Unnas rote, schwarze und blaue Hochburgen, eine Grünen-Bastion und ein Wahlbezirk, in dem nur jeder Vierte wählte

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In mehreren Wahlbezirken ging die AfD bei der Kommunalwahl am 14. September in Unna gleich auf Anhieb als stärkste Kraft hervor, in anderen behaupteten hingegen SPD oder CDU ihre Dominanz und legten oft sogar noch zu.

Ähnlich unterschiedlich wie in den 10 Kommunen im Kreis Unna fiel die kommunale Abstimmung auch in den Unnaer Wahlbezirken aus – wobei sich eine Beobachtung von der Bundestagswahl am 23. Februar wiederholte:

Die höchsten blauen Balken leuchteten in den beiden größten Stadtteilen Königsborn und Massen. Und meist korrespondierten die AfD-Werte mit der Wahlbeteiligung: je geringer sie war, desto höher war oft die Zustimmung zur erstmals in Unna angetretenen „Alternative“.

Beim Blick auf die Wahlbezirke zeigt sich am deutlichsten, dass die Kommunalwahl anders als ein bundesweites Votum ganz erheblich von Personen bestimmt wird. Dies umso mehr, je verwurzelter sie mit ihrem Bezirk sind.

SPD: Rekordausbeute an Direktmandaten – Ortsvorsteher in den Dörfern holen bis zu 80 Prozent

Die SPD hatte sich nach dem Bundeswahlschock mit massivsten Verlusten in Königsborn und Massen die schlimmsten Szenarien ausgemalt, konnte beim Blick auf die Balkendiagramme nach der Stimmenauszählung jedoch erst einmal wieder aufatmen.

Partei- und Fraktionschef Sebastian Laaser kratzte in seinem Königsborner Wahlbezirk an der 40-Prozent-Marke und holte, wie noch 16 weitere seiner Parteigenossen, souverän das Direktmandat.

Überragend fiel die Zustimmung zum sozialdemokratischen Bewerber in Hemmerde aus, wo der langjährige und populäre Ortsvorsteher Klaus Tibbe im Ortsteil Siddinghausen fast 80 Prozent schaffte.

Die AfD hielt Tibbe bedeutungslos, die CDU-Kandidatin blieb chancenlos.

Gerade in den ländlichen Ortsteilen hatten die langjährigen Ortsvorsteher auch bei dieser Wahl ein Heimspiel. So ließ auch Bernhard Albers (CDU) in Billmerich die Konkurrenz mit fast 60 Prozent weit hinter sich.

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CDU-Chefin im DRK-Lokal 4 Stimmen hinter AfD und 2 hinter SPD – Auch in GEK Rot, Schwarz und Blau nah beieinander

Die derzeitige Bürgermeisterpartei CDU konnte stadtweit zwar Gewinne verbuchen, blieb in der Gesamtausbeute jedoch hinter der SPD, die die vergangenen 5 Jahre weitgehend Oppositionsarbeit gegen die Schwarzgrüne „Abstimmungsgemeinschaft“ geleistet hatte.

CDU-Parteichefin Beatrix Wieczorek blieb in ihrem Wahlbezirk 4 Stimmen unter dem Ergebnis der bis dato unbekannten AfD-Kandidatin Sylvia Therese Krause und zwei Stimmen hinter Jessica Mense (SPD), der Sprecherin des Bornekampbad-Vereins.

Auch in anderen Stimmbezirken lagen SPD, AfD und CDU nah beeinander, so in der Gesamtschule Königsborn, wo AfD-Spitzenkandidat Jan Bienas antrat.

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Grüne zurück auf Boden der Realität – Sacher im eigenen Wahlbezirk 12 % hinter SPD und nur 4 Stimmen vor AfD

Die Unnaer Grünen sind nach ihrem bundesweit bedingten Höhenflug von 2020 (als sie erstmals 13 Ratsmandate holten) wieder auf dem Boden der Realität gelandet. In Unna verfügten sie stets über ein ausreichendes Wählerpotential für um die 7 bis 8 Ratssitze. 8 war denn auch der Stand nach der Auszählung.

Der an einem Wiedereinzug in den Bundestag gescheiterte Bürgermeisterkandidat Michael Sacher konnte aus seiner Kandidatur und damit verbundenen öffentlichen Präsenz (in mehreren Kandidatenpodien) längst nicht so viel Profit schlagen, dass es für ein Direktmandat gereicht hätte.

Hinter SPD-Kandidat Til Beisenherz blieb der Grüne Buchhändler im Königsborner Wahlbezirk 9132 „Haus am Kurpark“ um 12 Prozentpunkte zurück. Besonders bitter für den erklärten „Kämpfer gegen Rechts“:

Sacher holte in jener Gaststätte, vor der er am 3. August zusammen mit der Antifa lautstark gegen den AfD-Kreisparteitag protestiert hatte, nur 4 Stimmen mehr als AfD-Kandidat Markus Kania.

Zugleich trat hier noch Volt-Spitzenkandidat Thomas Franta an, der im Wahlbezirk 9132 das beste Volt-Ergebnis stadtweit einfuhr.

Über den höchsten grünen Balken konnte sich Physiotherapeutin Anke Dupont freuen, die sich im Wahlbezirk 9092 (neue Gemeinschaftsgrundschule Hertinger Tor) mit 22 Prozent vor SPD, CDU und AfD setzte – diese drei landeten fast gleichhauf.


32 Prozent für Blau an Erstaufnahme Massen – Grünen-Chefin hier abgeschlagen auf Platz 4

Wie schon bei der Bundestagswahl erzielte die AfD auch bei der Kommunalwahl ihre größten Erfolge in Unnas beiden größten Stadtteilen. Im Einzugsbereich der Erstaufnahme Massen (EAE) konnten weder der langjährige SPD-Ratsherr Michael Tietze noch Grünen-Chefin Claudia Keuchel verhindern, dass AfD-Kandidat Johannes Kohlhaas-Müller fast 32 Prozent holte.

WfU-Kandidatin Sabine Hilbk landete genau eine Stimme vor Keuchel, und für die FDP hatten die Wähler an der ehemaligen Landesstelle noch doppelt so viele Stimmen übrig – 4 – wie für die FLU, die wie berichtet aus dem Rat geflogen ist.

Anders als in vielen anderen „blauen Hochburgen“ war die Wahlbeteiligung an der früheren Landesstelle noch eher an 40 als an 30 Prozent – oder gar noch darunter: Das gab es auch.

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Klassiker in Königsborn: Wo viele Wenigverdienende leben, gewinnt neben der AfD auch die LINKE

Auch die LINKE, die sich im Vergleich zur Wahl 2020 wieder etwas erholt hat und zwei Ratsmandate holte, hatte in Unna besonders starke Wahlbezirke.

Die Korrelation „ärmere Wohngegenden – mehr Zuspruch für links“ zeigte sich am deutlichsten in Königsborn bei der Tafel (Dorotheenstraße), wo Steven Maaß an die 6 Prozent herankam.

An die Spitze hier, mit hauchdünnem Ein-Stimmen-Vorsprung vor SPD-Kandidat Max Jülenbeck, setzte sich Andreas Lauber von der AfD.

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Königsborn – Schwache Wahlbeteiligung, starke AfD

Die höchste Zustimmung bekam die „Alternative“ neben Massen in Königsborn. Hier reichte sie in einzelnen Bezirken, anders als beim stadt- und kreisweiten Ergebnis, tatsächlich auch an ihre Ü30-Zustimmungswerte bei der Bundestagswahl heran.

So etwa im Stadtteilzentrum Brücke, wo die Wahlbeteiligung mit gerade einmal 27 Prozent zugleich mit am niedrigsten war.

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SPI Unna – Wo nur jeder Vierte wählen ging

Bei einer Wahlbeteiligung von nur 26,5 Prozent genügten der unbekannten AfD-Kandidatin Kira Pürschel im Wahlbezirk 9072 (SPI Unna) 94 Wählerstimmen, um sich an die Spitze zu setzen.

Auch WfU-Kandidat Marcus Henn, der sich besonders eifrig für Jugendliche in Unna einsetzt (etwa mit einer regelmäßigen Sprechstunde im Sommer), schaffte es offenbar nicht, eine evidente Zahl von Jungwählern zum Wählen zu motivieren.

In Zahlen hatten nur 334 von 1261 Wahlberechtigen in diesem Bezirk Lust darauf, ihr demokratisches Recht auszuüben.

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Die Ergebnisse aller Wahlbezirke finden Sie HIER

https://wahlen.kreis-unna.de/kwahl2025/05978036/praesentation/ergebnis.html?wahl_id=46&stimmentyp=0&id=ebene_3_id_9#

2 KOMMENTARE

  1. Sehr interessante Aufschlüsselung der Wahl.
    Hier zeigt sich doch sehr deutlich, wie man eine Alternative für Unna und Umgebung verhindern kann.
    Dort, wo die Politik nah am Bürger agiert, wurden auch die etablierten Parteien nicht abgestraft.
    Und gerade hier im Kreis, gibt es genügend demokratische Parteien, die zur Auswahl stehen.
    In anderen Teilen der Stadt, fehlt es halt an politischem Verständniss und entsprechender Bildung, um die Erfolge der blauen zu verhindern.
    Ich habe von meinen Großeltern und Eltern noch erzählt bekommen, was in der Zeit von 33-45 hier im Land ablief, dass ist heute noch der Grund, warum mich die alternative Politik in keinster weise interessiert.
    Ich finde es nur recht schade, dass von den etablierten Parteien, egal ob Stadt, Bund oder Land, niemand die Cochones hat, dieser Partei endlich ein Ende zu machen, stattdessen wird nur rumdiskutiert, bis es kein zurück mehr gibt.

  2. Nun meinen Senf zum Kmmentar von Oliver:
    „… bildungsfern… entsprechendes … Verständmis..“
    Es ist genau dieses elitäre Denken und die realitsferne Politik in Berlin und anderswo, daß die Menschen geradezu zwingt ihre Interessen wahrzunehmen!
    Was Sie, Oliver, von Ihren Großeltern gehört haben weiß ich nicht, aber beschäftigeen Sie sich mal eingehend mit Entwicklungen zur Einschränkung der Meinungsfreihet seit 2015 und dem Einknicken der Politik vor dem antisemistischem Mob. Und selber ein bißchen über die Republik von Weimar bis hin zu den Ermächtigungsgesetzen lesen. Da war die SPD die einzige Partei, die offen dagegen gestimmt hat Heute ist die SPD weit vom Souverän entfernt… usw. usf.

    P.S.: Meine Familie hat Verwandte im KZ verloren- bevor Sie mir irgendetwas unterstellen

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