Eltern in Sorge nach Amok-Fehlalarm am GSG: Sicherheitsabläufe „griffen in einigen Klassen gar nicht – Teils erschreckende Sorglosigkeit“

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Geschwister-Scholl-Gymnasium Unna (GSG). Foto RB


Am Geschwister-Scholl-Gymnasium (GSG) in Unna-Königsborn löste am Mittwoch (17. Januar) in der dritten Stunde der Amok-Alarm aus.

Zum Glück war es ein Fehlalarm. Bis das Signal nach langen Minuten verstummte, habe jedoch in der Schule teils besorgniserregende Sorglosigkeit geherrscht, berichteten unserer Redaktion seit Mittwochnachmittag verschiedene Eltern in mehreren Meldungen:

Während der Umgang mit dieser potenziell lebensgefährlichen Situation und die Abläufe in einigen Klassen und Stufen sehr gut funktioniert hätten, sollen sie in anderen Klassen nur mangelhaft und in einem Fall „überhaupt nicht gegriffen“ haben.

So berichteten uns Eltern unabhängig voneinander von Schilderungen der Kinder, wonach unmittelbar nach dem Alarm Lehrer auf den Schulfluren herumgelaufen seien, um sich auszutauschen.

Andere hätten ihren Unterricht fortgesetzt, als sei nichts geschehen, in einem uns berichteten Fall trotz Hinweisen der Schüler, dass möglicherweise Gefahr im Verzug sei. In einem Fall soll eine Klasse in ihrem Raum eingeschlossen worden sein, ohne dass eine Lehrkraft mit im Raum verblieb.

„Uns als Eltern und auch den Kindern macht es große Angst, wenn solche lebenswichtigen Sicherheitsabläufe nicht richtig funktionieren“,

kritisieren Eltern gegenüber unserer Redaktion. Berichtet wurde von Kindern, die aufgrund der teils inkonsequenten Umsetzung „Todesangst hatten und sehr verstört waren“.

Eine Großmutter einer GSG-Schülerin berichtete, dass es in der Elterngruppe ihrer Enkelin nach diesem Vorfall „heiß hergangen“ sei.

Eine weitere Elternmeinung gegenüber unserer Redaktion:

„Verhaltensregeln im Falle eines Amokalarms gibt es aufgrund früherer Ereignisse und Erfahrungen aus gutem Grund. Wir erwarten, dass diese allen Verantwortlichen bekannt sind und auch so greifen – im Zweifelsfall sind diese entscheidend über den Ausgang einer solchen Situation, wenn es es eben kein Fehlalarm ist.

Während sich viele Schülern aus der konkreten Alarmsituation heraus sofort per Handy bei ihren Eltern gemeldet hatten, sei eine schulische Information zu den Ereignissen erst im weiteren Verlauf des Tages durch Elternvertreter erfolgt. Im Nachgang dieser Information vermisse man seitdem die weitere Kommunikation der Schulleitung und insbesondere die unmittelbaren und deutlichen Signale, dass die GSG-Leitung die Mängel im Sicherheitssystem erkannt habe – und wie sie konkret und zügig Abhilfe schaffen wolle.

In besagtem, durch die Schulpflegschaft verbreiteten Schreiben informierte Schulleiterin Stephanie Friske die Eltern am frühen Mittwochnachmittag über den Amok-Fehlalarm in der dritten Stunde:

„Die Anlage hat versehentlich ausgelöst. Da dies nicht sofort allen offenkundig war, hat eine Kollegin vorsorglich und richtigerweise die Polizei informiert. Diese wurde aber sofort im Anschluss ebenfalls telefonisch vom Hausmeister darüber informiert, dass es sich um einen Fehlalarm handelt.

Dennoch waren zwei Polizisten vor Ort, um die Lage zu besprechen. Diese haben zusammen mit Herrn Austermann, der sofort über die Durchsageanlage Entwarnung gegeben hatte, alle Klassen persönlich aufgesucht und informiert, dass keine Gefahrenlage besteht.

Ich selbst war im Unterricht und habe mit der Klasse im Anschluss den Rest der Doppelstunde über die Situation gesprochen, Handlungsempfehlungen abgewogen usw., so dass die Klasse sich gut informiert fühlte und beruhigt in die Pause gegangen ist. Ich bin überzeugt, dass viele Kolleginnen und Kollegen das ähnlich gehandhabt haben, spätestens nach dem Auftreten von Herrn Austermann mit den Polizisten.

Wenn weiterer Gesprächsbedarf bei Schülerinnen und Schülern oder Eltern besteht oder Unsicherheiten und Ängste auftreten, können sie sich gerne bei der Schulleitung oder bei dem Beratungsteam melden oder sich ihren Lehrkräften anvertrauen. Wir sind sehr froh, dass es sich nicht um einen Ernstfall gehandelt hat.“

Schulleitung: Reaktionen von Lehrkräften und Schülern entsprachen laut Polizei den Regeln

Auf schriftliche Bitte unserer Redaktion um eine Stellungnahme zur Kritik aus der Elternschaft schickten uns die Schulleiterin am Freitagnachmittag, 19. Januar, folgende Mail:

„Vielen Dank für Ihre Anfrage, die ich hiermit gerne beantworte.

Ja, es gab am Mittwoch, 17.01.24, einen Amokalarmton am Schulzentrum Nord, der in beiden Schulen des Gebäudes (Werner-von-Siemens-Gesamtschule Königsborn und Geschwister-Scholl-Gymnasium) zu hören war. Ursache war ein technischer Defekt.

Die Reaktionen von Lehrkräften und Schülerinnen und Schülern entsprachen laut Aussage der Polizei den Regeln für den Schutz der in der Schule befindlichen Personen. Die Polizei hat die Situation schnell auflösen können.

Die Information der Eltern über den Defekt und über Angebote zur Aufarbeitung der Geschehnisse in den Klassen und in Einzelgesprächen erfolgten selbstverständlich am selben Mittag und wurden am Folgetag auch wahrgenommen.

Es gab intensive Gespräche mit den Schülerinnen und Schülern sowie von Seiten der Schulleitung mit einigen Eltern. Fragen wurden beantwortet und Handlungsoptionen sowie Präventivmaßnahmen durch ein gutes soziales Miteinander besprochen.

Dennoch nehmen wir als Schulleitung und Kollegium diese Situation zum Anlass, aus der Erfahrung noch mehr Handlungssicherheit für die Zukunft zu gewinnen und das System zu optimieren.

Dazu gehört die technische Ertüchtigung der defekten Anlage ebenso wie die noch praxisorientiertere Schulung und zeitlich noch enger getaktete Fortbildung der Lehrkräfte oder die am Zeugnistermin anstehende Verteilung eines Informationsblattes zum Verhalten im Notfall für Elternhäuser.“

2 KOMMENTARE

  1. Und was noch schlimmer ist, als manche Kinder haben vorsichtig versucht mit dem Handy rauszufinden wie die Lage ist, wurden die Nachhinein von manchen Lehrern gemobbt.. Nach der Motto, sie fühlten sich beobachtet, gefilmt usw. Aber das die Kinder versuchten nur irgendwie sich zu helfen, wird nicht beachtet… Sogar umgekehrt, die Puschen und Spielen sich auf, als ob es um irgendwelche Stars, die von Paparazzi belagert wurden. 8ch bin froh, das der Alarm falsch war, und den Kindern nichts passiert ist, aber gegen diese, aufspielende Lehrer, die sich jetzt auf Kosten von Kindern wichtig machen wollen, würde ich gerne gerichtlich vorgehen.

    • Natürlich kann man Abläufe für den sehr seltenen Fall eines unkontrollierbaren Amoklaufes einüben. Wie schnell allerdings Schüler und Eltern bei einem Fehlalarm in eine Todespanik geraten, ist beängstigend. Sie schildern den Vorfall so, als wenn sie einen echten Amoklauf überlebt haben.

      „Berichtet wurde von Kindern, die aufgrund der teils inkonsequenten Umsetzung „Todesangst hatten und sehr verstört waren“.“

      Fast 30 % der Erwachsenen und 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland erkranken innerhalb eines Jahres an einer psychischen Störung. Häufigste Störungen sind Angststörungen, depressive, hyperkinetische sowie dissoziale Störungen.

      Die Zahlen haben sich zusätzlich massiv erhöht, nachdem ca. 2 Jahre lang Millionen Menschen den ganzen Alltag täglich ihrer Todespanik unterworfen haben. Das öffentliche Strategiepapier der Regierung beschrieb genau, wie man vor allem Kinder für einen längeren Zeitraum in eine „Dauerpanik“ versetzt.

      So etwas zieht man nicht so lange Zeit durch, ohne das es grundsätzliche Angststörungen in großen Teilen der Bevölkerung hinterläßt.

      Die Reaktion der Eltern, als der Bundesgesundheitsminister und der Chef des RKI eingestanden haben, das der große Teil dieser langjährigen Angstmaßnahmen in Schulen und Kitas „unnötig“ war: Schweigen!

      Bei einer kurzen Verunsicherung wegen dem Fehlalarm eines nicht stattgefundenen Amoklaufes kommt dann die große Empörung.

      Für Schulen und Kitas gibt es übrigens professionelle Beratungsangebote, um sich vor den ausufernden hyperventilierenden Whatsappgruppen im Hintergrund etwas zu schützen. Irgendeiner setzt dort Abends etwas rein und wenn man Morgens ahnungslos zur Arbeit kommt, hat sich schon über Nacht eine Geschichte unkontrolliert hochgeschaukelt die man kaum noch einfangen kann.

      (Der große Teil der überwiegend smartphonabhängigen Jugend wächst heute schon aus dem Kindesalter heraus mit Smartphone und Zugriff auf alle möglichen brutalen und extremen Sachen auf, die es früher nicht einmal in der Schmuddelecke der 18+ Videothek gab.)

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