„Auch der Bus von Hengsen nach Schwerte muss weiterfahren!“ In einem offenen Brief fordert der Ortsvorsteher von Holzwickede-Hengsen, Volker Schütte, energisch ein Umdenken über den Nahverkehrsplan für den Kreis Unna.
Dieser sieht wie berichtet die Streichung von Buslinien „in die Dörfer“ vor.
Schütte schreibt:
„Sehr geehrte „Entscheider“ über den Nahverkehrsplan!
Da macht man sich auf einem Workshop im Holzwickeder Rat- und Bürgerhaus in der letzten Woche Gedanken, in welche Richtung sich der Verkehr in den nächsten 15 Jahren entwickeln könnte und erarbeitet u.a. das Ziel, in unserer Gemeinde einen attraktiven Nahverkehr auf die Beine zu stellen. Gleichzeitig gehen einige Kilometer weiter, in den Haarstrangdörfern Opherdicke und Hengsen, genau in dieser Sache vielleicht bald die Lichter aus!
Warum denn das? Die noch laufende Überarbeitung des Nahverkehrsplans des Kreises Unna könnte dazu führen, dass der direkte Linienbusverkehr vom Haarstrang in Richtung Unna und Schwerte Ende 2025 eingestellt wird.
Bildhaft gesprochen will man unbequeme Zöpfe, in diesem Fall die Buslinien R51 und R50, im Rahmen der Neustrukturierung einfach mal abschneiden, obwohl sie über Jahrzehnte gewachsen sind.
In der Zeit der Mobilitätswende sollte der Öffentliche Nahverkehr aber gerade im ländlichen Bereich nicht zurückgefahren sondern eher ausgebaut werden – auch wenn das dem Kreis Unna sowie seinen Städten und Gemeinden Geld kostet.
Der Linienbusverkehr ist ein wesentlicher Teil der Infrastruktur eines Dorfes. Dabei ist gerade eine vernünftige Verkehrsanbindung für uns Bewohner sehr wichtig. Wenn diese bröckelt, kommt Ärger auf!
Den habe ich bei meinem letzten „Kreisel-Talk“ in Hengsen sowie bei einem Ortstermin am letzten Schultag vor den Herbstferien sehr eindrucksvoll erlebt – bei einem Treffen mit besorgten Schülern und Eltern direkt an der Bushaltestelle der R50 in Richtung Schwerte.
Viele Schülerinnen und Schüler, Berufstätige und Senioren nutzen diesen Bus regelmäßig. Der fährt über Sölderholz und Geisecke in die Ruhrstadt und bringt seine Passagiere auf direktem Weg zu den weiterführenden Schulen, zur Arbeitsstelle, zum Krankenhaus, zu den Ärzten, zum Wochenmarkt oder einfach auch nur zum Schwerter Hallenbad.
Gerade für die vielen Hengser Schülerinnen und Schüler, die in Schwerte z.B. die Gesamtschule Gänsewinkel besuchen, ergibt sich ein großes Problem, wenn der „R50“, der gerade zu den Schulzeiten oft bis auf den letzten Platz ausgelastet ist, nicht mehr fährt.
Eine besorgte Mutter hat mir das Problem sehr anschaulich beschrieben, wenn die Umstrukturierung greifen sollte:
„Meine Tochter müsste, wie bislang auch, von der Weststraße zur Bushaltestelle am Kreisel laufen. Hier steigt sie in den Bus der neu geschaffenen VKU-Linie 76 und fährt mit ganz vielen Stopps zum Holzwickeder Bahnhof. Mit dem Zug geht es dann weiter zum Schwerter Bahnhof. Hier angekommen, wartet unsere Zwölfjährige auf den Ortsbus, der sie zu ihrer Schule an der Grünstraße bringt, natürlich wieder mit vielen Stopps an den Bushaltestellen im Schwerter Stadtgebiet.“ Auf meine Frage, wie lange die Tochter unterwegs sein wird, bekomme ich die Antwort: „Unverhältnismäßig lang!“
Gibt es für die Hengserin eine Alternative? Ihre Antwort: „Da das Fahrrad aus Sicherheitsgründen ausscheidet, kommt eigentlich nur das unbeliebte Elterntaxi in Frage. Aber das ist auch nicht überall vorhanden, oft mit der Arbeitszeit der Eltern nicht zu vereinbaren und gerade in Zeiten des Klimawandels sowie der Verkehrswende doch irgendwie ein fatales Zeichen. Darüber hinaus reduziert es die Selbstständigkeit unserer Kinder.“
Ach ja, bei dem Workshop im Rathaus wurde bekannt, dass die Autodichte in Holzwickede deutlich höher als der Durchschnitt ist. So kommen auf 1.000 Holzwickeder schon jetzt 714 Pkw! In NRW liegt der Wert bei 582. Noch Fragen?
Ich frage mich, wie es in dieser Sache weitergehen wird. Mittlerweile gibt es in vielen Städten und Gemeinden im Kreis Unna Aktivitäten, um den Wegfall von gewachsenen Buslinien zu verhindern – in der Politik, in den Verwaltungen und natürlich im privaten Bereich. So ist im Dortmunder Vorort Sölderholz eine Bürgerin in Sachen Erhaltung der R50 aktiv geworden und hat eine Petition ins Netz gestellt https://chng.it/BMpN5JzRYM .
Bislang (14.10.2024) haben schon über 1.400 Personen unterschrieben – ich als Hengsens Ortsvorsteher auch! Der ist übrigens als Schüler schon in den 1970er-Jahren neun Jahre mit dem Linienbus von Hengsen nach Schwerte gefahren – umsteigen musste er nie!
In den nächsten Monaten wünsche ich mir von den „Entscheidern“ Augenmaß, Vernunft, Kreativität und vor allen Dingen eine enge Zusammenarbeit der räumlich angrenzenden Kommunen in Sachen Linienführung. Da ist in Sachen der R50 und der R51 sicherlich noch deutlich Luft nach oben.
Noch fahren die Busse vom Hengser Haarstrang auf direktem Weg in Richtung Schwerte und Unna. Zusammen mit vielen besorgten Bürgerinnen und Bürgern setze ich mich auch weiterhin dafür ein, dass das so bleibt!„
- Volker Schütte, Ortsvorsteher von Hengsen