Erstes Gericht kippt Termin-Shopping (Click & Meet)

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Nur nach festem Termin zum Einkaufen, mit festgelegter Zeit - die nächste Stufe der Corona-Lockerungen ab 8. März. (Symbolbild Pixabay / bearbeitet)

Erst seit Montag (8. 3.) ist die umstrittene Fünfstufen-Öffnungsstrategie in Kraft – heute (10. 3.) hat das erste Gericht eine erste höchst umstrittene Regelung schon wieder einkassiert.

Die Rede ist vom Einkaufen mit Termin, dem sogenannten „Click and Meet“ – Termin-Shopping. Verbunden mit der Vorgabe, dass pro Kunde 40 qm Platz geschaffen werden muss.

Das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes hat diese Vorschrift heute vorläufig außer Vollzug gesetzt. Sie sei

„… eine Ungleichbehandlung gegenüber ,privilegierten Geschäftslokalen´ wie Buchhandlungen und Blumenläden, in denen eine Person pro 15 Quadratmeter als ,infektionsschutzrechtlich unbedenklich´ angesehen werde“,

befand das Gericht (Az. 2 B 58/21).

Die Regelung verletze überdies das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit und die Eigentumsgarantie. Und: Es herrschten angesichts der Infektionslage „erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Betriebseinschränkungen“.

Geklagt hatte in einem Eilverfahren die Inhaberin eines Computergeschäfts.

Hier die Pressemitteilung des OVG im Wortlaut:

Das Oberverwaltungsgericht in Saarlouis hat mit Beschluss vom 9.3.2021 den § 7 Abs. 3 der Verordnung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie (VO-CP) in der Fassung vom 6.3.2021 vorläufig außer Vollzug gesetzt (Az. 2 B 58/21).

Die Antragstellerin betreibt ein Einzelhandelsunternehmen für IT-Technik auf 140 Quadratmetern. Der § 7 Abs. 3 Satz 7 VO-CP lässt insoweit den Zutritt nur nach vorheriger Terminvergabe und nur für einen Kunden sowie eine weitere Person aus dessen Hausstand pro 40 Quadratmeter zu. Bei den durch § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-CP privilegier­ten Geschäftslokalen, zu denen nunmehr auch Buchhandlungen und Blumengeschäfte gehören, sieht der Verordnungsgeber dagegen nach dem § 4 Abs. 1 Satz 1 VO-CP eine Flächenuntergrenze von lediglich 15 qm Verkaufsfläche pro Person als infektionsschutzrechtlich unbedenklich an.

Eine mit Blick auf den Gleichheitssatz in Art. 3 Abs. 1 GG erforderliche Rechtfertigung dafür, bestimmte Geschäfte wie z.B. den Computerladen der Antragstellerin gegenüber den in § 7 Abs. 3 Satz 2 VO-CP genannten zahlreichen privile­gierten Einzelhandelsgeschäf­ten, die nicht immer zur Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung unbe­dingt erforderlich seien, mit Blick auf das Infektionsgeschehen deutlich strenger zu behandeln, sei – so das Oberverwaltungsgericht – nicht zu erkennen.

Die Einhaltung der in den einschlägigen Hygienekonzepten vorgegebenen Maßnahmen und Vorkehrungen der Kontaktvermeidung zur Verhinderung einer weite­ren Ausbreitung der Infektion mit dem SARS-CoV2-Virus liege dabei im ureigenen Interesse der Geschäftsbetreibenden.

Die gegenwärtige Regelung verletze auch das Grund­recht der Berufsaus­übungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und die Eigentumsgarantie (Art. 14 GG) Es bestünden erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Betriebseinschränkungen. Wie bei zahlreichen anderen kleineren Einzelhandelsge­schäften mit speziellem Warensortiment drohe aufgrund der bisherigen Schließung und bei Fortdauer der wirt­schaftlich mit deutlichen Einbußen verbundenen Öffnungsbeschränkung nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 Satz 7 VO-CP ein erheblicher, mit zunehmender Dau­er existenzbedrohender Schaden.

Dabei könne da­hinstehen, ob die Wiedereröffnung dieser Geschäfte mit strengen Hygienevorgaben angesichts der bisherigen Konzentra­tion auf die „großen Märkte“ und Vollsortimenter sogar zu einer Entspannung des Einkaufsgeschehens beziehungsweise zur Reduzierung der damit verbundenen Kundenansammlungen führe.

Neben einer Minimierung von neuen Krank­heits- und Todesfällen sei zentrales Ziel der ControlCOVID-Strategie eine Vermeidung der Überlastung des Gesundheitssystems. Die Berichte des Gesundheitsministeriums zur „Auslastung der Kapazitäten der saarländischen Kliniken auf Grund von Erkrankungen v.a. durch das Coronavirus bzw. Covid-19“ zeigten, dass die Situation weder bei den aktuell vor­gehaltenen Betten zur Intensivbehandlung noch bei den Betten mit Beat­mungsmöglichkeit derzeit ein Erreichen der Belastungsgrenze nahelege.

Eine vom RKI vorgenommene Bestimmung einzelner Risiken nach den Kriterien des individuellen Infektionsrisikos und des Anteils am Gesamtinfektionsgeschehen weise für das „Setting“ Einzelhandel jeweils lediglich die Einstufungen „niedrig“ aus.[1] Aus dem Lagebericht des RKI (Stand 8.3.2021) ergebe sich, dass die hohen bundesweiten Fallzahlen durch zumeist diffuse Ge­schehen mit zahlrei­chen Häufungen insbesondere in Haushalten, im be­ruflichen Umfeld und in Alten- und Pflegeheimen verursacht werden.

[1] vgl. die Tabelle in der Anlage zum Strategiepapier des Robert-Koch-Instituts (RKI)

2 KOMMENTARE

  1. Super, weiter so. Wäre toll, wenn bei einer echten Pandemie echte Fachkräfte für sinnvolle Verordnungen zuständig wären. Das gilt auch für Impfungen und für alle wirklich erforderlichen Maßnahmen, speziell die, die erhebliche Kosten für Wirtschaft und Steuerzahler betreffen. Wirtschaft schädigen ist komplett staatsfeindlich. Für jeden einzelnen Bundesbürger.

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