Das wegen ausgeplauderter und veröffentlichter Interna implodierte Bewerbungsverfahren für die vakante Unnaer Beigeordnetenstelle (wir berichteten) wird jetzt zum Fall für die Staatsanwaltschaft.
Die Grünen-Fraktion hat ihrer Ankündigung Taten folgen lassen und Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.
Es geht um Verletzung von Dienstgeheimnissen, Privatgeheimnissen und der Weitergabe personenbezogener Daten in Schädigungsabsicht.
Wörtlich schreiben die Grünen in ihrer Strafanzeige:
„Sehr geehrter Herr Leitender Oberstaatsanwalt Schmerfeld-Tophof,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Kreisstadt Unna erstattet hiermit Strafanzeige gegen unbekannt wegen des Verdachts der Verletzung von Dienstgeheimnissen (§ 353b Abs. 1 StGB), der Verletzung von Privatgeheimnissen (§ 203 Abs. 1, Abs. 2 StGB) und der Weitergabe personenbezogener Daten in Schädigungsabsicht (§§ 34, 33 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 DSG NRW).
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Frau Claudia Keuchel, Fraktionsvorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Rat der Kreisstadt Unna, hatte sich um das Amt einer Beigeordneten für das Dezernat 2 der Kreisstadt Unna beworben.
Die Unterlagen aller Bewerber für diese Stelle wurden nach Ablauf der Bewerbungsfrist am 14.05.2021 durch die hauptamtlichen (Personal-) Verwaltungsmitarbeiter der Stadtverwaltung einer zunächst nur vorläufigen Bewertung anhand einer Matrix unterzogen.
Diese Matrix sah vor, dass Punktwerte für die Erfüllung einzelner Qualifikationsmerkmale vergeben werden.
Die von den einzelnen Bewerber/innen erzielten Punktwerte waren nur den mit dem Bewerbungsverfahren befassten hauptamtlichen Verwaltungskräften und den Mitgliedern des Ältestenrates der Kreisstadt Unna bekannt.
Frau Keuchel zog ihre Bewerbung am 07.06.2021 durch nicht-öffentliche Erklärung gegenüber der Kreisstadt Unna zurück. Die Bewerbungsunterlagen der verbliebenen Bewerber konnten von den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern ab dem 07.06.2021 gegen Abgabe einer besonderen Verschwiegenheitserklärung in der Personalverwaltung der Kreisstadt Unna eingesehen werden.
Am 08.06.2021 veröffentlichte (eine örtliche Zeitung, d. Red.) einen Bericht (… – folgen Zitate aus dem Artikel).
Nach dieser Darstellung wurden die Informationen über die Matrix-Bewertung von Frau Keuchel sowie über das Zurückziehen ihrer Bewerbung von einem „Insider“, d.h. einem Mitglied des über diese Informationen zur Geheimhaltung verpflichteten Personenkreises, bzw. einem Mitglied der Stadtverwaltung („Flurfunk im Rathaus“) ... weitergegeben. Nach der Art der Informationen und ihrer Darstellung – insbesondere dem Zitat des sog. „Insiders“, das gezielt die Bewerbung von Frau Keuchel abwertet – ist wahrscheinlich, dass die Weitergabe in der Absicht erfolgte, das Ansehen von Frau Keuchel in der Öffentlichkeit und damit mittelbar ihre weitere politische Arbeit zu schädigen.
Am 19.06.2021 veröffentlichte (die Zeitung, d. Red.) einen Meinungsartikel…. Darin hieß es, es gebe „dem Vernehmen
nach ja mehrere Bewerber mit annähernd voller Punktzahl in der Entscheidungsmatrix“.
Hieraus ist erkennbar, dass nicht nur die Informationen über die Bewerbung von Frau Keuchel, sondern auch über weitere Bewerber/innen – mutmaßlich die gesamte Bewertungsmatrix – weitergegeben wurden. Darüber hinaus enthielt der
Meinungsartikel … Informationen aus dem nichtöffentlichen Teil der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses der Kreisstadt Unna vom 16.06.2021 über den beabsichtigten weiteren Umgang mit diesem und einem weiteren Bewerbungsverfahren, die nur unter
Verletzung der diesbezüglichen Verschwiegenheitspflicht gewonnen worden sein konnten.
Wir bitten um Prüfung des vorstehenden Sachverhalts unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten.
Frau Keuchel erstattet in Hinblick auf §§ 205 Abs. 1 Satz 1, 203 Abs. 1, Abs. 2 StGB zugleich Strafantrag für ihre Person.
Mit freundlichen Grüßen
Fraktionsvorstand: Claudia Keuchel – Karl Dittrich – Simone Hackenberg – Ronja Kossack“