Tierschutzskandale: Wählergemeinschaften WfU und GFL fordern von Löhr sofortige und umfassende Konsequenzen

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Landrat Mario Löhr / Fotoquelle SPD Kreis Unna

Nach den jüngsten Tierschutzskandalen im Schlachthof Selm und der Viehumladestelle Werne (Prott/Mecke – wir berichteten umfassend) sieht eine weitere Kreistagsfraktion konkret den Landrat und seine Kreisbehörden in der Verantwortung und fordert unverzügliche Konsequenzen.

Die Fraktion der Wählergemeinschaften Gemeinsam Für Lünen (GFL) und Wir für Unna (WfU) fordern in einem offenen Brief an Landrat Mario Löhr (SPD) am heutigen Freitag (6. August) Konsequenzen im Veterinäramt organisatorisch wie auch personell.

„Sehr geehrter Herr Landrat,

die jüngsten Tierschutzskandale in Selm und Werne haben die Handlungsfähigkeit und das Vertrauen der Politik und der Öffentlichkeit in das Veterinärwesen der Kreisverwaltung Unna zutiefst erschüttert.

Im Abstand von nur wenigen Wochen ereignen sich im Kreisgebiet Unna zwei der schwersten Tierschutzskandale, die sich in der Bundesrepublik Deutschland in den vergangenen Jahren zugetragen haben.

Aufgedeckt wurden diese Fälle aber keineswegs von der zuständigen Aufsichtsbehörde, die teils seit Jahrzehnten mit den betreffenden Betrieben im Kontakt steht und deren Produktions- und Wirtschaftsabläufe bestens kennen dürfte bzw. sollte, sondern durch eine Tierschutzorganisation mit Sitz in München.

Die bisherige Faktenlage ist aus Sicht der Kreistagsfraktion GFL + WfU ein Offenbarungseid der zuständigen Fachverwaltung – insbesondere aber des verantwortlichen Führungspersonals.

Um weiteren Schaden vom Kreis Unna abzuwenden, fordern wir Sie eindringlich auf, das betreffende Führungs- und Aufsichtspersonal von seinen bisherigen Aufgaben zu befreien – und zwar so lange, bis die Hintergründe dieser Tierschutzskandale im Kern vollständig aufgeklärt wurden.

In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass es keineswegs ausreicht, die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsergebnisse abzuwarten. Die schweren Tierschutzskandale, die sich unter der vermeintlichen Aufsicht Ihrer Veterinärbehörde ereignen konnten, machen eigenes zeitnahes Handeln zwingend erforderlich.

Wir hoffen, dass Sie an der Sitzung des Ausschusses für Gesundheit und Verbraucherschutz am 23. August 2021 als Chef der Kreisverwaltung teilnehmen. So können Sie in dem zuständigen Fachausschuss aus Ihrer Sicht zu den Skandalen grundsätzlich berichten und darlegen, warum die Behörde solche jahrelangen Missstände nicht aufdeckte und welche Maßnahmen zur besseren Aufstellung der Aufsichtsbehörde und des Bereichs Veterinärwesen zu treffen sind.“

Zuvor hatten sich die als Erste die Grünen und gestern die CDU mit Kritik an der Aufsichtsbehörde zu Wort gemeldet, während Löhrs eigene Parteifreunde, die Sozialdemokraten, die Möglichkeiten von Amtskontrolle angesichts dieses „hohen Maßes krimineller Energie“ als kaum gegeben betrachten.

Die Wählergemeinschaften fordern zugleich eine umfassende öffentliche Aufarbeitung des Skandals im zuständigen Fachausschuss – unter Teilnahme der SOKO Tierschutz.

Sitzung des Kreisausschusses für Gesundheit und Verbraucherschutz am 23. August 2021

a. Anregung an die Ausschussvorsitzende: Einladung des Vorsitzenden der „Soko Tierschutz“, Herrn
Mülln, zur Ausschusssitzung am 23. August

b. Antrag zur Ansetzung einer Sondersitzung des Ausschusses Gesundheit und Verbraucherschutz im
September (spätestens bis 10. September)

c. Anträge und Anfragen zur Aufklärung und Ableitung von organisatorischen und personellen Konsequenzen bezüglich der jüngsten Tierschutzskandale im Kreisgebiet Unna

In ihrem Antrag führen WfU und GFL aus:

Wir sollten als zuständiger Fachausschuss nicht nur auf die Ergebnisse der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den Skandalen warten. Der Ausschuss sollte auch aus eigener Initiative tätig werden und selbst Aufklärungsarbeit leisten, damit zeitnah entsprechende Konsequenzen aus den Skandalen gezogen werden können.

Auf Anfrage der Kreistagsfraktion GFL + WfU hat der Vereinsvorsitzende Herr Mülln (Vorsitzender der SOKO Tierschutz) bereits seine Bereitschaft erklärt, an der Ausschusssitzung am 23. August als Gast teilzunehmen und Rede und Antwort zu
stehen
. Bei vielen anderen Themen werden zu Ausschusssitzungen auch externe Experten eingeladen.
Gerade in diesem Fall ist dies sehr sinnvoll.

Sollten es Ihnen als Vorsitzende – aus welchen Gründen auch immer – nicht möglich sein, Herrn Mülln zu der nächsten Ausschusssitzung am 23. August einzuladen, beantragen wir folgenden Beschlussvorschlag in die Tagesordnung der Ausschusssitzung am 23. August aufzunehmen und darüber abstimmen zu lassen:

Die Ausschussvorsitzende wird beauftragt, für eine der nächsten Sitzungen des Ausschusses für Gesundheit und Verbraucherschutz Herrn Mülln, Vorsitzender der „Soko Tierschutz“, mit Blick auf die beiden Tierschutzskandale im Kreis Unna einzuladen, damit er im Ausschuss seine Sicht auf die Vorfälle darlegen kann und für Fragen und Gespräche zur Verfügung steht.

b. Antrag zur Ansetzung einer Sondersitzung des Ausschusses für Gesundheit und Verbraucherschutz

Die Behandlung des Themas am 23. August als regulärer Tagesordnungspunkt allein ist nicht ausreichend und würde den zeitlichen Rahmen der Sitzung am 23. August sprengen.
Deshalb und insbesondere angesichts der Tragik und des Umfangs dieser Tierschutzskandale im Kreisgebiet Unna hält die Kreistagsfraktion GFL + WfU eine umfassende Befassung mit den Fakten, deren Hintergründen und den dringend erforderlichen organisatorischen und personellen Konsequenzen im Rahmen einer Sondersitzung für nötig.

Deshalb beantragt unsere Fraktion die Einberufung einer Sondersitzung des Ausschusses in September, bei der allein dieses Thema Tagesordnungspunkt sein sollte.

Beschlussvorschläge:

  • Der Landrat wird beauftragt, die vollständige Aufarbeitung der Tierschutzskandale nicht hausintern, sondern durch externe, fachlich ausgewiesene Stellen durchführen zu lassen. Insbesondere möge aufgezeigt werden, welche organisatorischen und personellen Konsequenzen notwendig sind, damit solche Skandale in Zukunft möglichst ausgeschlossen werden.
  • Der Landrat wird unter Einschaltung externer Beratung und unter Mitwirkung relevanter Tierschutzorganisationen beauftragt, ein neues Konzept zur Kontrolle und Durchführung sämtlicher veterinärmedizinischer Tierschutzmaßnahmen zu erarbeiten und dem Fachausschusssitzung zur Zustimmung vorzulegen.

Anfragen an den Landrat:

  • Ein gemeinnütziger Tierschutzverein in 550 Kilometer Entfernung (mit Sitz in München) deckt zwei Skandale im Kreis innerhalb weniger Monate auf. Warum wurden die Tierquälereien im Kreis Unna, die vermutlich über Jahre andauerten, nicht durch die zuständigen Aufsichtsbehörden im Kreis Unna aufgedeckt?
  • Welche kurzfristigen organisatorischen und personellen Konsequenzen wurden bereits umgesetzt bzw. sind noch zu ziehen, um solche Tierquälereien zukünftig im Kreis zu unterbinden?
  • Ist die Kreisverwaltung in der Lage, objektiv eine fundierte sachbezogene Aufarbeitung der Skandale durchzuführen? Sollte aus Ihrer Sicht für die Aufarbeitung externe fachliche Unterstützung genutzt werden?
  • Ist sichergestellt, dass das vorliegende Beweismaterial nicht durch die bisher involvierten Personen, sondern durch unabhängige, fachkundige Dritte gesichtet und beurteilt wird?
  • Die Kreistagsfraktion GFL + WfU beantragte im Februar 2021 vor Aufdeckung der Skandale, eine zusätzliche veterinärmedizinische Vollzeitstelle zu schaffen. Dies wurde bisher leider nicht umgesetzt. Wie stehen Sie heute zu diesem Antrag?

Wir werden voraussichtlich noch weitere Anfragen bis zur Sitzung per E-Mail nachreichen.

Die abscheulichen Verstöße gegen elementare Tierschutzbelange im Kreisgebiet machen akuten Handlungsbedarf im Bereich Veterinärwesen der Kreisverwaltung Unna deutlich. Die Kreistagsfraktion GFL + WfU beantragt deshalb schon heute die Erarbeitung eines neuen Konzepts zur Kontrolle und Durchführung sämtlicher veterinärmedizinischen Tierschutzmaßnahmen, in dessen Mittelpunkt tatsächlich der Tierschutz steht. Deshalb ist ein solches Konzept unter Mitwirkung von Tierschutzverbänden zu
erstellen und dem Fachausschuss so schnell wie möglich vorzulegen.“

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