Unna, Stadt der Radfahrer? Für ihre ausgerufene Verkehrswende müssen Verwaltung und Politik in der Kreisstadt noch das eine oder andere dicke Brett bohren.
Weniger Bürger als im Bundesschnitt fahren in Unna Rad. Ein überwiegender Teil geht kurze Wege zwar zu Fuß oder radelt – insgesamt wird mehr geradelt und mehr zu Fuß gegangen.
Doch schon für Kurzstrecken ab 2 Kilometer setzt sich jeder zweite Unnaer lieber ins Auto, als dass er sich aufs Fahrrad schwingt oder zu Fuß geht. Und ganz schlecht kommen Busse und Bahnen weg.
Die Stadtverwaltung und die politische Mehrheit in Unna wollen die Verkehrswende in Unna gestalten. Aber wie kann das gelingen?
Um diese Frage zu beantworten, arbeitet die Verwaltung zusammen mit dem Dortmunder Verkehrsplanungsbüro Planersocietät seit 10 Monaten wie berichtet an einem „Mobilitätskonzept“ für die Kreisstadt.
„Unter enger Einbindung der Unnaer Bürgerinnen und Bürger“, unterstreicht die Stadt immer wieder. Denn Bürgerbeteiligung hatte sich Dirk Wigant im Bürgermeisterwahlkampf ganz oben auf die Fahnen geschrieben. Und so wurden auch beim Mobiliätskonzept „die Bürger mitgenommen“ – bei einem öffentlichen Forum und einer repräsentativen Umfrage.
Die Kernerkenntnisse der Befragung stellte Dipl.-Ing Michael Frehn von der Planersocietät am Mittwoch im Ausschuss für Stadtentwicklung und Verkehr vor.
Das „Mobiltätsforum“ im September sahen die Planer mit ca. 70 Teilnehmern „sehr gut besucht“. Die Hauptergebnisse:
- Der Verkehrsring sei Unnas größte Schwachstelle für Radverkehr – das dürfte keine Überraschung sein.
- Auch nicht der oft geäußerte Wunsch nach guter Qualität der Rad- und Gehwege.
- Neue Buslinien werden gewünscht,
- breite, gut ausgebaute Radwege stehen auf der Wunschliste,
- und es kam allgemein Kritik an der Parksituation in Unna.
Bei einer repräsentativen Haushaltsbefragung gaben anschließend 1223 Unnaerinnen und Unnaer ab 6 Jahren Auskunft über ihr Mobilitätsverhalten:
– wie oft sie für welche Wegstrecken in Unna das Rad nehmen, das Auto oder öffentliche Verkehrsmittel benutzen, wie weit sie wohin zu Fuß gehen, wie oft sie im Auto selbst fahren oder mitfahren… und vieles mehr.
Die Kernergebnisse:
- Unna ist eine Stadt der kurzen Wege. Fast 60 Prozent aller täglichen Wege der Befragten sind kürzer als 5 km.
- Diese Kurzstrecken legen die Umfrageteilnehmer zwar überwiegend zu Fuß oder per Rad zurück. Doch:
„Schon ab 2 Kilometern nutzen die meisten das Auto. Es bleibt für viele das Rückgrat ihrer Mobilität.„
Hier liegt nach Feststellung der Planer ein großes Potenzial, die Gewichtungen zu verlagern.
- 86 % der befragten Unnaerinnen und Unnaer haben ein Auto, das liegt im deutschlandweiten Schnitt.
- Der Elektroradboom ist auch in Unna angekommen. Gleichwohl haben weniger Unnaer als von den Planern angenommen ein Fahrrad, das sie auch nutzen. 75 % gaben dies in der Umfrage an. Das ist unter dem Bundesschnitt und „hat uns etwas überrascht“, gestand Michael Frehn.
- Drastisch unterrepräsentiert ist der ÖPNV. Lediglich 5 Prozent der gesamten Wegstrecken entfallen auf Bus- oder Bahnfahrten.
- Hingegen werden 80 % der zurückgelegten Gesamtkilometer mit dem Auto gefahren.
Mit dem Zielkonzept, das der Fachausschuss am Mittwoch einstimmig beschloss, sollen „schrittweise die Weichen für eine andere Verkehrsnutzung“ gestellt werden.
Michael Frehn von der Planersocietät:
„Es geht nicht darum, etwas wegzunehmen, sondern darum, dass wir aus eigener Erfahrung merken, dass es gut sein kann, das Verkehrsmittel zu wechseln.“
Planungsspaziergang und Radtour als nächste Möglichkeit zur Beteiligung
Konkrete Ziele sind z. B. mehr Verkehrssicherheit, eine bessere Anbindung des Radverkehrs zwischen den Stadtteilen und den Nachbarkommunen, Verkehrsvermeidung in der Innenstadt und die Festlegung von Qualitätsstandards für Radabstellanlagen.
Mit den Erkenntnissen aus der Haushaltsbefragung gehen die Planungen des Mobilitätskonzeptes jetzt weiter. Im Fokus steht dabei die Frage, wie sich die genannten Ziele bis 2030 erreichen lassen.
„Dies geschieht im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern“, unterstreicht die Stadt erneut:
„Bei einem Planungsspaziergang und einer Radtour soll im Frühjahr an konkreten Orten über die dort möglichen Strategien gesprochen werden, um die Verkehrswende in Unna umzusetzen.“
Das gesamte Mobilitätskonzept mit Befragungsergebnissen finden Sie HIER.
ab dem satz „zusammen mit dem dortmunder verkehrplanungsbüro“ bin ich in tiefes gelächter verfallen.Vielleicht sollte man die daran werkeln lassen wie man die verkehrsumgehung der L663N erfolgreich an die nord und westtangente in Kamen bzw Unna anschließt ^^ 21 Mio für eine neues jobcenter ,31 mio für eine verkehsberuhigte hertinger str,die immernoch den täglichen B1 verkehr genießt ,nochmal ein paar millionen für eine schule .Respekt Unna ,vor nicht all zu langer zeit hatte man noch einen ausgabenstop im haushaltsbuch ,nun haut man die kohle raus die man für einen durchgehenden tunnel unter der stadt gebrauchen könnte ,damit man sich nicht die verkehrsumgehung mit anderen 1000 autofahrern teilen muss ^^
Schon vor Jahren nahm ich mal an einer Umfrage teil. Es waren viele Fragen. Eine war, wie weit der Supermarkt (Neudeutsch: Discounter) entfernt ist, indem man seine Grundeinkäufe erledigt. Das waren bei mir damals ca. 700m.
Am Ende der Befragung wurde dann die Frage gestellt, ob und mit welchem Verkehrsmittel man seine Grundeinkäufe verrichtet. Nun fuhr ich auf dem Heimweg von der Arbeit stets an diesem Supermarkt vorbei. Wollte ich dort einkaufen, hielt ich also einfach an, kaufte ein und fuhr weiter nach Hause. Es wurde kein Meter extra mit dem Auto gefahren.
Auch nach dieser Umfrage regte man sich im Nachhinein darüber auf, daß so viele Leute recht kurze Wege per Auto zurücklegen würden.
Ich denke nicht, daß in der im Bericht erwähnten Umfrage auch ermittelt wurde, wieviel Leute ihre Einkäufe auf dem Arbeitsweg erledigen, um dann diese Zahl von der Anzahl der Leute abzuziehen, die angeblich schon für 2km das Auto nutzen…
Wir sind eine 6köpfige Familie und wenn ich mir die Preise angucke wenn wir mit dem Bus nach Unna fahren wollten, dann sind wir mit unserem Bulli und den Parkgebühren wesentlich günstiger unterwegs. Abgesehen davon das gerade am Wochenende die Verbindungen wirklich nicht gut sind.
Das ist ein leidiges Problem, Nadine, das auch in der Sitzung noch diskutiert wurde. Wir berichten noch darüber.
Wenn ich die Analysen lese und dann noch das „Konzept zur Erstellung eines Konzepts“ aufrufe wird mir definitiv klar warum der Bürokratismus uns mittlerweile im europaweiten Ländervergleich auf die hinteren Ränge und zum Sanierungsfall in allen Bereichen geführt hat.
Und wenn die Planersocietät feststellt dass es gut sein kann das Verkehrsmittel „zu wechseln“ statt etwas „wegzunehmen“ sollte man nicht von einer Verkehrswende sondern von einer Optimierung sprechen.
Statt eine Lösung zu finden im Interesse aller Verkehrsteilnehmer werden Fronten aufgebaut. Es geht auch anders. Dazu muss man nicht nach Kopenhagen reisen.
Nordhorn und Bocholt machen es vor wie ein gemeinsames Verkehrskonzept aussehen kann. Vielleicht liegt es auch an der Nähe zu den Niederlanden die ebenso Vorbild für ein gleichberechtigtes Miteinander aller ist.
Deshalb viel Spaß auf dem Planungsspaziergang und der Radtour denn konkrete Orte dazu sind flächendeckend in Unna vorhanden. Und da man ja „nichts wegnehmen“ will gehört eigentlich auch eine Spritztour aus Sicht eines PKW Fahrers dazu.
[…] Verkehrswende mit einem signifikant größeren Anteil an Radfahrern, Fußgängern und ÖPNV-Nutzern (wir berichteten über die Ziele des Mobilitätskonzepts) weckt auch in der Unnaer Politik leise Zweifel ob ihrer […]