Vorrang für Radler auch im Bornekamp? Auf der Platanenallee klappte es bisher eher suboptimal

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Die Radmarkierung an der Ab-/Auffahrt der Eselsbrücke quert die Fahrbahn der Bornekampstraße direkt gegenüber dem Eingang zum Bornekampbad. (Foto S. Rinke / RB)

Die zur Fahrradstraße umgewidmete Platanenallee soll nach dem Wunsch von Grünen und CDU weitere Gesellschaft bekommen: im Bornekamp.

Auch dort sollen Radler fortan Vorrang haben, was nicht heißt, dass dort grundsätzlich keine Autos mehr fahren dürfen. Sie sind jedoch „nachrangig“ einzustufen, und das Tempolimit bleibt auf 30 km/h beschränkt.

Der Antrag der grün-schwarzen „Projektgemeinschaft“ wird am Dienstag, 31. Mai, im Fachausschuss FSO diskutiert. Mehrheitliche Zustimmung dürfte angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Rat bereits sicher sein, zumal CDU-Fraktionschef Rudolf Fröhlich die Fahrradstraße durch den Bornekamp bereits als beschlossen dargestellt hat – und zwar in seiner Antwort auf die Verkehrsplanungskritik von Helmut Papenberg, der am Freitag unter Protest aus dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Mobiliät austrat. Dieser Ausschuss wird von Fröhlich geleitet.

Papenbergs Vorwurf der Untätigkeit in Sachen „Verkehrswende in Unna“ trat Fröhlich unter anderem mit dem Hinweis auf diese noch zu beschließende neue Fahrradstraße entgegen.

„Die Bornekampstraße wird vom Ostring bis zur Talstraße als Fahrradstraße ausgeschildert.“

Das wünschen die Fraktionen von Grünen und CDU Unna in ihrem gemeinsamen Antrag. Sie begründen ihren Vorschlag wie folgt:

„Der Rat der Stadt Unna hat sich mit der Feststellung des Klimanotstandes eine Selbstverpflichtung zur Reduktion von klimaschädlichen Treibhausgasen auferlegt. In diesem Rahmen ist die Erhöhung des Radverkehrsanteils im Modal Split ein ausgewiesenes Ziel.

Im Ausbauprogramm Radinfrastruktur von 2021 – 2025 werden Fahrradstraßen als eine Möglichkeit genannt, den Radverkehr zu begünstigen und zu schützen.

Im vom Rat beschlossenen Zielnetz 2025 wird die Bornekampstraße in den angegebenen Bereichen als Hauptroute ausgewiesen. Überregionale Bedeutung für den Radverkehr erhält die Bornekampstraße durch die Ausweisung im Radverkehrsnetz NRW.

Der Bornekamp wird stark von Radtouristen genutzt. Im weiteren Verlauf bietet diese Radwegeverbindung eine sichere Anbindung des Ortsteils Billmerich an die Innenstadt. Die städtischen Erfahrungen mit anderen Fahrradstraßen zeigen, dass Fahrradstraßen akzeptiert und gut angenommen werden.

Nach der neuen Verwaltungsvorschrift zur StVO vom 15.11.2021 dürfen Fahrradstraßen eingerichtet werden, wenn sie eine hohe Netzbedeutung haben. Eine Prüfung des Radverkehrsanteils durch eine Zählung kann daher entfallen.

Zur Wahrung der Interessen der Anwohner ist eine Zusatzbeschilderung mit dem Zeichen 1020-30 möglich. Anlieger können den Bereich also auch bei Ausschilderung einer Fahrradstraße weiterhin passieren.

Um eine durchgehend sichere Radverbindung bis in die Innenstadt zu schaffen, wird die Verwaltung beauftragt, den Abbiege- und Einfädelvorgang von der Bornekampstraße zur Eselsbrücke und umgekehrt mit geeigneten Maßnahmen abzusichern.“

Fahrradstraße im Bornekamp – macht das Sinn?

Bornekamp-Anwohner und Sachkundiger Bürger im Ausschuss, Volker Viebahn, sieht den Antrag kritisch. Er teilte seine Befürchtungen am Montagmorgen (30. 5.) der Stadt mit.

„In Vorbereitung auf die morgige Sitzung habe ich mir wiederholt zum Punkt 3.2., Ausschilderung der Bornekampstraße als Fahrradstraße, denV erkehrsfluss angesehen und mir die Frage gestellt, was soll das bringen?

In der Zeit heute, von 7.30 bis 8.10 Uhr, verließen 96 Fahrzeuge den Verkehrsring und bogen in die Bornekampstraße ein. In der Zeit von 7.45 bis 8.00 Uhr oft mit einer sehr aggressiven Fahrweise.

Um 8.10 Uhr, mit Erklingen der Schulglocke, wurde es dann etwas ruhiger. Auf dem Weg am Portugiesenheim wurde ich fast von einer Dame angefahren. Die war dort auf Parkplatzsuche und sehr in Eile und regte sich auf, dass ich im Wege stand. Sie musste vermutlich schnell in die Klasse.

Schüler des Berufskollegs und eine Lehrerin parkten auf dem östlichen Parkstreifen. Parkscheibe eingestellt, die wird dann in der Pause umgestellt.

Die Bornekampstraße in diesem Bereich ist sehr eng für den rollenden Verkehr, durch den östlichen Parkstreifen.
Dann wird schnell angehalten, die Kinder lässt man zur Fahrbahnseite aussteigen.Oder man fährt vom Ring ab, dreht an der Verkehrsinsel, steht auf derFahrbahn und lässt die Kinder aussteigen. Wartet dann noch ab, bis die Kinder über die Schillerstraße den Schulhof erreicht haben.

Man hält auf dem Zebrastreifen, am Freibad und lässt die Kinder aussteigen. Vom Drehen und Wenden in dem Bereich ganz zu schweigen. Einige fahren durch bis zum Wendehammer am Teich, um die Kinder dann auf der richtigen Seite aussteigen zu lassen.

Weiter kommen Schüler mit Rädern über den Bürgersteig des Rings und rasen ohne zu gucken über die Bornekampstraße und Schillerstraße zu den weiterführenden Schulen. Das kann der Bezirksbeamte alles nicht beobachten, wenn er am Bereich Freibad/Fußgänger-überweg steht. Da sollte einmal jemand in Zivil von der Eselsbrücke aus den Verkehrsfluss beobachten. Da gewinnt man sehr interessante Eindrücke, wie ich heute. Zusätzlich dann noch der Radverkehr, Bereich Eselsbrücke/Freibad.“

Platanenallee: „Fahrradstraße klappt überhaupt nicht“

Die Platanenallee wurde vor ca. zwei Jahren zur „Fahrradstraße“ umgewidmet. (Foto Rinke)

Wie klappt’s denn auf der Platanenallee, Unnas „Fahrradstraße“?

Überhaupt nicht, bestätigte unsere Facebookcommunity im Herbst 2020 in nahezu 100-prozentiger Einigkeit die Beobachtung von Dirk Kimpel, der sich vor einigen Tagen hier in einem Bericht kritisch zu den Zuständen auf der Vorrangstraße für Radfahrer geäußert hatte.

Auch der Radclub ADFC, maßgeblicher Betreiber dieser Fahrradstraße, ist mit der praktischen Umsetzung noch nicht zufrieden. Er schlägt zum Beispiel vor, die Kreiselausfahrt Platanenallee nur noch für Busse freizugeben und für Autos zu sperren.

Laut Polizeisprecher Bernd Pentrop ist die Straße aus Polizeisicht bislang unauffällig.

Am 8. Mai 2020 hatte die Stadt Unna die Umwidmung vollzogen. Sie folgte einem mehrheitlichen Ratsbeschluss vom November 2019. Fahrradfahrer haben seither Vorrang vor dem motorisierten Verkehr. Die Platanenallee ist nach der Königsborner Straße zwischen Unna und Massen und der Döbelner Straße die dritte Fahrradstraße in Unna.

Hier ein Auszug aus der Vielzahl unserer Leserkommentare auf Facebook.

Madeleine F.: Meine Erfahrung als Autofahrerin und als Radfahrerin … Egal aus welcher Sicht kaum einer hält sich an die Regeln  rechts vor links wird missachtet, es wird mit 2-3 Leuten nebeneinander gefahren (Fahrrad) , 30 km fahren die wenigsten … Da wird man angehupt und überholt und dies zieht sich über die Döbelnerstrasse ,Berliner Allee etc.

Dennis B.: Meine erste persönliche Erfahrung über die Plallee als Fahrradstraße: Als die Platanenallee noch nicht lange umfunktioniert war, bog ich am Kreihauskreisel höhe Dönerexpress in die Straße ein, um mich direkt am Fußgängerüberweg 3 frechen Kindern gegenüber zu sehen, welche von unten auf den Überweg zusteuerten. Die beiden Mädchen und der Junge fuhren alle nebeneinander und auch am Überweg nicht zur Seite. Der Junge meinte nur frech: Alter Ich habe hier Vorfahrt. Wohlgemerkt war er der äusserste in der Reihe (Fahrbahnmitte)
Ja nee is kla. 2 dürfen nebeneinander fahren, aber nicht 3. Und auch wenn seine zwei Begleiterinnen gelacht haben, haben sie es besser gemacht als er. Sie ordneten sich hintereinander ein, um mich an der Engstelle passieren zu lassen, während der Junge vor meinem Kühlergrill (ich stand vor dem Überweg) am hin und her eiern war, als wäre er eine wandelnde motorische Störung.
Seither habe ich viele ähnliche Dinge, wie manche Mitkommentatoren hier, auf dieser Straße erlebt und befahre diese nur noch, um mit meiner Kleinen dort zum Spielplatz im Kurpark zu gehen. Also diese Regelung ist für so eine bedeutsame Straße in Unna (wegen der vielen Schüler) absolut nicht in Ordnung und die reinste Geldverschwendung. Wie so vieles im ganzen Kreis Unna.

Mareike M.: Jetzt mal wirklich ne blöde Frage  weil es immer zu Konflikten führt ..dürfen Fahrradfahrer weiterhin über den Bürgersteig fahren oder nicht ????? Weil dafür haben die doch jetzt ihre Straße oder ???? Sorry aber es regt mich auf..das die Straße frei ist und trotzdem man fast umgefahren wird auf dem Bürgersteig

Kai D.: Meiner Meinung nach ist die Patanenallee als Fahrradstraße auszuweisen kompletter Unsinn. Da sind die ganzen Schulen und da parken unter der Woche reichlich Autos. Das geht von der Berliner Allee bis zur Parkstraße. Da steht in jeder Lücke ein Auto. Wenn man da mit dem Auto her fährt und es kommt Gegenverkehr, ist das manchmal sehr eng. Und dann noch viele Radfahrer dazwischen, die meinen ja, dass Straßenverkehrsregeln eine grobe Empfehlung ist und sie selber ja nun unverwundbar sind. ( Als Kind in Drachenblut gebadet?). Der Lieferverkehr muss ja wohl auch irgendwie zur Berliner Allee. Der Straßenzustand ist auch schlecht und diese seltsamen Huckel da, wo man Angst haben muss, sich sein Fahrwerk zu ruinieren.

Sabrina B.: Also.. Ich bin dort Fußgänger mit Kleinkind im Buggy oder an der Hand. Viele haben es anscheinend noch nicht verstanden, dass sie auf der Straße fahren sollen. Wie oft Erwachsene oder Jugendliche an einem vorbei Rasen und teilweise auch noch frech werden, ist schon nicht mehr schön. Den einen Tag haben zwei Jugendliche Mädels, einen älteren Herrn beleidigt, weil er darauf hingewiesen hat, dass es eine Fahrradstraße ist und die diese doch bitte auch nutzen sollten. Wie schon jemand schrieb, halten sich gefühlt die wenigsten Radfahrer an rechts vor links. Aber auch die Autofahrer tun sich da nicht viel.  Eigentlich total sinnlos diese Straße, außer dass es wieder etwas ist, worüber man sich streiten kann.

David W.: Schon allein die Aussage, dass die Polizei keine Hinweise über die Situation auf der Platanenalle bekommen hat ist falsch. Es wurde schon mehrfach von einer mir bekannten Person die Situation bei der Polizei gemeldet

Susanne P.: Naja, da müssen sich beide Seiten an die Nase fassen. Die Radfahrer, die ständig über rote Ampeln fahren oder scharf rechts an einem vorbei Rasen dass man denkt gleich ist der Außenspiegel weg. Oder Fahrrad mit Kinderanhänger fährt bei roter Ampel trotz Radspur schnell Mal auf den Bürgersteig und von da aus weiter. Kennzeichenpflicht für Radler wäre da schön, dass man die auch Mal anzeigen kann.
Genauso gibt es rücksichtslose Autofahrer, die zu schnell fahren oder beim überholen zu wenig Abstand halten.
Also die Rücksichtslosigkeit ist auf beiden Seiten da.

Jens K.: Es ist ja völlig bekloppt, das Stück vom Kreisel bis zur Parkstrasse als Fahrradstraße zu deklarieren. Erstens ist dort die Zulassungsstelle, wo man nun mal mit mehreren Autos rechnen MUSS. Zweitens ist das Pflaster dort lebensgefährlich für Radfahrer. Noch dazu geht es steil bergab und dann folgt da ne Ampel. Wer das durchgesetzt hat, ist da wohl noch nie lang gefahren.

Jan B.: Ich bin Anwohner der Platanenallee und muss mehrfach täglich die Straße überqueren, um in den Kurpark zu gelangen. Morgens und Mittags, wenn die Schule beginnt oder endet, gleicht das einem Hindernislauf. Da achtet keiner auf den Nächsten, egal ob Fußgänger, Fahrradfahrer oder Autofahrer. Dazu kommen morgens und abends immer wieder Fahrradfahrer ohne Licht.
Und dann noch die Autofahrer, die Parkplatz und Straße mit einer Rennstrecke verwechseln, vor allem abends und nachts, nicht nur am Wochenende, da aber verstärkt.
Da hilft auch eine Fahrradstraße nicht, sondern nur Kontrolle und das nicht alle halbe Jahr mal.

Für den ADAC äußerte sich Helmut Papenberg zum Thema wie folgt:

„Auch wir als ADFC sind nicht zufrieden mit der derzeitigen Situation auf der Platanenallee. Es ist noch zu viel Autoverkehr auf dieser Fahrradstraße und es wird zu schnell gefahren. Wenn wir die Verkehrswende ernst nehmen, brauchen wir vor allem sichere, möglichst vom Autoverkehr getrennte Radverbindungen.

Eine Überlegung wäre hier, die Zufahrt vom Kreisverkehr nur noch für Busse zu ermöglichen. Besucher des Kreishauses und Anwohner könnten über den Kreishausparkplatz ihr Ziel erreichen. Für den KFZ-Durchgangsverkehr stehen mit Fr.-Ebert-Straße und Hammer Straße zwei weitere Nord-Süd-Verbindungen für den Autoverkehr zur Verfügung.

Außerdem müsste die Fahrbahndecke der Platanenallee dringend repariert werden.

Der ADFC hofft, dass die im Wahlkampf versprochene Fahrradfreundlichkeit nun zügig umgesetzt wird und komfortable Radverbindungen in Unna realisiert werden. Die Bereitschaft, aufs Fahrrad umzusteigen, ist groß.“

2 KOMMENTARE

  1. So und nicht anders kennen wir es seit längerem in der Kommunalpolitik.
    Profilierungssucht und Pseudoberuhigung von Interessengruppen ohne Sinn und Verstand. Tägliches Chaos auf den Unnaer Straßen, bewusst herbeigeschaffte Stausituationen vor roten Ampeln auf dem Ring durch Abschaffung der Grünphase oder die neue Verkehrsführung Mühle Bremme incl. Kreishauskreisel. Dazu dann überflüssige und CO2 fördernde Maßnahmen wie die Diagonalsperre am KKH, weiter einerseits katastrophale vorhandene und andererseits fehlende sichere Radwege.
    Unna hat ein Verkehrsproblem und braucht ein Mobilitätskonzept.
    Und offensichtlich hatte jemand da mal doch einen kurzen Lichtblick denn im März des Jahre wurde ebensolches, vermutlich mal wieder mit viel Steuergeld, in Auftrag gegeben.
    Zitat RB Unna 27.3.2022 „Im Kernpunkt soll das Konzept motorisierten Individualverkehr vermeiden, verlagern und verbessern, ÖPNV und Car-Sharing stärken, Nahmobilität systematisch fördern und dadurch die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum steigern.“ Gehe mal davon aus dass Nahmobilität auch den Radverkehr beinhaltet. Zitat weiter: „Dazu sollen es verschiedene Beteiligungsformate geben. Foren, Bürgerveranstaltungen oder auch eine Ideenbörse. Planungsradtouren oder- spaziergänge gehören ebenfalls zu den angedachten Beteiligungsmöglichkeiten“
    Bis heute habe ich noch nichts von dieser Beteiligung mitbekommen.
    Ein Konzept benötigt eine Bestandsaufnahme der Ist Situation. Und wenn Bürger sich beteiligen sollen dann hier. Wann sonst?
    Aber offensichtlich ist das nach den jüngsten Berichten und Querelen der Herren Papenberg und Fröhlich ausdrücklich nicht gewünscht.
    Also erst mal weiter wie gehabt. Dazu passt dann auch wieder dieser Antrag der Einzelmaßnahme „Fahrradstraße Bornekamp“.

    • Danke für die Erinnerung an den noch gar nicht so alten Bericht über das Mobilitätskonzept, Gremling – wie heißt es so schön, an ihren Taten sollt ihr sie erkennen…

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