Massive Kritik an der ADR-Berichterstattung zur Pflege auf dem Hintergrund der Coronakrise übt die Ruhrgebietskonferenz Pflege. In einem offenen Brief an Intendant Tom Buhrow beklagt das Gremium in den ARD-Magazinen und -Talks „Negativschlagzeilen und Katastrophenszenarien“, die eine ganze Branche denunzierten.
„In einer Zeit, in der Menschen mutmachende Fakten und Sicherheit benötigen, wird eine Vertrauenskrise heraufbeschworen, die uns in Nach-Corona-Zeiten noch lange zu schaffen machen wird“, so Ulrich Christofczik, Sprecher der Ruhrgebietskonferenz Pflege und Vorstandsmitglied des Ev. Christophoruswerkes.
Wörtlich heißt es in dem offenen Brief:
Sehr geehrter Herr Buhrow,
In Zeiten von Corona sind wir alle – zu Recht – zu Solidarität und Übernahme von sozialer Verantwortung aufgerufen. Das gilt für Bürger, Politiker, Behörden, Unternehmen und nicht zuletzt auch für die Medien.
Die Berichterstattung der ARD über die Auswirkungen der Corona-Krise in den Einrichtungen der Altenpflege in Deutschland erleben die Gesellschafter der Ruhrgebietskonferenz Pflege aber in höchstem Maße als unverantwortlich und skandalisierend. Sie denunziert eine gesamte Branche mit all ihren Beschäftigten. Dies gilt insbesondere für den Beitrag in der Sendung ARD-Aktuell im Anschluss an die Tagesschau am 01.04.2020.
Darin werden althergebrachte Klischees von Arbeits- und Lebensbedingungen aufgewärmt und damit die Angst vor der Pflege geschürt. Wir verwehren uns gegen die Unterstellung, dass hinter verschlossenen Türen jetzt alte Menschen den Pflegekräften schutzlos ausgeliefert sind. Das ist Panikmache und Ausdruck einer strukturellen Misstrauenskultur, die gerade die Beschäftigten in der Pflege, auf die wir in der aktuellen Krise so sehr angewiesen sind wie selten zuvor, unter einen Generalverdacht stellt.
Die Vorkommnisse in Wolfsburg und Würzburg geben Anlass zu Trauer und großer Betroffenheit. Wir haben aber in Deutschland fast 12.000 stationäre Einrichtungen und etwa ebenso viele ambulante Dienste. In der überwältigenden Mehrheit dieser Einrichtungen werden die Menschen aktuell mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln vor den Auswirkungen der Coronakrise beschützt.
Die Altenpflege in Deutschland – sowohl die ambulante als auch stationäre Pflege – ist fachlich und personell in der Lage, mit den Herausforderungen der Coronakrise umzugehen. Die Mitarbeiter*innen sind geschult. Sie wissen sehr wohl mit den fachlichen und menschlichen Anforderungen einer hochansteckenden Infektionskrankheit umzugehen.
Es stimmt: Vielerorts fehlt es aktuell an der notwendige Schutzausrüstung und die Versorgungslage ist mittelfristig unklar. Aber es besteht kein Anlass zu der pauschalen Unterstellung, dass wir in Deutschland nicht für den Schutz pflegebedürftiger Menschen in der Coronakrise sorgen können. Die Menschen dürfen der Pflege vertrauen.
Wir können Pflege!
Gelsenkirchen, im April 2020
für die Ruhrgebietskonferenz Pflege
Ulrich Christofczik
Silke Gerling
Roland Weigel“