Bürgerbefragung zu Edeka/Lidl in Massen: So viele nahmen teil – so geht es weiter

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Edeka Schmitt an der Kleistraße in Unna-Massen will in absehbarer Zeit schließen. Ein neues Edeka-Lidl-Doppel ist an der Massener Bahnhofstraße/Kletterstraße geplant. (Foto Rinke)

Etwas mehr als jeder dritte Einwohner / jede dritte Einwohnerin des zweitgrößten Unnaer Stadtteils hat sich an der Bürgerbefragung zum geplanten neuen Einzelhandelsdoppel beteiligt. Am 7. Mai endete sie.

Jetzt läuft die Auswertung, teilte uns am Donnerstag (20. 5.) auf Nachfrage der Referent des Bürgermeisters mit, Oliver Böer.

Wie berichtet, hatte die Stadt Unna auf Ratsbeschluss die strittige Ansiedlung von Lidl und Edeka an der Massener Bahnhofstraße mit einer Bürgerbefragung flankiert. Die Massenerinnen und Massener waren aufgefordert, sich zu dem neuen Einkaufsmarktdoppel zu positionieren.

„Die Auswertung läuft aktuell“, berichtete uns Oliver Böer. „Die Beteiligung lag bei rund 3000.“ Massen hat rund 10.500 Einwohner.

Für die nächste Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung ist eine öffentliche Vorstellung der Ergebnisse geplant. Die Sitzung findet am Donnerstag, 17. Juni, statt.

Vom 19. April bis zum 7. Mai 2021 konnten die Massener Bürgerinnen und Bürger ihre Meinung zur geplanten Ansiedlung eines Lebensmittelmarktes (Edeka) und Discounters (Lidl) sowie weiterer teilweise gastronomischer Angebote im Bereich der Massener Bahnhofstraße/Kletterstraße mitteilen.

Durch die Befragung soll die Meinung der Menschen vor Ort in die letztendliche Entscheidungsfindung einfließen.

„Mir ist es als Bürgermeister der Stadt Unna ein sehr wichtiges Anliegen, die Meinung der Massenerinnen und Massener zu erfahren und mit dieser Umfrage mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort in einen Dialog zu treten“,

sagte Bürgermeister Dirk Wigant.

Um ein möglichst ausgewogenes Meinungsbild der Bürgerinnen und Bürger in Massen und Erkenntnisse für die Akzeptanz des Investitionsvorhabens zu erhalten, wurde eine repräsentative Befragung durchgeführt.

Dazu erhielten alle Bürgerinnen und Bürger in Massen Post von der Stadt, mit der sie auf die Möglichkeit der Teilnahme an dieser Bürgerbefragung hingewiesen werden.

Die Befragung wurde vorwiegend online durchgeführt.  

Die Ergebnisse der Befragung werden durch das beauftragte Institut ausgewertet und aufbereitet sowie anschließend den kommunalpolitischen Gremien und der Öffentlichkeit präsentiert. Die politische Beratung der Befragungsergebnisse bildet die Grundlage für das weitere Vorgehen. 

Der Rücklauf werde auch auf Repräsentativität geprüft, damit die Aussagen der Stichprobe auf die Gesamtheit der Einwohnerinnen und Einwohner übertragen werden können.

Symbolbild Lidl – Foto RB

„Auf diesem Weg würde ich gerne erfahren, wie die Massenerinnen und Massener ihren Stadtteil wahrnehmen, was sie dort schätzen, aber auch, was sie vermissen. Denn gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort möchte ich mit dieser Verwaltung an einer guten und nachhaltigen Entwicklung Massens arbeiten“, sagt Bürgermeister Wigant.  

Was ist geplant – was wird kritisiert? Ein Rückblick

Ein neuer Lidl plus neuer Edeka an der Massener Bahnhofstraße/Kletterstraße: Für 30.000 Euro wird der Bürger dazu befragt.

Die Wählervereinigung „Wir für Unna“ fordert, dass ehrlich gesagt werden soll, über was der Bürger überhaupt entscheiden kann.

Denn diese Ansiedlung in Massen hat ein Konzern mit einem Unternehmer (Investor) vereinbart, auf einem privaten Gelände.

In einer Pressemitteilung vom 16.2. befürwortete WfU die Einbeziehung der Bürger, unterstreicht jedoch, was bei der Befragung letztlich zu erwarten: ein Stimmungsbild. Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Wobei sich die Ratsfraktionen (im alten Rat) zuvor versichert hatten, dieses Votum des Bürgers dann auch bei ihren weiteren Entscheidungen zu berücksichtigen.

„Gut ist, dass man die Befragung in wissenschaftliche und professionelle Hände legen möchte“, findet Wir für Unna. „Damit sind nun mal die hohen Kosten von 30.000 € verbunden.“ Diese Kosten kritisiert die FLU, warnt davor, ein Fass aufzumachen, da der neue Bürgermeister Dirk Wigant sowie praktisch alle Ratsfraktionen generell mehr Bürgerbeteiligung versprochen haben.

„Das ist aber vielleicht auch der Preis dafür, wenn man es vorher nicht schafft, die Leute neutral aufzuklären und mitzunehmen“, merkt WfU kritisch an. „Irgendwann bestimmen dann diejenigen die Diskussion, die sich am präsentesten zu Wort melden, auch das verzerrt das tatsächliche Stimmungsbild.

Genau deshalb fordert der für die Umfrage angesprochene Dienstleister, dass die Umfrage ohne begleitende politische Einflussnahme erfolgen soll und dass die Fragestellungen unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten, auch nur von diesem erarbeitet werden. Genau so soll das dann auch sein.

Insofern ist es kaum verständlich, dass Grüne und CDU in einem Antrag vom 16.02.2021 u.a. formulieren:

  • „Im Rahmen der Befragung wird eine Fragebogenkonferenz eingesetzt. Diese hat die Beratung, Finalisierung und Freigabe der Fragen zur Aufgabe und ist für die Planung und Organisation der Öffentlichkeitsarbeit zuständig (fachliche Umfeld Kommunikation).“ „Die Fragebogenkonferenz erhält explizit den Prüfauftrag, wie eine konkrete Frage nach dem Bau des geplanten Einkaufszentrums eingearbeitet werden kann.“

Da fragt man sich aber schon: Wozu beauftragt man dann ein externes Unternehmen für 30.000 €, wenn man sich dann doch einmischen möchte?

  • Und das, wo sich insbesondere die Grünen explizit gegen den Neubau ausgesprochen haben?
  • Wie „neutral“ soll das dann ablaufen?
  • Zumal diese Vorgaben genau dem widersprechen, was durch das kommunale Meinungsforschungsunternehmen zur Durchführung der Bürgerbefragung eingefordert wurde.

Was darf man überhaupt von dieser Bürgerbefragung erwarten? Kein eindeutiges Votum für oder gegen die Bebauungspläne, das kann auch gar nicht so sein. Es wird lediglich ein Stimmungsbild ergeben, auch zum Einkaufsverhalten der betroffenen Bevölkerungsteile Unnas.“

„Am Ende muss man auch festhalten“, so Wir für Unna deutlich:

„Wo und wie sich Discounter ansiedeln, unterliegt zunächst insbesondere betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten der einzelnen Unternehmen und keiner Entscheidung durch die Bürger.“

Dazu gehöre auch immer die Standortwahl.

„Etwaige Alternativstandorte (wie das frühere Freizeitbadgelände Massen), wurden seitens der Investoren aus unternehmerischer Sicht ausgeschlossen und kommen auch im Hinblick auf die Vorgaben der Stadtentwicklung nicht in Frage“, erinnert WfU.

In diesem Fall haben sich die Unternehmen Lidl und Edeka eigentlich schon entschieden. Zwischen Investor und Besitzer der in Frage stehenden Fläche (das ist nicht die Kommune) wurde ein entsprechender Vertrag aufgesetzt, der auch gar nicht Gegenstand öffentlicher Entscheidung ist.

Bei der Standortwahl und deren Genehmigung hat die Kommune die Vorgaben der BauNVO zu beachten, und entsprechende Entscheidungen werden dann von der Bezirksregierung auch überprüft. Wenn formaljuristisch diese Vorgaben erfüllt werden, auch von Investoren, dann ist es erstmal schlicht nicht möglich, die Genehmigung einfach zu versagen.

In jedem Fall ist eine Beteiligung der betroffenen Bürger aber zu unterstützen, und dazu steht WfU fraglos. Besonders sinnvoll ist es aber dann, diese Befragung in neutrale und professionelle Hände zu geben, weil dann auch darin die Chance besteht, den Dialog zwischen Bürgern, Politik und Verwaltung wieder neu aufzunehmen und vielleicht verhärtete Fronten aufzubrechen.

Dann ist die in Rede stehende Summe überaus sinnvoll angelegt.“

Petition zum Erhalt des Lidl-Standorts Hansastraße:

Lidl an der Hansastraße in Unna. (Foto Rundblick)

Mit einer erneuten Online-Petition versuchte Claudia Hartwig aus Unna Anfang des Jahres ihre Mitbürger zu motivieren, sich für den Erhalt des Lidl-Altstandortes an der Hansastraße einzusetzen. Die Petition hatte zum 17. 2. allerdings erst 89 Unterstützer/innen gefunden.

Wie berichtet, will der Discounter den dortigen Markt schließen und den Standort aufgeben, sobald er seine Neubaupläne in Massen realisiert hat.

Claudia Hartwig hatte bereits vor ca. einem Jahr eine Petition für den Erhalt des Hansastraßen-Lidl initiiert. Sie endete enttäuschend mit deutlich unter 200 Unterzeichnern. In ihrer Begründung beim zweiten Anlauf schrieb sie:

„Die Lidl Filiale an der Hansastraße in 59425 Unna soll geschlossen werden. Die Filiale soll in Unna Massen neu erbaut werden. Hier gehen viele Menschen einkaufen, da es zentral gelegen ist. Die Lidl Filiale an der Hansastraße in Unna liegt sehr gut in der Innenstadt und bietet genug Parkplätze. Ich habe mit sehr vielen Menschen geredet, die es nicht verstehen können, warum dieser Lidl zu macht. Oder zumindest ein anderer Lebensmittelmarkt wieder eröffnet! Gerade für viele ältere Menschen und Menschen mit Behinderung ist dieser Lidl an der richtigen Stelle. Da er sehr gut zentral liegt und auch für Menschen mit Behinderung barrierefrei ist, und für Menschen, die nicht mobil sind und keine Möglichkeit haben, bis Unna Massen oder Königsborn zu kommen.Alle Menschen in der Stadt sollten für den Erhalt eines Lebensmittelmarkt an der Hansastraße 74 in Unna stimmen.“

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