommen ist – bei der Leerstandsquote. Diese beträgt in Unnas City 6,7 Prozent, heißt, dass 6,7 Prozent aller Ladenlokale in der Innenstadt leer stehen – aus einer Vielzahl von Gründen. An manchen kann man als Stadt etwas ändern, an manchen nicht.

Diese Kerndaten nannte der städtische Wirtschaftsförderer Martin Bick am Donnerstagabend, 1. Juni, im Haupt- und Finanzausschuss bei einem Sachstandsbericht zur Innenstadtentwicklung.

Demnach steht die Einkaufsstadt Unna, „anders, als es oft behauptet wird“, deutlich besser da als der Kreis- und Landesschnitt, was insbesondere auch die Leerstände betrifft.

Anmerkung der Redaktion: Die Zahl der Leerstände haben wir nachgeprüft und kommen auf eine doppelt so hohe Prozentzahl wie der Wirtschaftsförderer. Bericht HIER.

Die aus seiner Sicht sehr wenigen Leerstände will der Wirtschaftsförderer dennoch angehen mit Hilfe eines Förderprogramms, aus dessen Töpfen sich andere Städte wie Kamen oder Fröndenberg schon seit vielen Jahren bedienen: „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“, bekannter unter „Soforthilfe Innenstadt“. Dazu unten mehr.

Zunächst lieferte Martin Bick einige Daten.

  • 369 Läden / Einzelshandelsgeschäfte gibt es derzeit in Unna.
  • Sie verfügen zusammen über 145.000 qm Verkaufsfläche, „das liegt deutlich über dem Durchschnitt von Städten vergleichbarer Größe.“

Die Unternehmen machen einen Gesamtumsatz von 418 Mio. Euro, auch dies über Durchschnitt.

  • Die Einzelhandelszentralität beträgt 117,7. „Hier wird mehr umgesetzt, als an Kaufkraft vorhanden ist. Mit anderen Worten, die Innenstadt zieht Auswärtige“, verdeutlicht Bick.
  • Ebenfalls über dem Durchschnitt liegt Unnas Pro Kopf-Kaufkraft mit 7388 Euro.
  • Deutlich unterdurchschnittlich – sowohl auf den Kreis Unna bezogen, den Bereich der Industrie- und Handelskammer (Kreis Unna, Dortmund, Hamm) und NRW-weit – bewegt sich mit 6,7 Prozent die Leerstandsquote in der Innenstadt.

„In den Hauptlagen haben wir gar nicht so viel Leerstand.“

Der Eindruck entstehe vielleicht, so Bick, weil einige Leerstände sehr groß sind.

Zu diesen gehört das gläserne Rondell des Einkaufszentrums Neue Mühle (es sucht nach wie vor eine tagesfüllende Gastronomie), zu diesen gehört der frühere C&A am Alten Markt oder der großflächige Leerstand im ehemaligen S.Oliver auf der Bahnhofstraße.

Aktueller Baustellenstand auf der Bahnhofstraße in Unna-City im früheren S.Oliver. Das Gebäude ist jetzt Christo-mäßig komplett verhüllt. Nach zeitnaher Eröffnung des Kosmetikanbieters Rituals sieht es weiterhin nicht aus. Gerüchte, wonach sich Rituals komplett von seinen Ansiedlungsplänen in Unna zurückgezogen haben soll, halten sich hartnäckig. (Foto M. Trillhose)

Dass sich dort der schon gesetzte Mieter Rituals (Kosmetik) inzwischen von seinen Ansiedlungsabsichten zurückgezogen hat, weil es mit der Gebäudesanierung sichtlich nur im Schneckentempo vorangeht, ist von Rituals selbst bislang weder dementiert noch bestätigt worden. Eine Presseanfrage unserer Redaktion ließ die Unternehmenszentrale unbeantwortet. Einige Leserinnen berichteten, dass sie sich schon im vorigen Jahr auf Stellenangebote für „Rituals Unna“ beworben, aber keine Antwort bekommen hätten.

Martin Bick nannte im öffentlichen Teil der Sitzung weder Namen von ansiedlungswilligen noch von abgesprungenen Unternehmen. Er skizzierte aber, was die städtische Wirtschaftsförderung zu tun versucht, um das derzeit geringe Unnaer Leerstandsproblem nicht zu einem großen auswachsen zu lassen.

„Einige leere Geschäfte werden auf absehbare Zeit oder auch dauerhaft leer bleiben“, betonte Bick dabei. Etwa, wenn ein Gebäude nicht mehr vermietungsfähig ist, saniert werden müsste.

Es will auch nicht jeder Eigentümer mit uns zusammenarbeiten.“

Was die Stadt jetzt versuchen will, so Bick, ist das Anzapfen des Fördertopfs „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“. Die als „Soforthilfe Innenstadt“ bekannte NRW-Förderprogramm ist mit jährlich 35 Millionen Euro ausgestattet und wird von Nachbarstädten wie Kamen oder Fröndenberg bereits seit Jahren rege genutzt.

Für einen begrenzten Zeitraum von 2 Jahren mietet die Stadt mit Hilfe dieser Fördergelder leere Geschäfte in Innenstadtlagen an und vermietet sie zu einem besonders günstigen Mietzins an Gründer weiter. Das Ziel, so Bick, sei natürlich, dass diese Anschubshilfe anschließend in eine langfristige Ansiedlung mündet. Diese Gewissheit hat die Kommune aber natürlich nicht.

Und: Nicht jeder Immobilienbesitzer sei bereit, temporär auf mindestens 30 Prozent seiner Kaltmiete zu verzichten. Bick:

„Ich bin bereits mit allen Vermietern im Gespräch. Einige wollen, andere haben Nein gesagt.“

Langfristig müsse man generell „die Stadtmitte neu denken“: Die frühere Funktion von Innenstädten als Zentren des Handels ließe sich im Zuge des geänderten Konsum- und Freizeitverhaltens nicht mehr reaktivieren.

Nordrhein-Westfalen-Initiative „Zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren“

Mit dem Programm sollen die Kommunen dabei unterstützt werden, mit nachhaltigen und zukunftsfähigen Nutzungskonzepten den Wandel im Handel positiv zu begleiten und neue Ankerpunkte in den Innenstädten zu schaffen. Dafür stehen Gelder in Höhe von 35 Millionen Euro zur Verfügung.

Mit der neuen Nordrhein-Westfalen-Initiative knüpft die Landesregierung an ihr „Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren“ aus der Corona-Pandemie an, welches am 31. Dezember 2023 ausläuft. Die Förderbausteinefinden sich auch im neuen Förderprogramm wieder.

Der Programmschwerpunkt des Landesprogramms ist die Erhaltung der Stadt- und Ortszentren als Orte der Begegnung und des Austausches. Die Kommunen werden beim Umgang mit Leerständen, Handelsbrachen, Einzelhandelsgroßimmobilien oder der Schaffung von Innenstadtqualitäten unterstützt. Im Fokus stehen vor allem die Steigerung der städtebaulichen Attraktivität und der Nutzungsvielfalt, die Belebung oder die Bildung von Kooperationen und Netzwerken. (Quelle MAGS NRW

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