„Wir möchten nicht über die Köpfe der Menschen hinweg planen, sondern gemeinsam mit ihnen. Denn die besten Lösungen entstehen, wenn Verwaltung, Politik und Bürgerschaft an einem Strang ziehen.“
Betont Unnas Bürgermeister Dirk Wigant (CDU) und lädt die Einwohner seiner Stadt zu einer weiteren Bürgerbeteiligung ein.
Diese kommt zu diesem Zeitpunkt etwas überraschend.
Denn der Beschluss zu einem „Sport- und Freizeitpark“ auf dem Gelände des früheren Freizeitbades Massen ist fast drei Jahre alt. Getroffen hatte ihn im Herbst 2022 die Abstimmungsgemeinschaft aus CDU und Grünen plus die FDP.
Die SPD stemmte sich damals gegen dieses „visionäre Großprojekt“, da es auf Kollisionskurs zu ihrem eigenen Antrag ging. In diesem forderten die Sozialdemokraten, zuerst einmal das Wichtigste anzupacken und zügig einen Ersatz für das Hellwegbad (Lehrschwimmbecken) zu schaffen.
Diese Bäderplanung ist inzwischen angelaufen.
Zugleich begann die Verwaltung mit „Vorüberlegungen“ für den besagten Sport- und Freizeitpark, um anschließend die PROVA – Unternehmensberatung und Betriebsführung für Schwimmbäder und Freizeitbereiche in Hamm mit einer Machbarkeitsstudie zu beauftragen.
„Auf dieser Grundlage geht das Projekt nun in die nächste Phase – mit klarer Priorität auf Transparenz und Beteiligung“, kündigt die Verwaltung in einer Pressemitteilung vom frühen Dienstagabend an, 10. Juni.
Den Auftakt macht ein Informationstag am Samstag, 23. August. Die Wahl dieses Zeitpunktes nur drei Wochen vor der Kommunalwahl, bei der Dirk Wigant (CDU) sein Bürgermeisteramt verteidigen will, wird in der Pressemitteilung aus dem Rathaus nicht begründet.
An diesem letzten Samstag in den Sommerferien sind jedenfalls „alle Menschen aus Unna herzlich eingeladen, sich auf dem Gemeindeplatz in Massen über das Projekt zu informieren und ihre Ideen und Anregungen einzubringen“, lässt Wigant sich in der Mitteilung seiner Pressestelle zitieren.
Denn:
„Der Sport- und Freizeitpark soll ein Ort für alle werden – dafür brauchen wir auch die Stimmen aller.“
Gemeint sind hier nicht „Wählerstimmen“, wenngleich sich der Gedanke geradezu aufdrängt.
An verschiedenen Infoständen können sich Interessierte an diesem Samstag drei Wochen vor der Rats- und Bürgermeisterwahl einen Überblick über den aktuellen Stand der Planungen verschaffen und, so die Stadt „aktiv mitdiskutieren.
Mitarbeiter der Stadtverwaltung stehen vor Ort für Fragen zur Verfügung und nehmen Vorschläge entgegen.“
In „zielgruppengerechte Formaten“ sollen sowohl die Älteren als auch die Jüngeren gesondert eingebunden werden. So werde die „Beteiligungsbeauftragte“ der Stadt in die Massener Schulen gehen und „gemeinsam mit den Kindern und Jugendlichen visionieren, wie ihr zukünftiger Treffpunkt im Stadtteil aussehen könnte“.
Die gesammelten Anregungen und Ideen aus allen Beteiligungsformaten würden unmittelbar in die weitere Planung einfließen, versichert die Stadt. „Nur gemeinsam können wir einen Ort schaffen, der wirklich gebraucht und genutzt wird“, lässt sich auch der zuständige Beigeordnete Sandro Wiggerich (Grüne) in der Mitteilung aus dem Rathaus noch einmal extra zitieren.
Die Finanzierungsfrage eines Sport- und Freizeitparks Massen findet in der wortreichen Ankündigung keine Erwähnung.
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Rückblick: Die Diskussionen ums ehemalige Freizeitbadareal im Juni 2022

Am 1. Juni 2022, also vor etwas mehr als drei Jahren, berichtete unsere Redaktion wie folgt:
In die Diskussion um Freizeitsport- und Jugendangebote in Unna kommt zwei Wochen nach dem gescheiterten zweiten Bürgerentscheid zur Eissporthalle plötzlich Bewegung.
Am Dienstag, 1. Juni, reichten gleich vier Ratsfraktionen Anträge für eine Neuentwicklung des brach liegenden ehemaligen Freizeitbadgeländes in Massen ein:
Die SPD schlägt auf der Fläche einen Neubau des Lehrschwimmbades vor – kombiniert mit einem direkt angrenzenden Freibad. Hingegen gehen Grüne, CDU und FDP mit einem gemeinsamen Antrag weiter: Sie möchten das Gelände als Sport- und Freizeitpark entwickeln, ebenfalls kombiniert mit Schwimmmöglichkeit und auch wieder Eissport.
SPD: Neues Lehrschwimmbecken mit direkt angrenzendem Freibad
Massen ist bekanntlich der Standort des seinerzeit gegen massive Widerstände aufgegebenen Freizeitbades. An dieses letzte „richtige“, sprich große Freibad Unnas, das auch einen Sole- und Saunabereich bot, erinnerten auch während der Diskussion um die Eissporthalle immer wieder zahlreiche Diskutanten.
Nun möchten die Sozialdemokraten die weiterhin schwärende Wunde „Freizeitbad“ schließen.
In einer Pressemitteilung vom 1. Juni erklärt die SPD ihre Überlegungen wie folgt:
„Immer längere Wartelisten für Schwimmkurse, nur eingeschränkte freie Schwimmzeiten für das breite Publikum und gleichzeitig das drohende Aus für das Lehrschwimmbad in Massen, wenn nicht in erheblichem Maße in die Technik des alten Gebäudes investiert wird.
Angesichts dieser Situation setzt sich die SPD für einen Neubau des Hellwegschwimmbades auf dem ehemaligen Freizeitbad-Gelände an der Kleistraße ein und regt damit verbunden in einem entsprechenden Prüfantrag an die Verwaltung außerdem den Bau eines angrenzenden Freibades mit Sportbecken, Kinderbereich und großzügigen Liegewiesen an.
Fraktionsvorsitzender Sebastian Laaser:
„Damit erweitern wir unsere Wasserflächen und schaffen ein in Unna zu Recht von den Menschen vermisstes Angebot, von dem alle Generationen etwas haben. Schwimmen und Schwimmen lernen bilden einen Schwerpunkt der kommunalen Sport- und Bildungspolitik. Das ist Pflichtprogramm, nicht Kür. Schwimmen leistet einen bedeutenden Beitrag für die Gesundheit und nicht zuletzt zur Lebensrettung.“
Vertreter der SPD-Fraktion haben sich während der vergangenen Wochen bei einem Vor-Ort-Termin und Gesprächen mit dem Trägerverein ein Bild von der Situation des Lehrschwimmbads neben der Realschule in Massen gemacht. Dabei wurde deutlich, dass selbst die Investition einer sechsstelligen Summe nur eine provisorische Lösung für die veraltete Technik bringen würde. „Da ist das Geld in einen Neubau besser investiert“, so die SPD-Fraktion, die sich damit auch der Meinung der Schwimmsport treibenden Vereine in Massen anschließt, die einen entsprechenden Antrag an das Rathaus schon einmal formuliert haben.
Das Hellwegschwimmbad zählt im Jahr 32.000 Besucher, die nicht nur aus dem Stadtteil Massen, sondern aus ganz Unna kommen. Es wird wie das Lehrschwimmbad in Lünern und das Bornekampbad von einem Verein getragen. Mehr als 1.000 Stunden ehrenamtliche Arbeit werden hier Jahr für Jahr geleistet, um den Schwimmbetrieb zu garantieren.
„Das geht weit über das normale Ehrenamt hinaus und zeigt, welchen Stellenwert das Schwimmen in unserer Stadt hat. Gerade deshalb müssen wir zeitnah handeln“, so Sebastian Laaser. (Quelle SPD Unna)
Grüne, CDU, FDP: Sport- und Freizeitpark mit Schwimmbad, MTB-Anlage, Eissport und Mikropark
Sehr viel weitreichender ist ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Freien Demokraten: Sie möchten das frühere Freizeitbadgelände gleich zu einem kompletten Sport- und Freizeitpark entwickeln.
Die Verwaltung soll dazu ein Konzept erarbeiten, das folgende Anforderungen berücksichtigen soll:
- Bau einer Multifunktionssporthalle für Trendsportarten
- Errichtung einer Außensportanlage für den Mountainbike-Sport
- Ersatzneubau des Lehrschwimmbeckens in Massen, mit optionalem Außenbecken (Freibad)
- Außenflächen für offene Angebote nebst entsprechenden Anlagen (z.B. Parcours, Slackline, Basketball, Tischtennis, Aktivstationen), ggf. mit Anbindung ans Bürgerhaus
- Aufwertung der verbleibenden Restflächen als Mikropark (mit Aufforstung)
In ihrer Begründung schreiben die drei Fraktionen:
„Die Unnaer Bürger wünschen sich mehr offene Sport- und Freizeitangebote (indoor/outdoor), insbesondere für Jugendliche sowie junge und jung gebliebene Menschen. Dieser Wunsch ist zuletzt in den Diskussionen um den Abriss der Eissporthalle am Bergenkamp sehr deutlich geworden.

Auch die Umfrage in Massen hat gezeigt, dass sich die Menschen in dieser Hinsicht mehr Angebote wünschen.
Um diesem berechtigten Anliegen zu entsprechen, soll auf dem ehemaligen Freizeitbadgelände in Massen ein Sport- und Freizeitpark entwickelt werden, um die in Unna bereits bestehenden Angebote für Jugendliche und junge Erwachsene zu ergänzen.
Die Verwaltung wird daher beauftragt, ein Konzept für die Nutzung der Fläche zu erarbeiten, das folgende Eckpunkte berücksichtigt:
Multifunktionssporthalle für Trendsportarten
Die Abstimmung zum weiteren Erhalt der Eissporthalle in Königsborn hat deutlich gemacht, dass eine übergroße Halle nur für den Eissport nicht mehr den Wünschen der Unnaer Bürger entspricht.
Die zu errichtende Halle soll für die Nutzung zur Ausführung von Eissport und Trendsportarten wie Spikeball, Parcours, Frisbee oder Bouldern und ähnlichemgeeignet. sein. Auch für Yoga, Fitness und Kraftsportgruppen kann die Halle nutzbar sein.
Durch die Ausführung als Multifunktionshalle soll das Angebot mit der Zeit immer wieder auf aktuelle Bedarfe angepasst werden können.
Der Energiebedarf der Halle und weiterer Anlagen soll soweit möglich durch erneuerbare Energien gedeckt werden.
Außensportanlage für den Mountainbike-Sport

Der Bedarf an einer Fläche für den Mountainbikesport ist in Unna unzweifelhaft vorhanden. Das Gelände des ehemaligen Freizeitbads bietet ausreichend Platz, um Trails und Übungsflächen vorzuhalten. Diese sollen im Gelände optimal verteilt werden, um eine entsprechende Länge und Abschüssigkeit der Trails zu garantieren. Die Unnaer Sportler sollen an den Planungen beteiligt werden.
Ersatzneubau des Lehrschwimmbeckens Massen mit optionalem Außenbecken (Freibad)

Das Lehrschwimmbecken in Massen ist seit geraumer Zeit in die Jahre gekommen und stark sanierungsbedürftig. Statt einer aufwendigen Sanierung der maroden Infrastruktur schlagen wir den Neubau des Lehrschwimmbeckens vor. Hierbei bietet sich
die Gelegenheit, auch ein Außenbecken/Freibad für die Sommermonate zu integrieren.
Außenflächen für offene Angebote nebst entsprechenden Anlagen
Jungen Menschen fehlen offene Bewegungsmöglichkeiten und Treffpunkte. Beliebte Trendsportarten wie Parcours, Bouldern, Basketball, Tischtennis, Dancing können auch im Außenbereich ausgeübt werden.
Eine Anbindung dieser Flächen an das Bürgerhaus könnte auch dem Bürgerhausverein neuen Zulauf bieten. Zugleich kann hierdurch möglicherweise die Frage der vorzuhaltenden sanitären Anlagen beantwortet werden, was besonders auch für Mädchen und junge Frauen bei der Wahrnehmung der Angebote wichtig ist.
Aufwertung der verbleibenden Restflächen als Mikropark
Auch mit den genannten zahlreichen Nutzungsmöglichkeiten bleibt noch Fläche, um Unnaer Bürgern Naherholung zu bieten. Ein Mikropark bietet dabei sogar die Gelegenheit, Flächen aufzuforsten und so aktiven Umweltschutz zu betreiben.
Eine verkehrliche Erschließung über ÖPNV und Radverkehr soll sichergestellt sein.
Im Verlauf der Planungen sollen beteiligten Vereine und Bürger in die Planungen mit einbezogen werden. Ergänzende Ideen und Nutzungsszenarien von Bürgern sollen in Verbindung mit der kürzlich erhobenen Umfrage im Massener Stadtteil in die Planung einfließen.
Die neu geschaffene Personalstelle zur Entwicklung des integrierten Stadtteilentwicklungskonzepts kann das Projekt begleiten und die Bürgerbeteiligung sicherstellen. Die Einbindung privater oder öffentlicher Betreiber/Träger, ggf. auch nur für einzelne Anlagen (z.B. Mountainbike-Strecke), soll geprüft werden. Eine geeignete gastronomische Versorgung (Kiosk o.ä.) ist durchaus denkbar.
Die Verwaltung wird darüber hinaus beauftragt zu prüfen, inwieweit Fördermittel verfügbar sind, und das Konzept ggf. entsprechend auszulegen.
Die bereits in den Haushalt 2022 eingestellten Mittel zur Entwicklung des Geländes in Höhe von 20.000 € sollen zur Finanzierung von ersten Workshops zum Thema verwendet werden.“