Fröndenberger CDU-Empfang im Doppelwahljahr: „Trump, Weidel – wenn wir nicht zusammenhalten, sieht es nicht gut aus“

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Zum Neujahrsempfang lud am zweiten Sonntag im Januar traditionell die CDU Fröndenberg ins Pfarrheim St. Marien. Ansprachen hielten nach dem Grußwort von Vorsitzender Gabriele Spiekermann (4. v. li.) Bürgermeisterkandidat Dirk Weise, Bundestagskandidat Tilman Rademacher und NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach. (Foto RB)

Donald Trump wird in acht Tagen zum zweiten Mal Präsident der USA, Österreich könnte erstmals einen Kanzler der rechtsnationalen FPÖ bekommen, und mit Alice Weidel wurde am 11. Januar die erste Kanzlerkandidatin in der Geschichte der AfD nominiert.

„Was die da von sich gegeben hat“, meinte Fröndenberger CDU-Chefin Gabriele Spiekermann beim Neujahrsempfang ihrer Partei am Sonntag im Marien-Pfarrheim, „also wenn wir jetzt nicht zusammenhalten und für unsere Werte kämpfen, sieht es nicht gut aus.“

Am Vortag hatten sowohl AfD wie SPD auf ihren jeweiligen Parteitagen offiziell ihre Kanzlerkandidaten nominiert, was beim Empfang der CDU fast zwangsläufig zu der Frage führte, wo sie denn ihren eigenen Kandidaten, den „Fritze Merz“, eigentlich versteckt hat.

Denn sowohl an den Hauptstraßen (zwischen Unna und Fröndenberg), überdimensional auf einem Feld an der B1 bei Unna-Ost als auch auf den großformatigen Stellwänden an der Kreuzung Unionstraße/Karl-Wildschütz-Straße lächelt dem Wahlvolk auf leuchtend türkisem CDU-Hintergrund ein noch weitgehend unbekannter junger Mann entgegen. Es ist Tilman Rademacher, der junge Nachfolger des jahrzehntelangen Wahlkreiskandidaten und Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe aus Werne.

Wie Hüppe, der in Werne lebt, stammt auch sein Nachfolger aus dem Norden des Kreises, konkret aus Bönen, wo er auch im Rat mitarbeitet. Im jetzt wohl kürzesten Bundestagswahlkampf aller Zeiten muss sich der 34-jährige Jurist und Kommunalbeamte auf die Schnelle im Südkreis Unna noch bekannter machen. Dazu kündigte er beim heutigen Empfang in Fröndenberg an, dass er auch Hausbesuche machen werde, um sich persönlich vorzustellen und für die Ziele der CDU und einen Regierungswechsel zu werben.

Wahlplakate auf den Stellwänden an der Kreuzung Karl-Wildschütz-Straße / V. Tirpitz-Straße in Fröndenberg. (Foto RB)

Dass er auf den besagten Großplakaten von zwei Ampel-Kanzlerkandidaten und einem Ex-Ampel-Finanzminister umringt ist (Bild oben), sieht der potenzielle künftige Wahlkreisabgeordnete keineswegs negativ. Im Gegenteil, „unter den ganzen älteren Herren mache ich mich doch ganz gut“, flachste er am Rande der Neujahrsreden, wobei er seine eigene kurz hielt.

Wirtschaftspolitisch unterstütze er ohne Wenn und Aber das von der CDU-Parteiführung vorgelegte Konzept, unterstrich er gegenüber unserer Redaktion. Insbesondere dürfe der Staat seinen Bürgern nicht vorschreiben oder gar aufzwingen, wie sie zu heizen (Stichwort Wärmepumpe) oder wie sich sich fortzubewegen hätten. Die Politik müsse sich diesbezüglich wieder viel mehr zurücknehmen.

Auf die Frage nach seinem Wunsch-Koalitionspartner antwortete Radmacher etwas ausweichend, da müsse man „wohl nehmen, was übrig bleibt“. Denn:

„Die Brandmauer zur AfD finde ich richtig.“

Die Partei habe sich von ihrem völkisch-nationalistischen Flügel vereinnahmen lassen und komme daher als politischer Partner nicht in Frage.

Ein längerer Redepart entfiel auf den kürzlich nominierten Fröndenberger CDU-Bürgermeisterkandidaten Dirk Weise, der den Neujahrsempfang rund acht Monate vor der Kommunalwahl zu einer längeren Vorstellung seiner Person und seiner politischen Ziele nutzte.

Als Geschäftsführer des Freibadvereins Dellwig ist der 41-jährige Weise den meisten Fröndenbergern ein Begriff. Für seine Kandidatur als Bürgermeister und Herausforderer von SPD-Amtsinhaberin Sabina Müller hat der (bei Schering Bergkamen Chemikant gelernte) Immobilienverwalter, „zusammen mit meinem Team!“, den Wahlkampfslogan „Zuhören, anpacken, Fröndenberg stärken“ kreiert.

CDU-Bürgermeisterkandidat Dirk Weise stellte sich beim Neujahrsempfang vor. (Foto RB)

„Anpacken“, in seiner heutigen Rede ohne näher zu erklären wie, wolle er als Bürgermeister insbesondere die Themen Straßen, Sicherheit und, ein leidiges Problem in der Ruhrstadt, ÖPNV („das muss ich Ihnen ja nicht sagen“).

Die amtierende SPD-Bürgermeisterin bemüht sich, unterstützt von ihrem Parteifreund und Landtagsabgeordneten Hartmut Ganzke, seit zwei Jahren vergeblich um eine Reaktivierung der Bahnstrecke RB 54 Unna-Fröndenberg, wir berichteten. Ob ein CDU-Bürgermeister diesbezüglich erfolgreicher wäre, könnte Dirk Weise als Amtsinhaber ab Herbst dann unter Beweis stellen, denn aktuell sieht nichts danach aus, als ob die Züge bis zum Wahltag im September wieder zwischen Fröndenberg und Unna rollen werden.

Schließlich trat noch die aus Kamen stammende Bau- und Heimatministerin Ina Scharrenbach vor die Neujahrsgäste, erwähnte warnend die drohenden Finanzkollapse zahlreicher Kommunen und bezeichnete die Kosten für den Sozialbereich als mittlerweile „irre hoch“. Dafür sieht sie unter anderem auch das Bürgergeld verantwortlich.

Eindringlich warb die Heimatministerin für weniger Bürokratie und Regulierung.

Bau- und Heimatministerin Ina Scharrenbach warb für weniger Bürokratie und warnte vor überbordenden Kosten für die Kommunen. Der gesamte Sozialbereich seii „irre teuer“ geworden. (Foto RB)

„Amerika innoviert – Europa reguliert – Deutschland diskutiert“, zählte sie die Problematik auf.

Die öffentlichen Verwaltungen müssen, so Scharrenbach, ein Selbstverständnis als Dienstleister am Bürger verinnerlichen und Wege vereinfachen und beschleunigen. Schon deshalb, „weil wir bis zum Ende des Jahrzehnts bis zu 30 Prozent der Mitarbeiter im Öffentlichen Dienst verlieren werden.“

Digitalisierung ist daher in vielen Bereichen noch viel stärker als bisher zwingend nötig – aber eben nicht in allen Bereichen:

„Offen gesagt – man muss nicht ALLES digitalisieren.“

Unter Applaus erklärte die CDU-Ministerin, was sie damit konkret meinte: „Die heutigen Kinder werden mit 3 Millionen Wörtern weniger groß als noch vor 10 Jahren.“

Deshalb sei sie klar für eine gesetzliche Regulierung von sozialen Medien für Kinder und Jugendliche. Und sie kündigte an, das kommunale Vergaberecht reformieren zu wollen. Wie genau, ließ sie noch offen, „doch dazu brauche ich ganz viel Unterstützung.“

6 KOMMENTARE

  1. Ein naher Verwandter von mir hat sich von der Fachkraft für Bädertechnik mit Berufseinsatz und Fortbildungen über Jahre hinweg zur Leitung eines Bades hochgearbeitet. Vielen Freibadbesuchern ist gar nicht bewußt, was für eine komplexe Technik dahinter steckt. Für die Tätigkeit muß man auch Qualifikationen zur Personalführung vorweisen können. Sie erfordert einiges an Fachkenntnisse.

    Der CDU Bürgermeisterkandidat Herr Weise scheint die Leitung des Freibades Dellwig vor seiner Haustür ohne jegliche entsprechende Qualifikation erhalten zu haben.

    Das Freibad wird zwar im wesentlichen durch Steuergelder aufrecht erhalten, wurde aber durch die Auslagerung ins private der Kontrolle durch die Öffentlichkeit und den Auflagen des öffentlichen Dienstes entzogen.

    Freibadangestellte im öffentlichen Dienst werden im Winter in Hallenbädern bzw. andersweitig eingesetzt. Saisonkäfte in der Zeit nach Hause geschickt. Was macht Herr Weise eigendlich beruflich im Winter bzw. die meiste Zeit des Jahres, wenn das Freibad Dellwig geschlossen ist?

    Mich würde es nicht wundern, wenn er in der Zeit trotzdem ein Gehalt bekommt!

    Wenn sich der Verein Freibad Dellwig öffentlich der Ehrenamtlichkeit rühmt und auch Spenden einsammelt, dann könnte er eigendlich auch transparent veröffentlichen, wer da in Wirklichkeit alles genau wie für Bezahlung tätig ist.

    Im Bericht wird nun erstmalig öffentlich aufgeführt, das Herr Weise zusätzlich als „Immobilienverwalter“ tätig ist. Trotz Recherche habe ich dazu im Netz, außer eine Gewerbeanmeldung mit lediglich ein paar hundert Euro Grundkapital, keinerlei Aktivitäten gefunden. Man kann als Wähler in Fröndenberg nicht ansatzweise einschätzen, ob Herr Weise als „Immobilienverwalter“ überhaupt substantiell erfolgreich ist. Die Bezeichnung kann sich jeder Hausbesitzer aneignen.

    Als Bürgermeister von Fröndenberg hantiert man mit einem Etat von ca. 50 Millionen Euro Steuergelder. Bis heute wurde nicht von der CDU Fröndenberg bekannt gegeben, ob Herr Weise als CDU Kandidat eigendlich eine ordentliche Schulausbildung, eine Berufsausbildung, ein Studium, oder Erfolge in seinem Berufsleben vorweisen kann. Das ist sehr verwunderlich.

    Jeder Personaler eines kleinen Betriebes würde da genauer nachhaken, wenn sich jemand bei ihm bewirbt. Bei der Tätigkeit eines Bürgermeisters geht es um die Mitverantwortung für Millionen Steuergelder und die Führung von hunderte Mitarbeiter mit großem Einfluß auf die Führung der Sparkasse oder der Führung der Stadtwerke, welche der Kommune unterliegen.

    Daher fände ich es interessant, wenn sich Herr Weise mal den Wählern in Fröndenberg genauer vorstellen würde und nicht nur seinen Parteigenossen im internen Kreis, die ihn schon kennen. So könnte er auch jegliche Spekulationen und der „Gerüchteküche“ im Ort ganz einfach ein Ende setzen.

    • Hallo „Schmunzler“, eine Vita ist angefragt. Sie sollten bei offenkundigem Interesse auch einfach selbst als Bürger bei der CDU um Informationen bitten. VG

      • Werte Redaktion,
        schon vor fast 2 Monaten haben sie hier erwähnt, das eine Vita von ihnen angefragt wurde. Anscheinend haben sie selbst als Presse bis heute noch keine Auskunft von der CDU erhalten.
        Das sich jemand als Bürgermeisterkandidat einer Stadt bewirbt und die Wähler einzeln dessen Lebenslauf und Qualifikationen für diese Tätigkeit privat bei der Partei anfragen sollen, empfinde ich als absurd. Der einfache Wähler zieht einfach seine Rückschlüsse daraus und fertig.
        Zudem sehe ich dieses Vorgehen der CDU eher als deren Problem an als das meinige. Ich kann mir nicht vorstellen, das die CDU diese offenen Fragen während der heißen Wahlkampfphase im Herbst unter den Teppich kehren kann und gehe persönlich davon aus, das Gegenkandidaten diese Thematik zur passenden Zeit aufgreifen werden. Ich könnte mir sogar vorstellen, das die Opposition bis dahin hofft, das ihnen Herr Weise als Gegenkandidat erhalten bleibt :-).
        Solange diese Nachfragen unbeantwortet bleiben, werde ich weiter Mitbürger über diese seltsame Vorgehensweise der CDU informieren. Alleine die Tatsache, das bisher viele Bekannte in Fröndenberg auch dachten, Herr Weise sei ehrenamtlich als Leiter des Freibades tätig und dies möglicherweise gar nicht zutrifft, empört mich.
        Wäre Herr Weise Kandidat einer anderen Partei würde ich genauso nachhaken!

        • Hallo Schmunzler, wir haben auf unsere Anfrage zwar Antwort von der CDU Fröndenberg erhalten, aber nicht die angefragte Vita in Schriftform. Es wurde uns ein Gespräch mit dem Kandidaten angeboten, auf das wir im Wahlkampf zurückkommen werden, da es uns sinnfrei erscheint, schon im Januar in den acht Monate entfernten BM-Wahlkampf einzusteigen. Ich sage Ihnen aber auch ehrlich, dass unserem kleinen Team die Zeit und auch die Nerven fehlen, wegen Selbstverständlichkeiten hinter Personen herzulaufen, die das höchste Amt einer Stadt bekleiden möchten. Von daher – lassen wir es vorerst dahingestellt. Zumal Sie bisher der einzige unserer Leser sind, der diese Informationen (zu Recht) einfordert. Beste Grüße von S. Rinke / Red.

          • Meine Kommentare sind nicht an die Redaktion gerichtet, sondern an die Leser!

            Ich bin froh, das es im Kreis ein unabhängiges journalistisches Nachrichtenportal gibt und wie die Redaktion journalistisch vorgeht, liegt alleine in ihrem eigenen Ermessen. Ich erwarte auch keinerlei „Rechtfertigung“ von der Redaktion, wie sie journalistisch bei einem Thema vorgeht oder wie sie ihre Arbeit macht. Die Redaktion weiß sicherlich besser als ich, wie sie es handwerklich geschafft hat, den Rundblick journalistisch so erfolgreich zu machen. Auch wenn ich verständlicherweise manchmal bei anderen Themen anderer Meinung bin, würde ich mich nicht anmaßend in die Arbeit der Redaktion einmischen. Wenn man sieht, wie teilweise andere Medien immer mehr am durchdrehen sind, sehe ich dafür beim Rundblick auch wenig Anlaß :-).

            Wenn ich hier andere Leser darauf hinweise, das meinem Ermessen nach bisher die genaue Vita eines Bürgermeisterkandidaten nebulös verschleiert wird, ist das keine Kritik an die Redaktion.

            Privat würde ich ein Hintergrundgespräch mit der Redaktion, von der ich niemanden persönlich kenne, sicherlich sehr spannend und aufschlußreich finden.
            Hier in der öffentlichen Kommentarspalte habe ich allerdings kein sonderliches Bedürfnis dafür. Persönlich ist mir der allgemeinen Trend in den sozialen Netzwerken fremd , das man öffentlich miteinander so kommuniziert, als wenn man sich privat unter vier Augen direkt gegenüber sitzt.

            Traurige Realität ist auch, das sich trotz des aufwendigen journalistischen Aufwandes kaum jemand aus Fröndenberg für diesen Bericht über den CDU Empfang (oder meinen Kommentar dazu) interessiert. Die Nachrichtenkarawane auf der Facebookseite des Rundblicks ist bereits weiter gezogen.
            Es liegt zwar auch nicht belegbar in schriftlicher Form vor. Aber über das Vorgehen der CDU bzgl. ihres Kandidaten wird bereits in Fröndenberg hinter den Kulissen ordentlich „getratscht“. Fehlende selbstverständliche Informationen erzeugen halt Spekulationen. Auch wenn sie hier nicht öffentlich auf der Seite des Rundblicks ausgetragen werden.

            Wie sie meinem obigen Kommentar entnehmen können, gibt die Auslagerung des Freibades Dellwig in private (politische?) Hände als eigendlich ursprüngliche Aufgabe der Kommune zusätzlich Anlass für Gesprächsstoff. Letztendlich hält die Kommune den Betrieb im wesentlichen weiter mit Steuergelder aufrecht.

            Wie schon geschrieben. Das sich die Redaktion durch meinen Kommentar angesprochen fühlt, überrascht mich und es lag nicht ansatzweise in meiner Intention beim schreiben des Kommentares.

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