SPD wirft Wigant verzerrte Darstellung der Fakten vor und stellt Vertrauensverhältnis in Frage

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Unnas Bürgermeiste r Dirk Wigant an seinem Schreibtisch. (Foto Stadt Unna)

Noch kein Jahr nach der Kommunalwahl stellt die Unnaer SPD dem CDU-Bürgermeister Dirk Wigant bereits im übertragenen Sinne die „Vertrauens“-Frage. Konkret stellen die Sozialdemokraten die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Stadtspitze in Frage.

Sie werfen Wigant im Streit um das abgebrochene Beigeordnetenverfahren eine „verzerrte Darstellung der Faktenlage“ vor.

Geharnischte Kritik am Bürgermeister hatte es bereits am Wochenende im Doppelpack gehagelt:

Sozialdemokrat Ralph Bürger warf Dirk Wigant vor, die Hochwasseropfer buchstäblich im Regen stehen zu lassen,

WfU-Fraktionschefin Ingrid Kroll ging Wigant wegen der augenscheinlich planlosen Planierung des Katzenbuckels im Bornekamp an.

In einer Pressemitteilung vom Dienstag, 7. September, fährt nun die SPD-Ratsfraktion scharfe Geschütze gegen den christdemokratischen Rathauschef auf.

Hintergrund: Das Akteneinsichtsverfahren zur Beendigung des Beigeorndetenverfahrens. Dies hatte der Rat am 1. Juli 2021 mit schwarzgrüner Mehrheit „aufgrund unbefugter Weitergabe und Veröffentlichung interner Beurteilungsdaten“ beschlossen. Am 23. August stellte die Stadt zum am jenen Tag gestarteten Verfahren fest:

„In der lückenlosen Chronologie der Ereignisse in der Verfahrensakte sind auch Reaktionen von Bewerber/innen dokumentiert, die neben Unmutsbekundungen und Bewerbungsrückzügen auch die Androhung rechtlicher Schritte gegen die Kreisstadt Unna beinhalteten.“

Der Haupt- und Finanzausschuss hatte – Corona-bedingt stellvertretend für den Rat – am 16. Juni 2021 nach intensiver nichtöffentlicher Diskussion den Bürgermeister mit der Vorbereitung des Abbruchs des Verfahrens beauftragt. Aus dieser nichtöffentlichen Sitzung waren bereits am nächsten Tag (17. Juni 2021) im Internet und am 19. Juni 2021 auch umfassend in einer Unnaer Tageszeitung wesentliche Inhalte veröffentlicht worden. „Der Rat hatte dann in seiner Sitzung am 1. Juli 2021 beschlossen, aufgrund der umfangreichen Indiskretionen und der massiven datenschutzrechtlichen Verstöße die Auswahlverfahren nicht weiter fortzusetzen, um die Kreisstadt Unna vor weiterem Schaden, nicht nur materieller Art, zu schützen“, so die Stadt.

SPD sieht sich durch Akteneinsicht in ihrer Kritik jedoch bestätigt

„Nach Einsicht in die Akten zum Beigeordnetenverfahren für die Dezernate 2 und 4 sieht sich die SPD darin bestätigt, den Abbruch des Verfahrens durch die schwarz-grüne Mehrheit in der Ratssitzung vom 1. Juli scharf zu kritisieren.

Die von Bürgermeister Dirk Wigant gezeichnete Vorlage für den Ratsbeschluss „gibt eine verzerrte Darstellung der Faktenlage wieder, auf deren Grundlage entschieden wurde“, so Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser. Die Begründung im einzelnen:

  • In der Vorlage ist vom Bewerberrückzug „auch und insbesondere aus der Spitzengruppe der Bewerber*innen“ die Rede. Das erweckt den Eindruck, dass mehrere Bewerbungen zurückgezogen wurden. Tatsächlich hat nur einer von mehr als 20 Bewerbern nach dem Ausstieg Claudia Keuchels seine Bewerbung vor dem Ratsbeschluss zurückgenommen.
  • Weiterhin werden „Unmutsbekundungen“, „Akteneinsichtsgesuche“, „Androhungen von Klagen“ und die „Androhung rechtlicher Schritte“ als weitere „Reaktionen“ von Bewerbern bis Ende Juni genannt. Gegeben hat es lediglich zwei Nachfragen. In einem Fall wurde kritisiert, dass die Bewerber nur über die Presse vom möglichen Abbruch des Verfahrens Kenntnis erhalten hätten. Es wurde vor diesem Hintergrund ein Bewerbungsverfahrensanspruch geltend gemacht.
  • Formuliert wird zudem, dass „vertrauliche Inhalte der Bewerbungen und deren vorläufige Rankings an die Presse weitergegeben und dort veröffentlicht wurden“. Der Gebrauch des Plurals vermittelt den fälschlichen Eindruck von mehreren betroffenen Bewerbern. Genannt wurden in der Presse lediglich Name und Ranking von Claudia Keuchel.  Ihre Bewerbung hatte sie drei Wochen zuvor selbst öffentlich bekannt gegeben und zog sie bereits vor den zu Recht kritisierten Indiskretionen zurück. Das Verfahren um die Beigeordnetenstelle für Finanzen, Jugend und Soziales war überhaupt nicht betroffen – abgesehen von einem Pressebericht vom 15. April, der den derzeitigen Kämmerer als möglichen Kandidaten ins Spiel bringt. Die offizielle Ausschreibung der Stellen erfolgte jedoch erst deutlich später, also in Kenntnis dieser Presseberichterstattung, die nun als weitere, für die Verfahren schädliche Indiskretion gewertet wird.
  • Abschließend heißt es in der Vorlage, dass das Bewerbungsverfahren so großen Schaden genommen hätte, dass „eine Wahl im Sinne der verbliebenen, eingeschränkten Bestenauslese nicht mehr sinnvoll sei“. Das erscheint angesichts eines zweistelligen Bewerberfeldes, aus dem zu diesem Zeitpunkt außer Claudia Keuchel nur ein Kandidat seine Bewerbung zurückgenommen hatte, nicht überzeugend.

Auch wenn Bürgermeister Dirk Wigant keinen Anlass für eine Beanstandung des Ratsbeschlusses sieht, wie er der Fraktion mitteilte, bleibt die SPD vor diesem Hintergrund bei ihrer Auffassung, dass das Besetzungsverfahren ordnungsgemäß und schnell hätte zu Ende geführt werden können – was angesichts der mehrfach vom Bürgermeister signalisierten Überlastung im Rathaus ausgesprochen wünschenswert gewesen wäre.

Außerdem stellen die Sozialdemokraten fest,

„… dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Politik und Stadtspitze nur möglich ist, wenn man sich auf die Formulierungen in einer Verwaltungsvorlage 100-prozentig und ohne Interpretationsspielräume verlassen kann.“

Der nun anstehenden Prüfung durch die Kommunalaufsicht  sehen die Sozialdemokraten „interessiert entgegen.“

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