„Sonderschulgegner als Pate für Sonderschule“ – Streit um Jakob Muth-Beschluss des Kreistags

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Kreishaus Unna - Foto Rinke

Unter den Fraktionen im Kreistag ist ein Namensstreit ausgebrochen. Die Förderschule des kreiseigenen Förderzentrums soll laut Kreistags-Mehrheitsbeschluss „Jakob Muth Schule“ heißen. Wieso sich darob Aufregung und Widerstand erhebt: Jakob Muth war ein erklärter Verfechter des Inklusion.

Und Inklusion sei das Gegenteil von Förderschule.

Dies kritisierte unmittelbar nachdem Kreistagsbeschluss in der vorigen Woche massiv der frisch in den Bundestag gewählte CDU-Politiker Hubert Hüppe aus Werne. Er ist leidenschaftlicher Verfechter des inklusiven Gedankens und über diese Namensgebung äußerst empört. Am Donnerstag schlossen sich auch die Grünen mit einer Erklärung an.

In einer Erklärung auf seiner Facebookseite verdeutlicht Hubert Hüppe seinen Standpunkt wie folgt:

„Die Förderschule des Förderzentrums Unna (eigentlich Sonderschule) soll jetzt Jakob Muth Schule heißen. So hat es der Kreistag beschlossen.

Ich habe in meiner Zeit als #Behindertenbeauftragter zusammen mit der Bertelsmann Stiftung den Jakob Muth Preis für vorbildliche Inklusive Schulen ausgelobt. Ich habe gestern Jakob Muth zitiert, der ein scharfer Gegner der Sonderschulen war, und ich habe natürlich dagegen gestimmt.

Die Entscheidung des Kreistags Unna ist für mich nicht nachvollziehbar, und ich habe dies bereits im #Schulausschuss kritisiert.

Hier das Zitat von Jakob Muth:

„Wer als Kind einmal in eine Sonderschule überwiesen ist, der verliert fast jegliche Kontaktmöglichkeiten mit Kindern allgemeiner Schulen. Aber auch die nichtbehinderten jungen Menschen verlieren dadurch die Möglichkeit zur Interaktion mit Behinderten. Faktisch ist für ein Kind die Überweisung gleichsam eine Ein-für-allemal-Entscheidung.“

Und tatsächlich: Nur zwei von 40 erreichten letztes Jahr einen Hauptschulabschluss nach der Klasse 10 und auch nur ein Schüler dieser Schule erhielt einen Ausbildungsplatz in einem Betrieb.

Während unter Hüppes Erklärung Zustimmung und Verständnislosigkeit ob dieser Namenswahl geäußert wird („Ähnlich seltsam wäre es,die CSU-Landesleitung nach Herbert Wehner zu benennen“, kritisiert ein Kommentator), schließen sich die Grünen der geharnischten Schelte des CDU-Abgeordneten an.

In einer Pressemitteilung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag Unna erklärt der schulpolitische Sprecher Adnan Aydemir:

„Das Förderzentrum Unna wird nach einem Menschen benannt werden, der als Wegbereiter für Inklusion gilt. Jakob Muth war ein Befürworter des gemeinsamen Lernens aller Schülerinnen und Schüler.

Unsere Fraktion unterstützt diese Sichtweise auch vehement.

Eine Förderschule wie das Förderzentrum Unna steht aber nicht für gemeinsames Lernen, sondern für eine sonderpädagogische Förderung und damit Exklusion von Kindern mit körperlicher, geistiger oder emotional sozialer Beeinträchtigung.

Aus diesem Grund ist Jakob Muth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kreistag nicht als Namenspatron für das Förderzentrum Unna geeignet. Wir plädieren dafür, die Namensgebung als Anstoß für die fehlende Debatte über Bildungsgerechtigkeit und Inklusion zu betrachten.

Außerdem zeugt es aus unserer Sicht von deutlichem Demokratieverständnis, wenn man auch Minderheitsmeinungen des Schulausschusses durch die Haltung z.B. Hubert Hüppes und unserer Fraktion Ausdruck verleiht sowie Entscheidungen staatlicher Institutionen kritisch hinterfragt.“

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