Kürzungen „über Nacht“ – Wohlfahrt im Kreis sieht Flüchtlingsberatung vor dem Aus

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Buchstäblich „über Nacht“ ein Viertel weniger Fördergelder vom Land: AWO und Diakonie im Kreis sehen ihre Flüchtlingshilfe abrupt vor dem Aus.

Konkret geht es um die Förderung der Flüchtlingsberatung. Dort setzt das Land den Rotstift an.

Werner Beuckelmann von der AWO Ruhr-Lippe-Ems arbeitet seit November 2015 als Jurist in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) des Landes (frühere Landesstelle) in Unna-Massen. Gemeinsam mit seiner Kollegin Samia Sobhi und den Mitarbeiterinnen der Diakonie Mark-Ruhr, Irma Senning und Malika Kahihli, ist er für die soziale Beratung zuständig.

„Dabei stehen sie den Geflüchteten ab dem Tag der Zuweisung für die gesamte Dauer des Asylverfahrens mit Rat und Tat zur Seite. Die Mitarbeitenden der AWO und der Diakonie geben Hilfestellung beim Umgang mit den Institutionen und bei der gesellschaftlichen Orientierung“, erläutern die Wohlfahrtverbände. „Sie sorgen für faire Asylverfahren und eine rasche aufenthaltsrechtliche und soziale Integration.“

Gemeinsam beschäftigen AWO und Diakonie 6 Mitarbeitende in der sozialen Flüchtlingsberatung im Kreis Unna.

Umso „erstaunter sind die Wohlfahrtsverbände darüber, dass die Landesregierung „über Nacht“ ab 2021 die Förderung um mehr als ein Viertel kürzt. Was das konkret bedeutet, rechnen sie vor:

Bisher konnten für eine Vollzeitstelle bis zu 71.000 Euro an Brutto-Personalausgaben beantragt werden. Für das Jahr 2021 hat das Land die maximale Förderung auf 53.100 Euro begrenzt. Als Grundlage gilt zudem zukünftig eine Wochenar­beitszeit von 39 Stunden und 50 Minuten.

Faktisch beträgt die neu vorgese­hene Förderhöchstgrenze bei einer Wochenarbeits­zeit von 39 Stunden, wie sie bei den al­lermeis­ten Trägern laut geltendem Tarifrecht vorgesehen sind, nicht einmal mehr 52.000 Euro. Das ent­spricht einer Kürzung von über 19.000 Euro bzw. 27 % pro Vollzeitstelle.

Das entspreche nicht annähernd den Qualifikationen, der Arbeit und der aktuellen tariflichen Bezahlung der Mitarbeitenden. Das wisse die Landesregierung auch aus den jährlichen Verwendungsnachweisen.

„Die Träger müssten einen deutlich erhöhten Eigenanteil für eine öffentliche Aufgabe aufbringen, den sie nicht leisten können.“

Alle Verbände prüfen daher gerade, ob eine Fortführung der sozialen Flüchtlingsberatung im kommenden Jahr überhaupt noch möglich ist.

Kein Verständnis haben die Wohlfahrtsverbände dafür, dass sie nicht in die Entscheidung eingebunden wur­den, und besonders ärgert sie, dass die Informationen über die Neuerungen erst jetzt bekannt gegeben wurden, so dass u. a. arbeits- und tarif­rechtlich vorge­schriebene Fristen (z. B. Anhörungs- und Kündi­gungsfristen) nicht mehr ein­gehalten werden kön­nen.

„Wir empfinden die Vorgehensweise der Landesregierung als massiven Vertrauensbruch. Dieser schmerzt uns auch deshalb besonders, weil wir uns als Wohlfahrtsverbände gerade in schwierigen Zeiten und Krisensituationen im­mer als verlässlicher Partner erwiesen haben. Zum Beispiel bei den zahl­reichen Hilfs- und Unterstützungsleis­tungen in Zusam­menhang mit der Flüchtlingsunter­bringung 2015. Auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie waren unsere Mitarbeitenden durchgängig in der Landesunterkunft präsent. Das ist kein fairer Umgang mit den Verbänden und vor allem nicht mit den engagierten Kolleginnen und Kollegen.“

Die Wohlfahrtsverbände haben sich heute auch mit einem offenen Brief an die heimischen Landtagsabgeordneten gewandt und um Unterstützung gebeten, um die vorgesehene Richtlinie doch noch zu verändern und die bisherige Arbeit fortsetzen zu können.

PM: Pressemitteilung AWO/Diakonie

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