Gegen den Schäfer, dessen Schafe und Lämmer schon wiederholt die Tierschutzorganisation Arche 90 auf den Plan riefen (Rundblick berichtete mehrfach – siehe unsere Rückblicke unten), ermittelt jetzt die Dortmunder Polizei. Denn Arche-Mitglieder machten am Freitag (12. 2.) eine grausige Entdeckung.
Sie fanden in einer Mülltonne auf einem Hof im Stadtteil Oestrich zwei tote Lämmer und ein verendetes ausgewachsenes Schaf.
Die Tierschützer verständigten gegen 16.20 Uhr die Polizei. Diese wurde zügig aktiv, verständigte das Dortmunder Veterinäramt, das ebenfalls auf dem Hof erschien. Denn, so bestätigt Polizeisprecher Peter Bandermann:
„Im aktuellen Fall besteht der Verdacht, dass die in der Mülltonne entsorgten Tiere erfroren oder verhungert sind.“
Der Halter der Tiere ist der Polizei bereits bekannt, fügt Bandermann hinzu.
Die Behörde ermittelt nun wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.
Die Arche-Tierschützer selbst schildern die Entdeckung in der Mülltonne wie folgt:
„Das Grauen ist einfach unvorstellbar: In einer orangefarbenen Mülltonne an einem Stall des „Horror-Schäfers“ aus Castrop haben wir tote Lämmer und ein totes Muttertier gefunden. Der Anruf eines Informanten brachte uns auf diese Spur. Wir starten sofort einen Einsatz. Auf dem frei zugänglichen Gelände in Dortmund-Oestrich entdeckten wir die beschriebene Mülltonne.
Ein Blick ins Innere ließ uns buchstäblich das Blut in den Adern gefrieren: mehrere tote Lämmer und ein Mutterschaf, weggeworfen wie Müll. „Wir konnten uns nicht mal einen Überblick verschaffen, wie viele Tiere dort drin lagen“, beschreibt Arche90-Mitglied Gabi Bayer, „denn das Mutterschaf war bereits so stark gefroren, dass es sich nicht bewegen ließ.“
Wir haben die schreckliche Befürchtung, dass es sich um die Tiere handelt, für deren Einstallung wir uns am Sonntag stark gemacht hatten (hier geht’s zum Einsatzbericht). Wir können es nicht beweisen, aber die Arche90-Vorsitzende Heike Beckmann hat zumindest das oberste Tier, ein schwarz-weißes Lamm, wiedererkannt. Wir wollten die Schafe vor dem Kälte-Tod bewahren. Wer weiß, welches Schicksal sie stattdessen erleiden mussten…
Natürlich informierten wir umgehend die Polizei und das Veterinäramt. Unser Ziel: Die Tiere sollten beschlagnahmt werden, um die Todesursache zu ermitteln – ob sie vielleicht verhungert oder erfroren sind. „Wir sind uns nicht mal sicher, ob die Tiere bereits tot waren, als sie in der Tonne landeten“, sagt Gabi Bayer. Eine Untersuchung könnte Aufschluss geben, auch im Hinblick auf Verstöße gegen das Tierschutzgesetz.
Passiert ist nichts. „Das Veterinäramt hat den Fall dokumentiert und zur Kenntnis genommen“, erzählt Gabi Bayer sichtlich enttäuscht. „Die Tiere wurden allerdings nicht beschlagnahmt.“ Man könne die Todesursache sowie nicht herausfinden, hieß es. Außerdem sei der Arche untersagt worden, die Tiere abzutransportieren. Die Kadaver sind Eigentum des Schäfers, sagten uns die Mitarbeiter des Veterinäramtes.
Wir werden also nie erfahren, ob es sich tatsächlich um die Tiere unseres letzten Einsatzes an der Weide handelt.
Wir sind einfach nur unglaublich entsetzt!“
Rückblick:
Bereits am Donnerstag, 11. 2.,griff unsere Redaktion einen erschütterten Bericht der Arche 90 auf.
„Tiefster Winter ist am Wochenende über Dortmund hereingebrochen. Mancherorts lag der Schnee bis zu 40 Zentimeter hoch, die Temperatur sank in den zweistelligen Minusbereich. In dieser lebensfeindlichen Kälte steht die Schafherde des Castroper Schäfers auf einer Weide an der Deusener Straße. Die Tiere haben weder Futter noch einen Rückzugsort. Sie sind dem Schnee schutzlos ausgeliefert.“ Schon einige Tage zuvor waren einige Lämmer fast erfroren.
„Während die älteren Schafen zumindest mit der Kälte fertig werden, leiden die Lämmer Höllenqualen. Viele von ihnen sind so jung, dass sie noch kein dichtes Fell haben. Zitternd stehen sie auf der Weide, das dünne Fell auf dem Rücken der Lämmer ist bereits gefroren.
Milch gibt es für sie auch kaum, da die Mutterschafe unter dem dichten Schnee kaum Gras finden, das nicht gefroren ist.
Dieses schreckliche Bild bot sich unseren Einsatzkräften am vergangenen Sonntag. Eine Tierärztin begleitete uns. Auch sie war angesichts der Zustände schockiert. Besonders die hochträchtigen Tiere machten ihr Sorgen.
„Kommt ein Lamm bei diesen Minusgraden auf die Welt, überlebt es nicht lang“, erklärt Arche90-Mitglied Gabi Bayer. Die Tiere sind nach der Geburt nass und hilflos. Der Kälte haben sie nichts entgegenzusetzen. Sie müssen gemeinsam mit dem Muttertier sofort in einen warmen Stall.
Mit Kenntnis der zuständigen Amtstierärztin entschlossen wir uns, die Tiere selbst abzutransportieren, da der Schäfer nicht erreichbar war. Schließlich tauchte er an der Weide auf, es kam zum Tumult.
Nach langen Diskussionen fand sich schließlich ein Kompromiss: Der Schäfer wurde von den Beamten angewiesen, seine Hütehunde aus Castrop zu holen, um die Mutterschafe und die 6 Lämmer zusammenzutreiben und in einen Stall zu bringen. Wir blieben vor Ort, um sicherzugehen, dass der Schäfer der Aufforderung auch Folge leistete. Leider war es schon dunkel, als der Schäfer zur Weide zurückkehrte. Daher konnten wir nicht sehen, welche Schafe er auf seinen Anhänger lud. Wir mussten den Einsatz beenden.
Am nächsten Morgen kontrollierten wir die Situation. Zu unserer großen Enttäuschung hatte der Schäfer augenscheinlich nur die Lämmer eingesammelt und die Muttertiere zurückgelassen. Wo er die Lämmer nun untergebracht hat, ist unklar. Im Stall in Castrop sind sie laut einem Informanten jedenfalls nicht angekommen.
Für die Muttertiere hat die Trennung von ihren Jungtieren dramatische Folgen. Da die Lämmer nun nicht mehr an den Zitzen ihrer Mütter saugen konnten, staut sich die Milch im Euter. Schwellungen und schmerzhafte Entzündungen sind die Folge.
Wir informierten abermals das Veterinäramt, da die betroffenen Schafe unheimliche Schmerzen leiden müssen. Der Leiter des Veterinäramtes sprach bei einer anschließenden Stellenkontrolle vor Ort mit dem Schäfer. Die Tiere, die unter einem geschwollen Euter leiden, wurden allerdings trotzdem nicht versorgt.
Zu allem Überfluss entdeckten wir auch noch ein Neugeborenes auf der Weide, dass am gleichen Tag zur Welt gekommen sein musste. Genau diese Situation wollten wir eigentlich verhindern. Das Jungtier und seine Mutter wurden wenig später vom Schäfer abtransportiert. Der Verbleib der Tiere ist unklar.
Um zumindest den Hunger der rund 50 Schafe zu lindern, organisierte eine Nachbarin einen großen Heuballen. „Die Tiere haben sich direkt auf das Futter gestürzt, binnen eines Tages war fast alles weg“, erzählt die Arche90-Vorsitzende Heike Beckmann.
Damit sich die Situation für die Herde endlich verbessert, planen wir, verschiedene Politiker über die Misstände zu informieren und denken auch darüber nach, das Landesveterinäramt in Arnsberg zu kontaktieren.
Wir kämpfen weiter, bis jedes einzelne Schaf gerettet ist!“
UPDATE am Abend des 15. 2. – die Arche teilt mit:
🐑 Genug Hilfsangebote vorhanden 🐑
„Wir sind überwältigt von Euren Reaktionen.
1) Einige von Euch haben Unterbringungen für die Schafe angeboten. Das ist sehr nett, aber es liegen uns bereits Hilfsangebote von Dortmunder Schäfern vor, die die Tiere im Fall der Fälle aufnehmen werden. Diese Möglichkeiten wurden von den Ämtern bislang einfach noch nicht genutzt.
2) Wenn jemand von Euch Heu spenden möchte, meldet Euch bitte einfach bei uns. Ein Mitglied der Tierschutzpartei hat angeboten, solche Spenden zu koordinieren. Wir stellen den Kontakt her.
3) Es stehen aktuell keine Lämmer mehr auf der Weide. Wir werden aber sofort benachrichtigt, wenn es wieder Probleme gibt oder verletzte/kranke Tiere nicht versorgt werden.“
[…] Immer wieder hatte die Arche in den letzten zwei Jahren über schlimme Vorfälle rund um die Schafherde berichtet. Unsere Redaktion griff einige dieser Fälle auf, unsere Leserinnen und Leser nahmen lebhaft Anteil. HIER berichten wir. […]