Wigant nach Tumulten in Erstaufnahme Massen: „Tun unser Möglichstes, um Sorgen gerecht zu werden“

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Bürgermeister Dirk Wigant und Wachleiter Uwe Bergmeier sprachen am Freitag (18. August) mit Anwohnern der Erstaufnahmeeinrichtung in Massen. (Foto Stadt Unna)

Nach den Tumulten mit Großeinsätzen der Polizei in der Erstaufnahmeeinrichtung (EAE) in Massen am vorigen Mittwoch und Donnerstag – sexuelle Übergriffe, Massenschlägerei und schwere Messerattacke – hat Unnas Bürgermeister Dirk Wigant am Freitag (18. August) das Gespräch mit Anwohnern der Siedlung rund um die EAE gesucht.

Dies berichtete die Stadt am Tag selbst kurz in Form eines Facebookposts und kündigte einen Bericht über die Inhalte der Gespräche für den Montag an.

Dazu kam denn am Montagnachmittag die unten wiedergegebene Pressemitteilung. Wir übernehmen sie wörtlich, da unsere Redaktion nicht bei dem Treffen dabei war.

Die Stadt resümiert Wigants Treffen mit den Anwohnern wie folgt:

„An dem konstruktiven Austausch vor Ort nahmen unter anderem Uwe Bergmeier, Leiter der Polizeiwache Unna, Ortsvorsteher Erik Rapillus und Vertreterinnen der Bezirksregierung Arnsberg teil. Die Bezirksregierung betreibt die EAE im Auftrag des Landes NRW.

„Mir war es wichtig, mit den Anwohnern schnell ins Gespräch zu kommen, denn natürlich werfen die Vorkommnisse Fragen und Sorgen auf“, so der Bürgermeister.

In einem offenen Austausch an der Buderusstraße hatten alle Beteiligten die Möglichkeit, die Themen anzusprechen, die sie bewegen. Dem Wunsch der Anwohner nach der Einberufung eines weiteren Runden Tisches mit allen beteiligten Institutionen in Massen-Nord werde die Stadt gerne nachkommen, sobald es neue Informationen seitens der Bezirksregierung gibt.

Wachleiter Uwe Bergmeier führte aus, dass die Polizei sowohl am Mittwoch als auch am Donnerstag schnell und mit starken Kräften vor Ort gewesen sei. Der Wachleiter äußerte Verständnis für ein entstandenes Gefühl der Unsicherheit bei den Anwohnern der EAE, betonte aber auch: „Wir sind hier sehr präsent und dulden hier keine Straftaten.“

Bergmeier verwies in diesem Kontext auch auf den Bezirksbeamten Jürgen Horstmann, der stets ansprechbar und auch regelmäßig in der EAE sei. Zudem sei die Siedlung rund um die EAE ein Streifenschwerpunkt. „Wir fahren hier mehrmals täglich durch“, betonte Bergmeier.

Theresa Dietrich von der Bezirksregierung Arnsberg berichtete aus der EAE, dass dort nach den Polizeieinsätzen nun wieder Ruhe einkehre. Die Sorge, dass die Auslöser der Schlägerei erneut aufeinanderprallen könnten, konnte Dietrich den Anwohnern nehmen.

„Sie werden nicht zurück nach Unna kommen, sondern getrennt voneinander in andere Einrichtungen gebracht.“

Ohnehin sei die Fluktuation bei den Bewohnern hoch, was an der Funktion als Erstaufnahmeeinrichtung liege. Die Menschen, die der EAE aus der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Bochum zugewiesen würden, blieben derzeit im Schnitt etwa 12 Tage in Unna.

Ihr Aufenthalt in der EAE dient der Registrierung, der Erstuntersuchung und der Asylantragstellung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). „Trotz der kurzen Aufenthaltsdauer versuchen wir den Menschen hier eine Tagesstruktur zu geben, die neben den behördlichen Angelegenheiten auch ein Freizeitangebot und Deutschkurse umfasst“, schilderte Dietrich.

Sie zeigte sich für Anregungen aus der Anwohnerschaft offen und versprach in einem konkreten Fall zügig Abhilfe. Dabei ging es um die morgendliche Situation an der Bushaltestelle.

Eine Anwohnerin schilderte, dass der Bus mitunter so voll sei, dass Kinder aus der Siedlung keinen Platz mehr bekämen, obwohl sie zur Schule müssten. Damit alle Kinder problemlos ihren Bus kriegen können, sollen deshalb ab sofort keine EAE-Bewohner mehr im entsprechenden Zeitfenster auf Transfer in andere Unterbringungseinrichtungen geschickt werden.

Auch die Zukunft der EAE und eine mögliche Erweiterung der Platzzahl waren Thema des Austausches.

Zurzeit dürfen in Massen bis zu 800 Menschen – in Spitzenzeiten bis zu 1000 – aufgenommen werden, zum Zeitpunkt des Gespräches am Freitag zählte die EAE 735 Bewohnerinnen und Bewohner.

In den nächsten Monaten stehen Gespräche zwischen der Kreisstadt Unna und dem Land NRW über einen neuen Nutzungsvertrag an. Im Zuge der Gespräche mit dem Land werde auch über eine bessere Abgrenzung von EAE und Siedlung zu reden sein, sagte Bürgermeister Dirk Wigant.

Er betonte zugleich die Bedeutung der EAE für die gesamte Stadt Unna. Die Einrichtung werde nicht nur vom Land finanziert, sondern die dort vorhandenen Plätze würden auch auf die Gesamtzahl der von der Kreisstadt Unna aufzunehmenden Geflüchteten angerechnet, erklärte Wigant.

Während andere Kommunen aufgrund der hohen Zuweisungszahlen vor vielfältigen Problemen der Unterbringung stehen, habe Unna noch nie eine Turnhalle schließen oder Zelte aufstellen müssen, um darin geflüchtete Menschen unterzubringen.

Wigant abschließend:

„Uns ist bewusst, dass die Anwohner rund um die EAE einer besonderen Situation ausgesetzt sind, aber wir tun unser Möglichstes, um ihren Sorgen gerecht zu werden.“

10 KOMMENTARE

  1. Amtsträger leisten einen Eid, der u.a. die Pflicht enthält, „zum Wohle des deutschen Volkes“ zu handeln.
    Das dies nicht mehr für alle Entscheidungen zutrifft wird zunehmend sichtbar.
    Für die Grünen gilt dies allerdings prinzipiell nicht mehr; im NRW-Landtag wurde vor einigen Jahren der Antrag gestellt, den Amtseid an dieser Stelle in „zum Wohle aller Menschen“ zu ändern.
    Diese Politik wird systematisch bei Regierungsbeteiligungen durchgezogen, auf Kosten der Bürger (auch Zuwanderer), die dieses Land aufgebaut haben.

    • Dieser Eid ist leider nicht rechtlich bindend, da gibt es ganz interessante Texte und Fälle drüber. Er ist also kein Eid im eigentlichen Sinne, sondern nur eine dahergesagte Floskel.

  2. „Jetzt müssen also erst Andere kommen, damit es hinterher niemand gewesen sei ?“, Nein, fühle mich noch immer nicht wohl damit. Zehn Leute…vieleicht Drei …aber (im großen und ganzen) Hundertausend sind Zahlenmässig und in meinen Augen bereits, dass Gewaltpotential einer Armee, in seiner ganzen Schrecklichkeit (Randbemerkung: die doch in der Verteidigung liegt, nicht?) und Einschüchterung zum Ausdruck bringend, abzulehnen. Zumindest rät mir das jene Vernuft, die mir das Bauchgefühl gibt, dass keinesfalls mittragen zu wollen.

  3. Zu Herrn Wigant in Unna kann ich nichts schreiben, da ich ihn persönlich nicht kenne.

    Aus Hintergrundgesprächen weiß ich allerdings:
    So manchen Bürgermeistern landesweit ist bereits bewußt, das sie diejenigen sind, die immer mehr die massiven negativen Auswirkungen katastrophaler Bundes- und Landespolitik als erstes vor Ort ausbaden müssen.
    Das Spagat zwischen Parteidiziplin verbunden mit der Abhängigeit von Fördergelder und der Verpflichtung gegenüber den Bürgern wird immer größer.

    Auf Bundesebene will die SPD/Grüne Regierung das komplette Gesellschaftssystem mit der „Grünen Transformation“ radikal umgestalten. Auf Landesebene hat das gleiche die CDU/Grüne Regierung angekündigt. Als Bürgermeister sich gegen diese Blockparteien zu stellen, dürfte sehr schwierig sein.

    Eine politische Technik kennt man auch noch von den Coronamaßnahmen:
    Freitag spät Abends beschließt die Regierung neue Gesetze, dann werden sie über das Wochenende an die Bundesministerien weitergereicht, von da aus an die Landesministerien, von da aus an die Regierungsbezirke, von da aus an die Landräte, von da aus an die einzelnen Kommunen, von da aus an die Fachbereiche, von da aus an die zuständigen Stellen vor Ort.
    Montag Morgens um 8.00 Uhr standen dann die Kommunalbeamte, Verwaltungsmitarbeiter, Ordnungsamtmitarbeiter, Polizisten, Erzieherinnen, Lehrer, Unternehmer, etc mit einem Berg an sofort gültigen Verordnungen an der Front, die sie sofort in der Praxis durchzusetzen hatten. Während langsam erst mal die Diskussion begann, wie sie überhaupt zu deuten sind.

    Der Widerspruch bei Mitarbeitern im öffentlichen Dienst, zu der „Haltung“ die sie nach außen hin zeigen müssen und der wirklichen privaten Meinung, ist auch weitaus mehr verbreitet, als offiziell dargestellt.

  4. „Wir fahren hier mehrmals täglich durch“ – das kann ja gar nicht sein. Schließlich begehen die ja laut Statistik praktisch keine Straftaten 😉

  5. Es geht auch in Massen-Nord in den wenigsten Fällen um Asyl, sondern in der Regel offenbar um die Verwirklichung eines Experiments. In einem 8-minütigen ARD Tagesthemen-Interview und erneut im ehemaligen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sagte der einflussreiche Publizist (u.a. „Die Zeit“) und Politikwissenschaftler Yascha Mounk: „Wir wagen ein historisch einzigartiges Experiment: Und zwar eine monoethnische und monokulturelle Demokratie in eine multiethnische Demokratie zu verwandeln. Das kann klappen, das wird glaube ich auch klappen. Aber dabei kommt es natürlich auch zu vielen Verwerfungen.“ https://www.youtube.com/watch?v=eFLY0rcsBGQ ; ab Minute 01:50) Wer hier die Rolle des „Wir“ einnimmt, lässt Yascha Mounk offen. Mit „Verwerfungen“ meint Mounk sicherlich die immens gestiegene Kriminalität in Europa. Mounks erstmalig und in der Form einmalig ausgesprochenen Worte für die „Uns“ so unverständliche erscheinende „Asylpolitik“ sollte man immer und stets im Hinterkopf behalten und in Diskussionen damit auch die Politiker vor Ort und sonstwo konfrontieren. Empfehlung: Bei Bürgerdiskussionen den Ausschnitt aus dem Tagesthemen-Interview per Beamer und guter Audio-Qualität allen Anwesenden zeigen.

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