Deutlich mehr antisemitische und religiös motivierte Kriminalität – Dortmunds Polizeichef sieht AfD als größte Gefahr

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„Ich warne ….vor den zunehmenden Gefahren aus dem Raum einer rechtspopulistischen bzw. rechtsextremistischen Partei, die gemeinsam mit anderen rechtsextremen Personen und Gruppen permanent versucht, Hass zu schüren, die Gesellschaft zu spalten und den Staat und seine Einrichtungen zu delegitimieren. Hier sehe ich derzeit die größte Gefahr.“

Ohne die Partei explizit beim Namen zu nennen, sieht Dortmunds Polizeipräsident Gregor Lange (SPD) die aktuell größte Gefahr für die öffentliche Sicherheit in der AfD, ungeachtet der teils drastisch Zahl anderweitig politisch motivierter Straftaten.

Ebenso wie in ganz NRW ist auch im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Dortmund – in Dortmund und Lünen – eine deutliche Zunahme der „politisch motivierten Kriminalität (PMK)“ festzustellen. Zugleich habe man jedoch die Aufklärungsquote im Jahr 2023 steigern können, betonte Gregor Lange bei der Vorstellung der Entwicklung am heutigen Donnerstag (18. 4.).

Das notwendige Zahlen- und Datenmaterial offenbart der nun veröffentlichte Verfassungsschutzbericht für den Zuständigkeitsbereich der Polizei Dortmund.

Mehr Straftaten, aber „grundsätzlich niedriges Niveau“ und höhere Aufklärungsquote

„Die politisch motivierte Kriminalität in Dortmund liegt im Vergleich zu den Vorjahren trotz der besonderen Herausforderungen wie z.B. des Nah-Ost-Konfliktes, des anhaltenden Ukraine-Krieges, aber auch die einer superdiversen Gesellschaft grundsätzlich auf einem niedrigen Niveau“, sucht Lange das Positive.

„Im vergangenen Jahr konnten wir nahezu in allen Phänomenbereichen unsere Aufklärungsquote nochmals erhöhen. Das zeigt mir, dass sich unsere Strategie zur Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität aus den letzten Jahren, insbesondere durch die Arbeit der Soko Rechts oder der Präsenzkonzeption Fokus, nachhaltig bewährt hat.

Ich erkenne aber auch, dass die Zahl der Straftaten im Bereich der politisch motivierten Kriminalität gestiegen ist.

Wir werden uns auf den bislang erzielten Teilerfolgen nicht ausruhen. Wir werden den Strafverfolgungsdruck und unsere Präsenz weiterhin hochhalten und den Kriminellen in dieser Stadt zusammen mit unseren Netzwerkpartnern auf den Füßen stehen.“

Antisemitismus entlädt sich seit dem 7. Oktober zusehens auf den Straßen

Antisemitische Straftaten konnte die Dortmunder Polizei im vergangenen Jahr durch die Einrichtung einer gesonderten Ermittlungskommission deutlich ins Hellfeld ziehen.

Einen nicht unerheblichen Anteil stellten juden- oder israelfeindliche Taten im Zusammenhang mit dem Konflikt in Israel dar, welche nicht der bekannten rechten Szene aus Dortmund zuzuordnen sind, so Lange.

Kurz nach dem brutalen Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel wurde im Polizeipräsidium Dortmund eine gesonderte Ermittlungskommission, die EK Nahost eingerichtet, die antisemitische Straften im Zusammenhang mit diesem Konflikt bearbeitet. Seit dem 7. Oktober 2023 wurden 99 Straftaten aus diesem Deliktsbereich in Dortmund gezählt und vier in Lünen.

„Antisemitismus – egal aus welcher Richtung – ist gerade vor dem Hintergrund unserer Geschichte eine Schande. Alle sind aufgefordert, einer solchen unerträglichen Entwicklung entgegenzutreten“,

betont der Dortmunder Polizeipräsident.

Neunmal so viele Straftaten mit religiös-ideologischem Hintergrund – Nur 11 Prozent aufgeklärt

Bei politisch motivierter Kriminalität mit dem Hintergrund religiöser Ideologien sind die angezeigten Straftaten von 2 auf 18 Taten hochgeschnellt, allesamt Sachbeschädigungen und Volksverhetzungen.

„Hierbei ist festzustellen, dass insbesondere Sachbeschädigungen (Graffitis) im Schutze der Dunkelheit und an wenig frequentierten Orten getätigt werden, was ein Zeugenaufkommen und/oder andere Täterhinweise gravierend erschwert“, versucht Lange die magere Aufklärungsquote von gerade mal 11 Prozent zu erklären.

Mehr als dreimal so viele Straftaten mit ausländisch-ideologischem Hintergrund

Die Zahl der angezeigten Straftaten mit dem Hintergrund ausländischer Ideologien stieg von 13 auf 42 Taten. Auch hier machen Sachbeschädigung und Volksverhetzung einen großen Anteil aus. Die Aufklärungsquote wurde von 15 % auf 26 % erhöht – heißt, dass immer noch drei von vier Täter davonkommen.

Der positive Trend hinsichtlich der Aufklärungsquote setzte sich ebenfalls im Bereich der politisch motivierten Straftaten mit sonstigen Ideologien fort. Hier stieg die Quote von 67 % auf 71 %. Es wurde ein Gewaltdelikt angezeigt, auch hier konnte die tatverdächtige Person ermittelt werden. Die Gesamtzahl der angezeigten Straftaten in diesem Bereich stieg leicht von 63 auf 66 Taten an.

Kriminalität von rechts: Rechte Szene zerschlagen – 5 Gewaltdelikte, alle aufgeklärt

Aufkleber gegen Rassismus / Quelle: Archiv RB

„Die organisierte rechte Szene in Dortmund ist zerschlagen“, vermeldet der Polizeipräsident. „Inzwischen handelt es sich nur noch um einzelne, nicht organisierte Rechtsextremisten.

2023 stagniert die Zahl der politisch motivierten Straftaten-Rechts mit 157 Taten auf dem Vorjahresniveau von 2022 (156). Im Vergleich zu den noch 441 Taten im Jahr 2015, dem Einrichtungsjahr der Sonderkommission Rechts, bedeutet dies einen Rückgang von über 64 %. Gleichzeitig konnte die Polizei Dortmund die Aufklärungsquote (AQ) in Phänomenbereich PMK-Rechts von 61 % auf 69 % steigern.

Hervorzuheben sei hier der Bereich der Gewaltdelikte in diesem Kriminalitätsfeld, in dem alle 5 Straftaten aufgeklärt werden konnten. 2015 waren es noch 50 Gewaltdelikte.

Eine Aufklärungsquote von 100 % im Jahre 2023 ist für Lang gleichzeitig „eine Botschaft„: „Mehr als 100 Verurteilungen sind seit 2015 erwirkt worden, mehr als 35 Jahre Haft und über 60.000 Euro Geldstrafen haben Gerichte aufgrund der Ermittlungen der Soko „Rechts“ ausgesprochen.“

Gregor Lange begrüßte die hohe Aufklärungsquote:

„Gewaltbereite Rechtsextremisten und Demokratiefeinde spüren in Dortmund einen permanent hohen Strafverfolgungsdruck. Im Jahr 2023 haben wir rund 20 Haftbefehle gegen Rechtsextremisten erwirken können. Diese Entwicklung haben wir über Jahre hinweg mit erheblichen Anstrengungen in allen Direktionen vorbereitet und nun sehen wir eine kaum mehr existente rechte Szene in Dortmund.

Ich warne allerdings vor den zunehmenden Gefahren aus dem Raum einer rechtspopulistischen bzw. rechtsextremistischen Partei, die gemeinsam mit anderen rechtsextremen Personen und Gruppen permanent versucht, Hass zu schüren, die Gesellschaft zu spalten und den Staat und seine Einrichtungen zu delegitimieren. Hier sehe ich derzeit die größte Gefahr.“

Kriminalität von links: Mehr Straftaten, Aufklärungsquote mehr als halbiert

Auch linksextremistische Kriminalität hat, dem Landestrend folgend, in Dortmund zugenommen, von 52 auf 60 Straftaten. Zugleich hat sich die Aufklärungsquote mehr als halbiert, von 67 auf 27 %.

Erklärungsversuch des Polizeipräsidenten: „Da ca. zwei Drittel der angezeigten Straftaten den Sachbeschädigungen zuzuordnen sind und diese meist unter Ausschluss von Zeugen begangen werden, gibt es in diesem Bereich selten Ermittlungsansätze.“ Bei den links motivierten Gewalttaten liege die Aufklärungsquote bei 75 Prozent.

2 KOMMENTARE

  1. Jaja der Lange, der verdreht die Zahlen schon seit Jahren ins Gegenteil. Antisemitische Straftaten werden ganz sicher nicht von „afdlern“ begangen, sondern von einer ganz anderen Gruppe der „hier lebenden“. Würde man jetzt schreiben welche, wäre das mit §130 strafbar. Naja, so denkt sich jeder seinen Teil

  2. Als SPDler sollte man sich zuerst an die eigene Nase packen, gehört man doch damit einer Partei an, deren Gesetze und Gesetzesvorhaben deutlich häufiger vom Bundesverfassungsgericht wegen Verfassungswidrigkeit gekippt werden als die der anderen Parteien.
    Und was deren Verständnis von Meinungsfreiheit angeht, dazu kann man sehr Erhellendes in der Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichtes im Urteil zum Fall Innenministerium gegen Reichelt lesen.

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