Als Bürgermeister will er „Unnas Bevölkerung dienen“ und dazu auch seine Rathausmitarbeiter animieren. Den städtischen Wirtschaftförderer will er wieder aus der Stadthalle ins Rathaus zurückholen, „an die Seite des Bürgermeisters, wo er hingehört“. Und: Er will keinen politischen Mitbewerber als „Feind“ betrachten, sondern die sachliche Auseinandersetzung suchen, sowohl im Wahlkampf als auch im neuen Rat.
Mit diesen Ankündigungen empfahl sich Hartmut Ganzke beim Frühlingsempfang der Unnaer SPD am heutigen Sonntag (15. Juni) in der Neuen Schmiede als möglicher nächster Bürgermeister.
So voll wie nie war das Lokal auf dem Breitenbachgelände. Schlange stehen bei der SPD – wann hat es dies zum letzten Mal gegeben.
Partei- und Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser freute sich sehr über den Zuspruch zum Empfang der Unnaer Sozialdemokratie im Kommunalwahljahr, das sei vielversprechend für einen motivierten und engagierten Wahlkampf.
Denn das Ziel der Genossen ist erklärterweise die Rückeroberung des Unnaer Rathauses, auf dass die letzten 5 Jahre unter einem CDU-Bürgermeister mit dem Wahltag 14. September lediglich eine Episode gewesen sein mögen. So wie schon seinerzeit unter CDU-Bürgermeister Volker Weidner.
Als Herausforderer des Amtsinhabers sieht sich der Massener Anwalt, Noch-Landtagsabgeordnete und Noch-Kreisvorsitzende mit derzeit noch vier weiteren Wettbewerbern konfrontiert: mit Sven Arnt (WfU), Michael Sacher (Grüne), Lea Emler (Volt) und dem parteilosen Achim Megger aus Königsborn.
Dass es auf eine Stichwahl zwischen Hartmut Ganzke und Dirk Wigant hinauslaufen wird, gilt im politischen Raum praktisch als sicher. Keineswegs sicher waren sich in den Gesprächen beim heutigen Frühlingsempfang die Anhänger der jeweiligen Parteien jedoch über das Ergebnis. „Das wird eine enge Kiste“, mutmaßten die meisten.
Zumal auch völlig offen ist, ob die anderen Parteien im Fall einer Stichwahl zwischen SPD und CDU für einen der beiden Bewerber eine Empfehlung aussprechen würden. Sowohl WfU als auch die Grünen hatten bei der Stichwahl 2020 (zwischen Wigant und der damaligen SPD-Bewerberin Katja Schuon) für den CDU-Kandidaten geworben. Zumindest bei der WfU ist eine erneute Unterstützung Dirk Wigants nach dessen schwarzgrünem Bündnis der endenden Ratsperiode mit Sicherheit auszuschließen.
Die Stichwahl würde zwei Wochen nach dem Kommunalwahlsonntag stattfinden. Für viele gilt der 28. September deshalb schon jetzt als eigentlicher „Tag der Entscheidung“.
Lesen Sie hier Hartmut Ganzkes Ansprache beim Frühlingsempfang im Wortlaut des Redemanuskripts.


Meine sehr geehrten Damen und Herren,
liebe Anwesende des Frühlingsempfangs meiner Partei, der SPD,
genau heute vor 80 Jahren, am 15. Juni 1945, vermeldeten Zeitungen im In- und Ausland die Verhaftung von Hermann Pister, dem letzten Kommandanten des KZ Buchenwald. In einem Lager für Kriegsgefangene in der Nähe von München hatten amerikanische Ermittler ihn entdeckt und in Gewahrsam genommen. Wie viele andere SS-Täter auch, hatte er versucht, in der Masse deutscher Kriegsgefangener unterzutauchen — gerade mal einen Monat nach Kriegsende und der Befreiung Deutschlands und Europas vom nationalsozialistischen Terror mit Millionen von Toten.
Was hat diese Information mit Unna zu tun? Warum erwähnt der Bürgermeisterkandidat der Unnaer SPD diese geschichtliche Tatsache? Und warum überhaupt beginnt er seine Rede mit diesem Einstieg?
Das kann ich Ihnen beantworten, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, als derjenige, der im Jahre 1990 die Existenz eines Außenkommandos des KZ Buchenwald in Unna nachgewiesen hat — in der Zeit zwischen Juli 1943 und März 1944 — als zumeist osteuropäische Zwangsarbeiter auch in Unna für die SS schuften und um ihr Leben fürchten mussten!
Weil wir bei allem, wofür und woran wir arbeiten, um eine gute Zukunft auch für Unna zu erreichen, unsere Vergangenheit niemals vergessen sollten und dürfen. Nicht um ihrer selbst willen, sondern damit wir uns erinnern – für die Zukunft.
Erinnern wir uns daran, dass unsere Eltern und Großeltern uns vor bevorstehenden Wahlen sagten, egal ob Bund, Land, Europa oder aber bei den in 91 Tagen wieder stattfindenden Kommunalwahlen, dass es sich hierbei um „Feste der Demokratie“ handelt, die wir mit unserer Stimmabgabe in einer Demokratie feiern können!
Und, liebe Anwesende, lassen Sie uns das so machen, wie unsere Eltern und Großeltern dies gemacht haben, noch heute tun und uns mit auf den Weg geben: Sei froh, dass du wählen kannst, sogar auswählen. Dann nutze dein Wahlrecht auch — und wähle. Demokratisch.
Als Bürgermeisterkandidat meiner Partei kann ich Ihnen in aller Öffentlichkeit sagen und das Versprechen abgeben, dass unser Wahlkampf, unser Ringen um die Stimmen der Bürgerinnen und Bürger — auch um Ihre — demokratisch läuft und weiterlaufen wird.
Und dass wir alle, die fair für unsere kommunale Demokratie antreten, als Mitbewerber und niemals als Feinde oder Gegner ansehen und behandeln werden! Wir leisten damit einen Beitrag zur Stärkung unserer kommunalen Demokratie!
Und gleichzeitig können wir in eine respektvolle Auseinandersetzung eintreten — wo wir uns unterscheiden, wo wir andere Schwerpunkte setzen und wo wir uns auch klar widersprechen!
Gerade in der Kommunalpolitik geht es nicht darum, welche politische Farbe das Rathaus hat. Es geht um die Menschen in dieser Stadt — und darum, ihre Probleme zu lösen.

Und ich bin davon überzeugt — als Unnaer Bürger seit 59 Jahren, als Familienvater, Ehemann und Bürgermeisterkandidat der Unnaer SPD — dass mit Professionalität, Erfahrung und Mut zur Zukunft die besten Jahre für Unna noch vor uns liegen.
Denn: Unna kann mehr — und gemeinsam werden wir das zeigen. Mehr bezahlbarer Wohnraum, starke Bildung, sichere Stadtteile, eine moderne Verwaltung und wirtschaftlicher Mut gehören dazu. Wenn wir alle unsere Kräfte bündeln, wird Unna nicht nur verwaltet, sondern wirklich gestaltet.
Und weil ich davon überzeugt bin, würden meine ersten Gespräche nach einer erfolgreichen Wahl wie folgt ablaufen:
Bevor ich mir Gedanken darüber mache, wie ein Bürgermeisterbüro ausgestattet oder personell besetzt sein sollte, würde ich zunächst das persönliche Gespräch mit der Vorsitzenden des städtischen Personalrats suchen. Ich möchte erfahren, was die engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung von einem Bürgermeister erwarten – damit sie mit Hingabe ihrer Aufgabe nachgehen können:
Unnas Bevölkerung zu dienen, gern zur Arbeit ins Rathaus zu kommen und sich mit Überzeugung für unsere Stadt einzusetzen. Genau das sollte auch der Bürgermeister selbst tun.
Bevor ich beim Blick in den Haushalt — ohne vorher mit den Unternehmerinnen und Unternehmern in Unna, den vielen Selbstständigen und den engagierten Geschäftsleuten gesprochen zu haben — Steuern und Abgaben mit einer wie auch immer gearteten Ratsmehrheit erhöhe, würde ich zuerst den Dialog suchen.
Ich würde mich gezielt mit genau denjenigen zusammensetzen, die mit ihren Steuern und Abgaben unsere Stadt am Laufen halten. Ich würde sie fragen, was passieren muss, damit sie weiterhin gern in unserer Stadt arbeiten, investieren und auch Geld verdienen können — für sich selbst und für die vielen Beschäftigten in ihren Betrieben.
Und damit das klar ist: Dabei geht es nicht darum, einen „goldenen Teppich“ auszurollen oder alles umzusetzen, was Unternehmen fordern. Es geht um einen Austausch auf Augenhöhe.
Und dazu gehört auch, dass Unternehmen und Unternehmer — ebenso wie Bürgerinnen und Bürger insgesamt — einen kurzen Draht zum Bürgermeister als ihrem Ansprechpartner haben! Und das bedeutet für mich klar, dass der Ansprechpartner für Unnas Wirtschaft, der Wirtschaftsförderer, seine Arbeit direkt in unmittelbarer Nähe des Bürgermeisters ausführt und nicht — übertrieben gesagt — einen Dienstreiseantrag ausfüllen muss, um ins Bürgermeisterbüro zu gelangen!
Und weiter klar und öffentlich: Ich danke meiner SPD-Fraktion, dass sie die Vorlage, bei der die Aufgabe der Wirtschaftsförderung an eine städtische Gesellschaft ausgegliedert wurde, abgelehnt und nicht zugestimmt hat.
Hier wird es eine der ersten Organisationsentscheidungen sein, diese Aufgabe ins Rathaus eng zum Bürgermeister zurückzuholen und darüber nachzudenken, ob nicht eine Verknüpfung mit dem Immobilienmanagement eher im Interesse der Stadt ist, als ein Büro in der Stadthalle zu unterhalten.
Bei meinen vielen Gesprächen, die ich seit Ende letzten Jahres als Bürgermeisterkandidat geführt habe, ist mir eine Aussage der geschäftsführenden Vorständin des Frauenforums, Frau Britta Buschfeld, im Gedächtnis geblieben, als sie sagte: „Die Mehrzahl der Bewohnerinnen der Frauenhäuser sind Kinder.“
Dieser Satz lässt mich nicht los, und ich sage Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren: Es wird Richtschnur meines Handelns sein, es muss Richtschnur des Handelns des Rates und der Verwaltung der Stadt Unna sein, dass dieser Zustand keiner sein darf, mit dem wir uns abfinden!
Und das bedeutet, dass unverzüglich nach der Wahl im September gesehen werden muss, wie unser am Limit arbeitendes Jugendamt in die Lage versetzt werden kann, seine tolle, wichtige Arbeit noch wirkungsvoller machen zu können — für die Kinder in unserer Stadt!

Und ich habe es meiner Partei auch klar gesagt: Wenn dazu gehört, dass auch ich als 59-jähriger, grauhaariger Mann noch mehr einsehen muss, dass zwischen Sonntagsreden zur Gleichberechtigung und Teilhabe von starken Frauen in führenden Positionen der Stadtverwaltung eine Diskrepanz besteht, dann muss diese Diskrepanz schnellstmöglich der Vergangenheit angehören!
Führungspositionen müssen auch mit Frauen besetzt werden, und es muss klar sein, dass Führungspositionen in einer Verwaltung — wenn gewünscht — teilbar sind. Punkt!
Wertschätzende Kommunikation, klare, transparente Führung und Dialogbereitschaft werden mit mir ins Rathaus einziehen, denn:
Ich bin überzeugt davon, dass sich Stärke nicht in der Kontrolle zeigt, sondern in der Fähigkeit, zu vertrauen. Und: Toleranz ist auch kein Schwächeanfall der Demokratie, wie der eine oder andere Wahlkämpfer meint, sondern eine Haltung, die eine starke Stadt auszeichnet, sehr geehrte Damen und Herren!
Immer wieder wird uns — als Politikerinnen und Politiker — vorgeworfen, wir würden doch nur an uns und unsere eigenen Pfründe denken; weiterhin würden wir nur diskutieren, Probleme wälzen und zu keinen Entscheidungen kommen.
Lassen Sie mich dazu Folgendes sagen:
Als jemand, der seit nunmehr 30 Jahren Kommunalpolitik machen darf, seit über 13 Jahren Berufspolitik: Ich habe weit mehr Menschen — gerade in der kommunalen Politik — erlebt, die dieser Politik dienen, nicht an ihr verdienen und es auch nicht wollen.
Und ich sage auch ganz klar:
Politik darf nicht beim Wälzen von Problemen stehenbleiben.
Es geht darum, Lösungen zu finden, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen — auch wenn sie manchmal unbequem sind.
Denn genau dafür sind wir gewählt.
Klar gibt es, wie in jeder Gesellschaft, auch einzelne, die dies anders machen. Jedoch habe ich höchsten Respekt vor jeder und jedem, die oder der einer Gemeinschaft dienen will — und denen gehört unser aller Respekt.
Und darum soll es auch bei Diskussionen über den Kurs einer Stadt gehen:
Grundsätzlich respektiere ich jede Meinung, die in dieser Stadt im Wunsch nach demokratischer Auseinandersetzung geäußert wird — aber dann müssen wir auch so respektvoll sein, dass demokratisch gefasste Mehrheitsentscheidungen nicht Teufelswerk und falsch sind, sondern nur eins: nämlich demokratisch gefasste Mehrheitsentscheidungen, die von Menschen getroffen wurden, die sich für unsere Stadt Unna einsetzen.
Lassen Sie mich auch kurz ein wichtiges Thema für unseren Gesundheitsstandort ansprechen:
Mit einer Gesamtinvestition von bis zu 190 Millionen Euro entsteht am Standort Mitte ein zukunftsweisender Klinikneubau für das Christliche Klinikum Unna.
Möglich wird dieses Vorhaben durch eine Förderung in Höhe von knapp 142 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln – ein echter Meilenstein für die medizinische Versorgung in unserer Stadt.
Diese Entwicklung stärkt nicht nur unsere Gesundheitsinfrastruktur nachhaltig, sichert und schafft Arbeitsplätze, sondern eröffnet auch neue Perspektiven für die zukünftige Gestaltung und Entwicklung unserer Innenstadt.
Mein ausdrücklicher Dank gilt an dieser Stelle den Geschäftsführern Christian Larisch und Thorsten Roy sowie dem gesamten Team, die diese enorme Aufgabe mit großer Entschlossenheit und Ambition vorantreiben.
Politik, liebe Zuhörende, ist auch ein gemeinsames Stück Leben, ist nicht nur Plackerei, sondern muss auch Spaß machen. Dass wir das auch haben, zeigt sich nicht nur zu Zeiten der Festa Italiana oder des Stadtfestes. Es sollte sich auch verstärkt bei Veranstaltungen und Festivitäten in unseren starken Stadtteilen zeigen, die von engagierten Ortsvorsteherinnen und Ortsvorstehern repräsentiert werden.

Auch diesen Frauen und Männern gehört nicht nur unser Respekt, sondern auch ein direkter Zugang zum Bürgermeister. Denn auch vor Ort, auch in Afferde, Alteheide, Billmerich, Hemmerde, Kessebüren, Königsborn, Lünern, Massen, Mühlhausen-Uelzen, Siddinghausen, Stockum und Westhemmerde ist ein starkes Stück Unna lebendig.
So, ich bin nicht am Ende, sondern am Schluss meiner Ausführungen. Die Entscheidung am 14. September und eventuell am 28. September erwarte ich so, wie ich es uns allen wünsche: gelassen, zuversichtlich und zur Arbeit bereit!
Ihnen allen einen herzlichen Dank fürs Kommen, fürs Zuhören und für Ihre Bereitschaft, mit uns, den Kandidatinnen und Kandidaten der SPD, ins Gespräch zu kommen.
Und dass dies auch — und gerade — bei Getränken und gutem Essen geschehen kann, das trifft sich gut: Wir haben da mal etwas von Ralf Bieri und seinem Team vorbereiten lassen.
Oder, um es auf den Punkt zu bringen: Es ist angerichtet!
Ich wünsche Ihnen und uns einen schönen Nachmittag und gute Gespräche.“