„Guten Tag, hier ist der Mohrenkopf!“

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„Guten Tag, hier ist der Mohrenkopf!“

Selten, dass es uns bei einem Anruf bei der Redaktion sekundenlang die Sprache verschlägt, an diesem Frühnachmittag Mitte voriger Woche war es mal soweit. Der Anrufer, ein munterer Herr mit tiefer, sonorer Bassstimme, stellte sich als Andrew Onuegbu vor, Inhaber des Restaurants „Zum Mohrenkopf“ Kiel.

Jetzt klingelte es bei uns. An diesen Gastronomen hatten wir einige Tage zuvor eine Mail geschrieben mit der Anfrage, ob er sich als Betreiber eines Restaurants dieses Namens und selbst mit afrikanischen Wurzeln einmal zu den „Rassismus“-Vorwürfen äußern möchte, mit denen momentan Geschäfte und Einrichtungen mit dem „Mohr“ im Namen konfrontiert sind.

So soll die Betreiberin der „Mohren-Apotheke“ in Dortmund-Körne ihre Apotheke umbenennen, fordern Aktivisten.  „Mohr“ sei rassistisch.

„Das ist vollkommener Quatsch“, betont Andrew Onuegbu dazu. Ja, er will sich gern und unbedingt zu dieser Debatte äußern, sie beschäftigt ihn schon seit geraumer Zeit. Sie treibt ihn um.

„Das Wort ,Mohr´für einen Menschen mit dunkler Hautfarbe war nie ein reines Schimpfwort und erst recht nicht rassistisch. Die heutigen Politiker kümmern sich nur noch um Nebensächlichkeiten, ich finde das furchtbar!“, redet sich Onuegbu in Rage.

Er erzählt uns, wie er zu seinem eigenen Restaurant mit genau diesem Namen kam. 1972 wurde er in Biafra/Nigeria geboren, kam 1992 nach Deutschland. „Dort habe ich Arbeit gesucht in der Gastronomie. Ich fing an als Küchenhilfe, habe dann Koch gelernt und meinen Ausbildungsschein gemacht.“

2007 eröffnete er sein Restaurant „Zum Mohrenkopf“.

„Ich habe mir lange Gedanken gemacht über den passenden Namen“, erzählt Andrew Onuegbu. „Es musste ein Name sein, der nicht alltäglich ist, der im Gedächtnis bleibt und den man vor allem mit mir identifiziert.“

„Mohrenkopf“ erschien ihm da ideal passend. „Schauen Sie mich an“, lacht er, lauthals und sympathisch, „bin ich ein Mohrenkopf oder nicht?“

Zumal einer, der sich in der Kochkunst versteht, und so begreift der nigerianische Gastronom den Namen seines Lokals doppeldeutig. Er hat sich mit dem Ursprung des Begriffs „Mohrenkopf“ beschäftigt und erklärt das auch den Besuchern auf seiner Restauranthomepage:

„Der Mohrenkopf wies im Mittelalter diejenigen Häuser aus, die als Fürstenherberge dienten. Außerdem galt er als besonderes Zeichen für eine hervorragende Küche und eine zuvorkommende Bewirtung.“

Sprich, „der Mohrenkopf ist ausgesprochen positiv besetzt“, betont Andrew Onuegbu. „Schwarze gelten als gute Köche und gute Mediziner, als Kenner in der Heilkunst.“ Daher hält der „Mohr Onuegbu“ („ich bin Mohr und stolz darauf!“) die momentanen Versuche, Namen wie „Mohren-Apotheke“ aus den Stadtbildern zu verbannen, nicht nur „sehr dumm“, er findet diese Diskussion „furchtbar“.

„Meine feste Überzeugung ist: Die Sprachpolizei kann Rassismus nicht verhindern. Man kann alle Logos und alle Namensschilder in ganz Deutschland runterreißen. Echter Rassismus ist in den Köpfen und bleibt dort, auch wenn alle Logos weg sind und alle Namen geändert sind!“

Der afrikanisch stämmige Unternehmer und Familienvater ist das, was man einen perfekt integrierten Zuwanderer nennt. Bevor er nach Deutschland kam, erzählt er, habe er sich intensiv über die dort geltenden Regeln, die Kultur informiert.

„Bevor man in ein anderes Land geht, egal in welches, soll man erstmal erkunden, wie die Menschen dort leben. Wenn man das nicht akzeptieren kann, soll man nicht hingehen.“ Von sich selbst sagt er: „Ich bin nicht im Namen des Propheten gekommen, ich kam als mein eigener Prophet.“

Seinen Kindern habe er von klein auf eingeprägt: Lernt, seid fleißig, passt gut in der Schule auf. Dass ihr eine andere Hautfarbe habt, ist keine Ausrede für schlechte Noten.“ Seine Tochter studiert inzwischen, er nennt sie liebevoll „Vollmilchschokolade“ („ihre Mutter ist weiß“).“

Sich selbst sieht er selbstbewusst als Mohr, mit allen positiven Bedeutungen, „und hier sagen alle Afrikaner zu mir Mohrenkopf, das ist mein Markenzeichen und überhaupt nicht beleidigend. Im Gegenteil.“

Kann er verstehen, wenn das andere Menschen mit dunkler Hautfarbe anders sehen, sich durch den Namen seines Lokals verletzt, gedemütigt fühlen? Andrew Onuegbu argumentiert mit aller Überzeugungskraft dagegen an. Er erklärt die historische Bedeutung des „Mohrenkopfs“ auf der Homepage seines Lokals, geht auch keiner direkten Diskussion aus dem Weg.

Wurde er selbst schon aufgefordert, sein Restaurant umzubennen? Ja, er nickt, „einige Parteigänger“ hätten das schon von ihm verlangt, „manche üben auch Druck aus, so in der Richtung, das könne sich negativ auf mein Lokal auswirken.“

Für ihn kein Gedanke. „Auf gar keinen Fall wird das Restaurant umbenannt!“

Auf offene Rassismusvorwürfe wegen des „Mohrenkopfs“ hat Andrew Onuegbu einmal ein denkwürdiges Exempel statuiert:

„Ein Paar kam ins Restaurant, der Mann Afrikaner, die Frau Deutsche. Sie sagten: Wieso hat das Restaurant diesen Namen? Das ist rassistisch. Holen Sie Ihren Chef! – Ich sagte, ja, sofort, ich hole den Chef. Ich ging weg, kam zurück und sagte: Ich bin der Chef! Und dann sagte ich den beiden: Genau das, was hier gerade geschehen ist – DAS ist Rassismus. Denn Sie sind von vornherein davon ausgegangen: Ein Schwarzer kann nicht der Restaurantchef sein.“

Das zerknirschte Paar hat sich dann ausgiebig entschuldigt. „Und danach sind sie zum Essen geblieben.“

15 KOMMENTARE

  1. Das ist echter Journalismus.
    Ein Thema aufgreifen, nachfragen bei dem den es betrifft und dann auch noch eine solche Antwort.
    Einfach super.
    Daran sollten sich die (vermutlich) hochbezahlten Schreiber der Boulevardpresse mal ein Beispiel nehmen.
    Wünsche euch dass dieser Artikel übernommen wird und bundesweit Beachtung findet.
    Zu dem Inhalt und den Aussagen des “Mohrenkopfes” denke ich ist nicht mehr viel zu sagen als Respekt und Hochachtung.

  2. Ein unglaublich guter und intelligent geschriebener Artikel, der sich mit dieser Thematik endlich mal sachlich und nicht emotional beschäftigt. Ich wünschte, es würde mehr solcher Berichte geben, anstatt die stetig einseitig gepushte Ideologie und Sichtweise zu dieser Thematik.

  3. Ein echt cooler Typ mit klasse Statements! Ich glaube, dass der normal denkende „Weiße“ null fremdenfeindliche Gedanken hegt, wenn er von einem „Mohrenkopf“, einem „Zigeunerschnitzel“ oder was auch immer spricht. Die, die es tun, haben eine jämmerliche rechtsradikale Einstellung und ihnen ist eh nicht mehr zu helfen, egal ob Herr Onuegbu den Namen seiner Lokalität ändern würde oder nicht. Spitze, dass er dies niemals tun wird!

  4. „Ein Paar kam ins Restaurant, der Mann Afrikaner, die Frau Deutsche. Sie sagten: Wieso hat das Restaurant diesen Namen?…“

    Wetten das nicht sie beide sondern „Sie“ das sagte?
    Denn genau das ist was ich ständig erlebe,irgendwie sinds immer die weissen (*** / Edit, Beleidigung), die mit dem Gesülze anfangen, im Leben gescheitert und nix ereicht,dann verlegen sie sich auf die Aufgabe der politisch correcten Sprachpolizei,von denen lassen sich dann die Männlichkeiten ohne Eier und eigenes Rückgrad aufhetzen die dann wiederum losziehen um Lokal und Apothekenbesitzer einzuschüchtern…funktioniert aber auch nur in DE bzw bei Weissen, einem Volk mit Schuldkomplex kann man so gut wie alles unterjubeln.
    Dem Besitzer des Mohrenkopfes weiterhin viel Erfolg, möger er weiterhin standhaft bleiben und sich nicht einschüchtern lassen.

  5. Die Forderungen von den weissen Linken & Goodies, dass „Mohr“ rassistisch ist und von einem dunkelhäutigen Mann zu verlangen er solle den Namen des Restaurants ändern, obwohl er stolz auf diese Bezeichnung ist, ist genau das „Koloniale Verhalten“ welches rassistisch ist und aus den Köpfen endlich verschwinden muss…

  6. Das wird unseren grünen und linken Freunden und Sprach“lehrern“ die Sprache verschlagen.
    Erstmal ein paar Worte des Lobes an die Redaktion. So sieht echter, neutraler Journalismus aus. Man recherchiert und setzt sich sachlich mit der Sache auseinander und lässt auch Betroffene, die über Hintergrundwissen verfügen, zu Wort kommen. Da können sich Hayali & Co. noch ein großes Stück davon abschneiden.
    Der heilige Mauritius (auch hier steckt der Wortstamm Maure, von welchem sich das Wort „Mohr“ herleitet, drin) ist der Schutzpatron der Apotheker. und Ärzte Nicht weil die Berugfsgruppen Rassisten sind, sondern weil die Mohren im Mittelalter Heilkünste und Heilkräuter mitbrachten. Ohne sie wäre die Medizin in Europa nicht auf dem Stand, wie sie heute ist. so kann ich jedem Kritiker des Begriffs Mohr nur wärmstens empfehlen, sich künftig nicht mehr an den Arzt seines Vertrauens zu wenden, sondern sich von einem Quacksalber oder Scharlatan behandeln zu lassen. Wer dann als Mohren-Kritiker noch „Maurice“ oder „Moritz“ heißt, und deswegen einen „rassistischen“ Namen trägt, solte sofort aufs Standesamt und seinen Vornamen ändern. Vielleicht eienn anderen zulegen, mit dem der „Mohren“-Kritiker weniger Probleme hat, Adolf z.B. (Ironie aus).

  7. Habe leider erst heute Ihren hervorragenden Artikel gelesen. Wenn ich nach Kiel komme, werde ich im „Mohrenkopf“ essen. Der sehr sympathische Besitzer hat völlig Recht. Es zeugt nicht von hoher Intelligenz solche Debatten zu führen.

  8. Ich finde Eure Beiträge „KÖSTLICH“. Schön Euch gefunden zu haben! 🙂

    Dazu möchte ich noch etwas beitragen:
    Ich bin ein altes Semester 74 Jahre alt und bin mit den süßen „7 kleinen Negerlein“ aufgewachsen. Und, wenn ich diese Zeit jetzt erlebe graut es mir,
    zumal auch die Märchen angegriffen werden.

    Märchen, Mythen und Sagen hatten uns in der Vergangenheit vor vielem bewahrt. Sie sind aus dem Leben entstanden.
    Man war achtsam auf Grund der Erzählung.
    Eine amerikanische Psychologin hatte ein gutes Buch darüber geschrieben: „Die Wolfsfrau“. Sie läßt erkennen wie wichtig Märchen für das Leben sind.

    Natürlich war es da meine Mutter die uns gelehrt hatte warum in jedem Märchen ein Sinn dahinter steckt. Und sie ließ uns auch den Sinn selber erkennen und ihn kund tun.

    Politik war in keiner Epoche für die Menschen da. Im Gegenteil, diejenigen welche sie ausüben denken nur und ausschließlich an ihre eigenen Interessen.
    Aber, natürlich wie überall gibt es auch da Ausnahmen, die im Jetzt auch verbal angefeindet und angegriffen werden.
    Eine böse Zeit wie mir scheint ist im Kommen.

    Umso schöner für mich Euch gefunden zu haben. 😀

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