Integrationsrat Unna fordert politischen Einsatz für die Reform des Staatsbürgerschaftsrechts

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Archivbild Integration, Interkulturelles Fest in Unna - Quelle S. Rinke

Die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts sollen die Bundestagsabgeordneten für den Wahlkreis Unna I aktiv unterstützen. Dazu fordert sie der Integrationsrat Unna auf.

Einen entsprechenden Antrag hat die BUNte Internationale Liste im Integrationsrat gestellt.

„Als politische Vertretung der Menschen mit internationaler Familiengeschichte und Fachgremium für Potenzialorientierung, Chancengerechtigkeit, Antirassismus und Integration in der Kreisstadt Unna unterstützt der Integrationsrat die geplante Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes der Regierungskoalition.

Begründung:

Die Umsetzung der Reform würde die Rahmenbedingungen für die Einbürgerung erleichtern und somit die Teilhabemöglichkeiten der politischen Mitbestimmung sowie in vielen anderen Lebensbereichen vor Ort in der Kreisstadt Unna erheblich verbessern.

Damit ginge auch eine erhöhte Identifikation mit der Bundesrepublik Deutschland einher.

Darüber hinaus würde die angestrebte generelle Hinnahme von Mehrstaatigkeit den Lebensrealitäten und bikulturellen Identitäten der Menschen mit internationaler Familiengeschichte gerecht werden und Ungleichbehandlungen bei der Einbürgerung beseitigen.“

In dem Schreiben an die Wahlkreisabgeordnetem heißt es im Wortlaut:

Unterstützung der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts

Vor kurzem hat die Regierungskoalition des Bundestages den Entwurf eines Gesetzes zur
Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in den Bundestag eingebracht. Als demokratische
Vertretung der Menschen mit internationaler Familiengeschichte und Fachgremium für
Chancengerechtigkeit und Integration ist es dem Integrationsrat der Kreisstadt Unna ein besonderes
Anliegen, dass die dringend notwendige Novellierung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zeitnah
umgesetzt wird. Ich bitte Sie daher recht herzlich, sich im Sinne der Einwohnerinnen und Einwohner
unserer Kommune für die Modernisierung des Gesetzes im Bundestag einzusetzen.

Für die Pläne der Regierungskoalition spricht eine angemessene Erweiterung der Teilhabemöglichkeiten
derjenigen, die seit Jahrzehnten ohne deutschen Pass in Deutschland leben, Kinder großziehen, arbeiten,
Steuern zahlen und sich häufig auch ehrenamtlich für unsere Gesellschaft engagieren.

Ein Großteil der Menschen mit internationaler Familiengeschichte ist schon längst integriert und identifiziert sich mit der
Bundesrepublik Deutschland, der deutschen Sprache und Kultur. Dennoch sind diese Menschen in
einigen Bereichen von Mitbestimmung und Teilhabe ausgeschlossen
. So klafft eine immense Lücke
zwischen Wohn- und Wahlbevölkerung.

Viele Einwohner mit ausländischer Staatsangehörigkeit sind vom aktiven und passiven Wahlrecht ausgeschlossen und können nicht einmal auf kommunaler Ebene Einfluss auf die eigenen Lebensbedingungen nehmen. Dies ist nicht nur für die Betroffenen
nachteilig, sondern ein großer Verlust für unserer Demokratie!

Eine deutsche Staatsangehörigkeit ermöglicht darüber hinaus nachweislich auch bessere
Partizipationsmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt, auf dem Wohnungsmarkt sowie in den Bereichen
Schule und Bildung
. Zudem verstärkt ein besserer Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit auch den
Einbürgerungswillen und das Zugehörigkeitsgefühl zum deutschen Staat.

Die Hinnahme von Mehrstaatigkeit begrüßt der Integrationsrat der Kreisstadt Unna eindeutig, trägt sie
doch der Identifikation vieler Menschen mit internationaler Familiengeschichte mit Deutschland und der
Herkunftskultur bzw. den Herkunftsland Rechnung. Mehrere Millionen Menschen in Deutschland
verfügen bereits über eine sogenannte Doppelte Staatsbürgerschaft, denn es erfolgen etwa 69 % der
Einbürgerungen ohnehin unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit. Dass dies nicht allen
Einbürgerungswilligen zugestanden wird, widerspricht dem Geiste unseres Grundgesetzes, vor dem alle
Menschen gleich zu behandeln sind. Mehr noch kommt die Bedingung, die Staatsangehörigkeit des
Herkunftslandes bei der Einbürgerung abzulegen, einer Verleugnung der Person gleich und widerspricht
der Wahrung ihrer Menschenwürde.

Die Anerkennung der bikulturellen Identitäten der Menschen mit internationaler Familiengeschichte ist
darüber hinaus ein probates Mittel gegen rassistische Ideologien von Ungleichwertigkeit. Deutschland
ist seit langem ein Einwanderungsland, dessen geistiger Reichtum sich aus einer Vielzahl kultureller
Einflüsse speist. Die sogenannte Doppelte Staatsbürgerschaft birgt das Potenzial, die ethnisch vielfältige
deutsche Bevölkerung zu vereinen.

Des Weiteren kann das Bedürfnis, die Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes nicht aufzugeben, durchaus auch pragmatische Gründe haben. So sind Fragen des Besitz- oder Erbrechtes oder auch des Rentenanspruchs vielfach an die Staatsangehörigkeit gekoppelt.

Daher ist die Aufgabe der Staatsangehörigkeit des Herkunftslandes für viele Menschen problematisch.

Argumente, nach denen mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts eine Entwertung der deutschen Staatsangehörigkeit mit sich bringt, sind populistischer und rassistischer Natur.

Denn auch bei einer Novellierung des Gesetzes müssen bestimmte Gegebenheiten seitens der Einbürgerungswilligen erfüllt
sein, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu erlangen. Mit Ausnahme von Seniorinnen und Senioren, die
aus verschiedenen Gründen keine Gelegenheit hatten, die deutsche Sprache zu erlernen, und die
altersbedingt kognitiv nicht hierzu in der Lage sind, gehören gute Sprachkenntnisse zur Voraussetzung
einer Einbürgerung.
Auch ist mit der deutschen Staatsbürgerschaft kein „Einschleichen“ in die
Sozialsysteme möglich. Zum einen sind Sozialleistungen mitnichten an die deutsche Staatsangehörigkeit
gekoppelt, zum anderen besteht die Voraussetzung, den eignen Lebensunterhalt zu bestreiten, auch bei
einer Novellierung fort.

In diesem Sinne bittet der Integrationsrat der Kreisstadt Unna im Namen der Einwohnerinnen und
Einwohner mit internationaler Familiengeschichte Sie eindringlich darum, die genannten Punkte bei der
Behandlung des Gesetzentwurfes zu berücksichtigen. Damit handeln Sie nicht nur im Interesse der
Menschen, denen eine erleichterte Einbürgerung unter Hinnahme von Mehrstaatigkeit zugutekäme,
sondern stärken zugleich unseren demokratischen Rechtsstaat, das friedliche gleichberechtigte
Zusammenleben in einer Gesellschaft, die von einer vielfältigen deutschen Bevölkerung mit vielfältigen
Potenzialen und Perspektiven bereichert wird – kulturell wie auch wirtschaftlich.

Mit freundlichen Grüßen
Integrationsrat der Kreisstadt Unna
Vorsitzende
Ksenija Sakelšek

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