„Die Bezeichnung anderer als ,rechtsradikal ist ein Werturteil und fällt unter die Meinungsfreiheit.“
Diesen Beschluss traf das Bundesverfassungsgericht am 17. September 2012 und veröffentlichte ihn zwei Monate später in einer Pressemitteilung.
Die Ausführungen der Verfassungsrichter lassen sich auf einen aktuellen lokalen Fall beziehen.
Auf der Facebookseite von Rundblick Unna lieferten sich am heutigen Donnerstag, 28. März, der frühere Sachkundige Bürger der Freien Liste Unna (FLU), Friedrich Vogt, und Grünen-Ratsherr Klaus Koppenberg (ehemaliger Sprecher des Runden Tischs gegen Gewalt und Rasssismus) zum wiederholten Mal einen verbalen Disput.
Die Diskussion entbrannte unter unserem Artikel zur Ankündigung einer AfD-Protestdemo gegen die Ampelregierung am 6. April in Lünen.
Koppenberg eröffnete am Mittwoch unter dem auf Facebook geposteten Bericht einen Diskussionsfaden mit folgendem Kommentar:
„Es gibt zwei Möglichkeiten, um sich über die Folgen des völkisch, nationalistischen AfD Desasters sachlich zu informieren. Zunächst kann man den Vertretern der deutschen Wirtschaft, der Gewerkschaften und der Solzialverbänden zuhören. Die haben sich in dieser Frage eindeutig positioniert. Dann kann man einfach wahrnehmen was in den Veröffentlichungen der AfD Vordenker und Politiker an rechtsextremistischen Thesen nachzulesen ist. Wer beides verweigert, weil es es so viel einfacher ist, irgendwelchen Lautsprechern und Destabilisierungsprofiteuren auf den Leim zu gehen, kann sich zwar hier in einem AfD Sumpf baden, schließt sich damit jedoch einer antidemokratischen Bewegung an. Erst wird von Altparteien phantasiert, um dann schließlich laut Aussage eines AfD Landtagsabgeordneten den Parteienstaat abzuschaffen.“
Ebenso wie weitere Foristen wandte sich auch der frühere sachkundige Bürger der FLU, Freddy Vogt, gegen seinen einstigen Ratskollegen. Er ging Koppenberg wie folgt an:
„Sie können sich drehen und winden, wie Sie wollen. Dass Sie nur Mumpitz predigen, wird zum Glück für immer mehr Menschen ersichtlich. Darum bitte weiter mit ihren Kommentaren. Es offenbart uns die woken ideologischen Gedankenwindungen von Grünlingen.“
Darauf stellte der Grünen-Ratsherr fest:
„Freddy Vogt ist ein Vertreter des Rechtsextremismus.“
Einzelne Leser wandten sich mit dem Verweis auf diesen Kommentar mit der Frage an unserer Redaktion, wieso eine solche Äußerung stehen bleibe, wo sie offenbar doch strafrechtlich relevant sei.
Das ist sie laut Rechtsprechung zumindest des Bundesverfassungsgerichts nicht.
So heißt es im Beschluss der Verfassungsrichter vom 17. September 2012 (1 BvR 2979/10) zu einem vergleichbaren Fall:
„Eine Person in einem Internetforum in Auseinandersetzung mit deren Beiträgen als „rechtsradikal“ zu betiteln, ist ein Werturteil und grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt.
Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem heute veröffentlichten Beschluss vom 17. September 2012 und hob daher die angegriffenen Unterlassungsurteile auf.
Es obliegt nun den Zivilgerichten, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der kritisierten Person abzuwägen.„
Der Entscheidung lagen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
1. Der im zivilrechtlichen Ausgangsverfahren auf Unterlassung klagende Rechtsanwalt beschäftigte sich auf seiner Kanzleihomepage und in Zeitschriftenveröffentlichungen mit politischen Themen. Er schrieb unter anderem über die „khasarischen, also nicht-semitischen Juden“, die das Wirtschaftsgeschehen in der Welt bestimmten, und über den „transitorischen Charakter“ des Grundgesetzes, das lediglich ein „ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte“ sei.
Der Beschwerdeführer, ebenfalls Rechtsanwalt, setzte sich in einem Internet-Diskussionsforum mit diesen Veröffentlichungen auseinander: Der Verfasser liefere „einen seiner typischen rechtsextremen originellen Beiträge zur Besatzerrepublik BRD, die endlich durch einen bioregionalistisch organisierten Volksstaat zu ersetzen sei“. Wer meine, „die Welt werde im Grunde von einer Gruppe khasarischer Juden beherrscht, welche im Verborgenen die Strippen ziehen„, müsse „es sich gefallen lassen, rechtsradikal genannt zu werden“.
Das Landgericht und das Oberlandesgericht verurteilten den Beschwerdeführer zur Unterlassung der Äußerungen, wobei das Landgericht sie teilweise als unwahre Tatsachenbehauptungen und das Oberlandesgericht sie als Schmähkritik aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen ließen.
Das Bundesverfassungsgericht hat beide Urteile aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen.
2. Diese Urteile verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG).
a) Es handelt sich um Meinungsäußerungen in Form eines Werturteils, denn es ist nicht durch eine Beweiserhebung festzustellen, wann ein Beitrag „rechtsextrem“ ist, wann sich ein Denken vom „klassisch rechtsradikalen verschwörungstheoretischen Weltbild“ unterscheidet und wann man „es sich gefallen lassen muss, rechtsradikal genannt zu werden“.
b) Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit werden verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Grundrechtsschutz teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind.
Verfassungsrechtlich ist die Schmähung eng definiert, da bei ihrem Vorliegen schon jede Abwägung mit der Meinungsfreiheit entfällt. Eine Schmähkritik ist nicht einfach jede Beleidigung, sondern spezifisch dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Dies kann hier aber nicht angenommen werden, denn alle Äußerungen haben einen Sachbezug.
c) Verfassungsrechtlich geboten war also eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Unterlassungsklägers. Das Ergebnis dieser Abwägung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.
In der Abwägung muss das Gericht, an das zurückverwiesen wurde, berücksichtigen, dass der Unterlassungskläger weder in seiner Intim- noch in seiner Privatsphäre betroffen ist, sondern allenfalls in seiner Sozialsphäre. Dagegen ist die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers in ihrem Kern betroffen.
Die Verurteilung zur Unterlassung eines Werturteils muss im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden.
Der Unterlassungskläger hat seine Beiträge öffentlich zur Diskussion gestellt; dann muss zur öffentlichen Meinungsbildung auch eine inhaltliche Diskussion möglich sein.“
Ich finde, wir sollten dem grünen Expertenwissen mehr Vertrauen schenken. Immerhin haben wir eine Außenministerin, die sich in hunderttausend Kilometer weit entfernten Ländern auskennt; einen Wirtschaftsminister, der sehr anschaulich und differenziert eine Insolvenz erklärt sowie eine grüne Parteivorsitzende, die die deutsche Durchschnittsrente bis auf die dritte Nachkommastelle exakt angeben kann. Dann verlasse ich mich auch gerne auf die grüne Expertise zum Thema Rechtsextremismus, zumal gestützt vom Bundesverfassungsgericht. Vielleicht gab es ja auch hier zuvor ein „diskretes Treffen“ wie letzten Dienstag: https://www.tagesspiegel.de/politik/schutz-des-rechtsstaats-vor-der-afd-verfassungsrichter-besuchten-justizministerium-fur-diskretes-gesprach-11419859.html
Wann hat man eigentlich beschlossen, das Wort „völkisch“ zu erfinden und negativ zu belegen? War das vor oder nach „fake news“ oder „Russlandtroll“?
Einerseits wird die AFD medial immer wieder mit den „Nazis“ in Verbindung gebracht, dieses zumindest versucht.
Andererseits wird sie von denselben Leuten dann als „rechtsextrem“ bezeichnet.
Ja watt denn nun? Dieselbe Partei ist links- und rechtsextrem?
Wo waren diese Leute, als die anderen Kinder damals im Geschichtsunterricht saßen und die Platzvergabe im damaligen Reichstag erklärt wurde?