Mit seiner gestern angekündigten neuen Allgemeinverfügung mit verschärften Coronaschutzregeln kurzfristig ab dem morgigen Samstag (17. April) begibt sich der Kreis Unna erstmals auf das heikle Terrain der vom Grundgesetz geschützten Privatsphäre.
Denn:
Anders als vormals sollen die in der neuen Verfügung fixierten Kontaktbeschränkungen nicht nur im öffentlichen Raum gelten, sondern auch im Privatraum der Bürger -im eigenen Garten und der eigenen Wohnung.
Volker Meier, Leiter der Pressestelle beim Kreis, bestätigte das heute Vormittag (16. 4.) auf unsere Anfrage und versicherte zugleich:
„Uns ist bewusst, dass das appellativen Charakter hat.“
Denn:
Auch im Kreis Unna wird nicht die Polizei ab Samstag in privaten Wohn- oder gar Schlafzimmern die Personen zählen und prüfen, ob sich dort jemand aufhält, der dort nicht hingehört.
Polizeikontrollen zu Hause? Innenminister Reul wie Vize-Ministerpräsident Stamp sagen: „Nein!“
Die sogenannte „Unverletzlichkeit der Wohnung“ ist in Artikel 13 Grundgesetz geregelt. Das Gesetz dient dem Schutz der räumlichen Privatsphäre vor Eingriffen des Staates. Ähnlich wie bei der Meinungs- oder Glaubensfreiheit handelt es sich um ein Freiheitsrecht.
Immer wieder, zuletzt anlässlich privater Treffen zu Weihnachten und Silvester, hatte Vize-Ministerpräsident Joachim Stamp vor der Presse unterstrichen: „Wir schicken nicht die Polizei in die Wohnzimmer. Daran ändert sich nichts.“
Und auch NRW-Innenminister Herbert Reul hatte bei der Vorstellung der Polizeistrategie für die Vorweihnachts- und Weihnachtszeit im November betont: „Wir gehen nicht in private Wohnungen. Es sei denn, in den Wohnungen gibt es Vorkommnisse, die das nötig machen.“
Dies gilt gemäß dem NRW-Polizeigesetz allerdings ohnehin immer. Dort heißt es in Paragraf 41:
Appellativen Charakter – denn Kontakte im Privaten sind ein Problem im Kreis Unna:
Dass der Kreis von seiner bisherigen Linie im Pandemiegeschehen ersmals abrückt und nun auch die eigenen vier Wände der Bürger mit in seine Kontaktbeschränkungen mit einbezieht, hat einen Grund, so Kreissprecher Volker Meier: Es sei der, dass sich eben die Ansteckungen mit Covid-19 im Kreisgebiet ganz überwiegend bei privaten Treffen vollzögen.
Betimmte lokale Ausbruchsherde ließen sich nur selten lokalisieren – zu diesen lokalen Herden gehören die Kitas, weshalb auch der schwere Entschluss gefasst worden sei, alle Kitas bis auf Notbetreuung ab Montag (19. 4.) zu schließen.
Diese Ankündigung sorgte bei zahlreichen Eltern für helles Entsetzen. Entschieden hat das Land darüber noch nicht. Wir berichteten separat.
Nächtliche Kontaktsperre von 21 bis 5 Uhr – keine Ausgangssperre:
Das Problem privater Treffen mit entsprechender Weitergabe des Virus versucht der Kreis Unna nun anders als der Märkische Kreis nicht mit einer Ausgangs-, sondern mit einer Kontaktsperre in den Griff zu bekommen.
Ebenso wie die hitzig diskutierte Ausgangsbeschränkung (die laut Bundeskabinett künftig ab Inzidenz 100 automatisch greifen soll – das ist noch nicht beschlossen und rechtlich sehr heikel) soll auch die verschärfte Kontaktbeschränkung im Kreis Unna von 21 Uhr an bis 5 Uhr morgens gelten. In diesem Zeitraum darf man sich nur noch mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes treffen. Sowohl draußen beim Spazierengehen als auch eben zu Hause
Lebenspartnerschaften sind ausgenommen.
„Selbstverständlich“, unterstrich Volker Meier auf unsere Nachfrage. Denn mehrere aufgelöste Leserinnen und Leser meldeten sich noch gestern Abend in unserer Redaktion mit der entgeisterten Frage: „Darf ich jetzt ab Samstag nicht mehr bei ihrem Freund / meiner Freundin übernachten?! Wir wohnen nicht zusammen…“
Doch, das dürfen sie, egal in welchen Städten sie jeweils wohnen. So ist es auch in der Coronaschutzverordnung des Landes NRW festgelegt. Ebenso wie weitere Ausnahmen (z. B. die Versorgung Pflegebedürftiger und Kranker), die in der Allgemeinverordnung aufgeführt werden und dann rechtsverbindlichen Charakter haben.
Wieso eine Kontakt- statt einer Ausgangssperre?
Die Ausgangsbeschränkung im benachbarten Märkischen Kreis mit zahlreichen (teils grotesk anmutenden) Ausnahmen sorgt seit ihrer Inkraftsetzung am 9. April für Dauerdiskussionen. Dazu sagt Kreissprecher Meier ganz klar:
„Wir haben im Kreis Unna keine Reeperbahn.“
Was er damit sagen will: In einer überwiegend ländlich bzw. kleinstädtisch strukturierten Region scheine es wenig zweckdienlich gegen das Pandemiegeschehen, den Bürgern abends zu verbieten, vor die Tür zu gehen.
„Wir haben uns daher auf eine zeitlich begrenzte Kontaktsperre verständigt.“ Auch diese tritt mit Veröffentlichung der Allgemeinverfügung in Kraft. Das wird, so Meier abschließend, im Laufe dieses Nachmittags geschehen.
Die Allgemeinverfügung wird auf der Webseite des Kreises veröffentlicht und ist bindend für alle 10 Städte und Gemeinden des Kreises.
[…] Kontakt- statt Ausgangssperre – Verbot gilt auch im privaten Raum […]
[…] – Dies hat laut Kreis allerdings „appellativen Charakter“, da Kontrollen in den privaten vier Wänden kaum möglich sind. HIER berichten wir. […]
[…] – Dies hat laut Kreis allerdings „appellativen Charakter“, da Kontrollen in den privaten vier Wänden kaum möglich sind. HIER berichten wir. […]