Zu unserem Bericht „Schwarz-Grün kippt 110 Wohneinheiten in Unnaer Naturschutzgebiet“ vom 21. Juni (HIER) schreibt Ralph Bürger, Sachkundiger Bürger im Umweltausschuss:
„Der Stadtentwicklungsausschuss hat sich in seiner Sitzung Mitte Juni gegen die künftige Bebauung an der Klopstockstraße ausgesprochen. Und zwar mit der Begründung einer hohen Lärmbelastung durch die im Süden des Planbereiches
liegende B1. Ein aufgelassener Obsthof scheint auch zu den Ablehnungsgründen zu gehören.
Übrigens ist die Meldung schlicht falsch, dass es sich bei dem projektierten Gebiet um ein „Naturschutzgebiet“ handele. Und der Ex-Obsthof hat wohl nur eine Fläche von 500 qm. Die Gesamtfläche besteht aus Baufläche und Grünfläche nach dem Flächennutzungsplan (FLNP) der Stadt. (Anlage). Eine verbindliche Kennzeichnung „N“ für Naturschutzgebiet und „L“ für
Landschaftsschutzgebiet fehlt hingegen im FLNP.
Allerdings macht sich das die politische Mehrheit des Stadtentwicklungsausschusses bei näherer Betrachtung mit einer schlichten Verweigerung eines Aufstellungsbeschlusses zu leicht. Denn die meisten künftigen Baugebiete der Stadt Unna weisen irgendwelche lage- oder umweltbedingten Nachteile auf.
Hier einige Beispiele: Lage im Landschaftsschutzgebiet, Lage auf Ackerfläche, Lage an Hauptverkehrsstraße oder Bahnlinie, Lage in der Einflugschneise des Flughafens, Lage im Einflussbereich von Starkregen etc.
Wenn künftig ähnlich verfahren wird, sind in Zukunft kaum noch große Baugebiete zu erschließen. Dies hätte erhebliche Auswirkungen auf die demographische Entwicklung der Stadt, den Preisdruck auf die verbleibenden Grundstücke
und führt zu Abwanderungen in Nachbargemeinden.
Letztlich werden Architekten, Bauhandwerk und bauwillige junge Familien „das Weite suchen“.
Die Vorteile des potentiellen „Planbereiches Klopstockstraße“ sind hingegen ganz offensichtlich:
- Es liegt so zentrumsnah wie kaum ein künftiges Baugebiet in Unna.
- Die Stadtmitte und ihre Versorgungseinrichtungen sind auf kurzem Wege über die Morgenstraße zu Fuß und per Rad zu erreichen.
- Es erfüllt somit auch die von der Politik selbst gesetzten Anforderungen an die Mobilität in der Innenstadt.
- Die Bebauung der Innenstadt wird nach Osten hin „abgerundet“.
- Das Gebiet liegt nicht im Landschaftsschutz oder einer gefährdeten Tallage.
- Selbst die Flughafen-Einflugschneise liegt weiter im Norden.
- Die Erschließung ist zudem durch die Lage an der Morgenstraße gesichert.
Natürlich ist der Nachteil der lärmenden B1 nicht vom Tisch zu wischen. Im Gegenteil: Hier sind Lösungen gefragt. Ein erstes Lärmschutzkonzept hätte den Kommunalpolitikern die Beschlussfassung erleichtern können.
Das im Übrigen hervorragend gestaltete „Projekthandbuch“ ist jedoch rein städtebaulich orientiert und verweist nur auf erforderlichen Lärmschutz. Grundlegende Vorschläge dazu sind allerdings „Fehlanzeige“.
Bauprojekte aller Art stoßen zunehmend in der Öffentlichkeit und auch bei „wacher“ werdenden Kommunalpolitikern auf Kritik und Widerstand. Das ist grundsätzlich gut so, da sich somit Planungsmängel frühzeitig aufdecken lassen.
Es werden damit aber auch erhebliche Differenzen zwischen Planungsbürokratie und Stadtrat deutlich! Die fachliche Kompetenz der Planungsexperten ist jedoch nichts mehr wert, wenn sie unvollständig oder missverständlich vermittelt wird. Die Präferenzen von Planung und Parlament scheinen nicht mehr dieselben zu sein. Hierüber sollte der Rat der Stadt ernsthaft nachdenken.
In der Folge kostet die Vorbereitung eines Aufstellungsbeschlusses für einen B-Plan die Stadt auch noch Geld und/oder Personalaufwand. In diesem Falle für den Papierkorb.
Die Bürger dieser Stadt haben hingegen einen Anspruch auf sparsame Mittelverwendung.
Die zunehmend aus ökologischer Sicht kritischer beurteilten öffentlichen Projekte erfordern auch endlich den Abschied von liebgewonnenen Ritualen der Bauleitplanung nach dem Motto: „Planung macht die Verwaltung – das Abnicken dann der Ausschuss.“
Der gescheiterte „Bebauungsplan Klopstockstraße“ ist – kurz gesagt – ein Ergebnis mangelnder Kommunikation! Und es hätte sich sehr wohl auch eine Lösung für die von Herrn Wiggerich genannten 170 PKW der neuen Anwohner gefunden. Nämlich eine
Verlagerung des „ruhenden Verkehrs“ an den Rand des Baugebietes.“
Ralph Bürger, Unna
Volle Zustimmung. Die aufgeführten Argumente von Herrn Bürger treffen in jedem Punkt zu 100% zu. Schon mit dem Bericht im am 21.6 RB habe ich mich gefragt wenn nicht dort wo denn dann überhaupt noch die Erschließung eines Baugebietes. Im Vergleich z,B zu dem umgesetzten Neubaugebiet in Uelzen Dorfstr. / Osterfeld mehr als unverständlich.