Mit an die 20 Millionen Euro Steueraufkommen im Jahr ist die Grundsteuer B eine der wichtigsten Einnahmequellen der Stadt Unna.
Mit einem Hebesatz von 843 Punkten liegt Unna derzeit im Kreisvergleich zwar noch in der oberen Hälfte, aber nur noch auf Platz 5 hinter Bönen, Kamen, Fröndenberg und Schwerte.
Mit der bundesweiten Reform der Grundsteuer muss der Kämmerer nun mit spitzem Stift rechnen. Denn:
„Bliebe die Höhe des Hebesatzes im Jahr 2025 bei einheitlichen 843 Punkten bestehen, sind jährlich Ertragsminderungen um 21,03 %, also in Höhe von 4,2 Mio. Euro zu erwarten.“
Das führt Kämmerer Michael Strecker in einer umfangreichen Beschlussvorlage für die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am kommenden Donnerstag aus (28. 11., 17 Uhr, Achtung – Ort ist die Stadthalle Unna).
- Im Anschluss findet ebenfalls in der Stadthalle eine Informationsveranstaltung für alle Bürger zur Grundsteuer statt. Diese wird auch live aus der Stadthalle gestreamt.
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Um eine enorme Mehrbelastung der Bürger oder alternativ ein enormes Loch in der Haushaltskasse zu vermeiden, dürfen Kommunen in NRW differenzierende Hebesätze nach der Gruppe „Wohnen“ und der Gruppe „Nichtwohnen“ anwenden, erläutert Strecker.
Um die Erträge für die Grundsteuer B ab dem Jahr 2025 aufkommensneutral zu gestalten, ergeben sich zwei Varianten.
Variante 1: Anwendung des vom Finanzministerium NRW mitgeteilten aufkommensneutralen einheitlichen Hebesatzes:
Die Grundsteuer B wird für alle Wohn- und Nichtwohngrundstücke gleich erhoben. Der vom Finanzministerium NRW mitgeteilte, zur Aufkommensneutralität führende Hebesatz i.H.v. 1.067 v.H. wird für das ganze Grundvermögen angewendet.
Nichtwohngrundstücke würden dabei überwiegend entlastet, Wohngrundstück hingegen mehrbelastet.
„So muss beim einheitlichen Hebesatzevon 1.067 v.H. für ein Zweifamilienhaus in Unna-Mitte 147,26 % mehr Grundsteuer bezahlt werden. Für Wohnungseigentum in Unna-Lünern erhöht sich der Grundsteuerbetrag um 304,52 %.“
Hingegen fällt für ein gemischt genutztes Grundstück in Unna-Massen 48,35 % weniger Grundsteuer an, für ein Geschäftsgrundstück in Unna-Mitte sogar 75,44 % weniger.
Variante 2: Anwendung der vom Finanzministerium NRW mitgeteilten differenzierenden aufkommensneutralen Hebesätze:
Für die Wohn- und Nichtwohngrundstücke werden differenzierende Hebesätze erhoben. Die vom Finanzministerium NRW mitgeteilten, zur Aufkommensneutralität führenden Hebesätze betragen für Wohngrundstücke 859 v.H. und für Nichtwohngrundstücke 1.679 v.H. In Anbetracht der vergleichsweise geringen finanziellen Auswirkungen wird der aktuell erhobene Hebesatz von 843 v.H. in diese Betrachtung einbezogen.
„Mit dieser Variante werden Wohngrundstücke erheblich weniger belastet werden als beim einheitlichen Hebesatz“, erläutert der Kämmerer. „Dafür tragen die Nichtwohngrundstücke über den höheren Hebesatz mehr dazu bei, das Niveau des bisherigen Grundsteueraufkommens zu erreichen.
Vergleicht man ein Zweifamilienhaus in Hemmerde mit einer erhöhten Grundsteuerlast bei Anwendung des einheitlichen Hebesatzes von 1.067 Punkten i.H.v. 103,16% über dem Vorjahresniveau, liegt die erhöhte Grundsteuerlast bei Anwendung des differenzierenden Hebesatzes nur bei 60,51%.„
„Auch für die Nichtwohngrundstücke bleibt festzuhalten, viele Eigentümer, trotz erhöhten Hebesatzes von 1.679 Punkten, über ihren geminderten Messbetrag dennoch insgesamt entlastet werden.“
So liegt die Steuerlast eines Geschäftsgrundstücks in Unna-Mitte bei einem einheitlichen Hebesatz von 1.067 Punkten bei -52,53% und bei Anwendung des differenzierenden Hebesatzes von 1.679 Punkten bei -24,50%. Bei einem gemischt genutzten Grundstück in Unna-Massen liegt die Grundsteuerentlastung bei einem einheitlichen Hebesatz bei -48,35% und bei dem differenzierenden Hebesatz bei -18,73%.
Zusammenfassend lasse sich also feststellen,
„… dass die Grundsteuerbelastung durch eine Differenzierung der Hebesätze für Wohngrundstücke, deren Eigentümer überwiegend Privatpersonen sind, im Vergleich zu einem einheitlichen Hebesatz sinkt.“
Ebenso kann ein starkes Sinken der Grundsteuerbelastung bei den Nichtwohngrundstücken etwas abgefangen werden.
Damit werden die Eigentümer von Wohngrundstücken entlastet und die Nichtwohngrundstücke tragen zum aufkommensneutralen Grundsteueraufkommen bei. Dies sorgt für mehr Steuergerechtigkeit.
In Einzelfällen sind Verwerfungen zu verzeichnen, die aber in der Gesamtbetrachtung weniger ins Gewicht fallen. So bedingt die Anknüpfung der Differenzierung an die Gebäudeart z.B., dass einige Wohnnutzungen von dem niedrigeren Hebesatz ausgeschlossen bleiben, während einige Nichtwohnnutzungen wegen der Einheitlichkeit der Gebäudeartfeststellung an der Wohngrundstückeinordnung teilhaben. Dies gilt vor allem mit Blick auf gemischtgenutzte Grundstücke.
Genau diese Belastungsverteilung zur Reduzierung der Wohnnebenkosten, angepasst an die jeweils räumlich-strukturellen Verhältnisse vor Ort, hat der Landesgesetzgeber NRW mit dem Gesetz über die Einführung einer optionalen Festlegung differenzierter Hebesätze im Rahmen des Grundvermögens bei der Grundsteuer Nordrhein-Westfalen beabsichtigt.
Der Zweck der Differenzierung ist ausdrücklich nicht die Erzielung höherer Einnahmen. Das Wohnen muss bezahlbar bleiben, diese Vorgabe ist schon in der Landesverfassung im Grundsatz verankert.
Die Differenzierung ist als Ungleichbehandlung rechtfertigungsbedürftig und von vornherein nur in eine Richtung möglich, nämlich zugunsten der Wohngrundstücke. Vor diesem Hintergrund wird denjenigen Kommunen empfohlen, die eine Hebesatzdifferenzierung regeln wollen, sich an einem Verhältnis 1:2 bezogen auf die Hebesätze für Wohngrundstücke bzw. Nichtwohngrundstücke als Obergrenze zu orientieren.
Um die Eigentümer von Wohngrundstücken neben den gestiegenen Wohnkosten nicht noch weiter belasten, wird als differenzierender Hebesatz für Wohngrundstücke die Beibehaltung des bisherigen Hebesatzes von 843 Punkten empfohlen.
Mit der optionalen Anwendung von differenzierenden Hebesätzen unterstreicht die Kreisstadt Unna ihr Bestreben, die Wohnnebenkosten im Stadtgebiet zu stabilisieren und Belastungssprünge … größtmöglich zu vermeiden.
Die Steuerpflichtigen werden mit der optionalen Anwendung von differenzierenden Hebesätzen im Vergleich zum bisherigen Grundsteuerrecht gleichmäßig belastet.
Wohnen ist in den letzten Jahren, regional verschieden, aber in der Tendenz in der Breite teurer geworden und dieser Trend soll durch die Grundsteuer nicht noch verstärkt werden. Diese Tendenz ist auch in der Kreisstadt Unna gut an der Entwicklung der Mietpreise erkennbar.
Für die Grundstückseigentümer sind die steigenden Bau- und Instandhaltungskosten zu nennen. Zudem hat sich Zinsniveau verändert, was bei Neu- und Anschlussfinanzierungen ebenfalls zu Mehrbelastungen führt. Hinzu kommen gestiegene Energiekosten. Sofern es aufgrund der Neubewertung des Grundbesitzes künftig zu einer Mehrbelastung von Wohngrundstücken kommen sollte, käme es für den, die Immobilie selbstbewohnenden, Grundstückseigentümer zu einer weiteren Verteuerung des Wohnens.
Für die Mieter verhält es sich ähnlich. Sie sehen sich steigenden Mieten gegenüber und sie sind ebenfalls von der Energiekostenentwicklung betroffen. Auch sie sind zudem von einer Grundsteuermehrbelastung betroffen. Sofern die Grundsteuer unmittelbar über die Betriebskosten auf sie umgelegt wird, ist dies offenkundig.
Dort, wo dies nicht der Fall ist, steht jedenfalls zu erwarten, dass ein kaufmännisch kalkulierender Grundstückseigentümer seine Grundsteuerbelastung zum Teil seiner Mietpreisbemessung machen wird – sei es anlässlich einer Mieterhöhung innerhalb der insoweit zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben, sei es auch erst bei der nächsten Neuvermietung.
Die Kreisstadt Unna hält den Hebesatz für Wohngrundstücke stabil bei 843 v.H. und ermöglicht damit zudem eine Akzeptanz der Grundsteuerreform bei den Eigentümern von Wohngrundstücken, die einen Anteil von 87,30 % am Gesamtbestand aller Grundstücke in Unna ausmachen.
Aus den vorgenannten Gründen ist die Kreisstadt Unna bestrebt, die Wohnkosten aus sozialer und gesellschaftspolitischer Sicht in der Breite nicht noch weiter steigen zu lassen und dies vor allem nicht durch eine unmittelbar, der staatlichen und – durch das Hebesatzrecht – gemeindlichen Verantwortungssphäre, zuzurechnenden Steuer.
Zusammenfassend empfiehlt die Verwaltung daher, dem Beschlussvorschlag 2 zu folgen!
2. Gewerbesteuer
Die Entwicklung des Gewerbesteueraufkommens und des Gewerbesteuerhebesatzes ab dem Haushaltsjahr 2025 werden ausführlich in der Vorlage 1140/24 dargestellt. Zur Wiederherstellung des Genehmigungsstandes der Haushaltssatzung 2024/2025 soll der Hebesatz der Gewerbesteuer auf 528 v.H. ab 2025 festgesetzt werden.
Dem Rat der Kreisstadt Unna wird der Beschluss über eine der folgenden Alternativen empfohlen:
Beschussvorschlag 1:
Der Rat beschließt die als Anlage beigefügte Hebesatzsatzung mit einer Anpassung zum 01.01.2025:
der Grundsteuer A für Land- und Forstwirtschaft auf 540 v. H.
der Grundsteuer B auf 1.067 v. H.
der Gewerbesteuer auf 528 v. H.
oder
Beschussvorschlag 2:
Der Rat beschließt die als Anlage beigefügte Hebesatzsatzung mit einer Anpassung zum 01.01.2025
der Grundsteuer A für Land- und Forstwirtschaft auf 540 v. H.
der Grundsteuer B für Nichtwohngrundstücke auf 1.679 v. H.
der Grundsteuer B für Wohngrundstücke auf 843 v. H.
der Gewerbesteuer auf 528 v. H.
Quelle: Verwaltungsvorlage Ratsinformationssystem Unna
[…] Unsere Redaktion berichtete über die zur Wahl stehenden Optionen und die künftige Belastung der Bürger in diesem Artikel: HIER […]
[…] dem Stadtrat vorgeschaltete Haupt- und Finanzausschuss stimmte am Donnerstagabend, 28. November, für die Vorlage des Kämmerers, der empfohlen hatte, für die bundesweit reformierte Grundsteuer in Unna einen differenzierten […]