Wo große, alte Bäume gefällt werden, ist stets mit hoher negativer Aufmerksamkeit und emotionalen Reaktionen der Bürger zu rechnen. Sei es, dass die Kommune selbst eine Fällung beschließen lässt (wie kürzlich an der Hertinger Straße, wo die Stadt Unna für die Verkehrsführung der neuen Gemeinschaftsgrundschule 7 prächtige, gesunde, 80 Jahre Linden fällen ließ), oder, dass Bürger auf ihren Privatgrundstücken die Säge kreisen lassen.
Dazu haben die Unnaer weitreichende Handhabe, seit die Ratsmehrheit vor fast 10 Jahren die Baumschutzsatzung kippte und bisher, trotz inzwischen Grüner Dominanz im Rat und trotz Klimawandel-Sensibilität, nicht wieder einführte.
Eine Anwohnerin der Unnaer Innenstadt schrieb uns am heutigen Montag merklich aufgelöst mit der Frage an, ob sich noch verhindern ließe, dass am Käthe-Kollwitz-Ring einige große, alte Bäume gefällt werden.
Die Baumriesen müssen einem Bebauungsprojekt weichen, das eine Immobiliengesellschaft unweit an der Ludwig-Richter-Straße realisiert.
„Es geht um 80 bis 100 Jahre alte Bäume, die wohl bis zum 1. März gefällt werden, damit das Grundstück bebaut werden kann“, klagt die Anwohnerin. „Der Bauträger hatte sich mal damit gerühmt, dass er sich um den Erhalt des Stadtbildes kümmert… Aber die Bäume müssen natürlich weg, damit größer gebaut werden kann.“
Aus Sicht dieser Bürgerin ist es „eine Schande, so alte Bäume einfach abzuholzen, vor allem, da es ja Möglichkeiten gibt, Baumwurzeln zu cutten, damit dieses nachher nicht unters Gebäude wachsen und Beschädigungen verursachen. Es gibt genug Länder, wo gebaut wird und die Bäume trotzdem integriert werden.“
Auf den Tipp unserer Redaktion, direkt im Umweltamt im Rathaus nachzufragen, bekam die Bürgerin die erwartbare und für sie sehr frustrierende Auskunft: Es sei ein privates Grundstück, da könne die Stadt nichts machen.
Auf der Website der Stadt heißt es zum Thema Baumfällungen:
„Tausende Bäume auf öffentlichen und privaten Flächen bereichern das Stadtbild von Unna, wirken sich positiv auf unser Klima aus und bieten Lebensraum für Vögel, Insekten und weitere Tiergruppen.
Da es seit Ende Dezember 2014 keine Baumschutzsatzung für den privaten Baumbestand im Stadtgebiet von Unna mehr gibt, ist jeder Grundstückseigentümer für seinen privaten Baumbestand eigenverantwortlich.
Der Schutz der stadteigenen Bäume ist durch eine Baumbestandssatzung geregelt. Gemäß der Baumbestandssatzung muss vor einer Fällung, Kroneneinkürzung oder sonstigen Maßnahme an geschützten Bäumen im Stadtgebiet eine Ausnahme/Befreiung beantragt werden.“
Ausführlicher heißt es auf der Homepage der Stadt zum Thema Bäume:
„Die Erhaltung, Pflege und Weiterentwicklung eines artenreichen und gesunden Baumbestandes ist der Stadtverwaltung Unna ein besonderes Anliegen. Auf öffentlichen und privaten Flächen bereichern Tausende Bäume das Stadtbild, wirken positiv auf das urbane Klima und bieten Lebensraum für Vögel, Insekten und weitere Tiergruppen.
Seit dem 23. Dezember 2014 gibt es in Unna keine Baumschutzsatzung mehr. Damit hat jeder Grundstückseigentümer für seinen Baumbestand eine größere Eigenverantwortung.
Warum sind Bäume so wichtig für unsere Stadt?
Mehrere Tausend Straßenbäume prägen neben begrünten Hängen und Parkanlagen das Bild der 5.700 Hektar bebauten Stadtbereiche der Stadt Unna. Baumreihen und insbesondere großkronige Einzelbäume beleben und gliedern das Stadtbild. Sie reinigen die Luft, sind lebende Lärmschutzwände, spenden Schatten, bieten Nahrung und Wohnraum für viele Tierarten. Ohne Bäume hätten die Menschen aufgrund der Luftverschmutzung, der Verkehrsabgase, der Wärme- und Industrieabgase kaum mehr Sauerstoff zum Atmen. Die Bäume „reinigen“ die Luft und filtern für den Menschen schädliche Partikel heraus. Eine 100-jährige Buche setzt pro Stunde etwa 1,7 Kilogramm Sauerstoff frei. Das entspricht etwa der Menge, die fünfzig Menschen in einer Stunde zum Atmen benötigen. Am Beispiel einer etwa 100 Jahre alten Buche wird deutlich, welchen Nutzen ein einzelner Baum hat.
(Quelle:http://www.die-gruene-stadt.de/broschueren.aspx)
Bäume und Sträucher genießen besonderen Schutz
Nach den Bestimmungen im novellierten Bundesnaturschutzgesetz (§ 39 Abs. 5 Nr. 2) vom 1. März 2010, dürfen aus Gründen des Artenschutzes vom 1. März bis zum 30. September keine Bäume und sonstige Gehölze beseitigt werden. Neu ist, dass auch Bäume und nicht nur Sträucher unter diese Regelung fallen. Es ist verboten, Bäume, die außerhalb des Waldes, von Kurzumtriebs-Plantagen oder gärtnerisch genutzten Grundflächen stehen, Hecken, lebende Zäune, Gebüsche und andere Gehölze in der Zeit vom 1. März bis zum 30. September abzuschneiden oder auf Stock zu setzen; zulässig sind schonende Form- und Pflegeschnitte zur Beseitigung des Zuwachses.
Ausnahmen von der Regel
Ausgenommen sind nur gärtnerisch genutzte Grundflächen, das bedeutet: Haus-und Kleingärten, Rasensportanlagen, Parkanlagen, Friedhöfe und Flächen für den Erwerbsgartenbau. Eine Fällung ist jedoch verboten, wenn sich in den Bäumen Lebensstätten wild lebender Tierarten befinden. Vor jeder Fällung sind die Bäume deshalb stets daraufhin zu untersuchen, ob sie als Brut- und Nistplätze geschützter Arten dienen. Dann bedarf die Fällung der Genehmigung auch der zuständigen Naturschutzbehörde, auch bei Gründen der Verkehrssicherheit. Vor der Fällung ist ebenfalls zu prüfen, ob der Baum als „erhaltenswerter Baum“ im Bebauungsplan festgesetzt ist.
Bebauungspläne
Der Umgang mit stadteigenen Bäumen wird nach der Aufhebung der langjährigen Baumschutzsatzung in einer Dienstanweisung geregelt. Die Entscheidung über stadteigene Bäume trifft weiterhin der Ausschuss für Umweltangelegenheiten nach vorheriger Beratung in der Baumschutzkommission.