Sylt-Skandal in Dortmunder Vereinsheim: Polizei löst Privatparty nach Lámour toujours-Gegröhl „mit rechtsextremen Inhalten“ auf

0
486
Party, Feier - Symbolbild, Quelle RB Unna

„Immer wieder wird das eigentlich von Liebe handelnde Lied „L’amour toujours“ von Gigi D´Agostino für das Verbreiten von rechtsextremen Inhalten missbraucht“, stellt die Dortmunder Polizei missbilligend fest.

Sie schildert hier einen entsprechenden Einsatz am Samstag (10. Mai) in Dortmund-Bodelschwingh – gleich dreimal rückten Beamte zu einer Privatparty im Vereinsheim „Im Odemsloh“ aus, allerdings nicht wegen rechtsextremem Gegröhle.

Zeugen meldeten sich schlicht aufgrund von Ruhestörungen bei der Einsatzleitstelle.

Beim ersten Einsatz um 23:20 Uhr stellten die Beamten keine Auffälligkeiten fest. Beim zweiten um 23:45 Uhr drohten die Beamten, wie in solchen Fällen üblich, Folgemaßnahmen an.

Das fruchtete bei den Partygängern offensichtlich überhaupt nicht.

Also rückte die Polizei zum dritten Mal zum Vereinsheim aus. Um kurz vor Mitternacht waren sie vor Ort und nahmen „über Lautsprecher abgespielte NS-Propaganda“ wahr, heißt es im Polizeibericht von Montagnachmittag.

Eine Befragung der Zeugen ergab zudem, dass diese ebenfalls das „mit rechtsextremen Inhalten übertönte“ Lied aus den 90ern „L’amour toujours“ hörten. Einfacher ausgedrückt: Es sollen zur Musik des Disco-Hitsrechtsextreme Inhalte gegröhlt worden sein. Bei einer berüchtigten Party auf Sylt vor zwei Jahren skandierten betrunkene Clubgäste zu dem Hit die Zeilen „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“.

Die entsprechenden Strafverfahren wurden kürzlich weitgehend eingestellt, bis auf eine Ausnahme, bei der der Betreffende zusätzlich den Hitlergruß gezeigt hatte. Das Singen allein ordneten die Richter der Meinungsfreiheit zu. Siehe dazu auch unser Stichwort im Artikel unten.

Was konkret die Gäste in Bodelschwingh gesungen haben sollen und ob dabei ebenfalls verfassungswidrige Kennzeichen verwendet wurden, spart sich die Dortmunder Polizei in ihrem Pressebericht aus – wohl mit Blick auf die jetzt folgenden Ermittlungen.

Gleichwohl lösten die Beamten vor Ort die Party im Bodelschwingher Vereinsheim unverzüglich auf.

Polizeipräsident Gregor Lange positioniert sich dazu am Montagnachmittag wie folgt:

„Rechtsextremistischer Hass und Hetze gegen Minderheiten bedroht unser Zusammenleben in Freiheit und Gleichheit und damit unsere Demokratie. Dass dieser rechtsextreme Hass zunehmend, wie auch in diesem Fall, nicht aus bekannten, organisierten Strukturen kommt, sondern aus der Breite der Gesellschaft, sollte uns alle betreffen.

Wir dürfen nicht zulassen, dass Rechtsextremismus zur Normalität wird! Die Verbreitung von NS-Propaganda oder anderen volksverhetzenden Inhalten ist kein Kavaliersdelikt, sondern ein Angriff auf unsere Demokratie. Die Polizei Dortmund wird mit allen rechtsstaatlichen Mitteln hiergegen vorgehen, um die demokratischen Werte unserer Gesellschaft zu schützen.“

Die Polizisten nahmen am Samstagabend acht Männer (22, 26, 29, 31 wohnhaft in Dortmund, 28 wohnhaft in Waltrop, 32, 33, 42 wohnhaft in Castrop-Rauxel) fest, stellten ihre Mobiltelefone sicher und behandelten sie erkennungsdienstlich.

Die Männer, die zuvor polizeilich nicht bekannt waren, erwarten nun Strafverfahren wegen unter anderem Volksverhetzung, dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie dem Verbreiten von NS-Propaganda. Der Staatsschutz der Polizei Dortmund hat die weitergehenden Ermittlungen übernommen.

Quelle Polizei DO

Stichwort „Lámour Tourjours auf Sylt“

Vor knapp einem Jahr sorgten rassistische Gesänge zum Party-Hit „L’amour toujours“ in einer Bar auf Sylt für einen bundesweiten Eklat. Jetzt wurden die Verfahren überwiegend eingestellt, meldeten Medien am 28. April dieses Jahres.

Mehrere Gäste der Pony-Bar im Sylter Ort Kampen sollen im vergangenen Jahr „Deutschland den Deutschen – Ausländer raus“ gesungen haben. Deswegen wurde unter anderem wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt.

Lediglich gegen einen heute 26-Jährigen wurde jedoch „öffentlich Klage erhoben“. Das teilte die Staatsanwaltschaft Flensburg mit. Es sei beantragt worden, ihn wegen eines „winkenden Grußes“ mit ausgestrecktem Arm und der Andeutung eines „Hitlerbärtchens“ mit einem Strafbefehl zu verwarnen, heißt es in der Mitteilung. Die Gesten sind ebenfalls in einem damals viral gegangenen Video zu sehen.

Als Bewährungsauflage wurde dem Mann unter anderem auferlegt, 2.500 Euro an eine gemeinnützige Einrichtung zu zahlen. Die Staatsanwaltschaft sieht den Straftatbestand erfüllt, dass er Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet hat.

Ein Verfahren gegen zwei Männer und eine Frau wurde eingestellt.

Die Parole „Ausländer raus – Deutschland den Deutschen“ zu rufen, erfülle nicht den Straftatbestand der Volksverhetzung.

Weder der Inhalt der Parolen noch die Gesamtumstände ließen nach Abschluss der Ermittlungen den zweifelsfreien Rückschluss zu, dass eine aggressive Missachtung und Feindschaft in der Bevölkerung erzeugt oder gesteigert werden sollten, heißt es.

Dies wäre nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung aber Voraussetzung für den Straftatbestand der Volksverhetzung.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here