Antrag auf Verpackungssteuer beschert Unnas Grünen die erste Niederlage dieser Ratsperiode

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Symbolbilder, Quelle Pixabay

50 Cent obendrauf für jede Einwegverpackung, 20 Cent obendrauf für jedes Einwegbesteck. Bald auch in Unna?

Nein.

Um Verpackungsmüll zu vermeiden, hatten Unnas Grüne eine neue Steuer für die Kreisstadt vorgeschlagen und dazu einen Antrag für den Stadtrat formuliert: Dieser sollte die Verwaltung beauftragen, die Einführung einer Verpackungssteuer zu prüfen.

Doch im Haupt- und Finanzausschuss am 17. August 2023 mussten die dank ihrer grünschwarzen Abstimmungsgemeinschaft erfolgsverwöhnten Grünen erstmals in dieser Ratsperiode eine krachende Niederlage einstecken.

Keine Partei außer ihr selbst möchte in Unna eine solche Steuer oder anderweitige Abgabe auf Verpackungen einführen, auch der sonst treu ergebene Grünenpartner CDU nicht, die sich bei diesem Thema plötzlich mit größter Entschiedenheit dem NEIN der SPD anschloss und ihrem Projektpartner einhellig die Gefolgschaft verweigerte.

Für die Sozialdemokraten verkündete Ratsherr Michael Tietze, man werde eine Verpackungssteuer „weder prüfen noch umsetzen“ lassen. Denn:

„Es ist doch klar, wo diese Steuer hingeht! Die wird direkt auf die Verbraucher umgelegt!“

Überdies sei so etwas „nur sinnig, wenn es auch kontrolliert wird“, hub Tietze an und fand damit neben den eifrig nickenden Christdemokraten auch bei allen anderen Fraktionen uneingeschränkte Zustimmung.

Vergeblich bemühte sich Grünen-Chefin Claudia Keuchel, von ihrem in der Luft zerrissenen Antrag wenigstens noch das Rumpfgerüst zu retten: Es müsse ja keine „Steuer“ sein, bot sie an, „wir können uns auch auf andere geeignete Maßnahmen einigen.“ Da sei ihre Fraktion gesprächsbereit.

Andere „geeignete Maßnahmen“ wären Freiwilligkeit, entgegnete ihr jedoch Bürgermeister Dirk Wigant ins allgemeine zustimmende Kopfnicken der anderen Fraktionen hinein, und absurd wurde der Schlagabtausch schließlich bei Keuchels Vorschlag, die Verwaltung möge dann eben solche „freiwilligen Maßnahmen prüfen“. Mahnend hub Keuchel an:

„Ich glaube, das sollte etwas sein, was uns alle interessiert!“

Doch das war es nicht.

Der moralische Zeigefinger richtete diesmal nichts aus, so dass es eine Unnaer Verpackungssteuer auf Wegwerfverpackungen auch künftig nicht geben wird.

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Die Grünen hatten ihr Begehr wie folgt erläutert (hier wörtlich wiedergegeben):

„Steigende Mengen von achtlos weggeworfenem Verpackungsmüll belasten zunehmend unsere Umwelt und verschandeln das Stadtbild.

Ein Großteil der Verpackungen von gastronomischen Angeboten wird nach kurzem einmaligem Gebrauch weggeworfen und landet bestenfalls im Mülleimer, häufig aber auch in der Natur oder im Stadtraum.

Das Aufsammeln und Entsorgen des Unrats bindet insbesondere bei den Stadtbetrieben wertvolle Kapazitäten, die anderweitig sinnvoller nutzbar wären und erzeugen unnötige Kosten, die von der Allgemeinheit getragen werden müssen.

Als Steuerungsfunktion bietet eine Verpackungssteuer den Anreiz, alternative, umweltfreundlichere Verpackungsmethoden zu verwenden und Mehrweglösungen zu unterstützen.

Dies würde zu einer nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Produktpalette führen, die die Kreislaufwirtschaft fördert und am Ende wieder zu Einsparungen führt.

In Anbetracht der drängenden Umweltprobleme, die mit dem steigenden Verpackungsmüll einhergehen und der zudem das Erscheinungsbild der Stadt beeinträchtigt, ist es sinnvoll, dass die Stadtverwaltung aktiv Maßnahmen ergreift, um dem entgegenzuwirken. Die Einführung einer Verpackungssteuer ist ein wirksames Instrument, um den Verbrauch von Verpackungsmaterialien zu reduzieren und damit den Schutz unserer Umwelt und damit auch des Stadtbilds zu verbessern.“

Die Grünen erinnern an die Stadtverwaltung an ihre Selbstverpflichtung:

„Im einstimmig beschlossenen Integrierten Klimaschutzkonzept hat sich die Stadtverwaltung bereits selbst auferlegt, Mehrwegalternativen bei städtischen Veranstaltungen anzubieten und zu fördern.

Eine Abgabe auf Einwegverpackungen bietet hier eine sinnvolle Ergänzung, um das Stadtbild langfristig zu verschönern, die Umwelt zu schonen und ökonomische Vorteile zu generieren.“

Die Erarbeitung einer entsprechenden Satzung könne in Anlehnung an die Stadt Tübingen erfolgen. Hier habe das Bundesverwaltungsgericht in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass die Erhebung einer Verpackungssteuer rechtmäßig sei, argumentieren die Grünen.

In dem erwähnten Urteil des Bundesverwaltungsgerichts heißt es dazu wörtlich:

„Seit Januar 2022 gilt in Tübingen materialunabhängig eine Steuer auf Einwegverpackungen. Damit sollen Einnahmen für den städtischen Haushalt erzielt, die Verunreinigung des Stadtbilds durch im öffentlichen Raum entsorgte Verpackungen verringert und ein Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen gesetzt werden.

Besteuert werden Einwegverpackungen, -geschirr und -besteck, „sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden“.

Die Steuer beträgt für jede Einwegverpackung 0,50 Euro, für jedes Einwegbesteck(-set) 0,20 Euro. Der Steuersatz pro Einzelmahlzeit ist auf maximal 1,50 Euro begrenzt.

Die Antragstellerin, Inhaberin eines Schnellrestaurants im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, stellte gegen die Satzung einen Normenkontrollantrag, der vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg Erfolg hatte. Der VGH erklärte die Satzung insgesamt für unwirksam und begründete dies mit der fehlenden Örtlichkeit der Steuer, ihrer Unvereinbarkeit mit dem Bundesabfallrecht sowie der mangelnden Vollzugstauglichkeit der Obergrenze der Besteuerung.

Auf die Revision der Antragsgegnerin hat das Bundesverwaltungsgericht die kommunale Steuer für überwiegend rechtmäßig erklärt.

Entgegen der Ansicht der Vorinstanz handelt es sich bei der Verpackungssteuer um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinn des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für deren Einführung die Stadt Tübingen zuständig war. Bei den zum unmittelbaren Verzehr, sei es an Ort und Stelle oder als „take-away“, verkauften Speisen und Getränken ist der Steuertatbestand so begrenzt, dass ihr Konsum – und damit der Verbrauch der zugehörigen Verpackungen – bei typisierender Betrachtung innerhalb des Gemeindegebiets stattfindet. Damit ist der örtliche Charakter der Steuer hinreichend gewahrt.

Die kommunale Verpackungssteuer steht als Lenkungssteuer auch nicht im Widerspruch zum Abfallrecht des Bundes. Sie bezweckt die Vermeidung von Verpackungsabfall im Stadtgebiet und verfolgt damit auf lokaler Ebene kein gegenläufiges, sondern dasselbe Ziel wie der Unions- und der Bundesgesetzgeber.

Die Abfallvermeidung steht in der Abfallhierarchie an oberster Stelle, wie sich aus der EU-Verpackungsrichtlinie, der EU-Einwegkunststoffrichtlinie, dem Kreislaufwirtschaftsgesetz und dem Verpackungsgesetz ergibt; erst danach folgen Wiederverwendung, Verwertung und Beseitigung des Abfalls.

Kommunale Steuern, die Einwegverpackungen verteuern, werden durch die verschiedenen unions- und bundesrechtlichen Vorgaben zum Abfallrecht nicht ausgeschlossen. Soweit das Bundesverfassungsgericht vor 25 Jahren seine gegenteilige Ansicht zur damaligen Kasseler Verpackungssteuer auf ein abfallrechtliches „Kooperationsprinzip“ gestützt hat (BVerfG, Urteil vom 7. Mai 1998 – 2 BvR 1991/95 u.a. – BVerfGE 98, 106 <117 ff.>), lässt sich ein solches dem heutigen Abfallrecht nur noch in – hier nicht maßgeblichen – Ansätzen entnehmen.“

5 KOMMENTARE

  1. Donnerwetter, eine Sternstunde in der bisherigen Amtsperiode.
    Haben doch alle Parteien diesmal rational und mit Verstand, außer natürlich den Grünen, abgestimmt.
    Noch mehr Verbote, Gängelung und Bürokratie können die Bürger nämlich nicht mehr verkraften.

  2. Die Grünen und Abfall…
    Das sind doch die, denen wir Trittins Flaschenpfanddesaster zu verdanken haben.
    Einwegplastikflaschen mit Pfand verdrängten damals (und bis heute) viele Mehrwegpfandglasflaschen.
    Und danke auch, daß wir jetzt dysfunktionale Pappstrohhalme in Plastikumverpackung nutzen dürfen statt funktionaler Plastikstrohhalme in Papierumverpackung.
    Ein Gewinn für die Umwelt und die Abfallmenge sondergleichen.
    Dafür kann man dann wieder ein paar Wälder abholzen, um ein paar tausend Tonnen Stahlbeton für Windmühlen in den Boden zu bringen und für sie Zuwegungen anzulegen.
    Diese arbeiten dann mit jämmerlichem Wirkungsgrad solange profitabel, solange sie vom Steuerzahler alimentiert werden. Und wenn kein Wind weht, brauchen sie viel Strom.
    Ich würde denen ja raten, sich mal auf ihre Kernkompetenzen zu besinnen, aber mir fällt einfach keine ein.

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