Stadtrat will nicht: Vorerst keine Live-Streams politischer Sitzungen in Unna – „Einheitliche Lösung“

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Der Unnaer Ratssaal. -Foto Rinke

Während Live-Streams von Ratssitzungen in immer mehr Nachbarstädten Usus werden (Dortmund, Soest…), wollen Unnas Politiker beim Diskutieren und Abstimmen über wichtige Entscheidungen für Unna auch weiterhin nicht live in die Stuben der Bürger übertragen werden.

Eine entsprechende Bürgeranregung vom Herbst vorigen Jahres wurde abgelehnt. Dies, ohne dass der betreffende Bürger über die Gründe vorab informiert wurde, was ihm zuvor zugesagt worden war.

Entprechend ernüchtert formuliert der Unnaer Günther Klumpp seine Feststellung zur Ablehnung an den Bürgermeister und die Vorsitzenden der Ratsfraktionen. Er schreibt:

„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Wigant, sehr geehrte Frau Heer,

sehr enttäuscht entnehme ich der Beschlussvorlage für die Änderung der Geschäftsordnung des Rates der Kreisstadt, dass ein Live-Stream von Ratssitzungen und Ausschusssitzungen in meiner Heimatstadt im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen (s.u.) weiter ausgeschlossen wird.

Ich bitte Sie und die Fraktionen des Rates, diese Möglichkeit digitaler Bürgerbeteiligung doch noch einmal intensiv zu prüfen.

Die kommunale Praxis in vielen Gemeinden und auch Kreisen widerspricht der lapidaren Einschätzung in der Beschlussvorlage:

„Zwar hat der Gesetzgeber in der Gemeindeordnung mit § 47a GO NRW die Voraussetzungen zur digitalen bzw. hybriden Durchführung von Sitzungen in besonderen Ausnahmefällen geschaffen, in der praktischen Umsetzung sind die Kommunen jedoch noch nicht in der Lage, den Anforderungen an solche Sitzungen zu entsprechen. Neben fehlenden technischen Notwendigkeiten stehen datenschutzrechtliche Bedenken einer Umsetzung des 47a GO NRW im Wege.“

Enttäuscht bin ich, dass ich über die Ablehnung meiner Bürgeranregung vom 20.11.2021 entgegen der Zusagen und ohne weitere Kontaktaufnahme durch eine Ratsvorlage informiert werde.“

Update Donnerstag, 16. Februar: Pressemitteilung der Stadt Unna:

Noch keine Entscheidung zum Livestream von Rats- und Ausschusssitzungen

Im Rahmen der Beratungen zur Änderung der Geschäftsordnung des Rates geht es auch um die Frage, ob Ratssitzungen live gestreamt werden sollen. Insbesondere zur Zeit des Lockdowns in der Corona-Pandemie kamen dazu Anfragen von Bürger*innen. Um dies anzubieten, ist eine Grundsatzentscheidung des Rates und die Einverständniserklärung von jedem einzelnen Ratsmitglied erforderlich. Eine Entscheidung darüber steht nach wie vor noch aus.

Erfahrungen anderer Kommunen mit „Rats-TV“ eingeholt

Um einen Vorschlag für den Rat zu erstellen, hat sich die Stadtverwaltung intensiv mit den Möglichkeiten eines Livestreams befasst und dazu Kontakt zu Kommunen gesucht, die dies bereits anbieten. Die Ausprägung und Professionalität dieser Angebote variieren dabei stark. Die Nutzerzahlen eines solchen Angebots sind jedoch durchgängig gering. Dem gegenüber stehen unterschiedlich hohe Kosten, die je nach technischem Aufwand variieren. Im Kreis Unna gibt es bisher keine Kommunen, die Ratssitzungen live streamt. Die Kreisverwaltung befindet sich derzeit in einem Verfahren, dies anzubieten. Der Vorschlag der Stadtverwaltung auf Basis der gewonnenen Erkenntnisse lautet, auf generelles Streaming zu verzichten, dies aber in Ausnahmefällen als Möglichkeit anzubieten. Eine endgültige Entscheidung darüber treffen die Ratsmitglieder.

Klare Unterscheidung: „Rats-TV“ ist nicht das Gleiche wie eine digitale Sitzung

Der Livestream einer Ratssitzung ist dabei zu unterscheiden von digitalen bzw. hybriden Sitzungen, die laut der Gemeindeordnung NRW § 47a in „besonderen Ausnahmefällen“ möglich sind, beispielsweise eine epidemische Lage. Ob ein solcher Fall gegeben ist, muss der Rat mit zwei Dritteln seiner Mitglieder beschließen. Bei einer digitalen Sitzung nehmen alle Gremienmitglieder ohne persönliche Anwesenheit am Sitzungsort unter Einsatz technischer Hilfsmittel durch zeitgleiche Bild-Ton-Übertragung an der Sitzung teil. Eine hybride Sitzung stellt eine Mischform dar, bei der die Gremienmitglieder sowohl digital als auch in Person teilnehmen können. Die Öffentlichkeit einer digitalen Sitzung wird über die Bild-Ton-Übertragung hergestellt – hierfür muss ein geschützter Zugang zur digitalen Sitzung bereitgestellt werden.

Kommunen im Kreis Unna streben eine einheitliche Lösung an

Um digitale/hybride Sitzungen durchführen zu können, müssen die erforderlichen technischen Voraussetzungen vorliegen – auch das gibt die Gemeindeordnung NRW vor. Hierfür sieht der Gesetzgeber die Verwendung zertifizierter Videosysteme vor.

Bisher ist kein System mit Zertifizierung am Markt verfügbar, so dass die Kreisstadt Unna auch entsprechende Technik derzeit nicht beschaffen kann. Die Kommunen im Kreis Unna streben hier eine kreisweite und einheitliche Regelung an.

Aufgrund zahlreicher Eingaben nach Inkrafttreten des Gesetzes unter anderem durch Bedenken der Datenschützer wird hier seitens des Kreises Unna von einem Zeitbedarf von ein bis zwei Jahren ausgegangen, bis dies umgesetzt werden kann.

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