- Update Montag, 5. 4.: Auch das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat heute einen Ausstiegsplan vorgestellt. Ganz oben steht die massive Ausweitung der Coronatests und der Sicherung der Schutzmaßnahmen, als Nächstes sollen – wie bei der Expertise im Artikel – Schulen und Kitas wieder öffnen, zeitgleich mit einem Wiederhochfahren des ÖPNV. Lehrer könnten im Schichtbetrieb unterrichten, das würde dort das Infektionsrisiko deutlich senken. Schnell müsse auch die öffentliche Verwaltung wieder geöffnet werden, danach Handel und Dienstleister. Für Bereiche, bei denen von längerfristigen Beschränkungen oder Verboten auszugehen sei (Großveranstaltungen, Kultur generell), müsse über massive Unterstützungen nachgedacht werden. An Position 6 steht das Wiederhochfahren der Industrieproduktion, zudem seien offene Grenzen für Waren und Arbeitskräfte zu sichern. — Quelle: Welt.de
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Wie könnte ein stufenweiser Ausstieg aus den corona-bedingten Einschränkungen gelingen, ohne dass das Gesundheitssystem überlastet wird?
Dazu hat ein 14-köpfiges deutsches Expertenteam am Freitag, 3. 4., ein Positionspapier vorgelegt. Die über 30-seitige Expertise wurde von einer interdisziplininären Gruppe entwickelt, die Naturwissenschaften und Medizin ebenso abdeckt wie Verfassungsrecht, Ethik und Wirtschaft. Die Federführung lag beim Chef des Ifo-Instituts, Clemens Fuest, und dem Präsidenten der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte, Martin Lohse.
Eindringlich gewarnt wird vor einer kurz- wie mittelfristigen vollständigen Aufhebung der Einschränkungen. In diesem Fall „könnte sich das weiterhin in Deutschland vorhandene Virus in der weitgehend nicht immunen Bevölkerung erneut sehr rasch ausbreiten und eine große Zahl schwerer Erkrankungen verursachen.“ Eine wirksame Schutzimpfung oder eine breit anwendbare Therapie würden vorraussichtlich nicht vor 2021 zur Verfügung stehen.
Die Expertise betont:
„Derzeit kann der Erfolg der Maßnahmen noch nicht abgeschätzt werden“ – das liege zum einen an der langen Inkubationszeit (10-14 Tage), zum anderen an der „Latenz zwischen nachweisbarer Infektion und Erkrankung oder Tod. Insbesondere ist derzeit nicht zu klären, welche der vielen Maßnahmen welchen kausalen Anteil an einem Erfolg haben werden.“
Die Infektionszahlen steigen momentan weiter an, sowohl real als auch, weil erheblich mehr getestet wird. „Allerdings beginnt sich dieser Anstieg abzuflachen und die Verdopplungszeiten verlängern sich, was als Hinweis auf den Erfolg der Maßnahmen bewertet werden kann.“
Ein längerfristig anhaltender „Shutdown“ schädigt nach Auffassung der Experten nicht nur massiv und nachhaltig die Wirtschaft und damit den Arbeitsmarkt, sondern birgt auch sozialen Sprengstoff: Es sei „zu erwarten, dass die psychischen und sozialen Auswirkungen … umso negativer werden, je länger dieser Zustand anhält. Darüber hinaus sind bestimmte Gruppen besonders belastet, z.B. Familien mit Kindern, Personen in beengten Wohnverhältnissen, Alleinlebende, Kranke und psychisch labile Personen.“
So ist laut der Expertise vorzugehen:
- Eine der dringlichsten Einzelmaßnahmen: Die Produktion von Schutzkleidung und -masken in Deutschland müsse massiv gesteigert werden.
- Schulen und Kitas sollten (unter Beachtung der Gesundheitsschutz-Maßnahmen) als erstes wieder geöffnet werden, da Jugendliche und Kinder durch das Virus weniger gefährdet sind. Zudem könnten viele Menschen mit kleineren Kindern dann wieder zur Arbeit gehen.
- „Sektoren mit niedriger Ansteckungsgefahr“ sollen ebenfalls als Erste wieder öffnen, z.B. hochautomatisierte Fabriken.
- Prioriät sollen Berufe/Wirtschaftszweige haben, in denen wenig bis gar nicht mit Homeoffice und digigalen Techniken gearbeitet werden kann.
- Ebenfalls vorn auf der Liste steht „hohe Wertschöpfung, wie sie insbesondere Teile des verarbeitenden Gewerbes aufweisen“.
- Beschränkungen, die hohe soziale oder psychische Belastungen bedeuten, sollten
vorrangig gelockert werden; hier bleibt das Expertenteam allerdings vage. - Auch regional sollte differenziert werden: Regionen mit niedrigeren Infektionsraten und weniger Verbreitungspotential könnten eher geöffnet werden.
- Ebenso Vorrang sollen Bereiche und Regionen haben, in denen schon eine hohe Immunität vorliegt.
Und schließlich sind solche Regionen eher mit Lockerungen zu bedenken, die noch ausreichend freie Kapazitäten in der Krankenversorgung haben.
Ausführlich schlagen die Experten folgendes Vorgehen vor:
Die komplette Expertise finden Sie HIER.