Der inzwischen dritte Redakteur des Hellweger Anzeigers in kurzer Zeit verlässt die Unnaer Lokalzeitung, um als Pressesprecher ins Rathaus der Kreisstadt zu wechseln.
Nach Christoph Ueberfeld, der voriges Jahr plötzlich verstarb, und der ihm nachfolgenden Stadtpressesprecherin Anna Gemünd trat zum Monatsbeginn Kevin Kohues seinen Dienst als Pressesprecher bei der Kreisstadt an.
„Das Team der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit der Kreisstadt Unna ist wieder komplett“, so kam heute Nachmittag (3. April) die Vermeldung der jüngsten Personalie aus dem Rathaus.
Seit dem 1. April 2023 ist Kevin Kohues (40) neuer Pressesprecher der Kreisstadt, nun zusammen mit seiner früheren HA-Kollegin Anna Gemünd (36).
Nach dem Studium der Politikwissenschaften absolvierte Kevin Kohues ein Volontariat bei Lensing Media (u.a. Ruhr Nachrichten) und arbeitete viele Jahre beim Hellweger Anzeiger.
Auch in der Pressestelle des Kreishauses ist seit Kurzem mit Alexander Heine ein ehemaliger Redakteur des Hellwegers tätig. Beim Verlag Lensing (Ruhrnachrichten) und der Funke Mediengruppe (Westfalenpost) wechselten in der jüngsten Zeit ebenfalls ungewöhnlich viele langjährige Redakteure in kommunale (Städte, Kreise) oder privatwirtschaftliche Pressestellen.
Die Zeitungsverlage kämpfen bundesweit mit weiter sinkenden Auflagen. Lensing (RN) und Rubens (HA) kooperieren bereits in vielen Bereichen miteinander. Der HA hatte vor einigen Jahren abrupt seine Lokalredaktionen in Fröndenberg, Holzwickede und Bergkamen aufgegeben und die Arbeit in zwei Zentralredaktionen in Unna und Kamen zentralisiert.
In DIESEM Bericht vom vergangenen Sommer warfen wir die Frage auf, ob eine Rathauspressestelle – ganz unabhängig von den Personen – angesichts der ständig beklagten massiven Personalknappheit nicht auch sparsamer ausgestattet sein könnte.
Bis auf wenige Ausnahmen sind Zeitungen ein Auslaufmodell. Da gilt für die Beschäftigten nur noch „Rette sich, wer kann!“
Ich halte diese Entwicklung für sehr bedenklich. Klar, für den einzelnen Redakteur/ Redakteurin mag der Wechsel zur Verwaltung ein persönlicher Vorteil sein und zu einem geregelteren Arbeitsablauf führen. Für den kritischen Journalismus, der in unserem Staat auch eine Kontrollfunktion erfüllen sollte, ist ein solcher Wechsel jedoch verheerend. Dies gilt hier im Kreis Unna besonders, weil er in dieser konzentrierten Form erfolgt. Die erhofft kritische Berichterstattung der einzig verbliebenen klassischen Tageszeitung, könnte zur Hofberichterstattung verkommen. Welcher Redakteur mag „störendere“ oder gar enthüllende Artikel verfassen, wenn er insgeheim auf eine spätere Karriere bei der Verwaltung hofft? „Wes Brot ich eß, des Lied ich sing“, hat schon Oma gewußt und damit recht gehabt.
Ich kann Ihre Bedenken gut nachvollziehen, Herr Göldner. Freilich wenden sich Leser nachgewiesen vor allem auch deshalb von klassischen Tageszeitungen ab, weil sie Hofberichterstattungen und betreutes Denken nicht weiter als zahlende Kunden unterstützen möchten. Leser, die für Hofberichterstattung bezahlen, wirken als schweigende Sponsoren dieser Art von Presse. Und aus eigener Erfahrung bei meinen früheren Verlagen weiß ich, dass Hofberichterstattung bzw. das Vermeiden von Kritik oft nicht von den einzelnen Redakteuren gewollt, sondern „von oben“ angeordnet wird. In einer solchen Situation akzeptiert man und bleibt – oder man geht. VG von Silvia Rinke.