Streit ums Unnaer Parkkonzept: Auf Nachfrage äußert sich jetzt auch der Bürgermeister

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Bürgermeister Dirk Wigant (CDU) beim Drahteselmarkt im Mai auf einem Lastenrad - eins will er jetzt für seine Verwaltung als Dienstfahrzeug anschaffen und damit, so sagt er, den Bürgern mit gutem Beispiel voran gehen. (Foto Stadt Unna)

100 Innenstadtparkplätze weniger und deutlich höhere Gebühren, damit die autofahrenden Besucher und auch Innenstadtbewohner möglichst zahlreich in die Parkhäuser und Tiefgaragen fahren.

Seit nun zwei Wochen sorgt der städtische Entwurf für ein neues Parkraumkonzept in der Unnaer Innenstadt für heftige kontroverse Diskussionen, sowohl in der Öffentlichkeit als auch in politischen Stellungnahmen der Ratsfraktionen.

Spät hat sich als letzte der im Rat vertretenen Fraktionen Ende voriger Woche die CDU zu den von ihr (zusammen mit den Grünen) in Auftrag gegebenen Ideen geäußert. Sie verteidigt das Konzept, verspricht sich wie ihr Grüner Abstimmungspartner eine deutlich gesteigerte Aufenthaltsqualität und schlägt als höheren Anreiz für die Tiefgaragen und Parkhäuser dort gleichbleibende Gebühren bei einer gleichzeitigen Verteuerung der Außenstellplätze auf 2,50 Euro pro Stunde vor.

Ebenfalls geschwiegen hat bisher Bürgermeister Dirk Wigant, CDU zu der erregten Parkdebatte. Es blieb dem Beigeordneten Markus von der Heide überlassen, die Vorschläge aus dem Rathaus zu erläutern und für ihre Umsetzung zu werben.

Unsere Redaktion stellte daher am Mittwoch folgende schriftliche Anfrage ans Bürgermeisterbüro:

„Unsere Redaktion erreichen zahlreiche Beschwerden von Innenstadtbewohnern aufgrund des gesperrten Schulstraßenparkplatzes und aufgrund der Ankündigungen, dass weitere Parkplätze wegfallen werden. Zudem hat sich gestern Abend im FSO zum zweiten Mal in kurzer Zeit äußerst deutlich der Vorsitzende des City-Werberings Unna mit Kritik geäußert.

Wir bitten um eine Stellungnahme des Bürgermeisters zu dem bisherigen Vorgehen und zu der Kritik von zahlreichen Seiten an dem Konzept. Insbesondere auf dem Hintergrund, dass im Bürgermeisterwahlkampf betont wurde, alle Verkehrsteilnehmer und -mittel gleichrangig zu behandeln.

Dirk Wigant erklärte uns dazu am Freitag schriftlich:

„Das Konzept, wo und wie künftig Parken in Unna möglich sein soll, ist ein Baustein des Mobilitätskonzeptes, mit dem in Unna die Verkehrswende eingeleitet werden soll.

Im Herbst 2023 soll das fertige Mobilitätskonzept durch den Rat der Kreisstadt Unna beschlossen werden. Bis dahin können die Bürgerinnen und Bürger, lokale Akteure und die politischen Parteien ihre Ideen zur künftigen Mobilität in Unna einbringen.

Durch die eingegangenen Anträge der großen Fraktionen hat die Verwaltung aber jetzt schon den Auftrag erhalten, die von der Politik eingebrachten Vorschläge auf deren Umsetzungsmöglichkeit zu überprüfen. Da das Mobilitätskonzept noch ergebnisoffen ist, steht dies nicht im Konflikt damit.

Mit dem Entwurf des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes wurde ein Katalog dessen erstellt, was im Rahmen der rechtlichen Vorgaben und in Abwägung aller örtlichen Faktoren möglich wäre.

Aus diesem „Baukasten“, der auch Vorschläge enthält, die bereits in früheren Jahren von neutraler Seite gemacht wurden, soll jetzt in einem gemeinsamen Prozess mit der Politik und Interessensgruppen diskutiert werden, was realisiert werden soll.“

  • Anmerkung der Redaktion: Die Aussage „bis zum Herbst 2023“ widerspricht beim Parkraumkonzept der Erwartung, die Wigants Beigeordneter Markus von der Heide mehrmals öffentlich geäußert hat: Demnach wollte die Verwaltung bereits bis zum 30. Mai 2023 eine beschlussfähige Vorlage erstellen. Diese knappe Zeitvorgabe verwiesen im Fachausschuss FSO die Vertreter von SPD und WfU verärgert ins Reich der „Träume“ (SPD-Ratsherr Michael Tietze) und forderten eine transparente Einbindung aller relevanten Akteure inklusive Bürgerbeteiligung ein.

In einem Rundblick-Interview im Bürgermeisterwahlkampf 2020 hatte sich der damalige CDU-Kandidat und städtische Beigeordnete für Ordnung und Sicherheit zu seinen Vorstellungen zur Verkehrspolitik wie folgt geäußert:

Ich schreibe niemandem vor, ob er Rad oder Auto zu fahren hat, den Bus nimmt oder zu Fuß geht. Ich persönlich fahre viel Fahrrad, etwa auch zur Arbeit. Daneben bin ich aber auch Fußgänger (mit einem kleinen Kind an meiner Seite) und Autofahrer, manchmal auch Bus- oder Bahnfahrer. Ich möchte keine Verkehrsart gegen eine andere ausspielen oder priorisieren und niemanden bevormunden, sondern Anreize schaffen. Man muss selbst entscheiden können. Als Vorbild sehe ich hier die Niederlande, wo Verkehrsarten konsequent und sicher baulich voneinander getrennt sind. Dann fährt man auch gerne Rad. In Unna fehlt ein zeitgemäßes Mobilitätskonzept, das mit Anreizen statt Verboten arbeitet. Gerade bei einem so wichtigen Thema kommt aber wieder mein Grundansatz zur Geltung: Wir müssen mit den Bürgerinnen und Bürgern entscheiden, nicht über sie! Ich will einen neuen Masterplan Mobilität. Er löst unseren 30 Jahre alten Verkehrsentwicklungsplan ab und wird in regelmäßigen Dialogveranstaltungen und Workshops mit den Bürgerinnen und Bürgern, bei denen alle Verkehrsarten ohne einseitige Bevorzugungen berücksichtigt werden, zeitgemäß entwickelt. …. Auch Stauvermeidung ist lokaler Klima- und Umweltschutz! Wichtige Entlastungsstraßen wie die Westtangente/OWIIIa müssen deshalb jetzt endlich gebaut werden!

3 KOMMENTARE

  1. Wie in der gesamten Politik üblich, sind die Kandidaten erstmal gewählt, leiden sie an Amnesie
    was ihre Wahlversprechen betrifft. da wundern sich die Politiker, dass keiner mehr wählen geht.
    Dann wird uns vorgegaukelt, dass die Ideen von der Politik kommen aber mittlerweile wird jedes Konzept von einer Ideenschmiede entwickelt, welch in einer anderen Stadt oder in einem anderen Bundesland sitzt.
    Das Geld welches diese Unternehmen bekommen währe in den betroffenen Gemeinden besser aufgehoben.
    Wenn für ein Reallabor 70000,-€ locker gemacht werden und unsere Jugend in der eigenen Stadt keine Anlaufstellen hat um sich zu treffen finde ich das schon etwas besorgniserregend
    Aber es war ja schon immer leicht, dass Geld anderer auszugeben.
    Für was bitte haben wir eine Kommunalpolitik, wenn Ideen von anderen entwickelt werden.
    Die Krönung dessen war ja wohl die Restaurierung der Gorch Fock im letzten Jahr.
    Dieses zwar auf Bundesebene, aber die Kommunalpolitik hat davon ja wohl gelernt.
    Der Fachkräftemangel ist weiter verbreitet als wir denken.

  2. „Ich will einen neuen Masterplan Mobilität. Er löst unseren 30 Jahre alten Verkehrsentwicklungsplan ab…..“

    Er liegt seit zwei Jahren vor und sollte beim Namen genannt werden:
    Das weltweit stark kritisierte „Smartcitykonzept“. Ein digital überwachtes Ghetto mit stark eingeschränkter Mobilität.
    In einem Kommentar unter folgendem Artikel ausführlicher erläutert:

    https://rundblick-unna.de/2023/03/29/buergersprechstunde-fuer-gartenvorstadt-und-mitte-noch-ideen-fuer-ex-parkplatz-schulstrasse-gesucht/

  3. Geschwafel das den Eindruck erweckt das linke und rechte Hand nicht wissen was sie tun. Oder, wie H. Heilek schon in seinem Kommentar anmerkt, scheint Gedächtnisverlust wohl die neue Krankheit der Politik zu sein.
    Leider zitiere ich wieder. RB Unna 21.1.2023 zum Mobilitätskonzept. „Dazu sollen es verschiedene Beteiligungsformate geben. Foren, Bürgerveranstaltungen oder auch eine Ideenbörse. Planungsradtouren oder- spaziergänge gehören ebenfalls zu den angedachten Beteiligungsmöglichkeiten.“
    Habe ich da was verpasst, habe von keiner Einladung zur Radtour oder Spaziergang gelesen und ist die Ideenbörse ein Briefkasten irgendwo?
    Weiter Zitat: „Über den aktuellen Fortschritt wollen Planer und Verwaltung fortlaufend unter anderem über die Homepage der Kreisstadt Unna informieren.“
    Entweder habe ich die Homepage nicht richtig gelesen oder es hat wieder einmal jemand von außen Einfluss genommen und die Informationen gelöscht.
    Weiter Zitat: „ Ein wesentlicher Aspekt des Mobilitätskonzeptes ist das Aufzeigen einer ganzheitlichen Strategie unter Einbeziehung aller Verkehrsträger und Verkehrsteilnehmer, wobei die Vernetzung eine wesentliche Rolle spielt. Die Erreichbarkeit der Innenstadt und der einzelnen Stadtteile ist ein weiterer Aspekt. Dabei sind im Konzept nicht nur reine Einzelmaßnahmen aufzulisten, vielmehr ist eine perspektivische Ausrichtung erwünscht.“
    Aha, wenn dem so ist verstehe ich nicht den Schnellschuss allein zum Parkkonzept mit dem Willen der Schwarzen und den Grünen den bis 30.5. durch den Rat zu bringen. Mir fehlen da Aussagen zur Vernetzung aller Verkehrsmittel und schon gar keine Aussagen zu den Außenbereichen. Hat Herr von der Heide mit dem Termin Ende Mai also bewusst eine Falschaussage getroffen oder hat er dem BM nicht zugehört da doch alles unter Beteiligung vieler Institutionen, den Bürgern und zusammen mit der Agentur doch erst im Herbst vorgestellt werden soll.
    So langsam verstricken sich die schwarzgrünen in ihren eigenen Aussagen, getragen von Wunschdenken, ohne konzeptionelles Handeln und rationalem Denken.

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