- Ein Meinungsbeitrag unserer Redaktion.
An den Einfallstraßen unserer Kreisstadt weisen Plakate auf die „1. Unnaer Mobilitätsschau“ an diesem letzten Aprilwochenende hin, was gleich doppelt falsch ist bzw. in die Irre führte.
Erstens hieß der traditionelle Unnaer „Autofrühling“ schon im vergangenen Jahr „Mobilitätsschau“, und zweitens hielt er unter diesem neuen Namen schon im vergangenen Jahr nicht, was er versprach.
Ebenso wie am letzten Aprilwochenende 2023 führte dieser neue Name des traditionellen Autofrühlings (die Umtaufung war vermutlich der politischen Correctness im grünschwarzen Unna geschuldet) auch bei dieser zweiten Auflage in die Irre, da abermals so gut wie keine andere Mobilität vertreten war als eben Automobile, sieht man mal von den Scharen von Besuchern ab, die mit ihren E-Bikes die Stadt eroberten.
Daher gleich zu Beginn die abschließende Bitte ans Stadtmarketing. Statt 2025 ein drittes Mal falsche Erwartungen und gewiss bei vielen Besuchern auch Hoffnungen zu wecken, sollte die Schau in der Unnaer Innenstadt, so lange die Innovationskraft derart hinter dem Anspruch hinterherhinkt, einfach wieder Autofrühling heißen und gut. Denn bis auf einen einzelnen Anbieter mit E-Lastenrädern und einen anderen (aus Hamm), der ein paar E-Bikes mitgebracht hatte, durfte man auch bei der zweiten Unnaer „Mobilitätsschau“ ausschließlich Kraftfahrzeuge besichtigen.
Einige Wohnmobile, ein paar Motorräder und E-Roller und ansonsten Autos. Personenkraftwagen vieler Marken, nicht aller. BMW und Mercedes sind schon seit Jahren nicht mehr dabei. Doch wieder gab es Autos, so weit das Auge reichte, vom Rathaushausplatz über die Bahnhofstraße bis zum Alten Markt und vereinzelt auch noch auf der Massener Straße.
Dagegen ist grundsätzlich überhaupt nichts zu sagen. Im Gegenteil, diese Darstellung der Mobilität bildet durchaus die bundesdeutsche Realität ab. Das Auto ist und bleibt messbar des Deutschen liebstes Kind. Die Zulassungszahlen erklimmen Jahr für Jahr neue Rekordhöhen, die Resonanz auf die Autoschau an diesem Wochenende war enorm, die Innenstadt rummelig voll.
Was natürlich auch dem passablen Wetter und dem verkaufsoffenen Sonntag geschuldet war, doch auch um die ausgestellten Autos herum war jede Menge los und Probesitzen heiß begehrt, mancher wanderte sogar mit dem Notizblock von Fahrzeug zu Fahrzeug und notierte sich gewissenhaft die Daten potenzieller Kandidaten.
Von einer Veranstaltung, die im Jahre 2024 „Mobilität“ darstellt – was erwartet man sich von einer solchen? Doch gewiss nicht nur eine Handvoll Elektroräder, die sich sozusagen als Feigenblatt in der Automasse verloren. Vor allen Dingen erwartet man sich ein breites Angebot zu jener Mobilität, die doch zum Hauptteil die politisch ausgerufene und aus Umweltgründen überfällige Verkehrswende schaffen soll – der Öffentliche Personennahverkehr, Busse und Bahnen.
Doch bei der Unnaer Mobilitätsschau war und ist der ÖPNV nicht vorhanden. Das führt den Betrachter zu der demoralisierenden Schlussfolgerung, dass der ÖPNV in Unna (Stadt und Kreis) entweder schlicht nichts zu bieten hat oder aber dass die Stadt bzw. ihr Stadtmarketing unter zeitgemäßer, moderner „Mobilität“ eben nicht den ÖPNV verstehen, sondern den motorisierten Individualverkehr, der in dieser Definition auch E-Bikes und Motorräder mit einschließt.
Wie gesagt, nichts dagegen zu sagen. Doch dann sollte man doch bitte auch dafür gerade stehen und sich nicht mittels eines albernen übergestülpten neuen Namens einen politisch korrekten grünen Anstrich verpassen, der den Besuchern falsche Tatsachen vorgaukelt. Zumal dieser leicht von den Lippen und gut ins Gedächtnis gehende Name „Autofrühling“ ja durchaus sehr zeitgemäß mitgegangen ist. Ein „Auto“-frühling schließt alle Antriebsarten ein- bzw. er schließt keine aus. Daher wäre der Name für diese Schau 2024 nicht weniger passend gewesen als für die Autofrühlinge 2014, 2004 o. ä.. Damals saß man im Diesel oder im Benziner, heute sitzt man auch im Hybrid oder im Stromer, aber man sitzt damals wie heute im Auto. Und Frühling ist auch. Also was spricht bitte gegen Autofrühling?
Bei den Antriebsarten war bei der diesjährigen Schau grob geschätzt jeder zweite Pkw ein Verbrenner, dahinter folgten die Hybride. Die reinen E-Fahrzeuge schienen gegenüber dem Vorjahr zahlenmäßig leicht gewachsen zu sein und boten auch eine Auswahl an Kleinwagen, welche allerdings mit Neupreisen von nur knapp unter 30.000 Euro bis zur Marktgängigkeit wohl noch ein Stück Weg zurücklegen müssen. Eine Autohaus-Mitarbeiterin auf dem Rathausplatz wollte das vehement verneinen, betonte auf unseren Hinweis auf einen E-Suzuki für 28.000 Euro, dass der E-Kleinwagen zu diesem Preis absolut markttauglich sei und im Kommen wäre.
Auf den dann freundlichen Hinweis unsererseits, dass die Automobilindustrie selbst in dieser Woche ihre Erwartungen an den E-Auto-Absatz mit einem 14-prozentigen Rückgang definiert hat, fiel sie uns dann sehr freundlich, aber unerbittlich ins Wort: „Nein, tut mir leid, darüber diskutiere ich hier heute nicht.“
In diesem Sinne: Man wird es sehen. Vielleicht schon beim Autofrühling 2025.
Silvia Rinke
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