„Habt ihr einen Schatten?“ – „Baumrecht vor Baurecht“ und „Hilfe, ich gehöre zur Risikogruppe!“ Unsere Leserin Anne-Katrin Peck hielt eifrig sofort mit der Kamera drauf.
„Heute morgen entdeckt… am Ollen Kotten… eine tolle Aktion, um auf die aufmerksam zu machen, die keine eigene Stimme haben!“ So schrieb uns die Unnaerin am heutigen Dienstagvormittag, 5. Oktober, und schickte Fotos mit. Sie zeigen die, “ die keine eigene Stimme haben“: Bäume.
Konkret geht es um vier Bäume am Morgentor im Bereich Oller Kotten/Burgstraße/Morgenstraße, die für den dort geplanten neuen Platz gefällt werden sollen, den „Shared Space“.
Zwar ist im Zuge der Neugestaltung, die unter anderem auch eine Ringspur für Fahrradfahrer in der City beinhaltet, umfassende Neubepflanzung im Bereich Morgentor geplant, betonte Beigeordneter Jens Toschläger in mehreren Ausschusssitzungen zum Thema.
Dennoch sind insbesondere den Grünen diese Fällungen ein Dorn im Auge, da es entschieden nicht im Sinne des Klimaschutzes sei, gewachsenen Baumbestand in der Innenstadt der Säge zu opfern.
Gleichwohl beharrt die Stadt darauf, dass beim Erhalt der Bäume das mit der Platzneugestaltung verfolgte Ziel verfehlt werde: Es ist die angestrebte Verkehrswende mit mehr Platz für Radler und Fußgänger und größtmöglicher Trennung der Verkehrswege.
Dem stehen diese fraglichen Bäume im Weg.
Die Baumschutzkommission hatte bis letzter Woche noch nicht abschließend über die Fällungen entschieden.
Hintergrund „Shared Space“ am Unnaer Morgentor:
Die Stadt gestaltet das City-Eingangsareall zwischen Ostring, Morgenstraße, neuen Gastroterrassen und Landratsamt zum „Shared Space“ um, zum „Verweilplatz“ also. Autos sollen dort künftig möglichst sparsam „verweilen“, statt dessen Fußgänger, Radfahrer, Gastronomiebesucher. Dazu muss der vorhandene Platz neu aufgeteilt und müssen die Wegeverbindungen neu strukturiert werden. Dieser Neugestaltung sind 4 Bäume in Richtung Landratsamt im Weg.
Schon im Mai hatte der Streit begonnen. Die Grünen-Fraktion will die Baumfällungen verhindern und mit Blick auf die über 300 neuen Parkplätze am künftigen Mühlencenter (Mühle Bremme-Gelände) lieber auf die 9 Parkplätze verzichten, die am Morgentor geschaffen werden. Allerdings fallen dort zugleich 11 der bisherigen Parkplätze weg, es wird für die Anwohner also sowieso parkraummäßig (noch) enger.
„Eine Umgestaltung unter Erhalt der Bäume entspräche am Ende nicht den Zielen, die wir seit Jahren präsentiert haben. Wir wollen Fußgängerwege, Radverkehr und Pkw-Verkehr getrennt führen und ein Verweilen ermöglichen.“
So würden sich beim Erhalt der Bäume z. B. Pkw- und Lkw-Verkehr vor dem Ollen Kotten wie schon bisher mit Radlern und Fußgängern treffen. Fußgänger würden über den Parkplatz geführt, was auch nicht im Sinne des Shared Space sei.
„Auch wenn wir nur einen Baum erhalten, würde der Verkehr zu nah am Landratsamt entlang geführt werden. Ein Umsetzen würden die Bäume nicht überleben“, argumentiert Toschläger für ein Beibehalt des Konzepts. Er fasste die Konsequenzen aus einem Erhalt der Bäume zusammen:
„Wir hätten nicht mehr Raum für Fußgänger und Radler als bisher. Wir würden kein verändertes Mobilitätsverhalten erzielen.“
Mit 135.000 Euro fördert das Land NRW die Neugestaltung, mit 122.000 Euro der Bund. Rund 200.000 Euro sind in den Jahren 2019 und 2020 gezahlt worden.